Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
178
6
VerhandlungDrucksache:
277/2021
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 15.07.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:die Herren Prof. Dr. Jürgensen und Dr. Hewer
(Geschäftsführer Klinikum Stuttgart gKAöR)
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Strategische Zielvorgaben für das Klinikum Stuttgart gKAöR

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 14.07.2021, öffentlich, Nr. 251
Ergebnis: Verweisung ohne Votum in den Gemeinderat


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 02.07.2021, GRDrs 277/2021, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Gemeinderat stimmt den vom Verwaltungsrat der Kommunalanstalt beschlossenen strategischen Zielen des Klinikum Stuttgart gKAöR (Anlage 1) zu.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam aufgerufen und verhandelt mit dem heutigen TOP 7 - Jahresabschluss 2020 für das Klinikum Stuttgart gKAöR (GRDrs 625/2021). Der Beratungsverlauf wird nachstehend wiedergegeben.

OB Dr. Nopper begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt die Geschäftsführer des Klinikums Stuttgart, die Herren Prof. Dr. Jürgensen und Dr. Hewer.

Im Namen der Geschäftsführung dankt Herr Prof. Dr. Jürgensen sehr herzlich für die Einladung in den Gemeinderat. Er stellt anschließend die strategischen Zielvorgaben für das Klinikum Stuttgart gKAöR (TOP 6 - GRDrs 277/2021) im Sinne der angehängten Präsentation vor. Danach erläutert Herr Dr. Hewer mithilfe einer weiteren Präsentation den Jahresabschluss 2020 für das Klinikum Stuttgart gKAöR (siehe TOP 7 - GRDrs 625/2021, Niederschrift Nr. 179).

StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) spricht den beiden Geschäftsführern und insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Klinikum Stuttgart im Namen ihrer Fraktion vielen Dank aus. In ihren Berichten haben die beiden Geschäftsführer anschaulich die gesamte Bandbreite an Leistungen aufgezeigt, die das Klinikum als Maximalversorger abdeckt. Speziell in der COVID-Pandemie habe das Klinikum ganz besonders herausragend gearbeitet. Viele der Themen, die die Ausrichtung des Klinikums betreffen, seien immer wieder im Verwaltungsrat besprochen worden. Der Verwaltungsrat sei bei der Geschäftsführung mit neuen Ideen immer auf offene Ohren gestoßen und häufig seien diese Ideen eingeflossen in die nun vorgestellte Ausrichtung, z. B. was die ökologischen Ziele (Stichwort: Green Hospital) angeht. Die soziale Ausrichtung des Klinikums Stuttgart liege allen im Gemeinderat am Herzen und betreffe aus ihrer Sicht nicht nur die Bevölkerung, die das Klinikum jederzeit nutzen kann, sondern auch das Personal des Klinikums. Diesbezüglich habe man versucht, die Geschäftsführung zu unterstützen, um Personal aufzubauen und auch weiterhin aufzubauen. Dafür gebe es unter anderem Fortbildungen und vor allen Dingen ein Auszubildendenprogramm. Hervorzuheben sei darüber hinaus die Abschaffung der Entgeltgruppe 1.

Zu TOP 7 - Jahresabschluss 2020 - merkt die Stadträtin an, COVID habe einen Strich durch die Rechnung gemacht, das Ziel einer schwarzen Null innerhalb der angestrebten Zeit zu erreichen. Unter anderem für solche Sachen gebe es den so genannten Vier-Seiten-Vertrag. Dem Stuttgarter Gemeinderat sei es wichtig, dass das Klinikum Stuttgart gut aufgestellt ist und diesem eine Absicherung bieten zu können. Natürlich begrüße man, wenn es wieder in die Richtung geht, schwarze Zahlen zu schreiben.

Besonders gut gefalle ihr, dass das Klinikum den Patienten im Fokus sieht und es sich als lernende Organisation begreift. Mit den weiteren Neubauten bestehe die große Chance, dies wirklich komplettieren zu können. Zur Frage "Kann ein Klinikum klimaneutral sein" bittet sie zu bedenken, dass ein kranker Mensch in einem Krankenhaus theoretisch ungefähr fünf- bis sechsmal mehr Abfall produziert wie ein gesunder. Trotzdem müsse man versuchen, im Klinikum möglichst nachhaltig zu arbeiten.

StR Dr. Nopper (CDU) schließt sich - wie auch die auf ihn folgenden Rednerinnen und Redner - dem Dank an und dem Lob für das Klinikum an. Die Geschäftsführung habe das Beste gemacht aus der Corona-Sondersituation, gut agiert und gut reagiert. Was 2021 angeht, das bisher auch corona-mitgeprägt ist, müsse man sehen, ob im Rahmen eines Nachtragshaushalts noch nachgesteuert werden muss. Auch für die CDU-Gemeinderatsfraktion sei das Klinikum Stuttgart von zentraler Bedeutung und ein wichtiger Bestandteil der Stadt. Die strategischen Zielvorgaben seien nicht nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums, sondern für "uns alle" relevant.

