Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
839/2021
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 02.12.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Beteiligungsbericht 2020 der Landeshauptstadt Stuttgart

Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 12.11.2021, öffentlich, Nr. 171
Verwaltungsausschuss vom 01.12.2021, öffentlich, Nr. 523
jeweiliges Ergebnis: Kenntnisnahme


Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 28.10.2021, GRDrs 839/2021.

StRin Sklenárová (90/GRÜNE) spricht im Namen des gesamten Gemeinderats Frau Stahl-Polziehn und der Abteilung Betriebswirtschaft und Beteiligung der Stadtkämmerei einen großen Dank aus für diesen Bericht. Er sei eine gute öffentliche Informationsquelle zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Eigenbetriebe und den städtischen Beteiligungsunternehmen und diene außerdem der Transparenz. Im Jahr 2020 seien durch die Pandemie extreme Herausforderungen auch auf diese Betriebe zugekommen. Es sei sehr deutlich geworden, welchen Beitrag zur Normalität die so genannte kritische Infrastruktur leistet - sei es der öffentliche Nahverkehr, sei es das Klinikum, sei es die Abfallwirtschaft.

Einige Bereiche aus dem städtischen Portfolio waren schwer betroffen, wie der Flughafen, der öffentliche Nahverkehr, die Veranstaltungsbranche, Sport, Kultur und auch das Klinikum. Die Auswirkungen waren sehr unterschiedlich, konnten jedoch entweder durch schnelles Agieren der Geschäftsführungen eingedämmt werden, durch gute Liquidität oder hohen Eigenkapitalanteil in den Gesellschaften abgefangen werden oder durch die Hilfen der Landeshauptstadt, des Bundes und des Landes kompensiert werden. Auch 2020 haben sich die Zahlungen aus dem städtischen Haushalt an die Beteiligungsunternehmen und die Eigenbetriebe stark erhöht. Trotz Corona-Pandemie haben sich Bilanzvolumina, Nettoinvestitionen und das Fachanlagenvermögen erhöht. Zudem gab es einen Anstieg der Zahl der Mitarbeiter*innen. Insgesamt habe Corona gezeigt, dass Unternehmen sehr flexibel reagieren können, sich an die neue Situation gut anpassen und neue Lösungen schnell präsentieren konnten.

Für die Zukunft bleibe das Ziel, starke und gesunde Unternehmen zu haben. Für ihre Fraktion bleibe wichtig, gegen die Klimakrise zu investieren. SSB und Stadtwerke seien wichtige Partner für die Mobilitäts- und Energiewende. Die SWSG habe ein ambitioniertes Sanierungs- und Bauprogramm umzusetzen. Der Fokus der Nachhaltigkeit spiegle sich auch in der Diskussion über die strategischen Ziele der Unternehmen wieder, wo neben finanziellen auch ökologische und soziale Ziele eine zentrale Rolle spielen. Dies begrüße man, gehe es doch um das Gemeinwohl, dem man als öffentliche Hand verpflichtet sei. Man freue sich deswegen über die guten Beispiele, die es bereits gibt: So seien die Eigenbetriebe ELW und SWS bereits als Gemeinwohl-Ökonomie-Unternehmen zertifiziert. Schön wäre es, wenn weitere folgen würden.

Bei dieser Gelegenheit erinnert die Stadträtin an die Nachhaltigkeitsziele der United Nations (UN), die so genannten SDGs. Stuttgart sei bereits Vorreiter mit der Bestandsaufnahme "Lebenswertes Stuttgart", der globalen Agenda 2030 auf lokaler Ebene. Ihre Fraktion könne sich deswegen vorstellen, die strategischen Ziele der Unternehmen noch stärker an den Nachhaltigkeitszielen der UN zu orientieren.

