Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
503/2023 Neufassung
GZ:
WFB/T
Sitzungstermin: 26.07.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht as
Betreff: Errichtung von Flüchtlingsunterkünften, 1. Erhöhung der Platzkapazitäten bestehender Modulbaustandorte, 2. Neue Modulbaustandorte, 3. Neue Standorte in Containerbauweise

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 19.07.2023, öffentlich, Nr. 412
Ausschuss für Wirtschaft u. Wohnen vom 21.07.2023, öffentlich, Nr. 143
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 25.07.2023, öffentlich, Nr. 359
jeweiliges Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen und des Technischen Referats vom 06.07.2023, GRDrs 503/2023 (Neufassung), mit folgendem

Beschlussantrag:

1.a Den in der Begründung dargestellten Maßnahmen zur Erhöhung der Platzkapazitäten für die mit GRDrs 797/2022 beschlossenen Modulbaustandorte wird zugestimmt. Dadurch ergeben sich folgende neue Sollplätze für Geflüchtete:

Hedelfingen Amstetter Straße 124 Unterkunftsplätze

Plieningen In den Entenäckern 156 Unterkunftsplätze

1.b Den neuen Gesamtkosten für die unter Ziffer 1.a aufgeführten Modulbauten inklusive Vergütung der SWSG, Planungsmittel und Erschließung von rd. 19,47 Mio. EUR wird zugestimmt. Hinzu kommen Ausstattungskosten in Höhe von insgesamt ca. 0,45 Mio. EUR. Insgesamt ist mit einem Finanzierungsmittelbedarf für die unter Ziff. 1a. aufgeführten Modulbauten in Höhe von rd. 19,92 Mio. EUR zu rechnen.

1.c Die zusätzlichen Baukosten für die unter Ziffer 1a aufgeführten Modulbauten in Höhe von 5,33 Mio. EUR brutto werden im Haushaltsjahr 2023 im Teilfinanzhaushalt 230 - Liegenschaftsamt, Projekt-Nr. 7.233128 - Flüchtlingsunterkünfte in Modulbauweise, Ausz.Gr. 7871 - Hochbaumaßnahmen, gedeckt.

Die zusätzlichen Ausstattungskosten in Höhe von 0,15 Mio. EUR werden im Teilergebnishaushalt 500 - Sozialamt, Amtsbereich 5003140 - Soziale Einrichtungen, Schlüsselprodukt 1.31.40.01.10.00-500 - Flüchtlingsunterkünfte, Kontengruppe 420 - Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen sowie im Teilfinanzhaushalt 500 - Sozialamt, Projekt-Nr. 7.509314 - Sonstige Investitionen Soziale Einrichtungen 50, Ausz.Gr. 78302 - Erwerb von beweglichem Sachvermögen gedeckt.

2.a Der Errichtung weiterer Wohnmodule zur Schaffung von bis zu 540 Sollplätzen für Geflüchtete in Modulbauweise an folgenden drei Standorten wird zugestimmt:

Nord Parlerstraße 184 Unterkunftsplätze

Ost Schwanenplatz 108 Unterkunftsplätze

Zuffenhausen Sport-/Tennenplatz Neuwirtshaus 248 Unterkunftsplätze

2.b Die bestehende Vereinbarung mit der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) zur Errichtung von Modulbauten wird hinsichtlich der neuen Standorte ergänzt

Auf einen gesonderten Vorprojekt-, Projekt- und Baubeschluss wird verzichtet.

2.c Den Gesamtkosten für die unter Ziffer 2.a aufgeführten Modulbauten (insgesamt 140 Stück) inklusive Vergütung der SWSG, Planungsmittel und Erschließung von rd. 38,37 Mio. EUR wird zugestimmt. Hinzu kommen Ausstattungskosten in Höhe von insgesamt ca. 0,85 Mio. EUR. Insgesamt ist mit einem Finanzierungsmittelbedarf in Höhe von rd. 39,22 Mio. EUR zu rechnen.

2.d Die Baukosten in Höhe von 38,37 Mio. EUR brutto werden im Haushaltsjahr 2024 im Teilfinanzhaushalt 230 - Liegenschaftsamt, Projekt-Nr. 7.233128 - Flüchtlingsunterkünfte in Modularbauweise, Ausz.Gr. 7871 - Hochbaumaßnahmen, gedeckt.

3.a Der Errichtung einer Containeranlage zur Schaffung von bis zu 162 Sollplätzen für Geflüchtete zur Unterbringung von geflüchteten Menschen auf dem Grundstück Wolframstraße 26-28 in Stuttgart-Nord, auf Grundlage der Darstellung in Anlage 2 wird zugestimmt.

3.b Den Gesamtkosten für die unter Ziffer 3.a aufgeführten Containerbauten (insgesamt 140 Stück) inklusive Planungsmittel und Erschließung von rd. 4,45 Mio. EUR wird zugestimmt. Hinzu kommen Ausstattungskosten in Höhe von insgesamt ca. 0,155 Mio. EUR. Insgesamt ist mit einem Finanzierungsmittelbedarf in Höhe von rd. 4,605 Mio. EUR zu rechnen.

3.c Die Baukosten in Höhe von 4,45 Mio. EUR brutto werden im Haushaltsjahr 2024 im Teilfinanzhaushalt 230 - Liegenschaftsamt, Projekt-Nr. 7.233128 - Flüchtlingsunterkünfte in Modulbauweise, Ausz.Gr. 7871 - Hochbaumaßnahmen.