Die strategischen Ziele mit sozialen, ökologischen und ökonomischen Schwerpunkten wurden aus seiner Sicht richtig gesetzt. Natürlich stehe der Zweck, die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung auch in der Zukunft gut sicherzustellen, über allem. Die Ziele stünden teilweise in Übereinstimmung miteinander, teilweise auch im Spannungsverhältnis. Eine Voraussetzung für soziales und ökologisches Handeln sei allerdings, dass man ökonomisch dazu in der Lage ist. Den Antagonismus zu lösen, ein strukturelles Defizit zu haben und eine schwarze Null zu schreiben, werde eine der Aufgaben sein, mit der man sich bis 2026 noch auseinandersetzen müsse, um die sehr gute medizinische Versorgung in der Zukunft gewährleisten zu können. "Also sind die abstrakten strategischen Ziele, die in dem Schaubild hier formuliert wurden, geeignete Rahmenvorgaben, die es konkret vor den Herausforderungen der Zukunft auszufüllen gilt. In der Vergangenheit haben wir ja auch schon einiges gemeistert. Und das sollte uns auch in der Zukunft gelingen. Deswegen: Zuversicht für die Zukunft und Zustimmung zu den Vorlagen."

Auch StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) findet die strategischen Zielvorgaben in Ordnung. Man sei erfreut darüber, dass die Geschäftsführung wirklich ernsthaft dahinterher ist, diese auch auszufüllen. Besonders freue man sich über die Anhebung der Entgeltgruppe für die Reinigungskräfte. Er wünscht dem Klinikum Stuttgart weiter gutes Gelingen.

StRin Kletzin (SPD) merkt an, so tief der Blick als Mitglied des Verwaltungsrats in den Abgrund des Geschehens um die ehemalige International Unit des Klinikums Stuttgart gewesen sei, "umso positiver war der Blick auf das Agieren unseres Klinikums im letzten Jahr". Man sei sehr froh, dass der Gemeinderat auf Vorschlag der SPD-Fraktion sich mit den strategischen Zielen des Klinikums auseinandersetzt. Zwar schaffe es die schwarze Null pandemie-bedingt erst spätestens 2026, doch sei in der Krisensituation auch deutlich geworden, dass das Klinikum Stuttgart Impulsgeber für die Region und darüber hinaus ist. Es war in der Lage, schnell die nötige Infrastruktur aufzubauen, sowohl was die Intensivbetten angeht, als auch den Aufbau des Impfzentrums oder die zentrale Beschaffung von Masken. Ihre Fraktion begrüße auch sehr die Weiterentwicklung der Telemedizin im Zusammenhang mit der Beratung von Alten- und Pflegeheimen. Auch mit der baulichen Weiterentwicklung des Klinikums befinde man sich auf einem guten, kontrollierten Weg. Der ermögliche die Verfolgung von Teilzielen der Medizinstrategie, wie die Ambulanzstrategie und die Digitalstrategie. Die Verfolgung dieser Ziele könne nur mit gut aus- und weitergebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgen. Ihre Fraktion begleite und unterstütze diesen Weg der lernenden Organisation gerne. Weiter hebt sie hervor, dass das Thema bezahlbares Wohnen für Mitarbeitende Bestandteil der Strategie bleibt. Man sehe das Klinikum auch als Vorbild für andere Arbeitgeber in Stuttgart und in der Region, wobei diese Vorbildfunktion die ökologischen, ökonomischen und sozialen Ziele betreffe.

StR Dr. Oechsner (FDP) unterstreicht die Außergewöhnlichkeit, für einen Jahresabschluss mit dieser Minus-Zahl ein so großes Lob zu bekommen. Dieses Lob sei jedoch verdient, weil das Minus noch größer hätte sein können. Trotz Corona habe man immer noch einen passablen Abschluss, und man habe ein funktionierendes Klinikum, wenngleich es an der einen oder anderen Stelle noch Stellschrauben gebe. Ausgenommen sei hiervon der Pflegebereich, wo sicherlich noch ein paar Leute gewonnen werden könnten und vorhandenes Personal vielleicht auch länger gehalten werden könnte.

