Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
893/2018
GZ:
OBM 0410-00
Sitzungstermin: 08.11.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh de
Betreff: Stärkung der Personalverwaltung der Landes-
hauptstadt Stuttgart

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 07.11.2018, öffentlich, Nr. 433

Ergebnis: einmütige Zustimmung mit Änderung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 22.10.2018, GRDrs 893/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Bericht über die Situation der Personalstellen wird Kenntnis genommen.

2. Dem Vorschlag der Verwaltung, zur kurzfristigen Entlastung der Personalverwaltungen in den Fachämtern und damit Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung zentral 5 Springerstellen für Personalsachbearbeiter einzurichten, wird zugestimmt.

3. Vom hierfür erforderlichen unabweisbaren und vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 5,0 Stellen in Besoldungsgruppe A 12 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2020 zu treffen.
4. Dem Vorschlag der Verwaltung zur mittelfristigen Entlastung der Personalstellen durch Digitalisierung von Abläufen, sowie der beschleunigten Bearbeitung von Lösungen zu Grundsatzthemen, einschließlich Controlling und Berichtswesen im Personalservice wird zugestimmt.

5. Vom hierfür erforderlichen unabweisbaren und vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 2,5 Stellen in Besoldungsgruppe A 12 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2020 zu treffen. OB Kuhn weist nochmals auf die im VA auf Antrag von StR Körner (SPD) vorgenommenen Änderungen im Beschlussantrag hin. Dabei wird eine neue Ziffer 4 eingefügt:

Die Verwaltung erstellt rechtzeitig zu den Doppelhaushaltberatungen im Jahr 2019 eine Vorlage zur notwendigen Dauerausstattung in den Personalstellen der Fachämter und zentral bei der Abteilung Personalwirtschaft. Hierbei soll möglichst die Festlegung auf Fallzahlenschlüssel erfolgen.

Die bisherigen Beschlussantragsziffern 4 und 5 werden zu den Ziffern 5 und 6.


StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) signalisiert Zustimmung zur Vorlage. Zugleich betont er die Verantwortung der Verwaltungsspitze, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu gewährleisten und die Kompetenz der Personalführung in den Ämtern anzuerkennen, statt akribisch Stellen zu berechnen und einzusparen. Um die Aufgaben für die Bürgerschaft in guter Qualität zu erledigen, brauche man ausreichend gut ausgebildetes und gut bezahltes Personal.

OB Kuhn stimmt ihm grundsätzlich zu, dass man für die Aufgabenerfüllung das entsprechende Personal brauche. Darüber entschieden jedoch nicht die Ämter, sondern die Verwaltung müsse inhaltlich prüfen, ob die nötigen Stellen vorhanden seien und wann und nach welchen Kriterien neue zu schaffen seien. Zum nächsten Doppelhaushalt werde nochmals eine Vorlage erstellt und über Verbesserungsmechanismen entschieden, mit denen man die kurzfristigen, von StR Rockenbauch so bezeichneten, "Feuerwehreinsätze" vermeiden könnte.

Hier widerspricht StR Rockenbauch. Seiner Ansicht nach könnten die für das Personal Verantwortlichen in den Fachabteilungen und den Ämtern am besten beurteilen, wie viel Personal notwendig sei. Eine Kontrolle durch die Verwaltungsspitze führe doch dazu, dass Stellen dem Gemeinderat teilweise gar nicht mehr vorgelegt würden.

StRin Ripsam (CDU) sieht in dem Vorgehen dagegen ein zu lobendes Verfahren der Verwaltung, die damit auf die aktuelle Situation eingehe und nicht bis zu den nächsten Haushaltsplanberatungen warte. Gerade auch im Bereich der Digitalisierung ergäben sich immer wieder neue Aspekte, auf die man nun zeitgerecht reagiere.

Als Schritt in die richtige Richtung bewertet auch StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) die Vorlage. Angesichts der sprudelnden Kassen sei es schwierig zu vermitteln, dass viele Leistungen, die die Stadt für ihre Bürgerschaft gerne erbringen wolle, nicht sofort möglich seien, weil in der Personalverwaltung Personal fehle, um die dafür erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Sie regt ein Risikomanagementsystem an, um frühzeitig erkennen zu können, wo es vermehrt Krankheit, Fluktuation und vakante Stellen gebe. Die Arbeit bei der Stadt müsse Spaß machen, kreativ sein, und auch die Bezahlung müsse stimmen. Den Vorschlag von StR Rockenbauch halte sie für komplett unrealistisch, denn letztendlich müsse doch die Politik abwägen, welche Themen sie nach vorne bringen wolle.

