Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 11.10.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Generaldebatte "Soziale Stadt"

Beratungsunterlage ist die Tischvorlage "Prozess 'Vision Stuttgart 2030' - Generaldebatten; Generaldebatte Soziale Stadt" vom 11.10.2018. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Dieser Tagesordnungspunkt wird im Internet übertragen und von Dolmetschern in Gebärdensprache übersetzt. Alle RednerInnen sprechen vom Rednerpult aus.

Zu Beginn erinnert OB Kuhn an die im Ältestenrat im März vereinbarten Redezeiten: Fraktionen 15 Minuten, Gruppierungen 10 Minuten, Einzelstadträte 5 Minuten, in der zweiten Runde dann 3 Minuten für alle. Insgesamt solle die Generaldebatte maximal 3,5 Stunden dauern.

Die Reden sind nachstehend im redigierten Wortlaut wiedergegeben:

OB Kuhn:
"Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wir haben heute im Rahmen unserer Reihe Generaldebatte zu wichtigen Themen, die die Stadt Stuttgart bewegen und für ihre Gegenwart und Zukunft wichtig sind, das Thema Soziale Stadt in der Erörterung. Ich finde das sehr gut, dass wir solche Bündelungen haben, weil es in der Vielzahl der Sozialthemen, die wir ja ansonsten einzeln aufrufen, Gelegenheit gibt, die Frage zu stellen, wie ist eigentlich die Qualität des Sozialen in unserer Stadt Stuttgart? Wenn man sich bundesweit umhören würde und auf die Zahlen schaut, allgemeine Zahlen, Durchschnittseinkommen, was auch immer, dann steht natürlich außer Rede, dass Stuttgart eine reiche, wohlhabende Stadt ist. Dennoch, wenn man genauer hinschaut, gibt es in dieser reichen bis sehr reichen Stadt - mit reich meine ich jetzt nicht den Stadthaushalt, sondern erst mal die Lage der Menschen -, gibt es auch in unserer Stadt welche, die weniger haben oder die arm sind. Dieses sollten wir, glaube ich, in der Debatte nicht vergessen und nicht wegreden.

Wichtig ist hier die Frage, wie geht unsere Stadt und damit auch der Gemeinderat, der ja wichtige politische Entscheidungen für die Stadt trifft, mit diesem Umstand um? Entscheidend ist, dass er Armut oder Nachteile nicht ausblendet und vergisst, und ich kann erst mal positiv sagen, dass die neoliberale Antwort, die Armen sind selber schuld, in der Stadt Stuttgart wenig Anhängerinnen und Anhänger findet, und das ist auch gut so.

Grundlegend für eine Soziale Stadt ist meines Erachtens, dass diejenigen, denen es schlechter geht als dem Durchschnitt, möglichst früh Angebote bekommen, dass sie teilnehmen können am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Ausgrenzung durch Armut, zusätzliche Ausgrenzung muss, und das definiere ich als öffentliche Aufgabe der Stadt Stuttgart, verhindert werden. An diesen Teilhabe- und Chancengerechtigkeitsgedanken orientieren sich auch die wesentlichen sozialpolitischen Entscheidungen, die die Verwaltung und der Gemeinderat in den letzten Jahren getroffen haben. Wichtig ist mir an der Stelle, dass die allgemeinen Ungerechtigkeiten, was Einkommen angeht, natürlich in erster Linie auf der Ebene des Bundes, ein geringer Teil auch des Landes, entschieden werden und die Stadt, z. B. bei den Steuern, ja keine Möglichkeit hat, Vermögensausgleiche oder Gerechtigkeitsausgleiche herzustellen. Das ist wichtig, und ich glaube auch, dass wir der Versuchung, dass das der kommunale Haushalt machen könnte, auch nicht beitreten sollten. Wichtig ist, dass wir den sozialen Standard, den wir in Stuttgart haben, in einer, wie ich finde, ziemlich beeindruckenden Kombination der Hauptamtlichen der Stadt Stuttgart, z. B. der Sozialverwaltung, den freien Trägern der verschiedenen Art und bürgerlichem Engagement im Ehrenamt verdanken. Ohne diese Kombination, die ja in verschiedenen Sozialbereichen jeweils ein bisschen unterschiedlich organisiert ist, hätten wir nicht dieses hohe Niveau an sozialen Netzwerken und an Teilnahmechancen für die Bürgerinnen und Bürger.

25 % unseres Haushalts sind für Soziales gebunden. Im Jahr 2018 waren das 778 Mio. €, im Jahr 2019 790 Mio. € für gesetzliche Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben. Wichtig ist, dass wir dies nicht durch Verschuldung tun. Also, wir tun es gegenwärtig aus erwirtschafteten Einnahmen, d. h. über die Einkommensteuerzuweisung, sei es über die Umsatzsteuer, sei es über die Gewerbesteuer und anderes mehr. Ich sage das deswegen, weil alle Städte, die angefangen haben in Deutschland, über Verschuldung sozialen Ausgleich zu finanzieren, damit vielleicht nicht kurzfristig, aber langfristig einen Grund geschaffen haben, in eine dauerhafte strukturelle Verschuldung zu geraten. Aber dagegen sind wir, wie ich finde, gefeit, und ich hoffe, dass dies auch so bleiben wird.

Ich möchte etwas sagen zum Thema Kinder und Jugendliche. Denn wenn man die Frage stellt, geht es eigentlich gerecht zu in der Stadt, muss man auch die Frage stellen, haben Kinder und Jugendliche eigentlich alle gleiche oder vergleichbare Chancen zu Bildung, zu einem Leben, das wir als normal und vernünftig betrachten? Wir haben in Stuttgart 60.000 Familien mit Kindern unter 18 Jahren. 20 % dieser Familien sind Alleinerziehungshaushalte. Und wer weiß, dass generell und auch in Stuttgart Alleinerziehen ein wichtiges Armutsrisiko ist, der weiß, dass sich in diesen 20 % auch ein Armutsrisiko verbirgt. Nicht alle darunter sind arm, aber viele können arm werden, wenn die Alleinerziehung dazu führt, dass man weniger arbeiten kann oder vielleicht gar nicht und deswegen eben größere Risiken hat. 14 % unserer Kinder unter 6 Jahren, das heißt 4.700 Kinder in unserer Stadt, leben in Haushalten, die SGB II-Bezieher sind. Wir haben ein vielfältiges Paket von Hilfsmaßnahmen, frühe Hilfen, guter Start, ich nenne nur stichwortmäßig einige, die das versuchen auszugleichen und die gegensteuern. Ich will noch dazusagen, ich kann nicht alles, was wir tun, nennen. Nicht dass nachher kommt, dazu hat er nichts gesagt, sondern einfach von der Struktur her ist mir wichtig, dass Sie das verstehen.

Bei den Kitas unter 3 Jahren haben wir einen Versorgungsgrad von 43,2 %. Wenn alle Maßnahmen, die wir beschlossen haben, umgesetzt sind, werden wir 54,3 % haben. Das heißt, es fehlen Kitaplätze, und das möchte ich als erstes großes soziales Problem unserer Stadt bezeichnen. Das ist ja nicht nur ein Problem für die Familien, wo beide berufstätig sind, das ist auch ein Problem für die Wirtschaft bei der Personalgewinnung. Es ist z. B. für Alleinerziehende auch ein Problem, wenn sie keinen Kitaplatz finden und deswegen schlechtere ökonomische Möglichkeiten haben.

Gut ist auf der anderen Seite, dass wir zum 01.08.2018 für 3- bis 6-Jährige im Familiencard-Bereich 50 € Kita-Gebühren reduziert haben. Der Gemeinderat hat dies im letzten Doppelhaushalt beschlossen. Außerdem haben wir die Einkommensgrenze für die Familiencard von 60.000 € auf 70.000 € angehoben. Ich finde, das ist auch eine starke soziale Leistung, die die Stadt Stuttgart für Kinder im unteren und auch im mittleren Bereich der Einkommen leistet. Wir haben viele Tageseinrichtungen, die wir zu Familienzentren umbauen, 19 davon sind kommunal gefördert. Stichworte wie Schulsozialarbeit, mobile Jugendarbeit, Stadtteil- und Familienzentren, später Stadtteilhäuser, Beratungszentren, Netzwerk Stuttgarter Paten mit Mentorenprogrammen, schließlich die Arbeit der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft, 41 Kinder- und Jugendeinrichtungen, 22 Abenteuerspielplätze und Jugendfarmen sind alles in allem ein gutes Netzwerk, um die Chancen von Kindern auf Teilhabe, auf Bewegung, auf gute Ernährung, auf adäquate Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen, etwas unabhängiger zu machen vom sozialen Stand und dem Geldbeutel der Eltern. Darüber sollten wir uns eigentlich freuen. Ich weiß, aus meinen Gesprächen im Städtetag, dass dies nicht in allen deutschen Großstädten in dem Umfang der Fall ist wie bei uns.

Wir haben die Konzeption 'Kinderfreundliches Stuttgart' und setzen sie Schritt für Schritt um. Das Ziel ist, dass wir das Siegel 'Kinderfreundliche Stadt' bekommen, das das Kinderhilfswerk und UNICEF gemeinsam ausgeben. Das Ziel der Kinderpolitik der Stadt und auch der Kinderbeauftragten in dieser Konzeption, die Sie ja alle mitberaten und mitentschieden haben, ist, dass Kinder insgesamt in unserer Stadt nicht benachteiligt werden, dass sie Chancen haben, auch unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern, und dies ganzjährig und nicht nur an Weihnachten, wenn alle emotional sowieso ein bisschen angefasster sind. Das ist wichtig: Wegen der Ungleichheiten im Einkommen der Eltern sollen in Stuttgart Kinder an den Zugängen zu Bildung, Bewegung, Freizeit nicht eingeschränkt werden. Darauf bezieht sich die Sozialpolitik der Stadt Stuttgart.

Ich will kurz etwas sagen zum Thema 'Älter werden in Stuttgart'. 110.000 Menschen über 65 Jahren leben in unserer Stadt. 4,58 % - das sind 5.044 Menschen - brauchen Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter. Viele von ihnen leben als Single in der Stadt, d. h. die soziale Problemstellung, Isolation und Einsamkeit, ist für mindestens 5.000 Menschen in einer gravierenderen Form gegeben als ohnehin. Wir antworten mit verschiedenen Maßnahmen, 34 Begegnungsstätten für Ältere, 780 Ehrenamtliche unterstützen diese Arbeit, und künftig werden in Verbindung mit Familienzentren im Stadtteil generationsübergreifende Stadtteilhäuser entstehen. Das ist eine wichtige Grundkonzeption des Gemeinderats und der Verwaltung, so zu agieren. Wir haben 5.038 Pflegeplätze in der Stadt Stuttgart und wissen, dass wir im Jahre 2025 noch 2.000 extra dazu brauchen. Dies möchte ich neben den Kitas vorher als zweite große Herausforderung der sozialen Gestaltung in unserer Stadt bezeichnen.

Wir haben einen städtischen Eigenbetrieb Leben und Wohnen mit 8 Alten- und Pflegeheimen und tun an vielen Stellen das Nötige, um Problemen im Alter entgegenzusteuern.

Gesellschaftliche Integration durch soziale und kulturelle Teilhabe: Im Jahr 2017 haben 62.000 Menschen staatliche Leistungen bezogen einschließlich 'Bildung und Teilhabe' durch das Jobcenter. Ich finde übrigens, dass man mal festhalten kann, es hat sich bewährt, dass das Jobcenter seit 2012 in städtischer Hand ist, wir also Optionskommune sind. Die SGB II-Quote in unserer Stadt ist 8,3 %. Die Transferleistungen, die wir in diesem Bereich im Jahre 2017 aufgewendet haben, sind insgesamt 337 Mio. €: 155 Mio. € für kommunale Leistungen und 182 Mio. € für Leistungen des Bundes. Wichtig ist, und das verweist auf das soziale Problem Wohnen, dass die Kosten für Unterkunft sehr stark wachsen. 2013 waren das noch 116 Mio. €, und jetzt, im Jahr 2017, sind es schon 140 Mio. €.

Eine zentrale Antwort der Stadt im Sinne von Teilhabe ist das Paket Bonuscard Plus Kultur, Sozialticket im ÖPNV, das uns 5,4 Mio. € wert ist jedes Jahr aus dem Haushalt sowie die Familiencard. Die Bonuscard Plus Kultur ermöglicht Zuschüsse für das Besuchen kultureller Einrichtungen, Gebührenbefreiung für Kitas, vergünstigtes Mittagessen, Rabatt bei der Musikschule und vieles andere mehr. Mir ist wichtig, dass 2017 10 % der Stuttgarter Gesamtbevölkerung im Besitz dieser Bonuscard sind, und das ist ein gigantisch hoher und auch einmaliger Anteil, wenn ich das mit den anderen Städten in Deutschland vergleiche. Hier können wir sehr zufrieden sein.

Ich will einiges sagen zum Thema Gesundheit. Wir haben die Einschulungsuntersuchung, die das Gesundheitsamt durchführt. Wir haben Kampagnen und ein Stuttgarter Stufenmodell, was das Thema Übergewicht bei Kindern angeht. Ich will mal sagen, wir haben 15 % übergewichtige Kinder im Alter von 3 bis 17 Jahren. 14.000 sind das an der Zahl, und deswegen sind der Städtebau und Programme für Bewegung und gesunde Ernährung zur Milderung dieses sozialen Problems von großer Bedeutung.

Sehr gut sieht in Stuttgart der Gemeindepsychiatrische Dienst mit 8 gemeindepsychiatrische Zentren aus. Dort geht es darum, die Menschen, die psychisch erkrankt sind, aber nicht mehr im psychiatrischen Krankenhaus sind, weiterhin zu betreuen und sie zu stabilisieren. Ich glaube, dass wir da einen besonders guten Weg gehen und besonders stolz sein können auf die 8 Einrichtungen, die mit Geld, aber auch mit viel professionellem Sachverstand agieren. Auch die Suchthilfe in Stuttgart ist gut aufgestellt. Bei den Ersatzprogrammen, Methadonprogrammen etc. haben wir jetzt Problem mit einer Praxis, die aufgibt. Wir sind mit Hochdruck hinterher, dafür eine Lösung zu finden. Ich finde, dass wir das auch in den Griff kriegen werden. Das Grundproblem ist, dass die kassenärztlichen Vereinigungen natürlich auch in der Verantwortung sind, in der Hauptverantwortung sogar, und auch einen Weg mit suchen müssen mit uns, wie wir das Problem in den Griff kriegen können.

Inklusion: 45.000 Menschen mit Schwerbehinderung leben in unserer Stadt. 3.500 davon im Rollstuhl. Ich sage das deswegen, weil die meisten sich unter Behinderung Rollstuhl vorstellen, aber es sind viel mehr, die andere Behinderungsarten haben als die, die ein Rollstuhl aufheben oder mildern könnte. Wir haben einen Stuttgarter Fokusaktionsplan aufgestellt, vor Jahren schon, mit dem Ziel Schwerpunkte zu bilden, was muss man zuerst machen, um die Lage von Behinderten in der Stadt Stuttgart zu verbessern? Wir haben den Beirat Inklusion, den Beirat für Menschen mit Behinderung seit 2016, und wir haben im letzten Doppelhaushalt das Haushaltspaket Inklusion aufgestellt, also mit einem Förderprogramm für alten- und behindertengerechte Wohnungen, barrierefreie Bushaltestellen und Rollitaxen im Vordergrund. Im Vorschlag für den nächsten Doppelhaushalt werden wir diese Tradition fortsetzen und mit ein oder zwei neuen Schwerpunkten wieder ein Haushaltspaket Inklusion vorschlagen. Wir haben jetzt eine hauptamtliche Behindertenbeauftragte, die Frau Fischer, und ich möchte noch mal an den Herrn Tattermusch meinen Dank hier aussprechen, der ja viel für die Frage der Inklusion von Menschen mit Behinderung getan hat.

