Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 220/2021
Stuttgart,
04/14/2021



Weiterbetrieb der Schnellbuslinie X1



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
20.04.2021
21.04.2021
22.04.2021



Beschlußantrag:



Begründung:


A) Hintergrund und verkehrliche Situation
Seit Oktober 2018 verbindet die Schnellbuslinie X1 den Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt mit der Stuttgarter Innenstadt. Ziel der Linie ist es, auf dieser hochbelasteten Verkehrsachse zusätzliche Kapazitäten im ÖPNV anzubieten, die Stadtbahnen zu entlasten und damit den ÖPNV zu stärken.

Die Linie X1 ist zudem bis zur Einführung des 80-Meter-Zug-Betriebes auf der Stadtbahnlinie U1 als Maßnahme in der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart hinterlegt (siehe hierzu ausführlich weiter unten Abschnitt B).

Auch im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie ist es sinnvoll auf der ÖPNV-Achse zwischen Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt ein ausreichendes Platzangebot vorzuhalten. So haben dadurch beispielsweise Personen aus Risikogruppen eine ergänzende Wahlmöglichkeit und müssen sich nicht zwingend in eine Stadtbahn oder S-Bahn begeben. Zudem wird es für alle Fahrgäste einfacher, die nötigen Sicherheitsabstände einzuhalten.

Auch wenn die Linie seit ihrer Einführung Schritt für Schritt Fahrgäste hinzugewonnen hat – bis hin zur stärksten Nachfrage mit rund 3.000 Fahrgästen pro Tag im Februar 2020 unmittelbar vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie –, konnte sie die Erwartungen hinsichtlich der zusätzlichen Beförderungsleistung nicht in vollem Umfang erfüllen. Aktuell ist die Nachfrage coronabedingt wie bei allen Linien auf deutlich niedrigerem Niveau als vor der Pandemie.

Nach der zunächst beschlossenen zweijährigen Probephase (Ende 2018 bis Ende 2020) wurde der Betrieb der Linie X1 mit geändertem Taktangebot Anfang 2021 fortgesetzt. Die Taktanpassung von 5 auf 6 Minuten bietet den Fahrgästen heute noch ein attraktives Angebot. Die Betriebszeit ist derzeit weiterhin Montag bis Freitag von 06:00 bis 20:30 Uhr

Eine weitere Taktanpassung soll nun ab dem 01.07.2021 vorgenommen werden. So soll die Betriebszeit der Linie X1 auf die Hauptverkehrszeit zwischen 06:00-9:00 Uhr und 15:00-19:00 Uhr reduziert werden. Aus Sicht der SSB AG sowie der Verwaltung wird die Schnellbuslinie X1 damit weiterhin ihrer grundlegenden Aufgabe gerecht, in der Hauptverkehrszeit eine attraktive Alternative zu den ausgelasteten Stadtbahn- und S-Bahn-Linien zwischen Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt zu bieten. Gleichzeitig können die Betriebskosten weiter signifikant reduziert werden. Die Einsparung beträgt rund 500.000 Euro für das zweite Halbjahr 2021.

Über den weiteren Fortbestand der Schnellbuslinie X1 soll nach der Sommerpause 2021 abschließend entschieden werden. Die Diskussion hierüber wird unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen u.a. hinsichtlich der Luftqualität in Stuttgart, des Fortgangs der Covid-19-Pandemie sowie der Gesamtlage im ÖPNV zu führen sein.

Die Finanzierung des X1 wurde bisher aus den Mitteln des vom Gemeinderat im Sommer 2017 beschlossenen „Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung“ bestritten (vgl. GRDrs. 393/2017, lfd. Nr. 7). Die Finanzierung war zunächst auf zwei Jahre Testbetrieb bis Ende 2020 angelegt. Mit GRDrs. 624/2020 hat der Gemeinderat Ende 2020 der Fortsetzung des Pilotbetriebs und Finanzierung bis vorerst 30.06.2021 zugestimmt.


B) Rechtliche Situation
Die Einrichtung der Schnellbus-Verbindung zwischen Stuttgart-Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt ist eine Maßnahme (M3), die in der 3. Fortschreibung (FS) des Luftreinhalteplans (LRP) für den Regierungsbezirk Stuttgart, Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart, vom November 2018 festgelegt ist. Die 3. FS des LRP ist gültig und in Kraft und entfaltet Bindungswirkung für die öffentliche Verwaltung.