3.d Das Hochbauamt wird ermächtigt, alle erforderlichen Planungs- und Bauleistungen zu beauftragen. Die Ausschreibung erfolgt systemoffen und die Bauausführung wird überwiegend aus einer Hand (Generalübernehmer) erfolgen. Soweit die Kostenobergrenze aus Beschlussziffer 3.c eingehalten wird, wird aus Dringlichkeitsgründen auf den Projektbeschluss und den Baubeschluss verzichtet.

4.a Der Errichtung einer Containeranlage zur Schaffung von bis zu 142 Sollplätzen für Geflüchtete auf dem Grundstück Flst. 3943/1, Leobener Straße in Stuttgart-Feuerbach, auf Grundlage der Darstellung in Anlage 3 wird zugestimmt.

4.b Den Gesamtkosten für die unter Ziffer 4.a aufgeführten Containerbauten inklusive Planungsmittel und Erschließung von rd. 1,107 Mio. EUR wird zugestimmt. Hinzu kommen Ausstattungskosten in Höhe von insgesamt ca. 0,14 Mio. EUR. Insgesamt ist mit einem Finanzierungsmittelbedarf in Höhe von rd. 1,247 Mio. EUR zu rechnen.

4.c Die Baukosten in Höhe von 1,107 Mio. EUR brutto werden im Haushaltsjahr 2024 im Teilfinanzhaushalt 230 - Liegenschaftsamt, Projekt-Nr. 7.233128 - Flüchtlingsunterkünfte in Modulbauweise, Ausz.Gr. 7871 - Hochbaumaßnahmen.

5. Die Verwaltung wird aufgrund der Unabweisbarkeit der Maßnahme ermächtigt die notwendigen Verpflichtungen einzugehen.


StR Dr. Vetter (CDU) nimmt wegen der Besorgnis der Befangenheit gem. § 18 GemO an der Beratung und Abstimmung dieses Tagesordnungspunktes nicht teil.


Mit den nachstehenden Vorbemerkungen führt OB Dr. Nopper in den Tagesordnungspunkt ein:

"Erstens: Wir sehen als Stadtverwaltung keine rechtliche Möglichkeit, dass die Landeshauptstadt Stuttgart die Aufnahme von Geflüchteten verweigert. Deswegen wäre die Alternative zur Ausweisung weiterer Standorte für die Aufstellung von Containern oder von Modulbauten die Belegung von Turn- und Versammlungshallen oder von anderen öffentlichen Einrichtungen, was wir Ihnen nicht empfehlen können.

Zweitens: Allerdings plädieren wir, wie die kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg auch, für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik. Ich kann nur nochmals wiederholen, was ich im Zusammenhang mit dem aus meiner Sicht richtigen Kompromiss der EU-Innenminister gesagt habe: Wir sind längst in Sachen Unterbringung, Betreuung und Begleitung von Geflüchteten an der Grenze des Organisierbaren und Machbaren angelangt. Deswegen muss der Bund handeln wie es Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag Baden-Württemberg formulieren. Das ist keine Erfindung oder Formulierung von mir, sondern wortgleich mit den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände: Der Bund muss handeln mit einer europaweiten gleichmäßigen Verteilung von Flüchtlingen, mit einer Harmonisierung der Integrations- und Sozialleistungen innerhalb der Europäischen Union, mit nationalen Ankunftszentren zur Registrierung und zur erkennungsdienstlichen Behandlung, mit der Rückführung von Personen ohne Bleibeperspektive direkt aus den nationalen Ankunftszentren, mit der Ausweitung der bilateralen Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern, insbesondere auch in Verbindung mit Entwicklungshilfemitteln - das ist eine Idee des Bundes -, mit verbindlichen Integrationsmaßnahmen für erwerbsfähige, aber nicht erwerbstätige Geflüchtete, und wir brauchen auch - das ist ebenfalls die Meinung von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag - eine gezielte Investitionsoffensive für mehr Wohnraum und für mehr Kindertagesstätten, um eine Konkurrenzsituation zwischen einheimischer Bevölkerung und Geflüchteten zu vermeiden. Soweit von meiner Seite."

BM Fuhrmann informiert, die Verwaltung schlage die zur Beschlussfassung stehende GRDrs 503/2023 Neufassung nach Maßgabe der Beratungen in den Bezirksbeiräten und den Fachausschüssen mit folgenden Änderungen vor:

Die Beschlussantragsziffern 1.a bis 1.c bleiben unverändert.

Bei Beschlussantrasziffer 2.a wird der Standort Parlerstraße analog der Maßgabe des Bezirksbeirats Nord und im Städtebauausschuss vorgeschlagen, nämlich P10 anstatt des ursprünglich geplanten P11 als Standort für die Errichtung von Modulbauten für die Unterbringung von Geflüchteten heranzuziehen. Außerdem soll der Standort Sport-/
Tennenplatz Neuwirtshaus entsprechend der Zweidrittel-Ablehnung des Bezirksbeirats Zuffenhausen zurückgestellt und nach der Sommerpause erneut beraten werden. Zuvor werde die Verwaltung gemeinsam mit den unmittelbar betroffenen Bezirksbeiräten vor Ort Termine durchführen und Lösungsvorschläge erarbeiten und diese unmittelbar nach der Sommerpause vorschlagen.