Lassen Sie mich einige wenige Bemerkungen machen zur Integration von Zugewanderten und Flüchtlingen. 45 % der Menschen in Stuttgart haben einen Migrationshintergrund, das ist mir wichtig, dass das noch mal alle wissen. Unsere Stadtgesellschaft gäbe es gar nicht ohne Migration. Wir haben eine aktive Abteilung Integrationspolitik, wir haben das Welcome-Center, 7.000 Geflüchtete leben in 114 Unterkünften in allen Stadtbezirken nach dem Modell des Stuttgarter Weges zur dezentralen und rechtzeitigen Unterbringung. Wir haben 7 Freie Träger in der Stuttgarter Flüchtlingshilfe und - ein Markenzeichen unserer Stadt - 40 Freundeskreise und 35 Initiativen kümmern sich ehrenamtlich um die Integration der Flüchtlinge. Deutschkurse sind gewachsen von 84 Kursmodulen im Jahr 2015 auf 159 im Jahr 2016, also wir tun da eine ganze Menge. Trotzdem will ich Ihnen sagen, Integration ist kein Zuckerschlecken. Es ist eine schwierige Aufgabenstellung. Wir haben die Leute, die Flüchtlinge, gut untergebracht, aber die Integration in das normale Leben, das heißt, auch in Arbeit, ist keine einfache Fragestellung, da haben wir noch viel zu tun.

Bildung in Stuttgart, Bildungsgerechtigkeit in Stuttgart, Stadtplanung, Städtebauförderungsprogramme wie die Soziale Stadt gehören zum Sozialprofil der Stadt. Natürlich ist Wohnen ein Problem. Dazu hatten wir eine eigene Generalaussprache im Rahmen dieser Reihe, aber ich will eine Gelegenheit nutzen hier. Was nicht geht, ist, dass Konzerne am Wohnungsmarkt zulasten der Mieter Wohnungen modernisieren. Ich spreche konkret die Vonovia an. Das geht nicht, was da geschieht. Ich halte persönlich sowieso nichts von der Modernisierungsumlage, egal ob 8 % oder 11 %, weil sie immer angelegt ist, Missbrauch zu treiben nach dem Muster, normale Bestandssanierungen nicht zu machen, dann in der Modernisierung über Umlage zulasten der Mieterinnen und Mieter dieses zu tun und eigentlich geschieht nichts anderes als eine Mieterhöhung. Oft auf der Basis derer, die am wenigsten haben. Wir werden bald ein Gespräch mit dem Vorstand von Vonovia haben und dann auch Klartext reden. Ich finde z. B. wenn Wohnungen saniert werden, dass man dann, ähnlich wie es die SWSG macht, Ersatzwohnungen anbietet oder Hotelunterkunft anbietet in der heißesten Phase des Bauens. Das geht nicht, was da in der Friedhofstraße geschieht. Und ich werde dann im Ausschuss oder im Unterausschuss Wohnungsbau darüber berichten, zu welchen Ergebnissen wir gekommen sind.

Ich darf zum Schluss kommen. Stuttgart hat nach meiner festen Überzeugung ein sehr extrem gutes und hochprofessionelles Netz von sozialen Hilfen und Dienstleistungen. Wir schaffen viel bei der Frage der Teilhabe in gesellschaftlichem und kulturellem Bereich. Das ist der Schwerpunkt, der eigentlich alle Bereiche der sozialen Unterstützung durchzieht. Wir sind eine Stadt der Inklusion, die sich der Integration verpflichtet fühlt und daran auch viel arbeitet. Ich möchte mich ausdrücklich bei den zuständigen Bürgermeistern, bei der Frau Fezer, ihrem Schulverwaltungsamt mit der Frau Korn, dem Jugendamt mit der Frau Dr. Heynen und der Abteilung Bildungspartnerschaft mit Herrn Dr. Knapp ganz herzlich bedanken für die Arbeit, natürlich auch der Teams, die dahinterstehen, die Sie in den letzten Jahren geleistet haben. Desgleichen bei Werner Wölfle, dem Sozialbürgermeister, dem Chef des Jobcenters Herrn Peeß, dem Sozialamtsleiter Herrn Spatz, dem Leiter des Gesundheitsamts, Herrn Prof. Dr. Ehehalt, in der Integrationspolitik Herrn Pavkovic, dann der Frau Fischer, die jetzt anfängt als Behindertenbeauftragte, beim Eigenbetrieb Leben und Wohnen Frau Bergmann-Diez und, was die Kinderkonzeption angeht, auch bei Frau Haller-Kindler. Diesen allen und allen, die mit ihnen zusammenarbeiten, einen herzlichen Dank an dieser Stelle. Es ist gut, dass wir eine kompetente Sozialverwaltung haben, die so viel leistet, wie ich jetzt in Stichworten eben aufgeführt habe. Vielen Dank."

StRin Bulle-Schmid (CDU):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Fezer, sehr geehrte Herren Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, zum mittlerweile dritten Male finden wir uns heute hier im Rat zusammen, um im Rahmen einer Generaldebatte über langfristige Entwicklungen und grundsätzliche Positionen zu diskutieren. Eine solche Generaldebatte kann aber nur Teil eines größeren Prozesses im Gemeinderat und in unserer Stadtgesellschaft sein. Ein Prozess, den wir als CDU-Gemeinderatsfraktion als Visionsprozess identifiziert und angestoßen haben und dem wir uns als Gemeinderat in einer gemeinsamen Klausur angenähert haben: Eine Vision für Stuttgart. Diese betrifft nicht nur die Themen Mobilität, Wohnen und Wirtschaft. Von grundlegender Bedeutung für das Zusammenleben in unserer Stadt ist die Sozialpolitik. Fragen des Miteinanders, der Mitverantwortung, der Solidarität bilden wichtige Säulen unseres Gemeinwesens. Der Gemeinderat identifizierte 'Die Soziale Stadt' - treffender sollte es meines Erachtens 'Soziales Stuttgart' heißen - als eine Säule einer Stuttgarter Vision, ja, eines Stuttgarter Geistes.

Die soziale Dimension unserer Stadtgesellschaft ist äußerst vielseitig. Unsere Vision 'Soziales Stuttgart 2030' erfordert zunächst die Klärung folgender Fragen: Wo stehen wir? Wie soll unser soziales Zusammenleben organisiert sein? Welche Kultur des Miteinanders wollen wir pflegen? Wie sozial darf und muss Stuttgart im Jahre 2030 sein, und wie erreichen wir das? All dies sind Fragen, für die wir nicht erst morgen Antworten finden müssen, sondern schon heute. Das Heute ist unser Ausgangspunkt für diese Stuttgarter Vision. Und im Heute muss man sich zunächst fragen, wen die Stuttgarter Sozialpolitik konkret betrifft. Mit unserer Sozialpolitik begleiten wir die Menschen in praktisch allen Lebens- und Altersphasen - von Geburt über Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter bis hin zum Eintritt in den Ruhestand und schließlich auch im hohen Alter. Im Kern sind alle Stuttgarter von der Sozialpolitik direkt oder indirekt betroffen, egal ob groß oder klein, alt oder jung, krank oder gesund, mittellos oder bemittelt. Und genau deswegen muss man die soziale Ausgestaltung unseres Zusammenlebens in Stuttgart auch als Querschnittsaufgabe über mehrere Politikfelder betrachten.

Unser aller Ziel und Auftrag ist es, Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen und zu garantieren. Für heute und auch für das Jahr 2030. Und unsere bisherige Arbeit zeigt die Vielfältigkeit dieses Auftrags. Für das Wohl unserer Kinder und Jugendlichen beispielsweise arbeiten wir eng mit verschiedenen Ämtern und vielen weiteren Akteuren zusammen, um eine möglichst individuelle, positive und gesunde Entwicklung eines jeden jungen Menschen zu ermöglichen. Gleichzeitig sorgen wir uns auch um das Wohl der älteren Generation, die dieser Stadt über Jahrzehnte so viel gegeben hat. Für ein würdevolles Leben im Alter müssen wir die Pflegeinfrastruktur ausbauen und eine gute Qualität in der Altenpflege sicherstellen.

Mit den Begegnungsstätten bieten wir einen Raum für Kontakte und Begegnungen. Trotzdem erreichen wir viele Ältere damit nicht. Unser Ziel ist, dass die Menschen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung leben können, ohne jedoch zu vereinsamen. Dafür müssen wir mehr tun und die Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag ausbauen. Es darf nicht sein, dass Menschen in unserer Stadt sich selbst hilflos überlassen sind.

Weiter kümmern wir uns aber auch um Menschen in den unterschiedlichsten und schwierigsten Lebenslagen. So helfen wir den unterschiedlichsten Bedarfsgruppen mit passgenauen Anlaufstellen und gehen im Stadtgebiet auch auf Bedürftige zu, z. B. in der Straßensozialarbeit. Mit städtischen Beratungsangeboten und dem Beirat für Menschen mit Behinderungen kümmern wir uns um die Sorgen und Nöte der Menschen mit Behinderung und arbeiten gemeinsam an dem Ziel einer inklusiven Stadt. Darüber hinaus kümmern wir uns mit den zahlreichen städtischen Einrichtungen um die Menschen, die neu zu uns gekommen sind oder einen Migrationshintergrund haben.

Das soziale Unterstützungssystem der Stadt ist in seinem Facettenreichtum heute sehr gut aufgestellt. Dies garantiert den sozialen Frieden in dieser Stadt. Und doch kann und muss dieses System immer wieder evaluiert, hinterfragt und gegebenenfalls verbessert werden. Darauf muss stets unser Augenmerk liegen, um auch im Jahre 2030 in einem sozialen Stuttgart zu leben, einem Stuttgart, in dem individuelle Freiheit und Gleichberechtigung Hand in Hand gehen, ohne sich gegenseitig zu beschränken. Und vor allem ein Stuttgart, in dem die Menschen gerne leben. Laut der Bürgerumfrage 2017 leben 83 % unserer Einwohner gerne in Stuttgart, 80 % sind Stand 2015 zufrieden mit ihrer unmittelbaren Wohngegend, ihrer Nachbarschaft. Gerade die soziale Bedeutung der Nachbarschaft dürfen wir niemals aus den Augen verlieren. Dieser unmittelbare Lebensraum eines jeden Menschen ermöglicht soziales Zusammenleben. Hierbei ist die Quartiersarbeit ein wichtiger Baustein, den es weiterhin auszubauen gilt. Die Stuttgarter sind aber auch mit einer Vielzahl anderer sozialer Lebensbereiche mehrheitlich zufrieden.

Im Ergebnis bedingt dieser soziale Frieden eine Stuttgarter Identität, ja, einen Stuttgarter Geist. Unsere Sozialpolitik trägt dazu bei, dass wir in unserer Stadt das Bewusstsein einer Stadtgesellschaft leben. Gleichzeitig steht die kommunale Sozialpolitik vor größeren Herausforderungen. Nicht selten müssen wir uns im Gemeinderat mit nachgelagerten Prozessen befassen. Diese können durch Bundes- oder Landesgesetze ausgelöst werden. Sie können aber auch das Nachbeben politischer Entwicklungen sein. Wir sehen uns in diesem Kontext mit allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen konfrontiert. Weltweite Migrationsbewegungen, gesellschaftliche Alterungsprozesse, neue Familienstrukturen, eine sich immer schneller wandelnde Arbeitswelt oder der Trend hin zum Wertewandel, gar Werteschwund sind nur einzelne Beispiele, die uns täglich herausfordern. Für uns Christdemokraten ist der Ausgangspunkt einer jeden Sozialpolitik das christliche Menschenbild. Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Betrachtung, ihm möchten wir im Lichte seiner individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten möglichst zielgenau effiziente solidarische Hilfe bieten und zugleich Eigenverantwortung von ihm einfordern. Dies bedeutet auch, dass wir Sozialpolitik nicht nach dem Gießkannenprinzip gestalten können. Zu Recht formulierte deshalb unser geschätzter Alt-OB Manfred Rommel, 'man muss dafür sorgen, dass am Ende die Rechnungen stimmen und nicht stimmend gemacht werden'. Und auch wir verfolgen diesen Ansatz. So haben wir beispielsweise ganz in diesem Sinne in einem Antrag unser Bekenntnis zum Suchthilfeverbund und seiner wertvollen Arbeit dargelegt. Zugleich haben wir die Frage nach der Wirksamkeit der Angebote und Maßnahmen und dem effizienten Einsetzen der Finanzmittel gestellt. Um wirklich effizient und möglichst zielgenaue Hilfe zu leisten, muss evaluiert werden, welche Maßnahmen und Angebote tatsächlich wirken, damit finanzielle oder personelle Ressourcen nicht verschwendet werden. Dies gilt im Übrigen für alle sozialen Bereiche.

Christdemokratische Sozialpolitik trägt unveränderlich das Subsidiaritätsprinzip in ihrem Kern. Hilfe zur Selbsthilfe, das muss unser Leitbild sein. Jeder Bürger muss in die Lage versetzt werden, möglichst ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Wenn der Einzelne nicht mehr für sich sorgen kann, muss zuerst die Familie und dann die Stadtgesellschaft Verantwortung übernehmen. Wo Menschen vereinsamen, müssen wir erreichen, dass nachbarschaftliche Hilfe zur Normalität und Selbstverständlichkeit wird.

Verantwortung wird jeden Tag von einer breiten Mehrheit der Stuttgarter in ihrem ganz individuellen Berufsleben übernommen. Deswegen sind wir auch der tiefen Überzeugung, dass die beste Sozialpolitik die ist, die Menschen in Arbeit bringt. Sozial ist, was Arbeit schafft. Im Arbeitsumfeld sozialisieren sich Menschen, sie entwickeln sich, und sie entfalten sich. Beide Dimensionen, sowohl das Subsidiaritätsprinzip als auch das christliche Menschenbild sind zwei Seiten derselben Medaille. Ganz unabhängig davon, wie man diese Leitprinzipien bewertet, müssen wir uns auch über den Stellenwert von Werten Gedanken machen. Werte zu leben und vorzuleben müssen leitende Maximen unserer Sozialpolitik sein. Achtsamkeit, Respekt, Gleichberechtigung und Wertschätzung sind Werte, die unabdingbar für den sozialen Frieden in dieser Stadt sind.

Werte sind vor allem in Zeiten wichtig, in denen Integration eine unausweichliche Komponente erfolgreichen Zusammenlebens darstellt. Gerade deshalb müssen wir diese Werte von allen Bürgerinnen und Bürgern einfordern. Bei uns hier in Stuttgart gelingt Integration in einem hohen Maße. Es gibt viele Menschen, die aus nah und fern zu uns kommen und sich in unsere Stadtgesellschaft einbringen. Zugleich sehen wir aber auch bei uns in Stuttgart neue Herausforderungen, die uns seit Herbst 2015 beschäftigen. Gerade weil wir das Ziel des sozialen Friedens zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen verfolgen, setzen wir uns mit Nachdruck für Wertevermittlung und eine bestimmte Kultur des Miteinanders ein. Zu unserem Verständnis des Miteinanders gehört der Wille zur Erlernung der deutschen Sprache, das Bekenntnis zu unserem Grundgesetz, zu unseren Werten, zu Tradition und Brauchtum, aber auch zu Fortschritt, Vielfalt und Moderne. Das ist gelebtes Miteinander, und nur so wird Integration auch weiterhin bis ins Jahr 2030 ein Stuttgarter Erfolgsmodell bleiben.

Stuttgarter Sozialpolitik wird im Jahre 2030 nur dann erfolgreich sein, wenn sie es schafft, alle Bürgerinnen und Bürger auf ihrem individuellen Weg mitzunehmen und wenn nötig zu fördern. Dafür braucht es zweifelsohne eine differenzierte Bildungsinfrastruktur, gerechte Familienförderung, ein lebendiges ehrenamtliches Engagement sowie ein gesundheitsförderndes Umfeld und ein gemeinsames Wertegerüst. All dies trägt zur Identifikation mit der Stadtgesellschaft bei. Zugleich sind dies Rahmenbedingungen für ein Umfeld, in dem Wirtschaft wachsen und sich entwickeln kann. Eine Wirtschaft, die aus Überzeugung Verantwortung übernimmt und ihren Beitrag zur Bewältigung unserer sozialen Herausforderung leistet.

