Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR-0322-00
GRDrs 742/2020
Stuttgart,
06/16/2021



Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung: Evaluation der Leitlinie und weiteres Vorgehen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
30.06.2021
01.07.2021



Beschlußantrag:

1. Der Gemeinderat nimmt Kenntnis vom Evaluationsbericht zur Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung und beauftragt: 2. Der Gemeinderat nimmt Kenntnis vom aktuellen Sachstand zum städtischen Beteiligungsportal „Stuttgart – Meine Stadt“ sowie vom Bericht zur Benchmark-Analyse.
3. Vom zusätzlichen Personalbedarf für die Koordination und Gesamtsteuerung der Umsetzung der Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung beim Amt für Stadtplanung und Wohnen in Höhe von 1,0 Stellen in A12 bei der Abteilung 61-8 wird Kenntnis genommen. In welchem Maß dem Personalmehrbedarf Rechnung getragen werden kann, wird zum Stellenplan 2022/2023 unter Berücksichtigung des finanziellen Gesamtrahmens für Stellenschaffungen sowie der Priorisierung aller anerkannten Stellenmehrbedarfe entschieden.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Der Gemeinderat hat mit GRDrs. 591/2016-Neufassung am 6. April 2017 einstimmig die Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart beschlossen. Der Oberbürgermeister und der Gemeinderat haben mit der Beschlussfassung ebenfalls festgelegt, dass eine Evaluation der Leitlinie nach einer zweijährigen Erprobungsphase stattfinden soll. Der Evaluationsbericht wird dem Gemeinderat nun gemeinsam mit weiteren Maßnahmen zur Kenntnisnahme bzw. Beschlussfassung vorgelegt.

Im Rahmen der Evaluation der Leitlinie und dem weiteren Vorgehen soll ebenfalls über die Beteiligungskultur sowie neue, digitale Beteiligungsformen innerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart diskutiert werden. Als Beispiel hierfür sei das Bürgerforum zur Sanierung und Erweiterung der Württembergischen Staatstheater (WST) genannt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste das Verfahren innerhalb kürzester Zeit von einer Vor-Ort-Veranstaltung in ein Online-Verfahren umgewandelt werden. Das Bürgerforum wird im Nachgang von allen Seiten, insbesondere auch von Seiten der Teilnehmenden, als durchweg positiv und als beispielhaft für künftige Verfahren bewertet.

Im Rahmen der Evaluation der Leitlinie wurde zudem eine Benchmark Analyse für das städtische Beteiligungsportal „Stuttgart – meine Stadt“ (www.stuttgart-meine-stadt.de) in Auftrag gegeben und durchgeführt.

Der von Referat SWU gestellte Stellenplanantrag in Zusammenhang mit der Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung wird von Referat AKR im Umfang von 1,0 Stellen unterstützt.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

L/OB, L/OB-K, S/OB, WFB, SOS, JB, SI, SWU, T

Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

- Anlage 1: Ausführliche Begründung
- Anlage 2: Evaluationsbericht zur Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung
- Anlage 3: Verwaltungsvorschlag zum Beteiligungsbeirat
- Anlage 4: Abschlussbericht Benchmark Analyse Beteiligungsportal "Stuttgart - meine Stadt" (nur im KSD abrufbar)


Ausführliche Begründung

Zu 1a.:

Die Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung ist zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten und regelt das Vorgehen bei informeller Bürgerbeteiligung von deren Anregung über die Gestaltung bis hin zur Entscheidungsfindung. Mit der Leitlinie hat sich die Stadt in Form einer Selbstverpflichtung einen transparenten und verbindlichen Rahmen für informelle Bürgerbeteiligung gegeben. Die Leitlinie beinhaltet zwei zentrale Elemente: den Beteiligungsbeirat sowie die Vorhabenliste, die auf dem städtischen Beteiligungsportal „Stuttgart – Meine Stadt“ veröffentlicht wird.

Wie vom Gemeinderat und dem Oberbürgermeister bei der Beschlussfassung beauftragt, hat die Verwaltung nach einer zweijährigen Pilotphase, eine Evaluation der Leitlinie durchgeführt. Der Evaluationsbericht hierzu kann Anlage 2 entnommen werden.

Aufgrund der Befragungsergebnisse sowie nach Recherche zum Vorgehen in anderen Kommunen, schlägt die Verwaltung vor, Veränderungen am Aufgabenzuschnitt sowie an der Besetzung des Beteiligungsbeirats vorzunehmen.