StR Körner wiederum kann hier StR Rockenbauch zu 100 % zustimmen. Die notwendigen Schulsanierungen, der demografische Wandel und die Engpässe im Amt für öffentliche Ordnung seien seit fast 10 Jahren bekannt. Der Bereich der Personalverwaltung, der die vielen im letzten Doppelhaushalt beschlossenen zusätzlichen Stellen besetzen müsse, sei damals offensichtlich vergessen worden. Für die Zukunft erwarte er, dass sich in der Führungskultur etwas verändere und man ein Jahr nach den Haushaltsplanberatungen in der Personalverwaltung nicht schon wieder nachbessern müsse.

StRin von Stein (FW) erinnert daran, dass es die grün-rot-rote Mehrheit im Gemeinderat gewesen sei, die vor 9 Jahren Schulsanierungsgelder zur Verfügung gestellt habe, ohne das dafür nötige Personal parallel dazu auch einzustellen. Erst die damals neue Schulbürgermeisterin habe vor einem Jahr festgestellt, dass Personal fehle. Nach entsprechenden Überprüfungen sei dann im Haushalt reagiert worden. Ihre Fraktion werde den Stellenschaffungen gerne zustimmen, in der Hoffnung, dass die Stellen angesichts der aktuellen Marktsituation überhaupt besetzt werden könnten.

Grundsätzlich begrüßt auch StR Dr. Oechsner (FDP) die Vorlage. Viele Stellen würden aufgrund politischer Entscheidungen geschaffen, doch müsse hier ein Automatismus greifen, der eine Teilstelle in der Personalverwaltung an eine beschlossene Stelle knüpfe.

StR Klingler (BZS23) signalisiert die Stimmenthaltung seiner Gruppierung. Es stelle sich die Frage, ob man das erforderliche Personal gewinnen könne oder ob man sich mehr darauf konzentrieren sollte, das vorhandene Personal mit seinem Know-how in irgendeiner Form länger zu halten.

BM Dr. Mayer betont gegenüber StR Körner, vor 10 Jahren seien die Umstände völlig andere gewesen. Die aktuell extrem schwierige Situation werde von 3 wesentlichen Faktoren bestimmt: Die sehr robuste Hochkonjunktur, der demografische Wandel und die historisch hohe Zahl von Stellenschaffungen. In Anbetracht dessen sei es nicht überraschend, dass man 6 Monate nach Rechtskraft des Haushalts die Stellen noch nicht komplett besetzt habe. Deshalb weise er den Vorwurf der Untätigkeit oder der fehlenden Agilität zurück. Er zählt einige Maßnahmen auf: zwei Organisationsuntersuchungen bei den Bürgerbüros mit großem Stellenpaket, letzteres ebenso bei der Ausländerbehörde, dem Hochbauamt und dem Schulverwaltungsamt, Ausbau der Ausbildungsplätze und der Fort- und Weiterbildung, Qualifizierung von Quereinsteigern, Erhöhung der Familienfreundlichkeit, Zulagen und übertarifliche Bezahlung, Reduzierung der Befristungen, neue Führungsleitlinien und eine breite Marketingkampagne.

Auch OB Kuhn verweist darauf, dass die im Haushalt beschlossenen Stellen erst besetzt werden könnten, wenn der Haushalt vom Regierungspräsidium genehmigt sei. In der aktuellen wirtschaftlichen Situation sei es nicht damit getan, Stellen zu beschließen, sondern sie auch zu besetzen. Der von StR Körner verwendete Begriff "Offenbarungseid" sei überzogen, da es Kontrollmechanismen geben müsse, die die Anmeldungen der Ämter auf ihre Notwendigkeit hin prüften.

Weder die besseren Gehälter in der Privatwirtschaft noch die demografische Entwicklung seien neu, erklärt StR Rockenbauch. Aufgabe des Gemeinderats sei es zu schauen, ob eine Aufgabe sinnvoll und notwendig sei. Doch könnten weder der Gemeinderat noch der Finanzbürgermeister beurteilen, wie viele Stellen dafür notwendig seien. Mangelnde Führungskultur sehe er dann, wenn die Fachverwaltung verdächtigt werde, "in Unvernunft" Stellen zu beantragen, wenn es den Kontrollmechanismus nicht gäbe.

StR Körner unterstreicht, er habe StR Rockenbauch nicht so verstanden, dass er vorschlage, jede Stellenanmeldung aus den Ämtern durchzuwinken, sondern dass Kernverwaltungsaufgaben weniger politisch zu entscheiden seien, da dem Gemeinderat das Wissen fehle, wie viele Stellen man brauche, um 500 Besetzungsverfahren zu begleiten. Den Begriff "Offenbarungseid" habe er bewusst gewählt, da es seit über einem Jahr klar sei, dass die Stadt angesichts der Arbeitsmarktlage großen Aufwand betreiben müsse, um Stellen mit Fachkräften zu besetzen, und dann das für diese Besetzungsverfahren erforderliche Personal vergesse. Darauf müsse die Verwaltungsspitze achten.



OB Kuhn stellt abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 2 Enthaltungen einstimmig den im VA modifizierten Beschlussantrag.

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