Wenn wir von Visionen sprechen, reden wir über ein ganzheitliches Konzept. Diese Ganzheitlichkeit als Stuttgarter Geist muss sich in der Generationenpolitik und in allen gesellschaftlichen Gruppen widerspiegeln. Der Stuttgarter Geist wird vom aktiven Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger getragen.

Bürgerschaftliches Engagement spielt dabei eine zentrale Rolle. Deshalb müssen wir die Vereinslandschaft und das ehrenamtliche Engagement auch zukünftig fördern. Das Ehrenamt muss in unserem alltäglichen Zusammenleben eine Selbstverständlichkeit sein. Es trägt vor allem zur Übernahme von Verantwortung bei - für sich selbst, aber auch für die Stadtgesellschaft. Auch dies ist eine wichtige Grundvoraussetzung für den Erhalt des sozialen Friedens. An dieser Stelle möchte ich namens der CDU-Fraktion allen ehrenamtlich Engagierten und ebenso den freien Trägern in unserer Stadt für ihre gute und wichtige Arbeit danken.

Sozialpolitik berührt, um an den Ausgangspunkt anzuknüpfen, nahezu alle Bereiche unseres täglichen Lebens. Wir als CDU-Gemeinderatsfraktion werden deshalb auch weiterhin an der Seite der Bürgerinnen und Bürger arbeiten, um unsere Vision des Sozialen Stuttgart 2030 Realität werden zu lassen. In dieser Vision fühlt sich jeder für sich, seine Mitbürger und Nachbarn verantwortlich. Jeder, der kann, hat selbstverständlich ein Ehrenamt. Niemand ist einsam und alleine gelassen. Und Teilhabe ist selbstverständlich. Die Bürgerumfrage 2030 ergibt, dass 100 % der Stuttgarter gerne in unserer schönen Stadt leben und 100 % mit ihrer Wohngegend, Nachbarschaft und Lebensbedingungen zufrieden sind. Lassen Sie uns auch daher zukünftig gemeinsam den Kurs hin zu unserem Stuttgart 2030 einschlagen, denn dies ist der einzig sinnvolle Weg zur Erreichung unseres Ziels des Sozialen Stuttgart 2030. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Stopper (90/GRÜNE):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, liebe Frau Bulle-Schmid, als Sie Ihre Rede gehalten haben, habe ich zuerst gedacht, das wird ein langweiliger Abend, weil, auch ich habe mir die Bürgerumfrage angeschaut, Schlüsse daraus gezogen. Aber Ihre Rede hat sich dann doch an manchen Punkten ganz wesentlich von dem unterschieden, wie ich die Soziale Stadt sehe, wie wir die Soziale Stadt sehen. Und insofern kann es doch noch mal ein spannender Abend werden.

Ja, die Bürgerumfrage zeigt, dass die Mehrheit der Stuttgarterinnen und Stuttgarter die Soziale Stadt gut aufgestellt sieht. Befragt nach den größten Problemen in Stuttgart rangieren soziale Themen eher unter ferner liefen. Arbeitslosigkeit werden von 7 % als Problem genannt, mangelndes Angebot an Jugendeinrichtungen von 8 %, zu wenig Alten- und Pflegeheime von 9 %. Diese Themen rangieren ganz am Ende der Liste der größten Probleme, die die Stuttgarter wahrnehmen. Auch Armut und Obdachlosigkeit ist nur von 15 % der Befragten genannt worden. Ganz anders sieht es natürlich beim Thema Wohnen aus. Das Thema zu hohe Mieten nennen 73 % und mangelhaftes Wohnungsangebot benennen 65 %. Und damit liegt das Thema Wohnen ganz vorne seit Jahren. Das zeigt, die Wohnungsnot ist die dominierende soziale Frage in Stuttgart. Und deshalb war es auch richtig, dass der Gemeinderat dem Thema Wohnen eine eigene Generaldebatte gewidmet hat. Ich möchte aber, wie der Oberbürgermeister auch, hier dann deshalb erwähnen, dass es heute kein zentrales Thema in meiner Rede spielen wird. Aber klar ist, das ist eine der großen sozialen Fragen in Stuttgart. Das hat auch die Bürgerumfrage gezeigt.

Und noch etwas hat die Bürgerumfrage gezeigt, was ich sehr wichtig finde. Die Stuttgarter/-innen sehen den Straßenverkehr an erster Stelle, zu hohe Mieten, zu viele Baustellen, die Wohnungsnot, die schlechte Luftqualität und vieles andere mehr als große Probleme unserer Stadt an. Die Themen Zuwanderung, Flüchtlingspolitik kommen in der Problemwahrnehmung der Bevölkerung erst viel weiter hinten vor. So stehen bei der Bürgerumfrage 2017 die Problembenennungen 'zu viele Fremde' und 'mangelnde Ausländerintegration' auf den Rängen 14 und 18. Das zeigt, Migration ist nicht die Mutter aller Probleme, nicht in Deutschland und schon gar nicht in Stuttgart.

Es wurde schon ausgeführt, wir haben ein engmaschiges und gut funktionierendes Versorgungs- und Hilfesystem in Stuttgart, das auch bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt. Ich nenne, wie meine Vorrednerin auch, die Bonus- und Familiencard, ich nenne die partizipative Altersplanung, ich nenne das Konzept Frühe Förderung von Familien, unsere Kinderklinik, das Olgäle, und die Schwerpunktpraxis Diamorphinsubstitution. Ein weiteres Pfund, mit dem wir wuchern können in Stuttgart, ist eine sozial hochengagierte Bürgergesellschaft, die sich ehrenamtlich in Eltern-Kind-Zentren, in Kirchengemeinden, in Flüchtlingsfreundeskreisen und in Wohlfahrtsverbänden, in Eine-Welt-Läden, in der Aidshilfe und in vielen anderen Bereichen sozial engagiert - weltoffen, vielfältig und meist in aller Bescheidenheit.

Und Stuttgart hat eine im Sozial- und Gesundheitsbereich gut aufgestellte, professionell und engagiert arbeitende Verwaltung. Ich will an dieser Stelle auch vonseiten der GRÜNEN-Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ämter, des Jobcenters, der Eigenbetriebe ELW und Klinikum an dieser Stelle sehr herzlich für ihre tolle Arbeit danken.

Auch uns ist das breite Spektrum an freien Trägern und unabhängigen sozialen Einrichtungen und Beratungsstellen sehr wichtig. Wir GRÜNE stehen für eine partnerschaftliche, faire Zusammenarbeit mit diesen Trägern und eine verlässliche, transparente Förderung ihrer Arbeit.

Aber natürlich gibt es auch Probleme in Stuttgart, auf die will ich jetzt eingehen. So ist gerade in einer reichen Stadt für diejenigen, die materiell, sozial oder gesundheitlich eher am Rand stehen, so ist es gerade für diejenigen besonders schwer, am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Die Zahl der Hilfsbedürftigen in Stuttgart ist auch nicht unerheblich. Rund 12 % aller Einwohnerinnen und Einwohner sind Bezieher von Transferleistungen. Rund 73.000 Menschen wären berechtigt, die Bonuscard zu beantragen. Und natürlich gibt es bei uns wie in jeder Großstadt überdurchschnittlich viele Menschen, die mit Suchterkrankungen, psychischen Krankheiten und anderen Problemlagen zu kämpfen haben. Es ist Aufgabe kommunaler Sozialpolitik, sich aktiv um diese Menschen zu kümmern, gerade weil sie nicht im Fokus der Mehrheitsgesellschaft stehen.

Unsere grünen Leitziele für die Soziale Stadt sind Teilhabe, Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Wir GRÜNEN sehen es als die Hauptaufgabe kommunaler Sozialpolitik an, Teilhabe zu ermöglichen und Menschen zu möglichst selbstbestimmter Teilhabe zu befähigen. Und da unterscheiden wir uns auch von Ihnen, Frau Bulle-Schmid, wenn Sie sagen, sozial ist, was Arbeit schafft. Dann halte ich dem entgegen: Sozial ist, was Teilhabe schafft. Arbeit ist ein wichtiger Faktor bei der Ermöglichung von Teilhabe. Aber es gibt eben auch Arbeit, die keine Teilhabe schafft. Und deshalb ist nicht sozial, was Arbeit schafft, sondern sozial ist, was Teilhabe schafft.

Wir GRÜNEN sehen die größten Herausforderungen in den Bereichen Inklusion, wie schaffen wir die inklusive Stadt? Denn nur eine inklusive Stadt ist eine soziale Stadt. Wie ermöglichen wir Teilhabe und Chancengerechtigkeit für alle? Also auch für die, die von Armut betroffen sind. Wie bewältigen wir den demografischen Wandel, insbesondere die demografische Alterung? Und wie kann die Integration der Flüchtlinge möglichst gut gelingen?

Ich will zu diesen Punkten einige Ausführungen machen. Aus unserer Sicht muss der Kampf für Chancengerechtigkeit möglichst früh einsetzen. Stuttgart hat hier in der Vergangenheit gute Ansätze entwickelt. Ich habe schon genannt das Rahmenkonzept Frühe Hilfen. Aber wir haben auch einen Konsens zum Ausbau der Kinderbetreuung. Wir haben ein Stuttgarter Konzept zum flächendeckenden Ausbau der Ganztagesschulen. Wir haben Schulsozialarbeit, die Mobile Jugendarbeit und natürlich die vielfältigen Vergünstigungen der Bonuscard. Diese Ansätze wollen wir konsequent weiterentwickeln und ausbauen. Sie erweitern Teilhabemöglichkeiten, und sie befähigen zur Teilhabe. Wir GRÜNEN halten gute Kitas, gute Ganztagesschulen und ein flächendeckendes Angebot an Schulsozialarbeit für ganz wesentliche Bausteine der Sozialen Stadt. Unser Ziel ist es, diesen schulischen Bereich noch besser mit den außerschulischen Angeboten, wie den Jugendfarmen, den Abenteuerspielplätzen und der Mobilen Jugendarbeit, zu verknüpfen.

Es wurde schon genannt, das höchste Armutsrisiko tragen die Alleinerziehenden. Von fast 12.000 Alleinerziehenden beziehen rund ein Drittel Leistungen nach dem SGB II. Die wichtigste kommunale Maßnahme für die Alleinerziehenden ist aus unserer Sicht der Ausbau der Kinderbetreuung und die Ganztagsschule. Und natürlich sind diese Menschen auch ganz besonders auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Für uns steht deshalb im Vordergrund, dass wir den nach wie vor bestehenden Investitionsbedarf in Stuttgart engagiert angehen beim Ausbau der Kinderbetreuung, bei den Schulsanierungen, beim Ausbau der Ganztagsschulen, bei unseren städtischen Liegenschaften, wie beispielsweise die Liegenschaften für das Jobcenter oder die Flüchtlingsunterkünfte. Dort liegen unsere zentralen Aufgaben im sozialen Bereich.

Wir begrüßen es, dass die Sozialverwaltung in der Vorbereitung der Armutskonferenz im nächsten Frühjahr gezielt Bonuskartennutzer an Überlegungen zur Weiterentwicklung der Bonuscard beteiligen wird. Wir GRÜNEN sind entschlossen, für die Umsetzung der Ergebnisse der Armutskonferenz auch entsprechende zusätzliche Finanzmittel in den nächsten Haushaltsberatungen zu beantragen.

Im Erwachsenenalter, ich habe es schon angesprochen, bleibt Erwerbsarbeit eine sehr wichtige Teilhabevoraussetzung. Leider gibt es in Stuttgart trotz hervorragender Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten seit Jahren einen verfestigten Sockel an Langzeitarbeitslosigkeit. Diese Langzeitarbeitslosen sind auf ein ausdifferenziertes Angebot an Aktivierungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen angewiesen. Und natürlich auf ein gut arbeitendes Jobcenter. Wir wollen die begonnene notwendige Verbesserung der Personalausstattung des Jobcenters fortsetzen und auch die räumlichen Bedingungen klar verbessern. Denn eines ist auch klar, wenn es uns selbst in konjunkturell so rosigen Zeiten wie heute nicht gelingt, bestimmten Gruppen Teilhabe am Erwerbsleben zu verschaffen, dann sind wir für mögliche zukünftige Risiken ganz offensichtlich noch nicht genug aufgestellt. Was erwartet uns bei einem Wiederaufflammen der Finanzkrise? Wie wirkt sich die fortschreitende Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt aus? Wohin entwickelt sich die Region Stuttgart im Zuge der Transformation der Automobilwirtschaft? Für uns GRÜNE gehören passgenaue Qualifizierungsangebote dazu. Auch intelligent konzipierte Konzepte eines sozialen Arbeitsmarktes und mehr Angebote, die arbeitsmarktfernere Personen bei der Herstellung und Aufrechterhaltung ihrer Beschäftigungsfähigkeit unterstützen. Das neue Programm der Bundesregierung hierzu ist immerhin ein Ansatz, wenn nicht wieder unnötige Hürden aufgebaut werden, wie wir das zuletzt im SGA beraten haben.

Zum Thema Inklusion. Unser Ziel ist, dass wir Inklusion in allen Lebensbereichen schaffen. Bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat Stuttgart in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Aber wir haben auch noch einen langen Weg vor uns. Der Fokus Aktionsplan hat Inklusion in Stuttgart einen deutlichen Schub gebracht. Er hat die Stadtpolitik und die Betroffenen auf ein gemeinsames Ziel vereint, bestimmte Handlungsfelder definiert und Bausteine festgelegt. Und Stuttgart hat nun, neben dem 'Beirat Inklusion - Miteinander Füreinander', einen engagierten und kompetenten Beirat für Menschen mit Behinderungen. Und, es wurde schon angesprochen, Stuttgart hat seit zwei Wochen erstmals eine hauptamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Und auch ich begrüße ganz herzlich Frau Fischer.

Wir GRÜNEN wollen die Umsetzung des Stuttgarter Fokus-Aktionsplans konsequent weiter vorantreiben. Neben der verstärkten Förderung von Barrierefreiheit wollen wir die Voraussetzungen dafür stärken, dass Menschen mit Behinderung ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Dazu gehört für uns neben dem persönlichen Budget auch eine bessere berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen - bei der Stadt als Arbeitgeberin selbst, aber auch in Kooperation mit Verbänden, Kammern und den Stuttgarter Unternehmen. Die Bewährungsprobe für die inklusive Stadt wird als Nächstes die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sein. Das Bundesteilhabegesetz soll den Betroffenen eine bessere, flexiblere und persönlichere Unterstützung ermöglichen. Für die Umsetzung braucht es erhebliches zusätzliches Personal. Wenn wir hier am falschen Ende sparen, dann verkehrt sich das Gesetz für die Betroffenen ins Gegenteil.

Der Punkt demografischer Wandel. Ich will hier sprechen darüber, dass unsere Gesellschaft altert. Die Vorhersagen, dass wir schrumpfen, sind bisher so nicht eingetreten. Aber die Zahl der Alten und Hochbetagten wird in den kommenden Jahren weiter deutlich ansteigen. Und mit ihr der Bedarf an Pflegekräften und Pflegeplätzen. Der bereits heute vorhandene und vom Oberbürgermeister angesprochene Mangel an Pflegeplätzen und Fachkräften in der stationären Altenpflege ist ein Vorbote dieser Entwicklung. Neben dem Ausbau der stationären Pflegeplätze brauchen wir aber auch den Ausbau ambulanter, teilstationärer Angebote. Wir halten es deshalb für sinnvoll, die Trennung der Sektoren zu überwinden und eine größere Vielfalt an Arrangements, innovativen Ansätzen und generationenübergreifenden Wohnformen zuzulassen. Hier ist es aber vor allem der Bundesgesetzgeber, der gefragt ist.

Die Zukunft gehört aus unserer Sicht jedenfalls quartiersbezogenen Ansätzen. Wer seine Nachbarn kennt und sich gegenseitig im Alltag unterstützt, lebt im Alter zufriedener und glücklicher. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse das Quartiersprojekt 2020 in Wangen zeigen wird. Ein guter Ansatzpunkt ist auch die begonnene Weiterentwicklung der Begegnungsstätten. Wir begrüßen den Vorschlag der Verwaltung, die bestehenden Strukturen an Stadtteil- und Familienzentren und Begegnungsstätten zu generationenübergreifenden Treffpunkten in den Stadtquartieren weiterzuentwickeln. Der nächste Haushalt ist die beste Gelegenheit, hier nachzulegen.