Veränderungen im Aufgabenzuschnitt:



Veränderungen in der Zusammensetzung:
Die Anzahl der Mitglieder des Beteiligungsbeirats soll zukünftig festgelegt werden und orientiert sich an der Anzahl der Fraktionen, die derzeit im Gemeinderat sind. Aufgrund dessen sieht die Zusammensetzung des Beteiligungsbeirats künftig folgendermaßen aus:
Nach der Kommunalwahl 2024 soll nach der Hälfte der Amtszeit ein Wechsel zwischen den ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern der Einwohnerschaft stattfinden. Bei der nun anstehenden Besetzung wird von diesem Modus abgesehen, da die Zeitfenster der jeweiligen Amtszeiten nur sehr kurz wären.


Zu 1b.:

Im Rahmen der Evaluation hat sich gezeigt, dass es Anpassungsbedarf an der Leitlinie und dem darin formulierten Vorgehen gibt. Diese Anpassungsbedarfe sollen im neu besetzten Beteiligungsbeirat aufgegriffen und diskutiert werden sowie im Rahmen der Fortschreibung der Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung aufgenommen werden. Im vorliegenden Evaluationsbericht sind erste Ideen bzgl. des in der Leitlinie beschriebenen Vorgehens formuliert. Diese sollen bei der Fortschreibung der Leitlinie mit dem Beirat, insbesondere auch mit den Vertreter*innen der Einwohnerschaft diskutiert werden.

Des Weiteren kann ihre Expertise als Nutzer*innen des Beteiligungsportals bei der Weiterentwicklung bzw. Neukonzeption des Portals hinzugezogen werden.

Die Verwaltung wird zudem einige redaktionelle Änderungen und Verbesserungen an der Leitlinie vornehmen sowie verwaltungsinterne Vorgänge überarbeiten. Diese bleiben vom oben genannten Vorgehen im Hinblick auf die Leitlinie unberührt und werden weiterhin in Absprache mit den jeweiligen Fachämtern überarbeitet.

Die fortgeschriebene Leitlinie wird dem Gemeinderat dann zur späteren Beschlussfassung vorgelegt.

An einer regelmäßigen Evaluation der Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung unter intensiver Einbeziehung des Beteiligungsbeirats soll indessen festgehalten werden. Die Verwaltung schlägt vor, die nächste Evaluation nach drei Jahren durchzuführen.


Zu 2.:

Beteiligungsportal – Aktueller Sachstand 2021

Auch bei von städtischer Seite durchgeführten Bürgerbeteiligungsveranstaltungen zeigt sich das Phänomen, dass Zugehörige bestimmter Gesellschaftsgruppen eher partizipieren als andere. Zu den häufigsten Gründen einer Nichtteilnahme zählen fehlende Zeit und fehlendes Kompetenzbewusstsein oder kein Interesse an politischer Beteiligung. Um die von städtischer Seite durchgeführten Beteiligungsveranstaltungen einem größeren und breiteren Publikum zu öffnen und ggf. auch Menschen zu erreichen, die sich an einer Vor-Ort-Veranstaltung aus den verschiedensten Gründen nicht beteiligen oder beteiligen konnten, soll zukünftig verstärkt auch auf digitale Methoden gesetzt werden. Diese können und sollen Vor-Ort-Veranstaltung nicht ersetzen, sind aber auch im Rahmen der derzeitigen Corona-Pandemie mehr und mehr ins Blickfeld geraten.

Zwar können auch durch Online-Beteiligung nicht alle Menschen erreicht werden, jedoch können durch digitale Methoden zusätzliche Angebote gemacht werden. Zudem konnte seit Beginn der Corona-Pandemie der Ausfall von Präsenzveranstaltungen durch das städtische Beteiligungsportal in Teilen kompensiert werden. Das Beteiligungsportal hat sich als sehr gutes Werkzeug erwiesen, Bürgerbeteiligungen weiter zu ermöglichen und die Einwohner*innen in die Entwicklung von Projekten weiter miteinzubeziehen, was sich in der Zunahme von digitalen Beteiligungen auf dem Portal zeigt. Aus diesen Gründen sollte in Zukunft vermehrt auf eine sinnvolle Verzahnung von Präsenzveranstaltungen und digitalen Methoden gesetzt werden.