Die Aufnahme von Maßnahmen in einen LRP konstituiert eine Verpflichtung für die jeweils zuständige öffentliche Verwaltung zur Umsetzung der Maßnahmen. Die LHS hat eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt (siehe auch Anlage 4 zur GRDrs. 624/2020), welche im konkreten Fall der Schnellbuslinie X1 nach umfassender Prüfung als Kernergebnis feststellt, dass die LHS verpflichtet ist, auf die Umsetzung dieser Maßnahme durch die SSB AG hinzuwirken. Diese Verpflichtung führt letztlich auch dazu, dass der Handlungsspielraum des Gemeinderats der Landeshauptstadt bezüglich der Finanzierung der Schnellbuslinie erheblich eingeschränkt ist. Die Verpflichtung schließt, so dass Rechtsgutachten, „die Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel ein, wenn ein Weiterbetrieb der Schnellbuslinie auf andere Weise nicht möglich ist.“

Des Weiteren wurde das Konnexitätsprinzip überprüft. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass es zum Konnexitätsprinzip von Maßnahmen aus dem Bereich der Luftreinhaltung keine einheitliche Rechtsprechung gibt. Bei Überprüfung der einzelnen Maßnahmen ergab sich für die Maßnahme (M3) Schnellbuslinie X1, dass es sich hierbei grundsätzlich um eine Maßnahme mit primärer Finanzverantwortung handelt, die wiederum zur Kostentragungspflicht seitens der Landeshauptstadt Stuttgart führt.

C) Bericht zur Fördersituation
Schon vor der Beschlussfassung des Gemeinderats im Oktober 2020 auf Basis der GRDrs. 642/2020 hatten auf unterschiedlichen Ebenen intensive und ausführliche Gespräche und Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart, der SSB AG und dem Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg stattgefunden, um eine Beteiligung des Landes an der Finanzierung der Schnellbuslinie zu erreichen. Dabei sind auch diverse Optionen für mögliche alternative und/oder ergänzende Linienführungen diskutiert worden, von denen sich letztlich keine als betrieblich sinnvoll und umsetzbar erwiesen hat. Im Ergebnis hatte sich damals ergeben, dass eine (Ko-)Finanzierung des X1 durch das Land nicht erfolgen wird.

In dem Beschluss des Gemeinderats vom 22. Oktober 2020 ist die Verwaltung aufgefordert worden, erneut Gespräche mit dem Land aufzunehmen, um nochmals über eine (Ko-)Finanzierung des X1 durch das Land zu verhandeln und eine entsprechende Beteiligung des Landes zu erreichen. Diese Gespräche und Verhandlungen haben in den vergangenen Wochen und Monaten stattgefunden. Dabei sind seitens der SSB AG nochmals mögliche alternative und/oder ergänzende Linienführungen geprüft worden. Letztlich haben beide Prozesse die gleichen Ergebnisse wie im Jahr 2020 erbracht: Es gibt keine alternativen Linienführungen, die betrieblich sinnvoll und umsetzbar sind, und das Land lehnt – auch hinsichtlich der Regularien der Landeshaushaltsordnung – eine Beteiligung an der Finanzierung des X1 weiterhin ab.


Finanzielle Auswirkungen

Vor dem oben dargestellten Hintergrund der rechtlichen Situation wie auch der Lage hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit einer Förderung durch das Land ist eine Finanzierung aus Mitteln des städtischen Haushalts erforderlich.

Für die Fortführung mit neuem Betriebskonzept (6-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit) vom 01.07.2021 an betragen die nicht durch Mehreinnahmen gedeckten und damit auszugleichenden Betriebskosten rund 525.000 Euro. Die Kosteneinsparung durch die Begrenzung der Betriebszeiten auf die Hauptverkehrszeit beträgt rund 500.000 Euro.

Die Finanzierung der voraussichtlichen, nicht durch Erlöse gedeckten Betriebskosten von rund 525.000 Euro erfolgt im Teilhaushalt 810 Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107015 Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität, Kontengruppe 43100 Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke. Sie werden gedeckt aus bisher nicht verplanten Mitteln der innerhalb der Ergebnisrücklage gebildeten davon-Position „Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung“.



Beteiligte Stellen

Die Referate WFB und AKR haben mitgezeichnet.
Die Stuttgarter Straßenbahnen AG hat die Vorlage zustimmend zur Kenntnis genommen.





Dr. Frank Nopper

Anlagen

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