Voraussetzung ist aber eine soziale Stadtentwicklungsplanung, die Stadtplanung und Sozialplanung konsequent und interdisziplinär zusammen denkt. Ich danke den Bürgermeistern Wölfle und Pätzold, dass sie sich hier gemeinsam auf den Weg gemacht haben und kluge strategische Ansätze entwickelt haben.

Und zum vierten Punkt, zum Thema Integration. Wir GRÜNE wollen eine möglichst gute Integration aller, die nach Stuttgart zuziehen, sei es als freiwillige Zuwanderer oder als zugewiesene Flüchtlinge. Das gilt auch für diejenigen, die früher oder später wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollen oder müssen. Die Stuttgarter, egal ob hier geboren oder zugewandert, wissen, dass Zuwanderung ihre Stadt reicher gemacht hat. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Bei der Integration blickt Stuttgart auf eine erfolgreiche Entwicklung zurück. Dazu beigetragen haben Weltoffenheit und Toleranz bei Einheimischen wie Zugewanderten, eine starke, ihrerseits auf Zuwanderung angewiesene Wirtschaft und integrationsförderliche Strukturen bei der Stadt. Dass Stuttgart in diesen Fragen heute wieder mit einer starken Stimme spricht, dafür danke ich ausdrücklich unserem Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration Werner Wölfle. Denn der Fachkräftemangel in vielen Bereichen und die demografische Entwicklung zeigen, dass Stuttgart auch in Zukunft auf Einwanderung angewiesen sein wird, will es seinen Wohlstand und seine Lebensqualität erhalten.

Ob aus den Eckpunkten zum Einwanderungsgesetz des Bundes je etwas Vernünftiges wird, steht noch in den Sternen. Aber wir denken, dass ein Einwanderungsgesetz auch für Stuttgart viel bringen kann und viel bringen wird. Aber auch in Stuttgart haben wir einige Baustellen, die es zu bearbeiten gilt. Angefangen von der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit der Ausländerbehörde über den Wohnungsmangel bis hin zu besseren Angeboten für Kinder in den Flüchtlingsunterkünften und vor allem in den sogenannten Sozialunterkünften. Es gibt also noch viel zu tun, aber wir haben sehr gute Voraussetzungen in Stuttgart. Und wir GRÜNEN wollen es anpacken."

StR Körner (SPD):
"Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Fezer, meine Herren Bürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Generaldebatte Soziale Stadt ist für uns die wichtigste Debatte hier im Stuttgarter Rathaus. Weil die soziale Stadt als Allererstes immer mal eine menschliche Stadt sein muss, menschlich in dem Sinne, dass Stärkere den Schwächeren helfen, menschlich in dem Sinne, dass man sich umeinander kümmert. Das ist etwas Grundsätzliches, wenn wir über die soziale Stadt reden. Für uns ist das heute die wichtigste Debatte, weil wir es für die vornehmste Aufgabe der Stadt halten, für eine soziale Stadt zu arbeiten, in der die Menschen zusammenhalten, in der sie nicht gespalten werden, sondern zusammengeführt werden. Und, ja, natürlich, für uns ist das die wichtigste Generaldebatte, die Generaldebatte zur Sozialen Stadt, weil wir die Sozialdemokratische Partei Deutschlands sind.

Die SPD hat vor genau 100 Jahren 1918 die erste deutsche soziale Demokratie durchgesetzt. Sie hat etwas Unglaubliches beendet, nämlich dass Frauen nicht wählen dürfen. Ein sozialer Skandal. Das haben wir durchgesetzt. Und jetzt lächeln manche und sagen, was soll die Erinnerung? Aber erstens ist das genau 100 Jahre her, und da darf man sich schon noch mal erinnern. Und zweitens ist es doch so: Wenn wir uns nicht erinnern, dann wissen wir auch nicht, wer wir heute sind. Ohne die Vergangenheit wissen wir nicht, um was es heute geht, wir verstehen das Heute gar nicht.

Und was auch wichtig ist, wir können etwas lernen aus der Vergangenheit. Und eine eigentlich auf der Hand liegende Lehre aus den Erfahrungen mit der ersten deutschen sozialen Demokratie ist die: Die soziale, menschliche Gesellschaft ist in Gefahr, wenn Extremisten das Sagen haben. Extremisten, die gegen Minderheiten hetzen, Extremisten, die ein Problem mit der sozialen Demokratie haben, wo die Mehrheit entscheidet, wo aber die Minderheit zu schützen ist. Extremisten, die keinen Respekt vor Andersdenkenden haben und das Land spalten wollen. Und das ist das Erste und Wichtigste, warum wir eine soziale, eine menschliche Stadt sein wollen.

Wir Sozialdemokraten arbeiten dafür, dass Stuttgart eine soziale, eine menschliche Stadt ist, in der die Menschen auch ein bisschen zusammenhalten bei aller Unterschiedlichkeit. Das ist im Übrigen auch ein Zitat von Manfred Rommel, der hier mal gesagt hat: 'Haltet auch ein bisschen zusammen'. Und wo halten die Menschen zusammen, Herr Oberbürgermeister? Zuerst einmal ganz persönlich in der Familie, in der Nachbarschaft, im Quartier. Der Begriff fiel heute Abend schon mehrmals, ich finde völlig zu Recht. Dort kennen sich die Menschen und helfen einander, sie sind menschlich. Und auch deshalb halten wir es für ein gutes und sinnvolles Leitbild für Stuttgart, dass Stuttgart zur Fünf-Minuten-Stadt wird. Weil, was heißt die Fünf-Minuten-Stadt? Was können wir tun dafür, dass die Menschen sich kennen und helfen in ihrer Nachbarschaft? Wenn die Familien mit Kindern in fünf Minuten bei der Kita sind, Herr Oberbürgermeister, und sich dort begegnen mit anderen Familien, dann helfen sie sich auch gegenseitig. Ich habe das selbst erlebt. Und Sie haben den Ausbau der Kitabetreuung als eine von zwei großen Herausforderungen beschrieben. Ich habe ein bisschen vermisst Antworten auf die Herausforderung. Weil, 1.000 der bereits beschlossenen Plätze sind heute nicht besetzt, weil uns Fachkräfte fehlen. Deshalb müssen wir die Fachkräfte besser bezahlen als heute. Und wenn eine Erzieherin ausgebildet ist, müssen wir sie in die Erfahrungsstufe 2 eingruppieren, wie es fast alle Gemeinden um uns herum machen, damit Kinder, Familien mit Kindern im Quartier gut leben können.

Sozialer Zusammenhalt im Quartier ist auch für Familien mit Kindern, aber auch mit Großeltern ganz wichtig. Meine Vorrednerin und mein Vorredner haben ja auch das Thema Alter angesprochen. In der Tat, wir haben die Begegnungsstätten für Ältere. Aber wir sind davon überzeugt, und wir wissen, dass viele, gerade ältere Menschen einsam sind. Und das ist eine soziale Herausforderung. Und deshalb haben wir den Vorschlag gemacht, die aufsuchende Altersarbeit auch auszubauen. Wir haben bei den Haushaltsplanberatungen dort einen ersten Schritt hin getan. Und für uns heißt dazu aber auch, Herr Oberbürgermeister, dass der Ausbau der Pflegeplätze, der notwendig ist, wir brauchen auch Pflegeheime, aber wichtiger noch ist es aus unserer Sicht, kleine dezentrale Einheiten in den Quartieren anzubieten, wo ältere Menschen auch von ihren Kindern in fünf Minuten besucht werden können. Pflege-WGs. Ganz hervorragend ist es, dass die Wohnungsbaugenossenschaften hier in Stuttgart in einem gemeinsamen Verein integrative Wohnformen in ihren Beständen, Wohncafés einrichten und es älteren Menschen möglich machen, so lange wie möglich auch zuhause zu leben. Also das Leben im Quartier, der soziale Zusammenhalt, die soziale Stadt im Quartier ist ein Teil der Sozialen Stadt in Stuttgart.

Sie wissen, dass zur Fünf-Minuten-Stadt aus unserer Sicht auch die fünf Minuten zur Haltestelle zählen, weil die, die Arbeit haben, dorthin müssen, um zur Arbeit zu kommen. Und das Zweite, was aus unserer Sicht die Soziale Stadt ausmacht, ist in der Tat die Chance auf Teilhabe. Und dieses Teilhabekonzept, das Konzept der Verwirklichungschancen, ist ja ein Konzept, das wir im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung sehr schön nachlesen können, was sich ein sehr intelligenter Mann ausgedacht hat, Nobelpreisträger, Amartya Sen heißt der, da geht es um Lebenschancen, um Verwirklichungschancen, Chancen auf Teilhabe bei der Arbeit, bei der Bildung, bei der Kultur, beim Wohnen, bei Gesundheit, bei politischer Partizipation.

Ich möchte mich schon auf die Arbeit konzentrieren. Und ich war ein bisschen überrascht auf die eine oder andere Reaktion auf das, was Kollegin Beate Bulle-Schmid gesagt hat. Wo stehen wir denn in der sozialen Stadt Stuttgart, wenn es um die Chance auf Teilhabe und die Chance auf Arbeit geht? Wir stehen da hervorragend da. Und darauf können wir auch stolz sein. In einer europaweiten Umfrage in den 100 größten europäischen Städten schneidet Stuttgart am allerbesten ab, wenn es um die Jobchancen geht. Gemeinsam mit Oslo sind wir da auf Platz 1, und das ist zuallererst das Verdienst vieler Tausender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Stadt und vieler Unternehmerinnen und Unternehmer, die hervorragende Arbeit leisten. Und da können wir stolz drauf sein in Stuttgart.

Das ist aber nicht gottgegeben und muss nicht immer so bleiben. Da müssen wir etwas für tun. Aus unserer Sicht müssen wir noch mehr tun, wenn es darum geht, unsere starke Wissenschaft mit dem Mittelstand hier zusammenzubringen. Wir müssen noch mehr für die duale Ausbildung tun, weil dort, bei den Fachkräften, die dual ausgebildet sind, fehlen uns in Zukunft die Fachkräfte. Und aus unserer Sicht müssen wir für bessere Bildungschancen hier in unserer Stadt tun, weil, nur dann habe ich auch eine gute Chance auf Arbeit, wenn ich gut ausgebildet bin. Wir schlagen vor ein Sonderprogramm für bessere Bildungschancen in Stuttgart in einem Umfang von 10 Mio. € pro Jahr. Ich weiß, das ist viel. Aber mit diesem Geld wollen wir die Schulen und die Kitas unterstützen in den Stadtteilen, wo viele ärmere Familien leben. Damit wir dort Gas geben, wo der Unterstützungsbedarf groß ist. Bei den Kitas machen wir das zum Teil schon in Ansätzen mit den Kinder- und Familienzentren. Aber wir wissen mit dem Sozialdatenatlas ganz genau, wo diese Stadtteile sind. Wir wissen es ganz genau, wo die Grundschulen sind, wo die Kinder in Familien leben, wo nicht 5 Meter Bücherregal zuhause sind. Und wir wissen im Übrigen auch, wo die anderen Grundschulen sind. Alle sind wichtig, aber die Schulen in solchen Stadtteilen, wo viele ärmere Familien leben, haben eine besondere Unterstützung verdient. Wir schlagen vor, dass wir uns da ein bisschen an dem orientieren, was Mannheim mit dem MAUS-Modell macht, es gäbe aber auch andere Möglichkeiten. Wir schlagen vor, das Sachmittelbudget, was die Kinder in die Kita mitnehmen mit 50 € und in die Schule mitbringen mit 100 €, die eine Bonuscard haben, deutlich erhöhen im Rahmen dieses Programmes. Weil, diese Schulen und diese Kinder brauchen unsere Unterstützung, damit sie später beste Jobchancen haben.

Schauen wir uns die Zahl der Arbeitslosen an in Stuttgart. Im Jahr 2005 waren 30.000 Menschen in Stuttgart arbeitslos. 30.000 Menschen. In diesem Jahr 2005 traten die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung in Kraft. Heute ist die Zahl der Arbeitslosen in Stuttgart halbiert. Bei 15.000 liegen wir heute. Was für ein Erfolg. Und ich füge hinzu: Meine Partei sollte aus meiner Sicht darauf öfters mal stolz sein. Aber, wir haben, und das hat Kollege Stopper zu recht gesagt, eine Anzahl von Langzeitarbeitslosen, wo wir noch nicht so erfolgreich sind, wie wir sein wollen. Und für die müssen wir etwas tun. Es ist gut, dass der Bund ein Teilhabechancengesetz auf den Weg gebracht hat. Das hilft uns sehr, weil jeden Monat Zuschüsse von, je nachdem wie wir rechnen, 1.300 bis 1.600 € gezahlt werden, wenn ein Arbeitgeber einen Langzeitarbeitslosen einstellt. Das ist eine Riesenchance für diese Menschen. Wir freuen uns darauf, und wir werden davon in Stuttgart auch profitieren. Aber wir wissen auch, dass es Menschen in Stuttgart gibt, die kaum Chancen auf den ersten Arbeitsmarkt haben werden. Und deswegen wiederholen wir unseren Vorschlag aus den Haushaltsberatungen, einen größeren kommunalen Arbeitsmarkt auszubauen, weil wir es diesen Menschen schuldig sind, dass sie teilhaben können am Leben in dieser Stadt, an der Arbeit.

Und ich möchte neben den Langzeitarbeitslosen eine weitere Gruppe ansprechen, die es nicht so einfach hat, teilzuhaben an Arbeit, nämlich Menschen mit körperlichen Behinderungen, mit geistigen Behinderungen oder seelischen Behinderungen, psychisch kranke Menschen. Wir haben auch dort mit dem Bundesteilhabegesetz eine neue Chance, weil wir diese Menschen in Zukunft persönlicher, individueller, nach ihren Hilfebedarfen ansprechen und fördern können. Sie haben ein persönliches Budget für Arbeit, mit dem sie zu den Werkstätten gehen können, aber auch zu anderen Anbieterinnen und Anbietern. Wir schlagen vor, dass wir auch für die Langzeitarbeitslosen insgesamt bei der Stadt Stuttgart nochmals 100 Jobs schaffen, mit denen wir das Programm des Bundes in Anspruch nehmen können. Das können ja auch die Kommunen in Anspruch nehmen. Da haben wir ja einen ersten Schritt gemacht beim AWS, war ein guter Beschluss im Gemeinderat, aber wir sollten dort weitere Schritte gehen.

Und wir müssen auch als Arbeitgeber bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen Vorbildcharakter haben. Bei den Haushaltsberatungen ist es uns gelungen, vier zusätzliche Inklusionsstellen zu beschließen, allerdings erst auf Druck der Gemeinderatsfraktionen. Und wir fragen uns da schon, oder, ich formuliere es einmal anders, Herr Oberbürgermeister, Sie haben ja ein Paket für den nächsten Haushalt angekündigt. Wir freuen uns darüber und bitten Sie, dass ein Teil dieses Paketes Inklusionsstellen bei der Landeshauptstadt Stuttgart sind. Das wäre unser Vorschlag.

Wir haben eine dritte Gruppe, die es nicht leicht hat auf dem Arbeitsmarkt. Das sind die schon angesprochenen Flüchtlinge. Aber schauen wir doch einmal genauer hin. Diese Menschen, die erst seit zwei, drei Jahren in Stuttgart, in Deutschland sind, schauen wir die uns doch mal genauer an. Bundesweit zahlen mittlerweile 250.000 geflüchtete Menschen in die Rentenversicherung ein, weil sie arbeiten gehen. Jeden Monat kommen über 10.000 geflüchtete Menschen dazu. Das sind die Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Und wie ist das in Stuttgart? Ich war bei der Lossprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft, Alexander Kotz hatte eingeladen, nicht nur mich, andere waren auch dabei. Ich fand das erstens eine tolle Veranstaltung, weil man da junge Menschen gesehen hat, die motiviert in den Beruf starten, aber ich fand das auch deshalb großartig, weil ich da etwas gelernt habe: Das urdeutsche Bäckerei- und Metzgerei-Handwerk ist überglücklich über die Flüchtlinge, die nach Stuttgart gekommen sind, weil sie endlich wieder Azubis finden, die das Arbeiten mit Lebensmitteln gut finden und einsteigen in die Ausbildung in diesen Berufen. Ja was für ein Gewinn für unsere Stadt, dass das deutsche Bäcker-Handwerk von den muslimischen Syrern wieder nach vorne geführt wird, da können wir uns doch freuen darüber.