Dem Dank an Frau Stahl-Polziehn und ihrem Team "für den hervorragend gemachten Bericht, der einen kompakten, gut strukturierten und transparenten Überblick über alle Beteiligungen bietet", schließt sich StRin Porsch (CDU) an. Ein besonderer Dank gelte den beinahe 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Betriebe für ihren tagtäglichen engagierten Einsatz in den unterschiedlichsten Bereichen. Deren Arbeit sei elementar insbesondere für die Daseinsvorsorge aller Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger. Die Pandemie hatte für eine Vielzahl der Eigenbetriebe und Beteiligungsunternehmen gravierende Konsequenzen und habe deutlich ihre Spuren hinterlassen. Bei vielen Beteiligungen, wo man sich in früheren Jahren über Gewinne gefreut habe, mussten Verluste ausgeglichen werden. Als Gesellschafter habe man die Verantwortung wahrgenommen und dabei von den Liquiditätsreserven profitiert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage werde aber auch in der Zukunft die Vielzahl der Aufgaben nur mit dem entsprechenden Einsatz der Landeshauptstadt zu bewältigen sein. Es sei davon auszugehen, dass man sich mit einer Abwägung und Priorisierung der Vorhaben beschäftigen muss. Sehr positiv sei, dass trotz aller Widrigkeiten weiter investiert wurde und die Eigenkapitalquote beinahe stabil zum Vorjahr geblieben ist. Potenzial sehe man noch beim Thema mehr Frauen in Führungspositionen.

StR Körner (SPD) weist darauf hin, dass die heutige Aussprache in der Vollversammlung über den Beteiligungsbericht auf Bitte seiner Fraktion erfolge. Man wolle die Diskussion auch nutzen, um einen Blick nach vorne zu werfen. Vor zwei Jahren habe der Rat auf den Antrag seiner Fraktion hin beschlossen, strategische Zielvorgaben für die großen Beteiligungsunternehmen zu formulieren. Dies sei inzwischen erfolgt für die SWSG und für das Klinikum Stuttgart. Für die SSB und die SWS stehen diese Zielbeschlüsse hingegen noch aus. Er wolle daher die Gelegenheit nutzen, zu diesen beiden Unternehmen und den Finanzierungsfragen, die damit in Zusammenhang stehen, ein paar Worte zu sagen.

Die Erwartungen, vor denen diese Unternehmen stehen, seien enorm groß - Stichwort: Verkehrswende -. Man wolle mehr Busse und mehr Bahnen haben, die in Stuttgart unterwegs sind und mehr Lebensqualität bieten, wenn mehr Menschen die Verkehrsmittel des Umweltverbundes nutzen. Die Energieversorgung wolle man von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare umstellen und vor allem bei der Wärmewende sehe man die Stadtwerke ganz vorne mit dabei zu handeln. Was seiner Fraktion wichtig und aus ihrer Sicht zu ändern ist für die Zukunft, sei, dass ein Landesgesetz geschaffen wird, um mit einer kommunalen Satzung zusätzliche Einnahmen generieren zu können. Man werde eine ÖPNV-Offensive nicht finanzieren können, ohne über solche zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten zu verfügen. Als sozialdemokratische Fraktion halte man es für ganz wichtig, dass diese neue kommunale Abgabe gerecht ausgestaltet wird. Diesbezüglich sehe man auch die Unternehmen in Stuttgart gefordert. Er könne sich z. B. ein verpflichtendes Jobticket vorstellen.

Weiter sei man davon überzeugt, dass eine ÖPNV-Offensive nur möglich ist, wenn die Stadt bereit ist, Investitionen ihrer SSB zu bezuschussen - in mehr Stadtbahnen, in Busse, aber auch in ein neues Verwaltungsgebäude. Natürlich sei die Finanzierung der SSB im Zusammenhang zu sehen mit der SVV als kommunale, steuerliche Querverbundsgesellschaft. Die Finanzierung der SVV muss aus Sicht der SPD-Gemeinde-ratsfraktion reformiert werden, weil es immer schwerer werde und nachhaltig nicht mehr gelingen werde, die Defizite der SSB über die SVV zu finanzieren. Auch sei man überzeugt davon, dass es nicht kommunale Aufgabe sein kann, nachhaltig und auf lange Sicht über 400 Mio. EUR in Aktien und Rentenpapiere weltweit zu investieren, während gleichzeitig fast nichts in die erneuerbaren Energien durch die kommunalen Stadtwerke investiert wird. Man sehe dringenden Handlungsbedarf, diese Mittel so anzulegen, wie es einer Kommune ansteht, nämlich in die Energiewende, in die Umstellung der Energieversorgung von fossilen in erneuerbare Energien. Darüber hinaus sei wichtig, diese Diskussion 2022 zu führen und sie noch im ersten Halbjahr zu einem Ergebnis zu führen. Für die Zukunft von Stuttgart sei dies von entscheidender Bedeutung. Man freue sich auf diese Diskussion und halte es für richtig, damit in einer öffentlichen Sitzung zu beginnen und sie auch öffentlich zu führen. Denn sie müsse in der ganzen Stadtgesellschaft ankommen.