Die Beschlussantragsziffern 2.b bis 5 bleiben unverändert.

Weiter gibt er zur Kenntnis, dass am Rande der Bezirksbeiratssitzung Zuffenhausen Unterschriftenlisten mit der Ablehnung des Standorts Sport-/Tennenplatz Neuwirtshaus an die Verwaltung übergeben wurden. Es haben ca. 500 Einwohnerinnen und Einwohner unterschrieben.

StRin Rühle (90/GRÜNE) erklärt gerne Zustimmung zu dieser Vorlage. Zum einen gebe es die rechtliche Verpflichtung, Menschen, die vor Verfolgung und Krieg hierher geflüchtet sind, menschenwürdig unterzubringen. Eine Unterbringung könne natürlich auch wie von der CDU und AfD gewünscht so erfolgen, dass man Menschen in Massenunterkünften, Turn- und Sporthallen unterbringt mit all den Einschränkungen, die das mit sich bringt für alle Stuttgarter*innen. Es gebe aber auch eine humanitäre Verpflichtung, die damit nicht erfüllt wäre. Ihre Fraktion stehe weiter zum Stuttgarter Weg: Angemessene Unterbringung, in der Stadt verteilt so wie möglich und mit guter Unterstützung, Versorgung und Betreuung. Es brauche angemessenen Wohnraum, Sozialraum, Willkommensräume, Lernräume, denn eine gute Integration funktioniere nicht ohne Raum. Dies hätten Träger der Wohlfahrtspflege, Kirchen, Religionsgemeinschaften, Arbeitskreise und viele Vereine und Verbände, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind, deutlich gemacht mit einer Kundgebung vergangenen Freitag. Es wäre positiv, wenn man sich deren Aussagen zu Herzen nehmen würde, die sich im Gegensatz zu den Äußerungen von OB Dr. Nopper noch nicht mit dem Rücken zur Wand sähen, sondern weiterhin zu einer humanitären Aufnahme und Versorgung Geflüchteter ständen, dafür bereitständen und hierbei schon gute Arbeit leisteten.

Eine Neiddebatte helfe nicht weiter, denn man werde keine einzige Erzieherin mehr in Stuttgart haben, indem man Kinder abweist, die hierher geflüchtet sind. Luxuswohnen sähe zudem anders aus: Hier habe man wenigstens 10,5 m² pro Person - der Durchschnitt in Stuttgart sei 41 m² pro Person. Natürlich müsse man unterstützen, was Integration, was Betreuung, was Versorgung angeht. Sie dankt an dieser Stelle all jenen, die hierfür in Stuttgart schon sehr Vieles tun und Großartiges leisten. Ihr Dank gehe auch ans Liegenschaftsamt für die schwierige Standortsuche und an die SWSG für die Modulbauten, die nachhaltige und menschenwürdige Unterbringung bedeuten. Auch bei den neuen Standorten sei dies weiterhin unerlässlich. Sie hoffe darauf, nach der Sommerpause auch den Standort Sport-/Tennenplatz Neuwirtshaus beschließen zu können. Es sei sehr wichtig, auf die Initiativen, Vereine, Kirchengemeinden vor Ort zuzugehen, die Sorgen und Ängste vor Ort zu nehmen, um gemeinsam ein gutes Zusammenleben zu erreichen. Man erwarte daher von der Verwaltung eine gute Kommunikation - weniger kurzfristig, sondern nachhaltig auch bei den neuen Standorten. "Denn wir alle wissen, es werden sicher nicht die letzten gewesen sein… Niemand verlässt freiwillig seine Heimat, sondern es ist immer eine große Not dahinter und diese Not müssen wir bestmöglich lindern - sowohl durch eine menschenwürdige Unterbringung, aber ganz genauso natürlich durch eine gute Aufnahme, durch ein Willkommen und durch eine Unterstützung bei der Integration hier vor Ort. Und da müssen wir auch weiterhin hier in Stuttgart viel tun und alles tun, damit das gelingt."

StR Kotz (CDU) schickt voraus, seit die CDU-Gemeinderatsfraktion mit ihrer Einschätzung an die Öffentlichkeit gegangen sei, wonach nach ihrer Überzeugung die soziale Infrastruktur in Stuttgart an vielen Stellen am Rande ihrer Belastungsgrenze ist und man deswegen keine Möglichkeit mehr sehe, mehr Geflüchtete in Stuttgart aufzunehmen und in einer Art und Weise zu integrieren, in der sie in dieser Stadt gut und in einem entsprechenden Stimmungsumfeld leben können, habe man viele Diskussionen in der Stadt und auch im Gemeinderat erlebt. Es habe harte Kritik gegeben, was auch in Ordnung sei. Man wehre sich jedoch vehement dagegen, dass es sich bei dieser Einschätzung um eine rassistische oder fremdenfeindliche Haltung handle oder man selbst gar Rassisten wäre. Dies könne nicht Diskussions- und Geschäftsgrundlage in diesem Rat sein. Man habe aber auch extrem viel Zuspruch aus der Bevölkerung bekommen, gerade auch aus dem Bereich derer, die Flüchtlinge betreuen, sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich. Dies sei wenig überraschend, denn auch neueste Umfragen von Tageszeitungen in Baden-Württemberg zeigten, dass jeder Zweite im Land der gleichen Meinung ist, nämlich, dass in ihrer Kommune oder in ihrer Stadt die Leistungsfähigkeit der Aufnahme erreicht ist. Er unterstreicht weiter: "Wer dies für sich so einschätzt, ist weder ein Rassist automatisch noch hat er rassistische Züge, sondern er betrachtet die Situation und kommt zu einer Einschätzung." Dies sei anzuerkennen.