Mein letzter Punkt war die Armut in der Stadt. Wir haben für die Menschen, die wenig Geld haben, mit der Bonuscard ein sehr gutes Angebot. Ich habe einen Vorschlag gemacht, wie wir das noch verbessern können mit dem Sonderprogramm für bessere Bildungschancen. Wir dürfen aber auch die Menschen mit ganz normalen mittleren Einkommen nicht vergessen, die es zunehmend schwer haben. Deswegen ist es gut, dass wir die FamilienCard-Inhaber bei den Kita-Gebühren entlasten, dass wir die Tarifreform gemacht haben, und das größte Armutsrisiko für diese Gruppe von Menschen sind die Wohnkosten. Und ich möchte zum Schluss einen Punkt loswerden. Auch die Vermieterinnen und Vermieter, Sie haben Vonovia genannt, und die meisten sind anständig, aber andere eben nicht, haben in der Sozialen Stadt die Pflicht, Mensch zu sein. Und das heißt, Fairness beim Vermieten. Und ich füge hinzu, ich würde mir manchmal von den ganz reichen, vermögenden Menschen in dieser Stadt wünschen, dass sie sich noch stärker für bezahlbaren Wohnraum engagieren. Wie zum Beispiel ein Eduard Pfeiffer vor über 100 Jahren, der eine ganze Siedlung errichtet hat. Wo sind die vermögenden und reichen Menschen in dieser Stadt, die sich das zur Aufgabe machen, weil sie die Soziale Stadt wollen?

Und letzter Punkt, wenn die GRÜNEN einen Wohnungsbaufonds auf dem Landesparteitag beschließen, finde ich das gut. Aber wenn der landeseigene EnBW-Konzern faktisch auf Grundstücksspekulationsgewinne aus ist, dann hat das auch nichts mit einer menschlichen, sozialen Stadt zu tun. Wir arbeiten dafür seit über 100 Jahren, und wir wollen es weiter tun. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StRin Halding-Hoppenheit (SÖS-LINKE-PluS):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, es geht heute um die Frage, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt bestellt ist und wie wir ihn verbessern können. Was ist uns in Stuttgart wichtig? Wollen wir zu einer Stadt werden, in der nur noch Reiche in teuren Luxushotels oder Penthouse-Wohnungen leben? Oder ist es uns wichtig, dass in unserer Stadt auch morgen noch Krankenschwestern, Stadtbahnfahrer, Polizisten und Erzieher leben können? 'Wir müssen unsere Stadtgesellschaft erhalten, sonst geht unsere Stadt kaputt.' Ich zitiere hiermit Christine Hahnemann, Soziologin der Universität Stuttgart.

Die Rahmenbedingungen für die Sozialgesetzgebung, wie z. B. Rentenhöhe oder Arbeitslosengeld, sind durch Bundesgesetze vorgegeben. Wir können als Kommunalpolitiker korrigierende Maßnahmen ergreifen und bestimmte Zielgruppen unterstützen. Korrekturen reichen aber nicht. Daher setzt sich die LINKE für die Benachteiligten dieser Gesellschaft ein. Fast alle Aufgabenbereiche der Kommunalpolitik haben sozialpolitische Auswirkungen. Daher ist kommunale Sozialpolitik eine bedeutende Querschnittaufgabe. So muss in der Verkehrspolitik dafür gesorgt werden, dass auch Menschen mit kleinem Geldbeutel mobil sind. Über niedrige Ticketpreise für Busse und Bahnen, z. B. ein 365-€-Jahresticket, wie wir es gefordert haben, ist das möglich. Wir haben entsprechende Haushaltsanträge gestellt, doch die anderen Fraktionen haben sich uns meist nicht angeschlossen.

Sozialpolitik bedeutet für uns auch, dass in den Bereichen Kultur, Sport und Bildung Teilhabe für alle Menschen gewährleistet wird. Wir feiern 70 Jahre Menschenrechte, und wir können darauf stolz sein. In der EU- und UN-Charta gilt auch Wohnen als Menschenrecht. Dieses Menschenrecht können wir in der reichen Stadt Stuttgart nicht gewährleisten. Unser allergrößtes soziales Problem in Stuttgart ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Wohnungspolitik ist eines der zentralen sozialpolitischen Themen. Wir haben es auf der letzten Gemeinderatsdebatte hier diskutiert, und mein Kollege Thomas Adler hatte unser Konzept für eine soziale Wohnungspolitik vorgestellt.

Kommunale Sozialpolitik muss integrieren, alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Herkunft und sexueller Orientierung. Alle sollen hier gut leben können. Und kommunale Sozialpolitik betrifft alle Lebensphasen der Menschen, von der Geburt über Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter.

Beginne ich also bei der Geburt. In den ersten 6 Monaten des Jahres 2018 wurden mehr Kinder geboren, als Menschen verstarben. Aber die Stuttgarter Kliniken sind nicht für so viele Geburten gerüstet. In Stuttgart gab es zunehmend Fälle, dass hochschwangere Frauen zur Entbindung in Kliniken kamen und abgewiesen wurden. Auch Hebammen sind noch Mangelware. Es ist sehr gut, dass es frühe Hilfen, viele Beratungsangebote in Stuttgart für junge Eltern und ihre neugeborenen Kinder gibt. Das müssen wir erhalten. Es ist schön, dass Stuttgart kinderfreundlich sein möchte. Wenn wir aber eine kinderfreundliche Stadt sein wollen, dann müssen wir über genügend Kitaplätze und gut qualifiziertes Personal sprechen. Damit wir ausreichend Erzieherinnen für unsere Kindergärten finden, müssen wir sie auch so bezahlen, dass sie in Stuttgart leben und wohnen können. Alle Kinder haben ein Recht auf eine gute Bildung, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Aber trotz überquellender Kassen sind in Stuttgart Kinder mit knapp 14 % die zweitgrößte Gruppe bei den Sozialgeldempfängern.

Wir müssen, um Kinder dort herauszuholen, an einer extrem frühen Förderung arbeiten. Daher fordern wir den kostenlosen Kitabesuch für alle Kinder. Und Kinderfreundlichkeit heißt auch, den Gesundheitsschutz von Kindern ernst zu nehmen. Daher müssen wir auch über die schlechte Luft in Stuttgart sprechen. Es ist unsere Aufgabe, für gute Luft, saubere Grünanlagen und schöne Spielplätze zu sorgen. Kinder müssen draußen spielen können, ohne dass ihre Gesundheit gefährdet ist, weder durch die Luft noch durch die herumliegenden Spritzen. Wenn die Luft aber krank macht, reicht es nicht, ein oder zwei Mooswände aufzustellen. Der Verkehr muss reduziert werden, wie es mein Kollege Rockenbauch im April aufgezeigt hat. Kinder müssen sich bewegen, sportlich betätigen. Die Sportvereine übernehmen hier eine wichtige Funktion. Vereine holen die Kinder von der Straße. Sport stärkt Kinder, gibt ihnen Selbstvertrauen und trägt wesentlich zur Integration bei. Daher gilt es, die Vereine zu stärken. Auch muss Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt werden. Denn Schwimmen lernen steht als Pflichtaufgabe im Bildungsplan. Es ist kein nettes Extra. Die Chancengerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen muss auch nach der Kindergartenzeit gewährleistet werden. Ebenso wie die Kinder sind auch die Jugendlichen die Zukunft unserer Stadt. Nachhaltige Politik zu machen heißt hier, die Entwicklungsmöglichkeiten der Jugendlichen optimal zu fördern. Wir fordern deshalb auch mehr Unterstützung für die Jugendhäuser, die mobile Jugendarbeit und Streetworker. Besonders im Jugendalter kommt es immer mehr zu Zerwürfnissen zwischen den Jugendlichen und der Familie oder der Schule. Im schlimmsten Falle müssen diese jungen Menschen von der Straße geholt und mit Beratung und Unterstützung wieder in geordnete Verhältnisse begleitet werden. Schul- und Ausbildungsabbrecher müssen begleitet und unterstützt werden, deswegen unterstützt unsere Fraktion das Jugendamt und das Jobcenter.

Ich möchte noch kurz auf ein Kapitel eingehen: Leben von Kindern in Sozialpensionen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder in Hartz IV-Familien deutlich schlechtere Startchancen haben. Noch schlechter geht es Kindern, die nicht einmal in einer eigenen Wohnung, sondern in Sozialpensionen leben müssen. Meist sind es Kinder mit alleinerziehenden Elternteilen. 2017 waren es 258. Der Begriff Sozialhotel ist eigentlich völlig unangemessen, da viel zu beschönigend. Es sind Unterkünfte, zumeist in ehemaligen Hotels, in denen sehr oft seit Jahrzehnten nicht mehr renoviert wurde und die dann zu Wucherpreisen an die Stadt zur Unterbringung dieser Menschen vermittelt werden. Die Stadt Stuttgart hat im Jahr 2016 über 5 Mio. € für die Unterbringung wohnungsloser Menschen in Sozialpensionen ausgegeben. Die Ausgaben steigen mit zunehmender Wohnungsnot. Dieses Geld wäre besser in menschenwürdigem Wohnraum angelegt. Wohnraum, in dem die Kinder ein Zimmer mit Schreibtisch haben, wo sie behütet und in ruhiger Umgebung lernen können und wo sie nachts schlafen können. Dieses ist in einem Sozialhotel alles nicht möglich. Daher haben wir einen Antrag gestellt, dass die Stadt Stuttgart ein Konzept entwickelt, mit dem sichergestellt wird, dass alle Familien mit Kindern innerhalb eines Jahres aus der Sozialpension in Sozialwohnungen vermittelt werden. Armut wird auch in dieser Stadt vererbt, und es liegt in unserer Verantwortung, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Ich komme jetzt zu den Erwachsenen. Erwachsene brauchen Arbeit, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Von Teilzeitarbeit ist keine Familie zu ernähren. Es ist bedauerlich, dass auch nach 100 Jahren Frauenwahlrecht Frauen weniger verdienen als Männer. Dieses führt Kinder in die Armut und später die Frauen selber in weibliche Altersarmut. Und ebenso stieg trotz der guten wirtschaftlichen Lage der Anteil der Langzeitarbeitslosen auf knapp 20.000 Menschen. Das sind 4 % mehr gegenüber dem Vorjahr. Menschen, die in prekären Verhältnissen und in Unsicherheit leben, sei es wegen ihrer Wohnungssituation, wegen Arbeitslosigkeit, Lärm, Luftbelastung oder wegen Zerwürfnissen in ihrer sozialen Umgebung, werden krank. Sie sind besonders Suchtgefahren ausgesetzt. Deswegen macht sich meine Fraktion stark für verschiedene Projekte in der Suchprävention.

Ich möchte jetzt kurz auf die Situation der geflüchteten Menschen in Stuttgart eingehen. Wir fordern Klarheit für alle Geduldeten, insbesondere für die Menschen in Ausbildung. Es darf nicht sein, dass diese Geflüchteten hier Fuß fassen und dann abgeschoben werden. Dies ist auch ein Problem für viele Unternehmen und wirkt sich negativ auf die Bereitschaft aus, Geflüchtete auszubilden. Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, mithilfe der Flüchtlingsfreundeskreise die völlig überhöhten Wohnungsgebühren für Geflüchtete zu reduzieren.

Ich komme jetzt zum Letzten, zum Alter und zur Pflegebedürftigkeit. Wir sind auf einem guten Weg, im öffentlichen Bereich und im Nahverkehr Barrierefreiheit umzusetzen. Bei barrierefreien Wohnungen sieht es bis jetzt schlechter aus. Hier muss noch viel getan werden. Wir danken dem Stadtseniorenrat, der die Bedürfnisse der Älteren im Blick hat. Seine Arbeit ist wertvoll und inzwischen so umfangreich, dass wir im Haushalt gerne Mittel für den Stadtseniorenrat beantragt haben. Wir müssen für ein ausreichendes Angebot, Pflege- und Hospizplätze sorgen, die bezahlbar sind. Demenzfreundliche Quartiere und eine kultursensible Altenpflege sind eine weitere Forderung von uns.

Zum Schluss möchte ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die sich kommunal oder auch in freier Trägerschaft mit sehr großem Engagement für diese benachteiligten Menschen in unserer Gesellschaft einsetzen. Ohne sie wären viele Menschen in Stuttgart verloren. Wir sind als Gemeinderat aufgerufen, in einer reichen und vielfältigen Stadt dafür zu sorgen, dass hier ein gutes und respektvolles Zusammenleben unter allen Menschen möglich ist. Wir wollen in einem bunten Stuttgart leben, in dem auch Menschen mit Migrationshintergrund sich genauso wohlfühlen, wie die ohne. Ich werde mich weiterhin für Menschen mit homo-, trans- oder intersexueller Orientierung einsetzen. Unsere Partei kämpft für die Menschenrechte. Die Menschenwürde muss die Richtschnur unserer Sozialpolitik sein. Alles andere ist demokratiegefährdend. Wir müssen die Menschen, die in Not sind, auffangen, und ich sage es noch einmal, wir haben die Mittel dazu. Und ich möchte davor warnen, den Rechtspopulisten auf den Leim zu gehen. Wir haben eine gefährliche Entwicklung in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt. Wer glaubt, dass die sich für Arme einsetzen, liegt falsch.

Ich möchte aber zum Schluss noch erwähnen, dass Stuttgart eine wunderschöne Stadt ist, in der die Menschen vieler Nationen friedlich und gerne miteinander leben. In Stuttgart ist kein Platz für Hass und Rassismus. Stuttgart ist bunt, und die Politik profitiert von der Vielfalt in dieser Stadt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."

StRin von Stein (FW):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Für uns Freie Wähler steht außer Frage, dass es ein Netz braucht, das Menschen auffängt, beschützt und unterstützt, die in Not geraten, ganz egal aus welchen Gründen. In Deutschland, Baden-Württemberg und besonders in Stuttgart ist dies seit Jahrzehnten gelebte Praxis. Wenn wir auf viele andere Länder dieser Erde blicken, dann können wir auf unsere sozialen Sicherungssysteme und auf unsere stabile Solidargemeinschaft mit Recht stolz sein. Dieser entscheidende Wesenszug unserer Demokratie ist uns Freien Wählern lieb und teuer, und er muss erhalten bleiben. Ob und ab welchem Ausmaß eine Stadt wie Stuttgart sozial ist, liegt sicher im Auge des Betrachters, ist also dem subjektiven Empfinden eines jeden Einzelnen unterworfen.

In einem Redebeitrag von 15 Minuten kann das Thema Soziale Stadt nur angerissen werden. Ich scheitere an der Vielfalt der Aspekte und Bereiche, was alles eine Stadt sozial macht. Deshalb werde ich mich auf einige Punkte konzentrieren, die uns Freien Wählern wichtig sind.

Für uns Freie Wähler beginnt eine soziale Stadt schon weit vor dem auffangenden Netz des Sozialstaats. Nämlich bei der Frage, ob die wesentlichen Grundvoraussetzungen für ein gutes Leben in der Stadt vorhanden sind: Bieten Industrie, Gewerbe, Handel, Handwerk und Dienstleister genügend gute Arbeitsplätze? Gibt es ausreichend Wohnraum in der Stadt? Kann man in der Stadt sicher leben? Gibt es in der Stadt eine gute ärztliche Versorgung? Gibt es gute Bildungs- und Betreuungseinrichtungen? Bietet die Stadt eine gute Infrastruktur mit Wegen, Straßen, öffentlichem Nahverkehr, Versorgungszentren, kulturellen Einrichtungen und den Dingen des täglichen Bedarfs, also Wasser, Energie, Abwasser, Müllabfuhr und Ähnliches?

