Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB 9011-01.00
GRDrs 959/2023
Stuttgart,
09/19/2023


Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2024/2025



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
GemeinderatEinbringungöffentlich21.09.2023

Bericht:


Der Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2024/2025 wird erstmalig ausschließlich digital zur Verfügung gestellt. Neben den rein monetären Kosten sowie dem Aufwand für den Versand innerhalb der Stadtverwaltung werden als Beitrag zur Schonung der Umwelt knapp 90.000 Blatt Papier und entsprechende Lieferfahrten eingespart.

Nachdem für die Planberatungen bereits in den Vorjahren zunehmend digitalisierte Unterlagen zur Verfügung und genutzt wurden, war dieser Schritt insbesondere wegen der mit drei Monaten äußerst kurzen „Lebensdauer“ des bisherigen Druckwerks überfällig. Durch den Verzicht auf eine Drucklegung konnten zudem mehrere Arbeitstage in der Termin- und Arbeitsplanung zur Fertigung des Entwurfs gewonnen werden.

Das Dokument des Planentwurfs wird mit anderen ergänzenden Unterlagen zum Haushalt im innerstädtischen digitalen Briefkasten (Downloadlink per Mail von der Stadtkämmerei), im Internet und in SOLID bereitgestellt.

Der Doppelhaushaltsplan 2024/2025 beinhaltet im Entwurf den Vorbericht mit komprimierten Informationen zu den Haushaltsjahren 2021 bis 2023 und den detaillierten Erläuterungen der Stadtkämmerei zum aktuellen Planentwurf, die Gesamtergebnis und -finanzhaushalte, Haushaltsquerschnitte sowie die Teilergebnis- und -finanzhaushalte sowie haushaltsrechtlich vorgeschriebene Anlagen. Der Stellenplanentwurf wird wie in den Vorjahren gemeinsam mit den Unterlagen zur Finanzplanung gesondert vorgelegt.

Nachfolgend wird auf einige wesentliche finanzwirtschaftliche und haushaltsrechtliche Aspekte eingegangen und der Planentwurf hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit eingeordnet. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Vorbericht zum Doppelhaushaltsplan und im Erläuterungsbericht zur Finanzplanung verwiesen.

Als Anlage 2 ist dieser Drucksache ein Bericht der Stadtkämmerei zu den Erfahrungen im diesjährigen Haushaltsplanaufstellungsverfahren beigefügt.


Rechtliche Rahmenbedingungen

Die LHS hat wie alle Kommunen entsprechend § 79 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu erlassen. Die Haushaltssatzung wird für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, erlassen (sogenannter Doppelhaushalt). Die mit dem Entwurf vorgelegte Satzung (Anlage 1) weist die gesetzlich vorgeschriebenen Festsetzungen aus. Zudem wird nach § 86 Absatz 4 Satz 2 GemO bestimmt, dass nicht in Anspruch genommene Verpflichtungsermächtigungen des ersten Haushaltsjahres (2024) weiter bis zum Erlass der nächsten Haushaltssatzung gelten (also regelmäßig bis zum nächsten Doppelhaushalt oder bis zum Erlass einer Nachtragssatzung).

Die vom Gemeinderat beschlossene Haushaltssatzung ist (mit dem Haushaltsplan und allen Bestandteilen/Anlagen) der Rechtsaufsichtsbehörde zur Prüfung der Rechtmäßigkeit vorzulegen. Bestimmte Teile der Haushaltssatzung bedürfen zudem der Genehmigung durch das Regierungspräsidium (insb. Gesamtgenehmigung der vorgesehenen Kreditaufnahmen in den Jahren des Haushaltsplans).

Haushaltsausgleich

Nach § 80 Absatz 2 Satz 2 GemO soll das ordentliche Ergebnis ausgeglichen werden. Die ordentlichen Erträge eines jeden Haushaltsjahres sollen daher mindestens so hoch sein, wie die jeweiligen ordentlichen Aufwendungen. Ein solcher Haushaltsausgleich dient der Erfüllung des Grundsatzes der Generationengerechtigkeit, der besagt, dass in einer Periode nur so viele Ressourcen verbraucht werden sollen wie in derselben Periode auch erwirtschaftet werden können. Sind die in einer Periode (= Haushaltsjahr) ausgewiesenen Erträge nicht hoch genug, wird grundsätzlich auf Kosten der künftigen Generationen „gelebt“.

Im Haushaltsplan wird das regelmäßig dadurch deutlich, dass der Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit im Finanzhaushalt nicht hoch genug ist, um für die eingeplanten (Ersatz-) Investitionen ausreichend Finanzierungsmittel zu generieren. Insbesondere die Abschreibungen auf in Vorjahren erworbene bzw. finanzierte Vermögensgegenstände werden nicht erwirtschaftet und es müssen Kreditaufnahmen veranschlagt werden, für die dann Schuldendienst (Zins und Tilgung) in nachfolgenden Haushaltsjahren (= künftige Generationen belastend) einzuplanen sind. Sind auch die Folgejahre im ordentlichen Ergebnis nicht ausgeglichen, werden wiederholt weitere Kredite notwendig.