Das Asylrecht sei ein ganz wichtiger Bestandteil, den man nicht verrücken wolle. Jedoch müsse man anerkennen, dass das für die Antragsbearbeitung zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Jahr 2023 bis zum ausgewerteten Zeitpunkt eine Ablehnungsquote von 47,9 % verzeichnet hat. Somit fallen fast die Hälfte der Asylbewerbenden, die hier versorgt, untergebracht, betreut werden, nicht unter das Asylrecht. Sie seien folglich nicht aus einer Not gekommen, die sich mit dem Asylrecht deckt, sondern aus anderen Gründen, die er nicht absprechen wolle, die aber nicht dazu führen, hierzulande Asyl zu finden. "Wenn wir uns auf das konzentrieren würden und nur die Menschen betreuen, die wirklich Asylanspruch haben, dann wären wir in einer Größenordnung, wo diese Überforderung in unserer Stadt überhaupt nicht da ist, und wir hätten auch noch die Kapazitäten, uns um Menschen zu kümmern, deren Zuwanderung wir als Land brauchen, wo aber wir entscheiden, welche Fachkräfte wir brauchen, welche nach Deutschland kommen und welche nicht. Da macht ja die Bundesregierung momentan in Sachen Zuwanderungsgesetz durchaus richtige Schritte."

Dem Hinweis, es sei doch Bundespolitik und Europapolitik, wozu es hier dann diskutieren, setzt er entgegen, die CDU habe das Verständnis, dass Europapolitik, Bundespolitik, Landespolitik daraus entsteht, was in den Kommunen vor Ort diskutiert wird, wahrgenommen wird und welche Realität dort herrscht. Deswegen sei wichtig, dass aus einer Stadt wie Stuttgart ein solches Zeichen hervorgeht und die Bürger, die dies so sehen, durch eine demokratische Partei ein Sprachrohr haben, um nach Berlin, nach Europa und in die Landesregierung hinein zu senden, wie der Zustand in dieser Stadt ist. Natürlich sei es zutreffend, dass man Geflüchtete hier aufnehmen muss.

Weiter nimmt der Stadtrat Bezug auf den interfraktionellen Antrag Nr. 37/2020, wo unter dem Stichwort "Stuttgart - ein sicherer Hafen" die Stadt aufgefordert wurde, dem Bündnis Sicherer Hafen beizutreten, und zum Ausdruck gebracht wurde, dass man weitere Flüchtlinge in Stuttgart aufnehmen möchte zusätzlich zur Verteilungsquote Asylsuchender. Darüber hinaus werde die Bundesregierung aufgefordert, rechtliche Möglichkeiten zu schaffen, wie zusätzliche Flüchtlinge in Kommunen aufgenommen werden können; das Land Baden-Württemberg werde darin aufgefordert, ebenfalls Möglichkeiten zu schaffen. Er fragt, ob diese Einschätzung aus dem Jahr 2020 von den Antragstellenden noch immer so gesehen wird oder ob sich an dieser Einschätzung etwas geändert hat. "Wir als CDU-Gemeinderatsfraktion sehen dies auf jeden Fall nicht so, dass man möglichst noch über die Zuweisungen, die wir aufnehmen müssen, auch noch für freiwillige Hilfsunterstützungen Möglichkeiten sehen." Bei der Abstimmung bittet er darum, die Beschlussantragsziffern getrennt aufzurufen, da man den unter Beschlussantragsziffer 1 stehenden Punkte zustimmen werde, den Rest aber leider ablehnen müsse.

StRin Meergans (SPD) unterstreicht, für die SPD bleibe die Aufnahme geflüchteter Menschen weiterhin gesetzliche Pflichtaufgabe und um dies zu organisieren, brauche es neue Unterkünfte. Die Aufnahme geflüchteter Menschen bleibe auch weiterhin humanitäre Verpflichtung. Dazu gehöre es, Schutzsuchende in Stuttgart gut aufzunehmen, gut unterzubringen, und dazu gehöre, sie nicht in Hallen unterzubringen, in denen Integration quasi unmöglich sei. An die CDU gewandt fragt sie, wo die Menschen dann untergebracht werden, wenn die Turnhallen voll sind und es noch immer keine neuen Unterkünfte gibt? Zum Argument der Ablehnungsquote des BAMF sei zu sagen, dass dort im rechtsstaatlichen Verfahren noch der Klageweg offenstehe, sodass die eine
oder andere Person vielleicht doch noch eine Anerkennung erhält. Darüber hinaus werde dabei eine ganz wichtige Gruppe außen vor gelassen, nämlich die Geflüchteten aus der Ukraine, die beim BAMF gar nicht auftauchen und in die Statistik nicht eingerechnet werden. Diese Gruppe mache bei den in Stuttgart untergebrachten Geflüchteten 40 % aus! Zu einer realitätsbezogenen Flüchtlingspolitik gehöre in erster Linie, dass man Flucht endlich als Realität anerkennt und dass es in der Verantwortung eines so reichen Landes wie Deutschland ist, Geflüchtete aufzunehmen. Da man sich nicht aus dieser Verantwortung stehlen könne, müsse man schauen, wie das gut zu organisieren geht. Dazu gehöre eindeutig auch die Notwendigkeit von Seenotrettung. Natürlich müsse man anschließend diese aus Seenot geretteten Menschen gerecht in Europa verteilen und auch in Stuttgart anteilsmäßig aufnehmen, integrieren und für eine soziale Infrastruktur sorgen, damit das möglich ist.