Vieles davon ist in Stuttgart längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Wenn wir klagen, dann klagen wir meist auf sehr hohem Niveau. Was passiert, wenn einmal nicht mehr so viel Geld da ist, wenn die Wirtschaft lahmt, Arbeitsplätze wegfallen oder Energie knapp wird? Die Fallhöhe, die wir erreicht haben, ist enorm. Die meisten Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts brauchen soziale Dienstleistungen nur zeitweilig in Krisen oder Notlagen. Die wenigsten sind auf dauerhafte Unterstützung angewiesen. Und ich muss ja auch dazusagen, wir haben Gott sei Dank in dieser guten Wirtschaftssituation ausreichend Menschen, die es uns als Stadt ermöglichen, dass wir viele soziale Dienstleistungen zur Verfügung stellen können. Gute Stadtstrukturen, die eine soziale Stadt ausmachen, sind uns wichtig. Das Bund-Länder-Förderprogramm 'Die Soziale Stadt' ist eine hervorragende Möglichkeit, gute soziale Strukturen zu sichern und zu verbessern.

In Informationen der Stadt heißt es dazu: Sämtliche Projekte des Förderprogramms werden mit intensiver Bürgerbeteiligung entwickelt und umgesetzt. Also Teilhabe. Das Programm funktioniert fachübergreifend. Die Förderung umfasst nicht nur bauliche und städtebauliche Maßnahmen, sondern auch soziale, kulturelle und wirtschaftsfördernde Ansätze. Und es gibt natürlich ein professionelles Stadtteilmanagement. Die Soziale Stadt geht davon aus, dass alle Aspekte des Lebens die Qualität eines Stadtteils ausmachen. Das Förderprogramm setzt auf die Mitwirkung der Bevölkerung und der lokalen Vereine, der Verbände und Institutionen.

Wir Freie Wähler erleben dieses Förderprogramm als einen Treiber positiver Stadtentwicklung und Stärkung guter sozialer Strukturen. Durch die Fördergelder von Bund und Land sowie den Eigenanteil der Stadt können klar definierte Gebiete in den Stadtbezirken neu strukturiert, aktuellen Bedarfen angepasst und deutlich aufgewertet werden. Die Menschen sollen sich mit dem Stadtteil, in dem sie leben, identifizieren, sich dort wohlfühlen, mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorgen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Die bisher umgesetzten oder in Umsetzung befindlichen Soziale Stadt-Gebiete liegen in den äußeren Stadtbezirken. Hier leben zwei Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner Stuttgarts. Damit kommt diesen Stadtbezirken und der Förderung vor Ort aus Sicht der Freien Wähler besondere Bedeutung zu. Einen weiteren Baustein für ein soziales Stuttgart sehen wir im Ausbau der Stadtteil- und Familienzentren als Anlaufstellen und Orte der Begegnung, Vernetzung, Beratung und Information. Z. B. das Giebelhaus im Weilimdorfer Stadtteil Giebel zeigt eindrücklich den Mehrwert dieser Einrichtungen. Unter dem Dach der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft gibt es im Giebelhaus das Kinder- und Jugendhaus Giebel, eine Kita, einen Bürgersaal, Büro für den Bürgerverein Giebel-Bergheim. Sehr eindrücklich wurde der gute Erfolg demonstriert beim Straßenfest in Giebel in diesem Sommer. In den angestrebten Stuttgarter Stadtteilhäusern sollen die Angebote und Kompetenzen der Begegnungsstätten für Ältere und der Stadtteil- und Familienzentrum sinnvoll zusammengeführt werden. Wir Freie Wähler unterstützen dies gerne.

Was zeichnet eine soziale Stadt noch aus? Für uns Freie Wähler ist die ausreichende Versorgung mit Wohnraum ganz zentral. Es ist überdeutlich, dass sich an dieser Stelle etwas tun muss. Wie wir alle wissen, fehlt es längst nicht nur an Wohnraum für den sogenannten Otto Normalverbraucher. Wir brauchen mehr Wohnungen für Studierende, mehr Plätze im betreuten Wohnen und ganz besonders in der stationären Pflege. Bis zum Jahr 2025 werden zusätzlich 2.020 Pflegeplätze im Bereich der stationären Dauerpflege benötigt, heißt es im Faktenpapier der Stadtverwaltung zur heutigen Generaldebatte. Nur nebenbei, vor einem Jahr haben wir in einem Vortrag eines Mitarbeiters des Sozialamtes die Zahl von fast 2.400 fehlenden Plätzen gehört und gelesen.

Wie diesem großen Bedarf von mehr als 20 neu zu bauenden Pflegeheimen nachgekommen werden soll, ist weitgehend ungeklärt. Dort, wo die Stadt im Bereich stationäre Pflege aktiv werden könnte und müsste, nämlich bei der Bereitstellung von Baugrundstücken und/oder bei der Schaffung von baurechtlichen Voraussetzungen, tut sie aus unserer Sicht viel zu wenig.

Die Zeit drängt, Herr Oberbürgermeister. Das Jahr 2025 ist in gut 6 Jahren da, und wir sind es den Seniorinnen und Senioren schuldig, sie wohnortnah und gut unterzubringen. Lassen Sie uns doch gemeinsam eine Gemeinwesenflächen-Offensive starten, bei der wir nach geeigneten Grundstücken in den Stadtbezirken suchen und deren Entwicklung vorantreiben.

Viele Träger der Altenhilfe, das wissen wir aus einem sehr guten und interessanten, aufschlussreichen Treffen mit dem Trägerforum Altenhilfe Stuttgart e.V., würden liebend gern Pflegeheime bauen, sie suchen händeringend nach geeigneten Baugrundstücken.

Um den Mangel an Pflegekräften in den Griff zu bekommen, gibt es glücklicherweise erste Impulse der Bundespolitik. Aber auch an dieser Stelle muss deutlich mehr getan werden, weil, Stichwort Demografie, mehr Menschen deutlich älter werden als frühere Generationen.

Ein Hinweis noch zum Thema Wohnen insgesamt: Wenn Ministerpräsident Kretschmann, wie letzte Woche beim Parteitag der Grünen geschehen, erklärt, dass das Thema Wohnen in den Städten eine gewaltige soziale Sprengkraft habe, liegt er goldrichtig. Wenn er aber in Bezug auf die Wohnungsknappheit von 'Marktversagen' spricht, dann ist das zumindest aus unserer Sicht grober Unfug. Wer seit Jahren zu wenig Bauland zur Verfügung stellt, das Bauen verkompliziert und verteuert und Bauherren knebelt, darf sich überhaupt nicht darüber wundern, wenn zu wenige Wohnungen gebaut werden und die Marktlage angespannt ist.

Eine weitere Entwicklung, die wir mit Sorge beobachten, ist die Mobile Jugendarbeit und deren Information. Von dort erreicht uns, dass das Thema Kindersozialarbeit ausgebaut werden muss, weil die Kinder und Jugendlichen zunehmend aggressiv werden und hier sehr früh eingegriffen werden muss, um Schlimmeres zu verhindern. Diese Entwicklung in Teilen unserer Gesellschaft können wir uns nur im Lichte einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung erklären. Selbst die beste institutionelle Betreuung kann ein solides, sich kümmerndes und liebevolles Elternhaus sowie entsprechendes Vorleben nicht ersetzen.

Selbstverständlich wissen wir, dass der Spagat zwischen Beruf und Familie für viele schwer zu meistern ist. Gerade deshalb, und weil Kinder kein Armutsrisiko sein sollen, fordern wir Freie Wähler den Ausbau der Kinderbetreuung seit Jahren. Ziel ist, endlich für alle Kinder einen Betreuungsplatz zu haben, der am besten für die Familie auch kostenfrei ist. Die gute Vereinbarkeit von Beruf, Kindern und Familienleben bleibt eine große Herausforderung. Sie darf auf keinen Fall zulasten der Kinder organisiert werden.

Dass wir in Stuttgart in der Lage sind, Herausforderungen anzugehen und zu bewältigen, zeigen viele Beispiele. So hat es die Stadt innerhalb kurzer Zeit geschafft, Flüchtlinge gut unterzubringen. Vor diesem Hintergrund muss es auch gelingen, das heute in der Presse beschriebene Problem in der Drogensubstitution in den Griff zu bekommen. Wenn ein angekündigter oder veränderter Mietvertrag der Auslöser dafür ist, dass 250 Substitutionsplätze wegzubrechen drohen, muss die Stadt im Sinne der gesamten Stadtgesellschaft handeln. Wenn sich keine andere Lösung findet, muss die betroffene Praxis in einer Immobilie der Stadt oder der SWSG untergebracht werden. Auch das Klinikum als Ort für eine solche Praxis muss in Betracht gezogen werden.

Ein weiterer Punkt, der den sozialen Frieden in der Stadt stören kann, steht heute auch auf der Tagesordnung unserer Sitzung - der Luftreinhalteplan. Die Fahrverbote, die das Land plant, sind nichts anderes als eine kalte Enteignung von Kfz-Eigentümern. Dieser Eingriff kann Familien, Rentner, Geringverdiener und andere Gruppen empfindlich treffen, und dies selbst dann, wenn es in Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen gibt.

Viele der Hilfsangebote, die unsere Stadt bereithält, sind gesetzlich vorgegeben. Die Stadt ist dazu verpflichtet, sie vorzuhalten. Darüber hinaus ist Stuttgart in der glücklichen Lage, eine Vielzahl von zusätzlichen Angeboten zur Verfügung zu stellen. Auf die vielen Hilfs-, Unterstützungs- und Beratungsangebote, die in der Stadt vorgehalten werden, kann ich aus Zeitgründen nicht eingehen. Für uns Freie Wähler ist es wichtig, dass alle Stuttgarterinnen und Stuttgarter um diese Angebote wissen. Der Zugang zu diesen Informationen muss möglichst einfach gestaltet sein.

Die Träger sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedensten Notfall-, Hilfs-, Beratungs-, Betreuungs- und Pflegeangebote leisten wertvolle, wichtige und auch erfolgreiche Arbeit. Sie haben unsere Anerkennung und unsere Unterstützung. Gerne unterstützen wir dort, wo Ehrenamtliche tätig sind. An vielen Stellen, sind die Ehrenamtlichen der Kitt unserer Gesellschaft, und zwar nicht erst dort, wo das genannte Netz auffangen muss, sondern schon viel früher, z. B. bei der Hausaufgabenhilfe, im Musik- oder Sportverein, bei Jugendfreizeiten, in Waldheimen, auf Kinder- und Jugendfarmen, auf Abenteuerspielplätzen, in der Jugendfeuerwehr, beim Jugend-Rot-Kreuz, in der Flüchtlingshilfe, in Begegnungsstätten, beim Generationen-Treff, beim Frauen-Frühstück, bei Einkaufs- und Besuchsdiensten und vielem anderen mehr. Das Geflecht aus Profis und Ehrenamtlichen zeichnet die Stadt als eine soziale Stadt aus. Wir Freien Wähler danken herzlich für deren Einsatz und sichern unsere Unterstützung im Rahmen unserer Möglichkeiten zu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StRin Yüksel (FDP):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kuhn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Menschenwürde, individuelle Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstentfaltung für alle, unabhängig vom sozialen Status, Alter, Geschlecht, der Herkunft, der sexuellen Orientierung, der Religion, der körperlichen oder geistigen Behinderung, sind nur dann möglich, wenn auch die sozialen Grundlagen dafür gegeben sind. Moderne Sozialpolitik verfolgt somit einen zutiefst liberalen Ansatz im Sinne von Selbstbestimmung, Befähigung, Teilhabe und Partizipation. Die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist ein essenzieller Teil der Menschenwürde. Deshalb stehen auch wir freie Demokraten im Rathaus für eine soziale Kommunalpolitik.

Erfreulich ist, dass wir bei wesentlichen sozialen Themen hier im Haus fast immer einen fraktionsübergreifenden Konsens finden, von einer notorischen Ausnahme hier im Rat mal abgesehen. Dementsprechend wurden viele der auch für uns sehr wichtigen Themen, wie z. B. mehr Sozialarbeit, Behebung der Langzeitarbeitslosigkeit, Inklusion, Ausbau der Kita-Betreuung und vieles mehr, heute hier bereits angesprochen. Ich möchte deshalb nur auf wenige, für uns besonders wichtige Punkte eingehen.

Zum einen, meine Kolleginnen und Kollegen haben es schon angesprochen, ist das die Wohnungsnot. Auch wir Freien Demokraten sehen die Wohnungsnot und die steigenden Kosten der Unterkunft als das derzeit größte soziale Problem in Stuttgart. Obwohl wir die Generaldebatte hierzu schon hatten, gehört dieses Thema auch in die heutige Debatte, da das Wohnen für viele Bürger nicht nur zu einem unlösbaren Problem, sondern zwischenzeitlich zu einem großen Armutsrisiko geworden ist. Selbstverständlich liegt nicht alles im Einflussbereich des Gemeinderates, aber, wenn wir hier im Rat ehrlich zu uns selbst sind, und hierbei nehme ich unsere Gruppierung keineswegs heraus, dann müssen wir uns doch eingestehen, dass wir hier bei allen unterschiedlichen Ansätzen, die wir in den Fraktionen haben, in den letzten Jahren insgesamt weder die richtigen Weichen stellen konnten, noch wirklich funktionierende Lösungsansätze hatten. Zumindest sind wir mit den 150 Mio. € im Rahmen der Wohnraumoffensive einen kleinen Schritt weiter.

Der fehlende Wohnraum ist zwar nicht alleine, allerdings durchaus mit ursächlich für eine Reihe weiterer sozialer Probleme in Stuttgart, z. B. für fehlendes und dringend benötigtes Personal in Behörden, Kitas, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Und diese Aufzählung ist längst nicht abschließend. Eine gut funktionierende Verwaltung ist aber die Grundvoraussetzung für ein soziales Stuttgart. In den letzten Jahren haben wir Freien Demokraten uns mit sehr vielen Anträgen sowohl bei, als auch zwischen den Haushaltsplanberatungen intensiv mit der Personalpolitik der Stadt und der nicht hinnehmbaren Situation bei einigen Behörden befasst, nachdem seit Jahren die Kern- und Pflichtaufgaben der Verwaltung hierunter massiv leiden. Wir haben zwar im Rahmen der letzten Haushaltsplanberatungen 490 neue Stellen geschaffen, sowie dem Wegfall von 120 KW-Vermerken zugestimmt, diese bringen uns jedoch wenig, wenn viele Stellen schlicht nicht besetzt werden können. Die Situation ist leider weiterhin mehr als ernüchternd. Hier geht es längst nicht mehr um die Fürsorgepflicht der Stadt gegenüber ihren Mitarbeitern, sondern schlicht um die Funktionsfähigkeit der gesamten Verwaltung. Der Personalrat forderte ja bei der letzten Sitzung des Verwaltungsausschusses ein Gesamtkonzept. Ich finde, wir sollten tatsächlich über ein solches nachdenken, ebenso über höhere Einstiegsgehälter, um mit der Wirtschaft konkurrieren zu können.

Ein Ausbau der Digitalisierung und das eGovernment, das ja in Planung ist, könnte hier ebenfalls ein wenig Entspannung bringen. Hier ist aber auch die Verwaltung selbst gefordert, über den Tellerrand hinauszuschauen, Best-Practice-Beispiele und pragmatische Ideen aus anderen Städten einmal auszuprobieren, um Serviceverbesserungen zu erzielen.

Meine Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen haben es angesprochen, in Stuttgart engagieren sich zehntausende Menschen in einem Ehrenamt und entlasten so nicht nur die Verwaltung in ganz erheblichem Maße, sondern tragen sehr viel dazu bei, dass Stuttgart sozialer wird. Ohne das freiwillige Engagement dieser Menschen könnten kommunale und öffentliche Aufgaben in Stuttgart teilweise gar nicht bzw. nicht so gut geleistet werden. Wir dürfen die Ehrenamtlichen, die die Verwaltung mit ihrer Arbeit mehr als unterstützen, bei ihrer Tätigkeit nicht alleine lassen, insbesondere sollten wir auch sehen, dass hier oft ein Hauptamt zur Begleitung der Ehrenamtlichen benötigt wird. Wir sollten aber auch nochmals darüber nachdenken, die Freiwilligenagentur personell aufzustocken.