Im Rahmen der Evaluation der Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung wurde auch eine Benchmark-Analyse für das Beteiligungsportal „Stuttgart – meine Stadt“ in Auftrag gegeben, das ab 2013 und somit vor dem Inkrafttreten der Leitlinie entwickelt wurde und seit 2015 online ist. Der Abschlussbericht der Analyse kann Anlage 4 entnommen werden (auf Grund der hohen Seitenzahl des Berichts, wird dieser nur digital im KSD verfügbar gemacht).

Ziel der Analyse war die Bewertung des Beteiligungsportals hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit, Informationsarchitektur und Online-Beteiligungsformen. Zudem sollte eine Einordnung in den nationalen und internationalen Kontext vorgenommen werden. Im Ergebnis schlägt die Analyse unter anderem eine Reihe kurz- bis mittelfristig realisierbarer Verbesserungen zum bestehenden Portal vor. Zusammenfassend lässt sich aber festhalten, dass sich keine eindeutige Leading Benchmark im Beteiligungskontext für „Stuttgart – meine Stadt“ herausgestellt hat.

Das Beteiligungsportal wurde bereits vor der Umsetzung der Leitlinie erstellt. Die Plattform wurde daher nicht für eine so große Anzahl an Vorhaben konzipiert und programmiertechnisch umgesetzt. Momentan sind mehr als 350 Vorhaben eingepflegt. Das schlägt sich zum einen negativ in der Usability für die Nutzer, aber auch im Redaktionssystem nieder, in dem die Redakteure die Vorhaben einpflegen und aktualisieren. Das gilt im Besonderen auch für Großprojekte, wie die B14, den Neckarpark oder die städtischen IBA 27-Vorhaben. Weder für die Nutzer, noch für die Redakteure ist das jetzige technische System zukunfts- und ausbaufähig.

Damit die Landeshauptstadt Stuttgart dauerhaft im Bereich der Online-Beteiligung in der ersten Liga mitspielen kann, muss zwingend geprüft werden, ob ein Wechsel auf eine neue technologische Plattform mittel- bis längerfristig nicht die wirtschaftlichere Lösung ist. Des Weiteren würde dies auch die Möglichkeit eröffnen, kontinuierlich innovative digitale Beteiligungsformate umzusetzen. In diesem Zuge müssten auch das Layout und die Usability grundlegend überarbeitet und die gesetzlichen Verordnungen zur Barrierefreiheit weiterhin umgesetzt werden.

Wie unabdingbar leistungsfähige digitale Beteiligungsformate sind, zeigt sich nicht zuletzt jetzt in der Corona-Pandemie (siehe u.a. auch Beteiligung zur Sanierung und Erweiterung der WST). Die Stadtgesellschaft konnte weiterhin an Projekten teilhaben und sich informieren. Nach Ansicht von L/OB-K und dem Haupt- und Personalamt besteht auch im Hinblick auf die sich immer schneller entwickelte Digitalisierung jetzt ein geeigneter Zeitpunkt, das Portal grundlegend auf eine neue technologische Basis zu stellen und ein neues Design zu entwickeln, in dem die User-Experience und die Usability im Mittelpunkt stehen, um den steigenden Anforderungen an Partizipation im digitalen Bereich gerecht zu werden.

Generell hat sich im Hinblick auf die aktuell sehr schnell voranschreitenden Entwicklungen und dem damit einhergehenden Fortschritt in der digitalen Welt gezeigt, dass die mittlerweile sieben Jahre alte Technologie und das Layout des Beteiligungsportals überarbeitet und aktuellen Ansprüchen angepasst werden müssen.

Die Verwaltung erstellt derzeit noch eine Konzeption für ein neues Beteiligungsportal. Hierzu wird eine weitere Vorlage erstellt und dem Gemeinderat vorgelegt. In diesem Zuge wurden bereits Mittel für den kommenden Doppelhaushalt 2022/2023 in Digital MoveS jeweils in Höhe von 250.000€ angemeldet.


Zu 3.:
Referat SWU hat aufgrund der Anzahl der Vorhaben aus dem Amtsbereich des Amts für Stadtplanung und Wohnen zur Koordination und Gesamtsteuerung der Umsetzung der Leitlinie innerhalb des Amts einen Stellenplanantrag zum Doppelhaushalt 2022/2023 gestellt. Dieser wird von Referat AKR für die oben genannte Aufgabe im Umfang von 1,0 Stellen unterstützt.



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