Die Stadtverwaltung arbeite mit Hochdruck daran, wie man die Menschen besser unterbringen kann. Sie dankt an dieser Stelle herzlich diesen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung. Man sei sich der Belastung bewusst und auch dessen, dass nicht immer alles in der Kommunikation optimal läuft, sodass auch ihre Fraktion hier noch Verbesserungsbedarf vor Ort sehe. Die Vorschläge und Verbesserungen aus den Bezirken müssten sehr ernst genommen und Alternativen geprüft werden. Sie dankt den Bezirksbeiräten für ihre konstruktive Begleitung vor Ort trotz aller Belastungen. Auch die Mehrheit des Bezirksbeirats Zuffenhausen habe sehr wohl gesehen, dass auch ihr Stadtteil eine Verantwortung hat, einen weiteren Beitrag zu leisten. All dies trage zu Lösungen bei und beeinflusse das Stimmungsumfeld. Ihre eindringliche Bitte an die CDU-Fraktion lautet: "Arbeitet wieder mit uns daran, die Thematik der Unterbringung in dieser Stadt zu lösen! Lasst uns gemeinsam Lösungen aufzeigen. Ihr seid die an ganz vielen Stellen bürgerlich gut vernetzte Partei mit tiefen Kontakten auch ins Ehrenamt hinein; ihr seid diejenigen, die in eure Wähler*innenschaft hinein den Aufruf starten müssten, Aktionen für Integration zu organisieren und vieles mehr. Und wir würden echt darauf dringen, dass ihr euch das wirklich nochmal überlegt, das wirklich gefährliche Experiment des Testballons nach rechts sein zu lassen, und darüber nachdenkt, wie wir gemeinsam mitwirken können, diese Herausforderungen in dieser Stadt zu lösen!"

Für StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) ist die Debatte hier nicht losgelöst zu sehen von der bundesweit stattfindenden Diskussion um das Erstarken rechtsextremer Kräfte im Land. Wie viele andere Städte bringe Stuttgart seit 2015 und bereits zuvor Menschen unter, die vor Krieg und Katastrophen fliehen, mit dem Stuttgarter Weg: dezentral, getragen von sozialen Organisationen, unglaublich gut unterstützt von der Stadtverwaltung und von vielen Stuttgarter*innen, denen er allen an dieser Stelle seinen herzlichen Dank ausspricht. Ihm sei wichtig, diese geflüchteten Menschen nicht als Zahlen zu sehen, sondern als Menschen mit Geschichten, die teilweise seit vielen Jahren hier leben und arbeiten und die eine Bereicherung der Stadtgesellschaft seien. Gleichzeitig habe man eine Debatte, die angeheizt werde von rechten Medienkonzernen, die ein ganz anderes Bild zeichnen, welches der Realität aber nicht entspreche. Mittendrin sei jetzt die Stuttgarter CDU, "die auf dieses braune Pferd aufspringt in der Hoffnung, in irgendeiner Weise einen Teil dieses Kuchens für sich zu gewinnen für die nächste Wahl". Er betont, es gebe nicht nur die rechtliche Pflicht, Flüchtlinge bei uns aufzunehmen, sondern man habe auch eine Verantwortung als reicher Westen, "der jahrhundertelang Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Süden durchgezogen hat: brutaler Kapitalismus, die Kolonialzeit, die dazu geführt hat, dass im globalen Süden Menschen verarmen und verhungern und hierher flüchten".

Der Vorlage werde man daher zustimmen mit dem Hinweis darauf und der Bitte, das Gespräch frühzeitig, ernsthaft und transparent zu führen mit den Menschen vor Ort. Er unterstreicht, der Stuttgarter Weg wäre gar nicht möglich ohne die Stadtbezirke und die Menschen, die in dieser Stadt leben. Er dankt allen Bezirken, die die Unterbringung von Geflüchteten seit 2015 mindestens mittragen. Es sei perfide, Geflüchtete und Einheimische gegeneinander aufzurechnen, denn bezahlbarer Wohnraum fehle nicht deshalb in Stuttgart, weil es zu viele Geflüchtete gibt. Bezahlbarer Wohnraum fehle deswegen, weil der damalige EBM Föll "Flächen wie das Eiermann-Areal nicht gekauft hat, sondern in zwielichtigen Deals mit Immobilienhaien 'verscherbelt' hat, wo jetzt eine noch zwielichtigere kriminelle Immobilienfirma wie Adler dort ihre Geschäfte macht und man die Wohnungen dort, die dringend gebraucht werden, nicht umsetzen kann." Auch dass es fehlende Menschen beim Personal gibt, liege an diesem Bürgermeister und an der Mehrheit, die die CDU jahrzehntelang hatte. Der Stadtrat übt weitere Kritik an StR Kotz, der diesem Rat seit 20 Jahren angehört, und an der CDU-Parteispitze auf Bundesebene, die immer weiter nach rechts rücke.