Obwohl Stuttgart wirtschaftlich sehr gut dasteht, benötigen nach dem Sozialdatenatlas tausende Menschen finanzielle Hilfe. Ein besonderes Augenmerk möchte ich hierbei auf zwei Gruppen richten. Herr Oberbürgermeister Kuhn ist kurz darauf eingegangen, dass insbesondere die Alleinerziehenden das größte Armutsrisiko in Stuttgart haben und damit auch viele Kinder von Armut betroffen sind. Wir haben zwar mit der Bonuscard Kultur, der FamilienCard sowie mit dem Sozialticket VVS gut funktionierende Instrumente, um hier Teilhabe an Sport- und kulturellen Angeboten zu ermöglichen. Wichtig ist jedoch der schnelle Ausbau der Betreuungsplätze, insbesondere im Ganztagesbereich, um Alleinerziehenden die Möglichkeit zu geben, einer Berufsausbildung bzw. einer Berufstätigkeit nachzugehen. Alle Angebote und Bemühungen des Jobcenters bringen nicht viel, wenn aufgrund fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten, diese Angebote gar nicht wahrgenommen werden können.

Auch Altersarmut wächst seit Jahren, und es ist zudem bereits heute abzusehen, dass insbesondere viele Frauen, die aufgrund ihres familiären Engagements beruflich zurückstecken, sei es wegen Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen, im Alter auf Grundsicherung angewiesen sein werden. Hinzu kommt, dass die Vereinsamung, nicht nur im Alter, auch in Stuttgart zunimmt. Umso wichtiger sind die derzeit bestehenden 34 Begegnungsstätten für Ältere und die geplanten generationsübergreifenden Stadtteilhäuser, die wir sehr gerne mittragen. Auch den Ausbau von generationsübergreifenden Wohnmöglichkeiten sowie Senioren- und Pflege-WGs, Herr Körner hat es kurz angesprochen, halten wir für sehr sinnvoll.

Wir sind zudem der Auffassung, dass wir in einer sich verdichtenden Stadt mit immer mehr Singlehaushalten mehr öffentliche Orte der Begegnung und des Austausches benötigen, nicht nur in Form von Begegnungsstätten für bestimmte Gruppen, sondern öffentlicher Raum bzw. öffentliche Wohnzimmer, die der Begegnung und dem Austausch aller dienen. Wie z. B. derzeit am Österreichischen Platz, aber auch bei der Kulturinsel und bei vielen anderen Orten in Stuttgart schon möglich.

Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, in den Freiburger Thesen der FDP von 1971 heißt es: 'Der Liberalismus nimmt Partei für die Menschenwürde durch Selbstbestimmung. Er setzt sich ein, für die größtmögliche Freiheit des einzelnen Menschen und Wahrung der menschlichen Würde in jeder gegebenen oder sich verändernden politischen und sozialen Situation.' Es täte nicht nur uns Freien Demokraten ganz gut, wieder des Öfteren mal einen Blick in dieses Papier zu werfen, das sich an vielen Stellen an unserer Verfassung orientiert. Gerade in diesen Zeiten der Verrohung des gesellschaftlichen und politischen Diskurses, offener Anfeindungen, auch in Stuttgart, der vielen Angriffe auf unsere freiheitliche Grundordnung, der Herabwürdigung unseres Rechtsstaates muss unsere Verfassung nicht nur unser gesetzlicher, sondern insbesondere auch unser moralischer Halt und Anker sein. Selbstverständlich haben wir uns dabei an rechtskräftige Gerichtsurteile zu halten, unabhängig davon, ob uns diese gefallen oder nicht. Gerichte sind an unser Recht und unsere Verfassung gebunden und gerade nicht an das Rechtsempfinden der Bevölkerung. Jeder Einzelne von uns ist deshalb aufgefordert, sich aktiv, öffentlich und deutlich für die freiheitliche Rechtsordnung und unseren Rechtsstaat einzusetzen.

Meine Rede möchte ich deshalb mit einem großen Dank an die vielen Menschen in Stuttgart beenden, die sich in dieser Stadt Tag für Tag für ein wertschätzendes Miteinander engagieren, z. B. auf der Kundgebung 'Gemeinsam Vielfalt leben'. Vielen Dank."

StR Dr. Fiechtner (BZS23):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, aller guten Dinge sind drei, ich habe heute schon zweimal gesprochen, allerdings nur im Ländle, und jetzt freue ich mich, dass ich international sprechen kann, weltweit wird das ja übertragen und erhält bestimmt mehrere Millionen Klicks.

Was ich hier in dieser Runde vermisse, ist der Wein von den beiden Kollegen Zaiß und Currle. Der Wein würde diese Runde noch viel munterer gestalten, und was ich mir auch wünschen würde, ist, dass diese Art der Übertragung nicht nur bei diesen Schaufensterdebatten und Schaufensterpräsentationen stattfindet, sondern auch bei der nächsten Debatte stattfinden würde, wo es ja um ein sehr strittiges und für die Stadt sehr wichtiges, aktuelles Thema geht. Denn dann könnten sich die Protagonisten wirklich vor den Augen der Bürger dieser Stadt beweisen, was sie denn eigentlich genau durchsetzen wollen und wie sie es durchsetzen wollen und welche Sorgen die Bürger dadurch auf sich nehmen müssen.

Haben Sie eigentlich gewusst, dass das Wort sozial fälschlicherweise oft als Synonym für gesellschaftlich und im erweiterten Sinn zu gemeinnützig benutzt wird? Dabei steht das Wort im ursprünglichen Sinn für 'die Gesellschaft betreffend'. Und genau darum geht es, wenn wir über Stuttgart als soziale Stadt reden. Sozial ist ja eine Art Wieselwort geworden, das man überall dort einsetzt, wenn man irgendwelche Maßnahmen erfinden möchte zulasten einiger Bürger und zugunsten bestimmter Klientelgruppen, die man sich dann ausdenkt, um die staatlichen Eingriffe immer weiter zu treiben. Es geht eben, wenn man es wirklich ernst nähme, nicht nur darum, die Armen und Schwachen zu stärken, sondern die gesamte Gesellschaft. 25 % des Gesamtetats der Stadt, also fast 800 Mio. € sollen im Jahr 2019 hierfür verwendet werden. Grundsätzlich ein lobenswerter Gedanke, dennoch ist bei so einer großen Summe ein kritischer Blick notwendig. Allein in Stuttgart werden im Schnitt pro Bürger 1.300 € im Jahr an Sozialaufwendungen aufgebracht. Somit sind die Sozialausgaben nach den Personalaufwendungen der zweitgrößte Posten der Stadt Stuttgart. Soziale Sicherung für Menschen in unerwarteten Notlagen, die in solche Notlagen kommen, sind wichtig und zeichnen unseren Staat aus. Da sind wir uns, denke ich, alle einig.

Dennoch bedeutet gut gemeint nicht immer gut gemacht, denn Hilfe sollte unserer Meinung nach in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe sein. Diese sollte Betroffenen die Möglichkeit bieten, möglichst schnell wieder in das gewohnte Leben zurückzufinden. Wer einmal Personal geführt hat, weiß, wie wichtig es ist, Menschen Verantwortung und Vertrauen zu schenken. Doch genau das wird vielen Bedürftigen abgesprochen. Dadurch entsteht eine Abwärtsspirale, die oft eine weitere soziale Abhängigkeit nach sich zieht. Das zeigt sich auch in der Arbeitslosenquote, die für eine starke Stadt wie Stuttgart aus meiner Sicht noch immer deutlich zu hoch ist. Und wenn Sie die Tabelle einmal anschauen, die ja glücklicherweise sehr viele Jahre zurückreicht bis ins Jahr 2008, muss man feststellen, dass die Bezieher von SGB II- und -III-Leistungen fast identisch geblieben sind trotz einer Niedrigzinsphase, und da muss irgendwo der Hase im Pfeffer sein.

Gerade deswegen ist es auch wichtig, die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer zu senken und Erleichterungen in den städtischen Verordnungen zu schaffen, um für neue Unternehmer Anreize zu schaffen, nach Stuttgart zu kommen. Und hier hat die Kollegin von der CDU absolut recht, sozial ist es, wenn man Arbeit bereitstellt. Diejenigen, die dafür sorgen, dass Menschen in Lohn und Brot kommen, agieren wirklich sozial. Und schminken Sie sich ab, hier in der Politik zu behaupten, Sie würden Arbeitsplätze schaffen. Das tun Sie nicht. Das tun die Unternehmer.

Aus meiner Sicht ist es eine Schande, dass es Stuttgart nicht geschafft hat, die Firma Bosch, die zu Stuttgart gehört wie die Maultaschen und das Äffle und das Pferdle, dazu zu bewegen, den neuen Standort anstatt in Dresden in Stuttgart zu errichten. Und auch Thales ist von Zuffenhausen nach Ditzingen umgezogen. Hahn & Kolb nach Ludwigsburg. Was ist hier passiert? Hinzu kommt noch die hohe Grunderwerbssteuer, die nicht nur für Unternehmen ein entscheidender Faktor ist, sondern eben auch für Häuslebauer und Wohnungseigentümer. Denn eine der besten Varianten, Altersarmut zu verhindern, ist und bleibt Eigentum. Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen. Nun bin ich im Gegensatz zu Helmut Schmidt durchaus der Meinung, dass man Visionen benötigt. Dennoch hat er im Kern seiner Aussage recht. Denn Visionen bringen niemandem etwas, wenn man nicht handelt. Und während wir hier fröhlich über Visionen zu einer sogenannten Sozialen Stadt diskutieren, stirbt eben genau ein wichtiger Grundpfeiler dieser Sozialen Stadt: Das Charlottenhaus, das eine der beliebtesten Kliniken war, wenn man ein Kind entbinden wollte, schließt Ende des Jahres seine Pforten. Der Grund: Durch die übermäßige Subventionierung des Städtischen Klinikums durch die Stadt wird der Markt verzerrt. Dies wird langfristig dazu führen, dass immer mehr spezialisierte Bereiche vom Stuttgarter Markt verschwinden, so lange, bis das Stuttgarter Klinikum eine absolute Monopolstellung hat. Das ist asozial. Als Mediziner sehe ich diese Entwicklung höchst kritisch, denn wir brauchen einen gesunden und fairen Wettbewerb unter den Kliniken. Nur das gewährleistet eine gute und moderne Gesundheitsversorgung.

Aber wenn wir über eine soziale Stadt reden, dann geht es eben nicht nur um die langjährigen Stuttgarter, sondern auch um die Asylbewerber und Flüchtlinge. Ich erinnere mich noch genau an die katastrophalen Zustände in der Unterbringung der UMAs in der Kernerstraße, der unbegleiteten minderjährigen Ausländer. Die habe ich ja bekanntermaßen aufgedeckt, diese Zustände. Auch wenn es sich hier nicht um den klassischen Stuttgarter handelt, ist es absolut unzumutbar, dass jemand unter solchen menschenverachtenden Bedingungen untergebracht ist. Allerdings darf es auch nicht sein, dass Flüchtlinge oder gar Geduldete bessergestellt werden als EU-Bürger, wie es beispielsweise bei der Wohnungsvermittlung oder bei aufstockenden Leistungen der Fall ist. Auch das ist asozial und den Bürgern nicht zu vermitteln. Zudem halten wir es nicht für gerecht, dass die Verwaltung permanent neue zusätzliche kommunale Leistungen für Flüchtlinge oder Asylbewerber erfindet. Auch eine pauschale Verlängerung der Baugenehmigungen aller Systembauten halten wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll. Sie hemmen in einigen Bereichen die Entwicklung zu einer wirklich sozialen Stadt.

Bessere Bedingungen wünschen wir uns auch in der Kinderbetreuung. Vor allem individueller und flexibler sollten die Angebote werden. Die Kita kann und darf nicht die einzige Lösung sein, die den Eltern angeboten wird. Hier bedarf es zusätzlicher Angebote, die sich an die jeweilige Lebenssituation anpassen. Auch der Ansatz der Ganztagesschule ist aus unserer Sicht ein Schlag ins Gesicht der vielen Ehrenamtlichen in Vereinen. Natürlich ist Bildung wichtig, dennoch sollten gerade Kinder und Jugendliche zu einem gewissen Teil selbst entscheiden dürfen, wofür sie sich begeistern wollen. Nur so ist es möglich, Talente wirklich zu fördern. Genau das verstehen wir vom Bündnis Zukunft Stuttgart 23, oder BZS23, wenn wir sagen, Verantwortung und Vertrauen gehört übertragen. Sozial bedeutet für uns nicht, einem Menschen sämtliche Verantwortung abzusprechen, sondern ihn zu unterstützen und zu ermutigen, sein Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Frage ist, wo fängt soziale Unterstützung an, und wo hört sie auf. Als ich gestern im Landtag war, fiel einer der Zuschauer auf der Tribüne in Ohnmacht. Gemeinsam mit dem Abgeordneten Herrn Glück der FDP eilte ich nach oben und versorgte den Mann. Natürlich wäre es möglich gewesen, den Mann an den Defibrillator im Landtag anzuschließen, doch das wäre eben nicht sinnvoll gewesen.

Genauso verhält es sich mit sozialer Unterstützung. Sie darf nicht mit der Gießkanne verteilt werden, sondern muss gezielt dort greifen, wo Menschen aufgrund widriger Umstände in eine Notsituation kommen. Sie muss dem Menschen die notwendige Kraft, aber auch die Motivation geben, zurück in den gewohnten Lebensalltag zu finden. Wer sich die 51 Gemeinderatsdrucksachen genau anschaut, stellt schnell fest, dass hier leider lieber mit der Gießkanne gearbeitet wurde. Das mag zwar im ersten Moment einfacher sein, nur hilft es den Betroffenen leider wenig. Ich hoffe, dass wir mit dieser Debatte bald zum Ende kommen. Und dann können wir uns ja mit der Phantomdiskussion um die Feinstaubproblematik und den Luftreinhalteplan in dieser Stadt" befassen."


StR Dr. Schertlen (STd):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und auch zuhause vor den Monitoren, acht Vorredner hatten das heutige Thema bereits genannt. Zu Beginn des Beitrags ist nur wichtig zu erwähnen, dass wir bei diesem Thema eigentlich auf sehr hohem Niveau diskutieren. Stuttgart hat mehr Geld denn je. Die komplette Tilgung der Schulden aufgrund von Rekordüberschüssen im Haushalt zeigt das deutlich. Stuttgart gibt ungefähr 25 % seines jährlichen Gesamtetats von ungefähr 3 Mrd. €, also ca. 800 Mio. €, für Sozialleistungen aller Art aus. Aber, eine Soziale Stadt ist mehr als nur monetär messbare Größen. Was ist die Soziale Stadt? Wo stehen wir heute? Und warum steigt gleichzeitig unsere Armut, wie es uns der neue Sozialdatenatlas der Stadt Stuttgart lehrt?

Die Soziale Stadt besteht aus Häusern, in denen Bürger die Mieten nicht nur stemmen können, sondern wo daneben auch noch genügend Geld übrig bleibt, um sich die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben leisten zu können. Deshalb sehen wir diesen Gemeinderat in der Verantwortung, alle Hebel, die im Korsett eines freien Marktes kommunalpolitisch bedienbar sind, in Bewegung zu setzen, um Wohnen in Stuttgart für alle Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Wir sehen die SWSG als wichtigen Bestandteil der Sozialen Stadt. Das muss deutlich und jedem verständlich zum Ausdruck gebracht werden, indem wir unsere Wohnbaugesellschaft so gut es geht für die Soziale Stadt in die Pflicht nehmen.

