Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
678/2021 Neufassung
GZ:
0322-04
Sitzungstermin: 02.12.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Entscheidung über die Zulässigkeit des Einwohner-
antrags "Klimagerechtes Stuttgart: Neue Impulse durch einen Bürger*innenrat"

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 28.07.2021, öffentlich, Nr. 291
Gemeinderat vom 28.07.2021, öffentlich, Nr. 207
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung der GRDrs 678/2021
Verwaltungsausschuss vom 01.12.2021, öffentlich, Nr. 521
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 29.07.2021, GRDrs 678/2021 Neufassung, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Einwohnerantrag "Klimagerechtes Stuttgart: Neue Impulse durch einen Bürger*innenrat" ist nach erneuter Einreichung mit einer ausreichenden Zahl an Unterschriften nunmehr zulässig.

2. Die Anhörung der Vertrauenspersonen des Einwohnerantrags und die Behandlung des Gegenstandes des Einwohnerantrags finden als Tagesordnungspunkte 1 und 2 der Sitzung des Gemeinderats am 16.12.2021 statt.

3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Vertrauenspersonen des Einwohnerantrags die Feststellung der Zulässigkeit formal bekannt zu geben und diese zur Anhörung gem. Ziff. 2 einzuladen.

Der Vorsitzende schickt voraus, der Einwohnerantrag "Klimagerechtes Stuttgart. Neue Impulse durch einen Bürger*innenrat" sei aus Sicht der Verwaltung nunmehr zulässig, weswegen unverzüglich ein Umsetzungsvorschlag für die Einrichtung eines Bürgerrats Klima unterbreitet werde. Man schaffe damit ein neues Beteiligungsformat, das nicht aus Interessensvertretern oder Fachinteressierten besteht, sondern aus so genannten Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürgern. Mit dem Bürgerrat sollen gesellschaftlich akzeptanzfähige Lösungen für den Klimaschutz in Stuttgart gefunden werden mit 50 bis 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Gewollt sei ein zügiges und zielgerichtetes Beteiligungsverfahren, weshalb die Zufallsauswahl baldmöglichst erfolgen soll, sodass der Bürgerrat möglichst deutlich vor den Sommerferien 2022 seine Arbeit aufnehmen kann, die dann bis Ende 2022 abgeschlossen sein soll. Die Evaluation und Nachbereitung könnte bis zum 30.06.2023 erfolgen.

StR Boy (90/GRÜNE) dankt den Initiatoren und Initiatorinnen dieses Einwohnerantrags. Er wertet es als tollen Erfolg, dass das notwendige Quorum jetzt erreicht wurde. Auch die inhaltliche Vorarbeit durch die Ehrenamtlichen sei beachtlich. Seine Fraktion halte das Beteiligungsformat für sehr wichtig, um das Thema Klimaschutz und vor allem auch die Klimaschutzmaßnahmen in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Man begrüße auch die vorgestellte Zeitschiene und die nochmalige Behandlung des Einwohnerantrags im nächsten Gemeinderat unter Hinzuziehung einer Vertrauensperson. Zudem freue man sich auf die inhaltliche Ausgestaltung im nächsten Ausschuss für Klima und Umwelt. Man gehe davon aus, dass die Initiator*innen auch da mit am Tisch sitzen und an der Ausgestaltung mitarbeiten werden.

StR Kotz (CDU) ist erfreut darüber, als Gemeinderat heute einen zulässigen Einwohnerantrag beschließen zu dürfen. In der Vergangenheit habe der Rat solche Anträge aus unterschiedlichen Themenkreisen immer wieder auch ablehnen müssen, weil sie rechtlich in ihrer Fragestellung nicht zulässig waren. Wie bereits ausgeführt, habe der Gemeinderat die Initiative aufgegriffen und wolle diese umsetzen. Angesichts einer so großen Herausforderung und Aufgabe sei es wichtig, möglichst viele Informationen, Ideen und Meinungen mit aufzunehmen. Dazu könne ein solcher Rat hilfreich sein. Vor allem sei seiner Fraktion wichtig, dass der tatsächliche Querschnitt der Stadtgesellschaft widergespiegelt wird in diesem Rat. Der klare Auftrag an die Verwaltung heiße daher, die Rahmenbedingungen so zu formulieren, dass sich wirklich alle, die angeschrieben werden, auch genötigt fühlen, zuzusagen und mitzumachen. Nur so komme die Breite der Stadtgesellschaft mit ihrer Meinung zum Tragen und nur dann könne es den Prozess bereichern.

OB Dr. Nopper informiert, der Umsetzungsvorschlag solle dem Gemeinderat zur Beschlussfassung am 16.12.2021 vorgelegt werden.

StRin Schanbacher (SPD) betont, die Klimawende sei eine Jahrhundertaufgabe, die man nicht ganz alleine schaffen könne. Nur wenn alle mitgenommen werden, gelinge diese Wende und der Weg zur Klimaneutralität und zur Klimagerechtigkeit letztendlich. Genau das mache der Klima-Bürger*innenrat, wo der Querschnitt der Stadtgesellschaft abgebildet sein werde. Man schaffe Verständnis für die Position der und des jeweiligen anderen, man suche einen Kompromiss auf Augenhöhe und mit Unterstützung, und zeige neue und kreative Wege auf, wie man zu diesem Ziel kommt - konkret und zügig. Dies sei "rote Klimapolitik, wie sie im Buche steht". Neben dieser inhaltlichen Ebene sei der Rat auch eine ganz neue und mutige Art, Bürger*innen zu beteiligen. Ihre Fraktion begrüße dies sehr und könne sich das auch in anderen Formaten oder zu anderen Fragen der Zukunft vorstellen. Auch sie freue sich, dass das nötige Quorum nun offiziell erreicht wurde und man dem Antrag somit zustimmen könne. Ihr Dank richtet sich ebenfalls an die Ehrenamtlichen für das Sammeln der Unterschriften und die inhaltliche Vorleistung.