OB Dr. Nopper fordert er dazu auf wahrzunehmen, dass der Stuttgarter Gemeinderat mehrheitlich beschlossen hat, dass zusätzlich zu den Geflüchteten, die nach Stuttgart kommen, Geflüchtete der Seebrücke aufgenommen werden. Der Wunsch der Mehrheit der Stuttgarter*innen sei es, weltoffen zu sein, solidarisch zu sein und mehr Geflüchtete in der Stadt aufzunehmen, anstatt immer nur von Ausweisungen und Rückführungen zu sprechen. An StR Kotz appelliert er: "Kommen Sie wieder zurück in den Kreis der demokratischen Fraktionen bei der Entscheidung zur Unterbringung von Geflüchteten. Wehret den Anfängen ist nicht nur ein Spruch! Denn auch damals waren es Konservative, die den Nazis die Türen geöffnet haben hier in diesem Rathaus und dafür gesorgt haben, dass Menschen aus diesem Rat heraus entfernt wurden. Das ist die Debatte, die wir führen müssen! Und das ist das Signal, das Sie aussenden, wenn Sie sich an die Seite der Rechtsextremen hier stellen und gegen die Unterbringung von Geflüchteten stellen!"

OB Dr. Nopper stellt klar, er habe als direkt gewählter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart mindestens genauso wie ein Stadtrat oder eine Stadträtin das Recht, seine Meinung vorzutragen. Er habe zudem nicht nur seine eigene Meinung vorgetragen, sondern zugleich die wortgleiche Meinung und Erklärung der Verantwortungsträger von Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag Baden-Württemberg. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass der Eiermann-Campus nie im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart gewesen ist, weshalb die Behauptung, der frühere EBM Föll habe dieses Areal "verscherbelt", unzutreffend sei.

Aus Sicht von StRin Schumann (PULS) stellt die "Kritik vom rechten Rand" im Kern die Fragen, wen, wann und warum wollen wir aufnehmen? Für PULS sei diese Debatte beschämend, denn es gehe hier nicht um persönliche Vorteile oder um eventuelle kleine Einschränkungen, sondern darum, Menschen aus so großen Notlagen zu helfen, dass sie bereit sind, ihren Beruf, ihre Unterkunft, ihr soziales Netz, ihr gesamtes Leben hinter sich zu lassen und es auf dem Weg gar aufs Spiel zu setzen. "Wir in Stuttgart, wir können helfen!" laute mit Blick auf den rekordverdächtigen Jahresabschluss, die Weltoffenheit und den Wohlstand von Stuttgart, die Antwort von PULS. Hilfe sei nicht gratis, doch zahle sie sich meist vielfach aus. Es brauche mehr und bessere Maßnahmen, um eine gelungene Integration sicherzustellen. Eine geregelte Rückführung gehöre nicht dazu. Stattdessen sollte man sich beim Bund dafür einsetzen, dass die Menschen möglichst früh in Arbeit gebracht werden, denn ein geregelter Alltag und Umgang mit anderen Menschen schaffe psychische Stabilität, das Gefühl von Eingebundenheit und Zugehörigkeit, es unterstütze ein schnelles Erlernen der Sprache und ermögliche ein Zusammenkommen der Gesellschaft.

Was nun die Unterbringung anbelangt, so würdige auch sie die enorme Leistung der Verwaltung unter schwierigen Bedingungen bei der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten und Bauplätzen für weitere Unterbringungen, damit Menschen nicht in Massennotunterkünften über Monate und Jahre ihre Zeit zubringen müssen. Der Dank und die Hochachtung von PULS gelte deswegen den Mitarbeiter*innen im Sozialamt. Die Kritik aus den Reihen der Christlich Demokratischen Union und Teilen der privilegierten Stuttgarter Gesellschaft irritiere sehr. Man betrachte es als verzweifelten Versuch, um noch ein paar Stimmen zu ergattern und dabei die Ängste und Sorgen der Bevölkerung zu nutzen. Dies führe leider nur zu Missgunst und zur Spaltung der Gesellschaft und verschaffe einer ganz anderen Partei Zulauf. PULS setze sich stets für ein offenes, solidarisches Miteinander ein und begrüße daher die pragmatische Standortauswahl verteilt über die gesamte Stadt. Der Vorlage stimme man daher guten Gewissens zu.

StR Dr. Oechsner (FDP) macht zunächst darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat kein Bauunternehmen besitzt und er deswegen auch keine Wohnungen baut. Er finde es darüber hinaus bedenklich, dass man - wenn man fünfzehn Jahre die Mehrheit im Rathaus hat - jetzt die Schuldigen für die Misere in den Jahren davor sucht. Mit Blick auf die Aussage, die Stadtgesellschaft würde durch den Gemeinderat abgebildet, betont er, in diesem Fall müsste man mathematisch davon überzeugt sein, dass Sainte-Lague/Schepers tatsächlich das Wahlergebnis wiedergibt.

Die FDP-Gemeinderatsfraktion sei der festen Überzeugung, dass dieses Thema absolut untauglich sei, eine politische Diskussion über Standortfragen, Baugesuche oder Wohnungspolitik oder Rassismus und Ähnliches zu führen. Die Beschlussvorlage diene allein dazu zu sagen, wie gehen wir mit Menschen in dieser Stadt um, die aus welchen Gründen auch immer geflüchtet sind und denen Stuttgart zur Unterbringung zugewiesen wurde. Es sei eine Pflicht, diese Menschen unterzubringen, und eine Pflicht des Gemeinderats, sie gerade nicht in Hallen oder Ähnlichem unterzubringen, die dadurch der Stadtgesellschaft entzogen werden. Folglich müsse man Unterkünfte erstellen, und zwar schnell und nachhaltig. "Wir müssen einen Plan haben: 'Was passiert denn später noch?', damit wir nicht mehr in die Situation kommen, wieder solche Diskussionen zu haben!"