StR Rockenbauch (FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) dankt den Erstellern für den Bericht, vor allem aber all den Mitarbeiter*innen, die unter den erschwerten Corona-Bedingungen es möglich gemacht haben, dass die Beteiligungsunternehmen und Eigenbetriebe leistungsfähig geblieben sind, ja sogar in der Krise noch investiert haben. Dies entspreche genau dem Motto seiner Fraktionsgemeinschaft "In der Krise für die Zukunft investieren". Diese Zukunft könne nur eine soziale und ökologische Zukunft sein, und der Umbau dieser Stadt hin zu einer Klimagerechtigkeit.

Die Diskussion über den Beteiligungsbericht, die Unternehmen und die Strategien seien auf zwei Ebenen zu führen: Um die Strategien in den Unternehmen einerseits und um die Strategien im Konzern der ganzen Stadt andererseits. Zur Strategie im gesamten Konzern gehöre es, die grundsätzliche Frage zu diskutieren: "Ist die Gesamtaufstellung der Stadt in den Unternehmen und Betrieben, wo sie tätig ist, richtig?" Bei manchen sei man sich einig, wie beispielsweise dem Klinikum und vielen anderen auch. Wenn es aber um Verkehrswende geht, sei zu hinterfragen, ob es z. B. richtig ist, den Flughafen zu stützen oder die Messe zu stützen. Er fordert, dass der Rat sich ehrlich macht und über den gesamten großen Konzern der Stadt nachdenkt entlang der Frage: "Was gehört für uns zu einer Daseinsvorsorge, die der klimagerechten Stadt dient?"

Zur Gesamtstrategie gehöre auch, dass im Gesamtkonzern mehr Vielfalt und Diversität gerade in Führungsebenen sich wiederfindet und eine solide Finanzierung seiner Unternehmen stattfindet. Weil es ohne Verkehrswende und ohne Energiewende kein klimagerechtes Stuttgart geben könne, müsse man in SSB und SWS massiv investieren. Die FrAKTION fordere seit Jahren eine Nahverkehrsabgabe, eine andere Finanzierung, die gerne auch die Unternehmen mit beinhaltet als Beitragszahler. Man sage aber auch, dass Kommunen insgesamt leistungsfähiger aufgestellt werden müssen bei der Finanzierung und Ausfinanzierung von Bund und Land. Dies gelte vor allem für den Bereich der Stadtwerke. Folglich müsse man als Landeshauptstadt auch im Verbund mit anderen Kommunen dafür sorgen, dass Bund und Land die Kommunen leistungsfähig ausstatten. Seines Erachtens werden die Kommunen die Haupttransformationslast hin zur klimagerechten Welt leisten müssen, weil da die meisten Menschen leben. Es sei daher sachgerecht, wenn die Kommunen auch an den Gemeinschaftssteuern größere Anteile bekommen, denn Gesundheitsdaseinsvorsorge, Bildung, kulturelle Infrastruktur usw. erfolge vor Ort. Auch wisse man in den Kommunen am besten, wo der Schuh drückt und wo die reale Umsetzung stattfindet. Wenn man es ernst meint mit diesem Umbau und es um Beteiligungen und ihre Finanzierung geht, müssen Gemeinderat und Oberbürgermeister gemeinsam immer wieder dafür werben, dass dies im Schulterschluss mit anderen Kommunen gelingt. Es sei keine Zeit mehr zu verlieren, den sozialökologischen Umbau zu beginnen. Man stelle sich der Diskussion, fordere aber auch dazu auf, dies ehrlich zu machen und sich von Beteiligungen zu trennen, die nicht zukunftsfähig sind.