Da wir die öffentliche Debatte zum Thema Wohnen bereits hatten, nur ein paar der wichtigsten Forderungen: Wir brauchen städtische Grundstücksvergabe in Erbpacht, keinen weiteren Verkauf stadteigener Flächen, hier und da ein Quartiersmanagement. Und wir brauchen an Spekulationsbrennpunkten auch Milieuschutzsatzungen. Geld und Häuser sind die Rahmenbedingungen für das schlagende Herz der Sozialen Stadt, ihre Menschen. Stuttgart als Soziale Stadt braucht den Ausbau der Kinder- und Jugendhilfe, der Hilfe und Pflege für alte Menschen, für Behinderte, für die Wohnungslosen, die Sozialpsychiatrie und die Suchthilfe, für die Migration und nicht zuletzt eine angemessene Zuwendung in den gesellschaftlichen Bereichen Armut und Arbeitslosigkeit. Unserer Stadt fehlen fast 2.400 Pflegeheimplätze. Und wie wäre es mit Pflege-Wohngemein-schaften? Wir brauchen Kita-Plätze und Anreize für Erzieherinnen und Erzieher, z. B. bezahlbare Wohnungen. Auch die Idee vom Ausbau von Mehrgenerationenhäusern muss realisiert werden. Es mangelt weder am Geld noch an zeitgemäßen Ideen. Die Frage ist, wie die Kollegin Yüksel auch schon erwähnt hat, welche Prioritäten setzt dieser Gemeinderat?

Wenn wir als die gewählten Vertreter die Soziale Stadt planen, müssen wir sie als Begegnungsort verschiedener Generationen gestalten. Der öffentliche Raum, in dem alles und alle zusammenkommen, spielt hierbei eine herausragende Rolle, denn die Soziale Stadt stiftet Identifikation. Sie braucht Bewohner, die sich sicher und gut aufgehoben fühlen, unabhängig vom finanziellen Status, Alter, Aussehen und persönlichen Vorlieben. Im gelebten Pluralismus zeigt sich, wie sozial in einer Stadtgesellschaft miteinander umgegangen wird. Dafür braucht die Soziale Stadt offene und einladende Räume und Plätze. Die Soziale Stadt lebt von der Nachbarschaft. Nachbarschaft kann heißen, man geht sich auf die Nerven, es kann aber auch heißen, man kennt sich, man hilft sich, man passt aufeinander auf. Wo man sich wohlfühlt, geborgen und zuhause, wirft man weder Müll auf die Straße noch überfällt man seine Mitmenschen.

Die Soziale Stadt verdrängt ihre Leute nicht, weder durch zu hohe Mietpreise noch durch Maßnahmen im öffentlichen Raum. In ihr werden keine Bänke und Sitzgelegenheiten abgebaut, sondern aufgebaut. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert die Stadt Andernach. Dort werden öffentliche Grünflächen mit Lebensmitteln bepflanzt. Alle dürfen ernten. Es ist für jede Stadt wichtig, die sozialen Initiativen ihrer Bürgerschaft zu fördern, ihnen Räume, Unterstützung und Erleichterung zu bieten, um wirksam zu werden oder zu bleiben. In Zeiten, in denen die soziale Kälte sich wieder verstärkt Bahn bricht, erst recht. Erst kürzlich stellten sich 25 Stuttgarter Initiativen mit unterschiedlichen sozialen Engagements auf dem Österreichischen Platz einem aufmerksamen Publikum vor. Eine Veranstaltung, die unser Team Agenda Rosenstein zusammen mit den 'Stadt-lücken' auf die Beine gestellt hat. Ein gelungener Abend der städtischen Vernetzung für die Soziale Stadt. Die STAdTISTEN stehen auf zwei Standbeinen, als Wählervereinigung und als Plattform für bürgerschaftliches Engagement einer Sozialen Stadt.

Unsere Initiative 'Oben drauf' fördert die Teilhabe finanziell Benachteiligter und kooperiert mit Läden, kulturellen Einrichtungen, Cafés und Kneipen in der Stadt. Dort werfen Leute mit etwas mehr Geld Münzen und Scheine in ein Glas, Leute mit weniger Geld können sich davon vor Ort etwas leisten.

Unsere Initiative 'Refugees welcome' für Stuttgart hilft, Flüchtlinge vor Ort zu integrieren. Mit mehreren Preisen gewürdigt und mit Sicherheit den meisten hier im Raum ein Begriff. Stuttgart hat die Mittel und Möglichkeiten, um das Engagement im Hinblick auf die Soziale Stadt weiter zu steigern. Deshalb ist es wichtig, auch jene vielen Mitmenschen zu beachten und zu stärken, deren soziale oder finanzielle Situation die Teilhabe am städtischen Leben verhindert. Wohngegenden und Bezirke, in denen vergleichsweise viele benachteiligte Menschen leben, müssen deshalb viel stärker als in der Gegenwart in den öffentlichen und politischen Fokus gerückt werden. In diesem Sinne, auf gute Nachbarschaft. Vielen Dank."

StR Brett (AfD):
"Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute viele zum Teil gute Reden gehört, eine hat mich besonders beeindruckt, die von Herrn Körner. Er sagt diametral das Gegenteil von dem, was seine Parteivorsitzende Nahles zu Hartz IV sagt.

Zu Sozialem gehört auch Gerechtigkeit. Und jetzt ist es eine gute Lebensart in Deutschland, dass wir Ausländer aufnehmen und die versorgen, wenn sie hilfsbedürftig sind. Aber wir wollen keine Integration von sogenannten Flüchtlingen. Diejenigen, die hier das Verfahren nicht bestanden haben und zurückgehen müssen, die sollen zurückgeschickt werden. Und es soll keinen Spurwechsel geben. Auf der einen Seite nehmen wir die Leute, die wir brauchen. Die holen wir uns auf dem EU-Arbeitsmarkt oder internationalen Arbeitsmarkt. Und auf der anderen Seite haben wir ein ganz klares System, wo wir sagen, wer hier reinkommt und irgendwelche Storys erzählt hat von Asyl und hier kein Bleiberecht hat, muss zurück. Das ist für die Integration bzw. für den sozialen Frieden der Stadt sehr wichtig. Es ist auch nicht gut, wenn die Stadt arabischen oder russischen Milliardären oder Millionären systematisch bessere medizinische Leistungen gewährt hat, als allen Stuttgarter Bürgern. Das ist im Klinikum über Jahre unter Herrn Wölfle passiert.

Wir müssen preiswerten Wohnraum schaffen. Dazu kann man drei Sachen gleich machen. Nämlich erstens, Herabsetzung der Grundsteuer. Da gibt es keine intelligente oder sonstiges, sondern einfach Herabsetzung auf das frühere Maß. Zweitens, wir brauchen keine Bauvorschriften, die über die Landesbauordnung oder über das Bundesbaurecht hinausausgehen. Sie haben es bewiesen bei den Flüchtlingsheimen, es geht auch anders. Und da geht die Welt auch nicht unter, wenn man nicht die letzte Wärmedämmung einhält. Und drittens, und das könnte man jetzt für die Studenten machen. Stuttgart braucht, und das kann die Stadt sehr preiswert sofort gestalten, das kostet nichts, einen dritten Campingplatz, wo man dauercampen kann. Dann können dort 200, 300, 400 Studenten vorübergehend einen Wohnraum finden. Das alles ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wichtig ist, und Herr Oberbürgermeister, da müssen wir in allen Fraktionen darüber reden: Die Innenentwicklung reicht nicht aus. Die Stadt ist in den letzten Jahren um 2.000 bis 6.000 Menschen gewachsen. Wir brauchen einen 24. Stadtteil. Wir müssen endlich großflächig neben dem Rosensteinquartier einen Stadtteil planen, das wird über viele, viele Jahre gehen, wo Platz, sagen für 20.000 bis 50.000 Leute sein wird, weil hier sonst die Baupreise ins Uferlose gehen werden.

Eine weitere Möglichkeit, preiswert zu wohnen, ist ein ausgeglichenes Verkehrskonzept. Es nützt nichts, wenn wir auf den Straßen, die höchst belastet sind mit dem öffentlichen Verkehr, ganze Spuren wegnehmen für ein paar Fahrräder, die dort fahren. Bestes Beispiel: Nürnberger Straße in Richtung Fellbach. Das ist einfach unsinnig für die Wohnungsversorgung. Es macht nichts aus, wenn wir Wohnraum am Fuße der Schwäbischen Alb haben und die Bürger hier reinfahren können. Das ist bei anderen Metropolen genauso. Es macht nichts aus, wenn jemand aus Bad Boll z. B. nach Stuttgart reinfährt, aber dafür eine gute S-Bahn hat und eine gute Autobahn oder eine gute Schnellverbindung. Und das ist nicht da. Und da müssen wir endlich zusammensitzen im Regionalparlament und uns Lösungen überlegen, wie wir im mittleren Neckarraum die Verkehrswege weiter öffnen und nicht die Bürger bestrafen, wenn sie mit dem Diesel zur Arbeit fahren wollen. Vielen Dank."

StR Schupeck (LKR):
"Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, vor einer Vision 'Soziale Stadt Stuttgart im Jahr 2030' zuerst zum Ist-Zustand der Gegenwart. Mit ca. 800 Mio. € und 25 % des Etats für Soziales ist Stuttgart sicher eine Soziale Stadt, die den Schwächsten, Benachteiligten und Armen solidarisch zur Seite steht. Solidarität verstehe ich hier im Sinne von Heinrich Pesch und der katholischen Soziallehre. Eine zentrale Leitlinie ist für mich das Subsidiaritätsprinzip, Individuen in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Angelegenheiten selbstbestimmt selbst zu regeln. Sicher gibt es manches zu verbessern und zu schärfen, damit die Mittel gezielt dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden und um die Menschen zu befähigen, selbstbestimmt ihr Leben zu führen. Der Wohlfahrtsstaat muss immer auch finanzierbar bleiben.

Ich komme kurz zu drei ausgewählten Punkten, wo Stuttgart dringend Handlungsbedarf hat. In ihrem Wahlkampf, Herr Oberbürgermeister, haben Sie bezahlbare Wohnungen für alle versprochen. Eingetreten ist jedoch eine drastische Verschlechterung der Situation. Bürger, junge Familien, Alleinerziehende, Arbeiter, untere und mittlere Tarifgruppen des öffentlichen Dienstes, die eine Wohnung benötigen, finden keine mehr in Stuttgart oder können die horrenden Mietpreise nicht bezahlen. Wenn Stuttgart eine Soziale Stadt sein will, dann muss das riesige Wohnungsdefizit reduziert werden. Der Rückstand wird jedes Jahr größer. Es braucht nicht 1.800 Wohnungen, sondern 4.000 neue Wohnungen im Jahr netto. Für ein soziales Stuttgart ist eine energische Wohnbauoffensive für bezahlbare Wohnungen unabdingbar, und die kann ich so, obwohl ich hier schon einiges immer wieder in dieser Richtung höre, nirgends erkennen. Und die Bürger können sie auch nicht erkennen, und das wird Sie und uns alle hier bis zum Wahlkampf immer wieder verfolgen.

Ein weiterer Punkt: Ein fehlender Schulabschluss, noch mehr eine fehlende qualifizierte Berufsausbildung bedeutet für junge Erwachsene ein großes Risiko, arbeitslos zu werden. Es droht ein Leben in prekären Verhältnissen. Der Anteil der Menschen ohne Berufsausbildung bei der jungen Generation ist in Deutschland relativ hoch und liegt bei 10 bis 15 %. Im Schuljahr 2016/2017 haben 2.500 Schüler, das sind 21 %, die beruflichen Schulen in Stuttgart ohne Abschluss verlassen. Sie können davon ausgehen, dass die Jungen mit Migrationshintergrund weit überrepräsentiert sind.

In Stuttgart haben Kosovaren den höchsten Anteil an der Schulart Werkrealschule und selbstverständlich den geringsten Anteil an der Schulart Gymnasium. Und das können Sie alle nachschauen, also im Schulbericht mit einem statistischen Teil. Waren in den 60er-Jahren die Mädchen, insbesondere die katholischen Arbeitertöchter vom Lande, am meisten schulisch benachteiligt, so sind es heute die Jungen, insbesondere männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund aus der Trabantenstadt. Und unser Schulbericht mit seiner Statistik weist nicht einmal die Geschlechter aus, wo man das auch nochmals hier für Stuttgart eruieren könnte, sondern da muss man andere Daten heranziehen.

Ein erster Schritt, um Bildungsgerechtigkeit für Jungen, insbesondere für Jungen mit Migrationshintergrund, herzustellen, wäre eine Bildungsoffensive an Berufsschulen. Da würde ich mich jetzt anschließen meinem grünen Vorredner, der hier gezielt Sozialarbeiter für dezidierte Schulen einsetzen möchte. Das ist, insbesondere für Berufsschulen, dringend notwendig.

Zur Vision einer Sozialen Stadt gehört für mich auch, dass der Besuch nicht nur von Schulen, sondern auch von Kindertagesstätten für alle Kinder grundsätzlich kostenlos angeboten wird. In Hamburg sind für alle Altersgruppen fünf Stunden am Tag kostenlos. Ziel soll es für Stuttgart sein, die Gebühren für alle Kinder weiter stetig zu senken und in einigen Jahren Plätze und Kindergärten grundsätzlich gebührenfrei anzubieten. Ich könnte jetzt hier noch mindestens ein Dutzend weitere zentrale Punkte aufführen, ich will es dabei belassen. Meine Vorredner haben auch nochmals auf ein paar andere Punkte hingewiesen. Zentrale Punkte sind für mich bezahlbare Wohnungen, gebührenfreie Kindertagesstätten und Reduzierung der Anzahl von Schülern ohne erfolgreiche Berufsausbildung. Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit."


Nach der Runde der Statements merkt StR Adler (SÖS-LINKE-PluS) noch an, in einer sozialpolitischen Debatte müsse es insbesondere im Hinblick auf die Allerbedürftigsten auch um Wohnungspolitik gehen. Doch sei die Stadt von einem kommunalen Wohnungsbauprogramm auf eigenem Grund nach wie vor weit entfernt. Ein großes Problem stellten die für Bezieher von Hartz 4 oder Mindestsicherung im Alter festgelegten Miet-
obergrenzen dar. Hier weist BM
Wölfle darauf hin, dass sowohl Jobcenter als auch Sozialamt die Frage der Mietobergrenze sehr individuell und unterschiedlich behandelten. Ihre Systematik sei auch laufend Thema im SGA.

StR Ehrlich (SPD) erinnert an das Menschenrecht auf Teilhabe. Angesichts der drohenden Schließung einer Substitutionspraxis prangert er die Drogenpolitik an. BM Wölfle berichtet von Gesprächen der Sozialverwaltung mit Ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung, die berechtigt hoffen ließen, dass die Behandlung der 200 betroffenen Patienten gesichert werden könne. Er freue sich, wenn der Gemeinderat die Ansiedlung einer Substitutionspraxis in Stuttgart-Süd unterstütze.

Ein von StR Dr. Fiechtner gestellter Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Debatte wird mehrheitlich abgelehnt.

StRin Vowinkel (SPD) hielte es für sinnvoll und notwendig, über die vielen unterschiedlichen sozialen Themen drei bis vier Generaldebatten zu führen, zu generellen sozialen Themen, Bildung und Jugendhilfe, Gleichstellung und Vielfalt sowie zum demokratischen und sozialen Umgang der Menschen in der Stadt. In einer Vision für die Zukunft schildert sie eine durchschnittliche Familie im Jahr 2034.

Als sehr wichtigen Aspekt für die soziale Stadt ergänzt StR Dr. Schertlen zum einen die Förderung des Breitensports. Zum anderen müsse man sich vom Denken in Schubladen lösen und es z. B. auf dem Arbeitsmarkt honorieren und nicht bestrafen, wenn Frauen Kinder bekämen.

Mehr Generaldebatten führten nicht weiter, erklärt StR Brett. Man müsse den Mut haben zu handeln und mehr Wohnraum für die wachsende Bevölkerung bereitstellen, nicht allein durch Innenentwicklung, sondern auch in einem neuen Stadtteil, damit die Mieten nicht ins Uferlose stiegen.

Damit beendet OB Kuhn die Debatte.
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