Er persönlich finde die Frage darüber, wie stark die Stadt belastet werden kann, weder schlecht noch verwerflich. Man könnte aus seiner Sicht abrüsten und diese Fragen gemeinsam diskutieren: "Wie werden wir es, wenn wir diese 1.000 Plätze gebaut haben, mit den nächsten 1.000 schaffen? Wie schaffen wir es mit der Kinderbetreuung? Wie schaffen wir es mit den Schulen? Welche Rahmenbedingungen müssen wir jetzt schon andenken, um später nicht so dazustehen wie jetzt?" In der Bundespolitik brauche es eine Durchsetzung des Asylrechts, das noch immer nicht so angewendet werde, wie es eigentlich gedacht ist, und es brauche dringend den Wegfall des Arbeitsverbots, weil die gesamte Wirtschaft in Deutschland Arbeitskräfte brauche. Natürlich dürfe man dies nicht vermengen mit dem Thema gesteuerte Einwanderung, "aber warum nicht aus denen, die da sind, Leute rekrutieren, die wir dringend für unsere Marktwirtschaft brauchen?"

Die FDP entscheide sich für diese Unterkünfte und auch für die nächsten Unterkünfte, weil auch diese notwendig sein werden, um nicht erneut Hallen, Sportplätze etc. zu belegen. Selbst wenn man zu einer anderen Einschätzung gelangen würde, hätte dies seine Gründe und sei nicht antidemokratisch. Solange es an den Grenzen der EU tatsächlich überforderte EU-Länder gebe, solange Menschen im Mittelmeer ertränken, solange werde Stuttgart ein sicherer Hafen sein. Ja, man könne über die zugewiesenen Kapazitäten hinaus Menschen aufnehmen, beantwortet er die Frage von StR Kotz.

StRin von Stein (FW) schickt voraus, über die zur Beschlussfassung stehende Vorlage habe man fraktionsintern sowie mit Bezirksbeiräten und Mitgliedern der Freien Wähler Stuttgart intensiv diskutiert. Ein einheitliches Meinungsbild sei dabei nicht erzielt worden. Man wisse sehr wohl, dass die Landeshauptstadt Stuttgart dazu verpflichtet ist, die ihr zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Dieser Verpflichtung sei die Stadt immer - und bisher auch mit Zustimmung der Freien Wähler - nachgekommen. Selbstverständlich sei es nicht das Ziel, den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge komplett zu verhindern und stattdessen Sport-/Turn- oder Versammlungshallen zu belegen. Folgende Punkte machten es trotzdem schwer, diesen Weg weiterhin mitzugehen:

Grundsätzlich kritisiere man, dass die Kommunen bei der Flüchtlingspolitik und bei der Frage der Unterbringung von Geflüchteten nahezu keinen Entscheidungsspielraum haben und auf übergeordneter politischer Ebene zu wenig Gehör finden. Obwohl die Stadtverwaltung genau wisse, wie sensibel das Thema Flüchtlingsunterbringung zu behandeln ist, habe sie es einmal mehr nicht geschafft, ihre Ideen und Vorschläge frühzeitig und transparent zu kommunizieren. Dass die Informationen, die der Vorlage zugrunde liegen, teilweise bereits sehr viel früher zur Verfügung gestanden haben, zeigten die ihr beigefügten Anlagen. Eine Vorabinformation der kommunalpolitischen Gremien wie auch der Bevölkerung wäre somit möglich gewesen. Kritikwürdig sei zudem, eine solche Vorlage ohne Vorlauf in knapp drei Wochen durch sechs Bezirksbeiräte, drei beschließende Ausschüsse und den Gemeinderat zu jagen. Die Suche nach möglichen Alternativstandorten scheitere allein schon an diesem engen zeitlichen Korsett. Auch verstehe man nicht, was die Stadtverwaltung dazu veranlasst, überhastet ein größeres Paket zu schnüren, anstatt die einzelnen Unterkünfte je nach Planungsstand peu á peu in aller Ruhe in die Beratung zu bringen.

Man wisse, dass die Suche nach Standorten für temporäre oder dauerhafte Flüchtlingsunterkünfte immer schwieriger werde. Der Stuttgarter Weg sehe eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge über das gesamte Stadtgebiet und alle Stadtbezirke vor. Festzuhalten sei, dass diese gleichmäßige Verteilung nicht eingehalten wird: Während die Aufnahmequote des kleinen Stadtbezirks Münster bei 3,56 % und 234 Plätzen liegt, komme der große Stadtbezirk Stuttgart-West gerade einmal auf 0,1 % und 53 Plätze. Der ebenfalls große Stadtbezirk Vaihingen komme auf 0,18 % und 85 Plätze, wohingegen das kleinere Zuffenhausen schon jetzt eine Quote von 2,42 % und 928 Plätze aufweist. Noch viel schwerer wiege aber, dass das Aufnahme- und Betreuungssystem schon seit längerem am Rande seiner Kapazitäten sei. Die räumliche Unterbringung der Geflüchteten sei dabei nur ein Aspekt, denn Kapazitätsprobleme gebe es auch in der Kinderbetreuung, in den Schulen und Berufsschulen, bei den Hausärzten und Therapeuten oder bei den städtischen Ämtern und Behörden, die dem Andrang nicht Herr werden. Hinzu kämen Probleme bei der Integration, "die sich immer wieder schlaglichtartig zeigen, weil manche der Geflüchteten und Migranten weder dazu bereit sind, sich an die hiesigen Regeln und Gepflogenheiten zu halten, noch unsere Werte achten und teilen". Befremdlich finde man es daher, wenn einige Fraktionen hier im Rat und manche Akteure in der Flüchtlingsbetreuung diese Probleme und Herausforderungen nicht sehen oder nicht sehen wollen.