StR Dr. Oechsner (FDP) stimmt seinem Vorredner zu, was die finanzielle Ausstattung der Kommunen in Deutschland mit Steuermitteln durch Land und Bund angeht. Diese sei bescheiden und zu wenig, für das, was die Kommunen und ihre Betriebe leisten. Dieses Thema habe jedoch prinzipiell nichts mit dem Beteiligungsbericht zu tun. Natürlich könne man immer eine Generaldebatte anregen, wenn man einen so schönen Bericht vor sich hat. Beeindruckend finde er, wie dieser Konzern in großen Teilen gesund ist. Dies liege auch daran, dass die Unternehmen vielfach mit sehr viel Engagement und sehr viel Fachwissen geleitet werden, dass die Geschäftsführer ihre Arbeit gut machen und dass die Vorgaben, die von der Konzernmutter Stadt kommen, nicht allzu streng und allzu eng sind. "Wenn nämlich das Korsett zu eng wird, dann wird auch die Entfaltung und damit der Erfolg immer geringer." Auch darüber sollte man reden, wenn über die strategische Ausrichtung dieser Unternehmen gesprochen wird. Natürlich gebe es auch Unternehmen, die nicht schwarze Zahlen schreiben können. Dazu gehören die Verkehrsunternehmen.

Mit Blick auf den Null-Euro-Invest in erneuerbare Energien (Windkraft) der Stadtwerke vor einigen Jahren betont der Stadtrat, auch hier gelte es, prinzipiell den richtigen Weg zu gehen. Es sei an der Zeit, darüber zu reden, wie stärker über die Stadtwerke auch in erneuerbare Energien investiert werden kann - dies aber nicht um jeden Preis. Denn am Ende müsse der Konzern Stuttgart auch schwarze Zahlen schreiben können, weil er sonst im Endeffekt nicht mehr für seine Bürger da sein kann. Er habe nichts dagegen, wenn das schwarze Zahlen schreiben auch mit grünen Ideen geschieht. Was das scheinbar nutzlose Parken von Geldern betrifft, so weist er darauf hin, dass Geld, das einmal investiert wurde, ebenfalls kein zweites Mal Früchte trägt. Froh sei er darüber, wenn der Gemeinderat diesbezüglich in einen Diskussionsprozess des richtigen Weges einsteigt. Der Dank der FDP gelte natürlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Geschäftsführern und den Erstellern des Beteiligungsberichts.

StR Zaiß (FW) merkt an, es schlage sich auch im Beteiligungsbericht nieder, dass Corona alle und alles fest im Griff hat. Alle Beteiligten, die mit Tourismus, Fremdenverkehr und ÖPNV zu tun haben, mussten große Einbußen hinnehmen im letzten Jahr, siehe Flughafen, Messe und SSB. Andere Betriebe seien teilweise besser durch die schwierige Zeit gekommen. Die Landeshauptstadt Stuttgart sei mit vielen ihrer Beteiligungen gut aufgestellt. Sein Dank gelte den Mitarbeitern und der Stadtkämmerei mit ihrem Amtsleiter Herrn Vaas für die gute Verwaltungsarbeit. Mit dem Beteiligungsbericht gewinnen die Mitglieder des Gemeinderats einen guten Überblick über das Vermögen der Stadt, wofür er herzlich dankt. "Führen Sie Ihre gute Arbeit zum Wohle der Stadtverwaltung weiterhin so gewissenhaft aus!"

Auch StR Köhler (AfD) spricht im Namen seiner Fraktion seinen ausdrücklichen Dank für die hervorragende Arbeit aus.



Abschließend stellt OB Dr. Nopper fest:

Der Gemeinderat hat von der GRDrs 839/2021 Kenntnis genommen.
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