Die ordentlichen Ergebnisse im Entwurf des vorgelegten Doppelhaushalts und in der Finanzplanung bis 2028 belaufen sich auf:
2024 +33,5 Mio. EUR
2025 -305,7 Mio. EUR
2026 -226,8 Mio. EUR
2027 -223,3 Mio. EUR
2028 -248,4 Mio. EUR


Das Haushaltsjahr 2024 stellt sich nur anhand eines im doppischen Haushaltsrecht ermöglichten Umstands besser dar: durch die Verbesserung der Steuerkraft 2022 (insbesondere enorme Mehreinzahlungen Gewerbesteuer) ergeben sich im Jahr 2024 geringere Schlüsselzuweisungen und eine höhere FAG-Umlage. Zur Deckung der Mehrbelastung der LHS im Jahr 2024 (als Saldo aus Minderertrag bei den Schlüsselzuweisungen 2024 und Mehraufwand bei der FAG-Umlage 2024) wurden mit dem Jahresabschluss der Rückstellung rd. 205,2 Mio. EUR zugeführt. Die entsprechend im Haushaltsjahr 2024 eingeplante Inanspruchnahme der Rückstellung wirkt im Planwerk aufwandsmindernd und verbessert das ordentliche Ergebnis um diesen Betrag.

Infolge der nicht ausreichenden Zahlungsmittelüberschüsse bzw. teils auch auszuweisender Zahlungsmittelbedarfe aus laufender Verwaltungstätigkeit ergibt sich (unter Berücksichtigung der Liquidität aus Vorjahren und bei derzeit angenommen Konditionen für Kommunalkredite) ein rechnerischer Kreditbedarf im gesamten Finanzplanungszeitraum von 2,2 Milliarden EUR (s. S. 7 der Finanzplanung). Allein im Jahr 2028 sind infolge der bis 2027 erforderlichen Kreditaufnahmen bereits 63,8 Mio. EUR Zinszahlungen und 92,4 Mio. EUR Tilgungszahlungen einzuplanen.

Finanzwirtschaftlich sind die ausgewiesenen Ergebnisse damit äußerst bedenklich. Die geplanten Ergebnishaushalte der Zukunft sind eindeutig strukturell unterfinanziert. Gegensteuerungsmaßnahmen erscheinen angesichts dieser Planzahlen zwingend.

Inwieweit die dauernde Leistungsfähigkeit der LHS im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Haushaltssatzung vom Regierungspräsidium thematisiert würde, ist ungewiss. Haushaltsrechtlich kann ein negatives ordentliches Ergebnis aber auch quasi mit Überschüssen aus den Vorjahren „verrechnet“ werden. Der erforderliche Haushaltsausgleich kann dabei dadurch erreicht werden, dass Mittel der Rücklage aus Überschüssen des ordentlichen Ergebnisses zum Haushaltsausgleich verwendet werden (s. S. 5 der Finanzplanung). Angesichts der Höhe der entsprechenden Rücklage zum Jahresabschluss 2022 (vgl. GRDrs 712/2023 Aufstellung Jahresabschluss 2022) von 3.704,8 Mio. EUR ist dies rechnerisch möglich. Eine Versagung der Bestätigung der Rechtmäßigkeit allein aufgrund der unausgeglichen ordentlichen Ergebnisse ist daher aus Sicht der Finanzverwaltung nicht zu befürchten.

Mindestzahlungsmittelüberschuss / Kreditaufnahmevorschriften

Allerdings rückt hier wieder der Zahlungsmittelüberschuss/-bedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit in den Fokus. Dieser muss – abgeleitet aus den Kreditaufnahmevorschriften des § 87 GemO – mindestens so hoch sein, dass die ordentliche Tilgung damit gedeckt ist.

Da Kredite nur zulässig sind für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung, muss anhand der Planzahlen der Finanzhaushalte rechnerisch nachgewiesen werden können, dass keine Kredite für laufende Tilgungszahlungen aufgenommen werden.

Ist der Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit mindestens so hoch wie die eingeplanten Auszahlungen für Tilgung, ist diese Pflichtvorgabe erfüllt. Andernfalls muss unter Einrechnung der Finanzierungsmittel aus Vorjahren (vgl. die jeweils unterhalb der Finanzhaushalte nachrichtlich angegebenen Beträge der eingesetzten / zur Verfügung stehenden Liquidität auf S. 7 der Finanzplanung) und sogenannter Ersatzdeckungsmittel nachgewiesen werden können, dass der in der Haushaltssatzung ausgewiesene Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen seitens der Rechtsaufsichtsbehörde genehmigungsfähig ist. Ersatzdeckungsmittel im Sinne dieser Prüfsystematik sind Einzahlungen aus Desinvestitionen (Veräußerung z.B. von Grund- und Finanzvermögen) und andere nicht zweckgebundene Einzahlungen aus Investitionstätigkeit in den Finanzhaushalten.