Auch StR Rockenbauch (FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) stimmt der Vorlage mit Freude zu und hofft sehr, den Umsetzungsvorschlag am 16.12.2021 tatsächlich beschließen zu können. Mit Blick auf die von OB Dr. Nopper verwendete Formulierungen "zügig" und "zielgerichtet" weist er darauf hin, dass eigentlich geplant war, schon zu den Haushaltsplanberatungen entsprechende Finanzmittel hierfür hinterlegen zu können. Um tatsächlich zielgerichtet vorzugehen, werde es nötig sein, die Zielrichtung klar zu definieren. So habe der Stuttgarter Gemeinderat das Pariser Klimaziel noch immer nicht definiert. Dieses Ziel müsse dem Bürger*innenrat natürlich mit auf den Weg gegeben werden. Seine Fraktionsgemeinschaft freue sich auf das kommende Jahr und werde mithelfen, "dass das zum Erfolg wird und zielgerichtet stattfindet".

StR Dr. Oechsner (FDP) dankt den Initiatorinnen und Initiatoren für den Impuls, diesen Bürger*innenrat ins Leben zu rufen. Auch seine Fraktion werde der Vorlage mit Freude zustimmen. Die Klimaveränderungen rückgängig machen, könne man nicht, aber man könne viel dafür tun, dass es nicht schlechter wird. Weil es dies nicht zum Nulltarif geben wird, sei es wichtig, dass man die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt. Ein Bürger*innenrat sei dazu ein tolles Instrument, auf welches weder er noch jemand anderes im Gemeinderat gekommen sei. Man freue sich auf die Arbeit und auf die Ergebnisse des Bürger*innenrats.

OB Dr. Nopper ruft in Erinnerung, dass dieses Beteiligungsformat mit Zufallsbürgerinnen und -bürgern auch bei der Staatsoper gewählt worden sei. Er unterstreicht, es brauche nicht nur Klimaschutzmaßnahmen, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz möglichst breiter Schichten für diese Maßnahmen.

StR Ozasek (PULS) erklärt, seine Fraktionsgemeinschaft begleite mit großer Sympathie das Engagement klimaaktiver Bürger*innen in Stuttgart. Der Weg zur Klimaneutralität sei eine Menschheitsaufgabe und ein Gemeinschaftswerk. Man freue sich über die Zulässigkeit des Einwohner*innen-Antrags Klimagerechtes Stuttgart und auf die Anhörung der Vertrauenspersonen in der nächsten Sitzung des Gemeinderats. Der Bürger*innenrat sei ein spannendes Modell, deliberative Demokratie auf kommunaler Ebene wirksam werden zu lassen und durch seine Repräsentativität des Querschnitts der Stadtgesellschaft die Legitimität seiner Empfehlungen an die Politik erhöhen. Er sei gespannt darauf, wie sich die programmierten Spannungsfelder im Transformationspfad zu einer klimagerechten Stadt in mehrheitsfähige Empfehlungen aus der Bürgerschaft an die Politik übersetzen lassen. Denn klar sei, dass Repräsentativität auch Personen umfasst, die den menschgemachten Klimawandel leugnen und auch solche, die ihn zwar anerkennen, aber nicht bereit sind, sich dieses staats- und stadtpolitische Ziel zu eigen zu machen. Trotzdem erhoffe man sich wertvolle Impulse und konkrete Maßnahmenvorschläge, die Eingang finden können in die Fortschreibung des Energiekonzepts "Urbanisierung der Energiewende", in die Strategiedebatten bei den Stadtwerken, aber auch bei der SSB und anderen städtischen Gesellschaften, sowie Impulse für die Entwicklung des Klimamobilitätsplans für Stuttgart. Vor allem verspreche man sich Anregungen für den stadtpolitischen Klimadiskurs zur Stärkung des Bewusstseins für die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Transformation der Stadt hin zur Klimagerechtigkeit. In diesem Sinne stimme man der Vorlage sehr gerne zu.

Auch StRin von Stein (FW) begrüßt die Zulässigkeit des Einwohnerantrags. Sie betont, der Bürger*innenrat sei wichtig für die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen, die man treffen muss. Auch die Wirksamkeit für die Stadtgesellschaft werde u.a. davon abhängen, wie repräsentativ zusammengestellt dieser Klimarat sein wird, um die Akzeptanz der Maßnahmen und auch die Glaubwürdigkeit zu erreichen. Ihre Fraktion stimme der Vorlage zu.

StR Ebel (AfD) verweist auf die einzelnen Beschlussantragsziffern und darauf, dass man dem natürlich zustimmen könne. Darüber hinaus könne man auch skeptisch sein. "Wir hoffen und erwarten eine echte Zufallsauswahl, die frei von einer politischen Beeinflussung ist!" Demokratisch legitimiert sei dieser Beirat jedoch nicht - egal, wie er zusammengesetzt ist.


OB Dr. Nopper stellt abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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