Was die strategischen Ziele angeht, so finde er es erstaunlich, dass man trotz des engen Korsetts des Landesbettenplanes, des Krankenhausplanes, des Hygieneplanes und aller möglichen baulichen Pläne, Datenschutz usw. noch eine Möglichkeit sieht, sowohl im sozialen Bereich, personellen Bereich aber auch im ökonomischen Bereich etwas Positives zu entwickeln. Er sieht das Klinikum Stuttgart damit führend in ganz Deutschland. Im DRG-System sei es extrem schwierig, überhaupt eine schwarze Null zu erwirtschaften. Er stelle sich bereits seit langem die Frage, ob dieses System überhaupt darauf angelegt ist, eine schwarze Null zu erzielen? "Oder ist es nicht vielleicht doch darauf angelegt, dass u.a. die Krankenkassen auf Kosten der Träger ein wenig Geld einsparen?" Sollte StR Mörseburg in den Bundestag gewählt werden, so hoffe er, dass dieser für die Kliniken ein gutes Wort einlegen wird, "damit hier dieses System mal irgendwann überdacht wird und das abbildet, was wirklich auch zu leisten ist". Den Geschäftsführern und allen Mitarbeiter*innen des Klinikums Stuttgart dankt er vielmals für ihre Arbeit. "Gut, dass wir das Klinikum haben und es mit in der Hand haben, die Gesundheit in dieser Stadt mitzugestalten!"

StR Zaiß (FW) nimmt Bezug auf den Versorgungsauftrag des Klinikums Stuttgart als Haus der Maximalversorgung. Der Verwaltungsrat beschließe jährlich das Medizinkonzept. Die Daseinsvorsorge stehe im Mittelpunkt der Ziele des Klinikums - sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Dabei stünden grundsätzlich die medizinische Weiterentwicklung und die Maximalversorgung im Vordergrund. Dazu gehöre auch die Ausbildung von medizinischen Fachkräften und die Weiterentwicklung des Versorgungsauftrages. Am Klinikum schaffe der Vier-Seiten-Vertrag soziale Sicherheit bis 2029, wonach betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Man hoffe, dass dies auch durchgesetzt werden kann.

Die wirtschaftliche Konsolidierung musste wegen Corona ins Jahr 2026 verschoben werden. Sie sei kein Selbstzweck, sondern die Grundlage für die soziale und ökologische Ausrichtung. Stadt und Land seien für die baulichen Erneuerungen des Klinikums verantwortlich. Die Stadt habe mit der Bereitschaft, das Klinikum in großen Teilen neu zu bauen, ihren Teil dazu beigetragen, das Klinikum auf gesunde Beine zu stellen. Man glaube fest daran, dass es seinem gesundheitlichen, ökologischen und sozialen Auftrag gerecht wird und habe in die Leitung und in das Personal des Klinikums vollstes Vertrauen.

Fast perfekt sei das vorliegende Testat der Wirtschaftsprüfer, so StR Dr. Mayer (AfD). Die Einschränkung sei bedingt durch die Vorgeschichte der International Unit, die noch immer die Gerichte beschäftige. Ein wenig Kritik übt der Stadtrat an dem Vorhaben, viel Photovoltaik auf den Dächern der Klinikumsgebäude zu installieren. Man möge sich keinen Illusionen hingeben, dass diese Energiegewinnung reichen wird.

Die schwarze Null zu erreichen sei immer ein gutes Ziel, doch müssten sich Verwaltungsrat und Gemeinderat darüber klar sein, dass die ökonomischen Ziele eines Klinikums nicht nur vom guten Willen und der Tüchtigkeit des Vorstands abhängig sind, sondern von vielen anderen schwer abzuwägenden Faktoren. Auch wenn die Geschäftsführer sehr viel tun, müsse man sich als Stadt Stuttgart auch darüber klar sein, dass man vielleicht immer noch etwas dazugeben muss. Er wage zu bezweifeln, dass das Klinikum je ein gewinnbringender Betrieb der Landeshauptstadt Stuttgart sein wird. Trotzdem sei der Weg richtig.

StRin Schumann (PULS) spricht ebenfalls Lob und Anerkennung für die gute Arbeit und für die Ausarbeitung der Zielvorgaben aus. Die Fraktionsgemeinschaft PULS könne auch den vorgestellten wirtschaftlichen Perspektiven völlig bedenkenlos zustimmen. Die Stadträtin hofft, dass es in den nächsten Jahren weiter so gut läuft und freut sich auf die nächsten ausführlichen Berichte im Verwaltungsrat.



OB Dr. Nopper ruft anschließend zunächst zur Abstimmung über TOP 6 - Strategische Zielvorgaben für das Klinikum Stuttgart gKAöR. Er stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt die GRDrs 277/2021 einstimmig wie beantragt.

Anschließend bittet er um Abstimmung über TOP 7 - Jahresabschluss 2020 für das Klinikum Stuttgart gKAöR - und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt die GRDrs 625/2021 einstimmig wie beantragt.
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