Im Haushaltsjahr 2025 wäre dieser Nachweis nicht möglich gewesen, so dass im Ergebnishaushalt zusätzlich ein globaler Minderaufwand veranschlagt werden musste. Nur durch dessen Fortschreibung (Aufwandsreduzierung = Auszahlungsreduzierung) konnte der auszuweisende Zahlungsmittelbedarf 2025 so weit eingegrenzt werden, dass die Genehmigungsfähigkeit des 2. Haushaltsjahres erreichbar scheint:

Zahlungsmittelüberschussbedarf (mit globalem Minderaufwand) -91,2 Mio. EUR
Mindestzahlungsmittelüberschuss (= Tilgung) 6,6 Mio. EUR
Unterschreitung des Mindestzahlungsmittelüberschusses -97,9 Mio. EUR
Inanspruchnahme liquider Eigenmittel aus Vorjahren 71,1 Mio. EUR
Verwendung "Ersatzdeckungsmittel" 29,7 Mio. EUR
Saldo +3,0 Mio. EUR


In den Finanzplanungsjahren 2027 und 2028 ist dieser Nachweis derzeit nicht möglich.

Zudem ist allein aufgrund der derzeitigen Planzahlen der rechnerische Kreditbetrag höher als die Summe der im Investitionsprogramm ausgewiesenen Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen.

Damit würde gegen Kreditaufnahmevorschriften verstoßen. Genehmigungspflichtig sind allerdings die jeweiligen in der Haushaltssatzung ausgewiesenen Höchstbeträge der Kreditaufnahmen, nicht die Planzahlen der Finanzplanungsjahre. Allerdings enthält § 87 Absatz 2 GemO auch Regelungen, welche die Folgejahre ausdrücklich in die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einbeziehen: so soll die Genehmigung unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden und sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde nicht im Einklang stehen.

Abschließende Wertung und Hinweise

Inwieweit Werte und Eckdaten der Finanzplanung als nicht genehmigungspflichtige Bestandteile des Planwerks schlussendlich vom Regierungspräsidium im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Haushaltssatzung 2024/2025 und für die Genehmigung relevant werden, kann nicht beurteilt werden.

Sofern die weitere Abstimmung zwischen der Finanzverwaltung und dem Regierungspräsidium zur Sicherstellung der Genehmigungsfähigkeit dazu Anlass gibt, ist die Finanzplanung entsprechend anzupassen. Aufgrund der Unsicherheiten insbesondere in der prognostizierten Ertragsentwicklung wird vorerst aber noch das Ergebnis der Novembersteuerschätzung (und deren Fortschreibung in die Folgejahre) abgewartet.

In diesem Zusammenhang ist abschließend auf einen besonderen Umstand im gesamten Planwerk hinzuweisen: das Gewerbesteueraufkommen wurde ausweislich des besonderen Ergebnisses 2022 und der sich bisher abzeichnenden Erträge im laufenden Jahr auch für die Folgejahre äußerst optimistisch mit 1,1 Mrd. EUR in 2024 und 1 Mrd. EUR ab 2025 fortgeschrieben. Ohne diese Entwicklung, die nahezu vollständig außerhalb der Einflussmöglichkeiten der LHS liegt, wäre kein Entwurf eines haushaltsrechtlich genehmigungsfähigen Doppelhaushaltsplans möglich gewesen.

Und trotz dieser gegenüber der bisherigen Finanzplanung deutlichen Verbesserungen auf Ertragsseite (2024 in Höhe von 450 Mio. EUR, 2025 ff. jeweils weit über 300 Mio. EUR) war es infolge der Aufwandsentwicklungen zwingend, die Budgetfortschreibungen und Ergänzungen des Doppelhaushaltsplans und des Investitionsprogramms (vgl. Grüne Liste) auf die besonders dringlichen, bereits beschlossenen oder zumindest hoch priorisierten Maßnahmen und Projekte zu beschränken.

Ein Einbruch im Gewerbesteueraufkommen oder eine gegenläufige Entwicklung würde zu drastischen Unterfinanzierungen der laufenden Aufgabenerfüllung führen, die angesichts der oben dargestellten Rahmenbedingungen des gesamten Planwerks nicht anderweitig aufgefangen werden könnten (z.B. durch höhere Kreditaufnahmen, da deren Höchstbeträge bereits mehr als ausgeschöpft sind).




Thomas Fuhrmann
Bürgermeister


Anlagen:
Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2024/2025 (Entwurf)
Bericht der Stadtkämmerei zu Änderungen im Planaufstellungsverfahren












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GRDrs 959_2023 Anlage 1.pdf
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GRDrs 959_2023 Anlage 2 - Bericht der Stadtkämmerei zum Haushaltsplanaufstellungsverfahren.pdf