Die Freie Wähler-Ratsfraktion unterstütze daher das Plädoyer des Oberbürgermeisters und der kommunalen Landesverbände für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik und appelliere an die Bundes-, Landes- und Europapolitik, sich dafür einzusetzen, die Lasten innerhalb der EU gleichmäßig zu verteilen und für klare Spielregeln und deren Einhaltung zu sorgen. "Wir in Deutschland, Baden-Württemberg und Stuttgart können beim besten Willen nicht alle aufnehmen, die zu uns wollen. Es gibt Grenzen der Aufnahmefähigkeit, zumal wir es seit Mitte der 2010er-Jahre mit einer Dauerbelastung für Staat und Gesellschaft zu tun haben, bei der sich weiterhin keine Entspannung abzeichnet. Aus humanitären Gründen mag ein 'Immer-weiter-so' irgendwie nachvollziehbar sein, unter innenpolitischen Gesichtspunkten ist es das aber ganz und gar nicht." Für die folgende Abstimmung beantragt die Stadträtin, jeden Standort gesondert zur Abstimmung zu stellen, da man einzelnen Standorten, die man für verträglich halte, zustimmen werde, nicht aber der Vorlage insgesamt.

Man freue sich, wenn eine andere Partei sich landespolitisch inhaltlich der AfD-Position annähere, so StR Köhler (AfD). Dies sei natürlich auch einer gewissen Lage deutschlandweit geschuldet. Er könne dem Rat nur empfehlen, "sich nicht mit moralischen Überlegenheitsgefühlen billig den Applaus einzuholen, denn die Lage da draußen ist eine andere". Das System der Demokratie sei dafür errichtet worden, dass der Bürger die freie Wahl hat zwischen den verschiedenen Gesellschaftsentwürfen. Es sei das gute Recht der Bürger, "nach all den Zumutungen, die von Ihnen hier aufgetischt wurden, sich von Ihnen aufs Deutlichste abzuwenden".

Spannend für Herrn Fischer (Jugendgemeinderat Stuttgart) war, dass doch viel über Bundespolitik diskutiert wurde, obwohl man doch im Gemeinderat sei. Der Jugendgemeinderat begrüße die Vorlage der Verwaltung zur Schaffung neuer Flüchtlingsunterkünfte. Nur durch die Schaffung dieser Unterkünfte könne man die bisher genutzten Notunterkünfte in Hotels aufgeben und für eine bessere Unterbringung sorgen. Diese Unterbringung müsse humanitär geleistet werden und dazu habe Deutschland sich verpflichtet. Des Weiteren verhindere man die Belegung von Sporthallen, die ansonsten als Notunterkünfte für Flüchtlinge genutzt werden müssten. Eine solche Nutzung würde dazu führen, dass Sportunterricht und auch Vereinssport ausfallen würden, was besonders für Jugendliche nachteilig sein würde. Sport sei für viele Jugendliche und junge Menschen eine sehr willkommene körperliche Auslastung. Der Schulsport sei daher das Mindeste, was man den Schülerinnen und Schülern bieten müsse. Folglich sollte man nicht zulassen, dass Sporthallen belegt werden. Dennoch sollte für die Zukunft bei der

Auswahl der Unterbringungsstandorte mehr Wert auf eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Kindergärten und Schulen gelegt werden, denn nur durch eine solche Anbindung könne man die Integration junger Flüchtlinge fördern. Allein mit Schaffung von Wohnraum sei dies nicht machbar.


Anschließend lässt OB Dr. Nopper auf Antrag von StRin von Stein (FW) getrennt über die jeweiligen Beschlussantragsziffern und Standorte der GRDrs 503/2023 Neufassung abstimmen modifiziert um die Änderungen aufgrund der Beratungen in den Bezirksbeiräten und der Fachausschüsse wie eingangs von BM Fuhrmann dargestellt. Er stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt zur Beschlussantragsziffer 1.a:
- Den Standort Hedelfingen, Amstetter Straße mit 124 Unterkunftsplätzen
mehrheitlich
wie beantragt (4 Nein-Stimmen).
- Den Standort Plieningen, In den Entenäckern mit 156 Unterkunftsplätzen
mehrheitlich
wie beantragt (4 Nein-Stimmen).

Der Gemeinderat beschließt die Beschlussantragsziffern 1.b und 1.c
mehrheitlich
wie beantragt (4 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung).

Der Gemeinderat beschließt zur Beschlussantragsziffer 2. a: Der Gemeinderat beschließt die Beschlussantragsziffern 2.b, 2.c und 2.d mehrheitlich wie beantragt (14 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen).

Der Gemeinderat beschließt die Beschlussantragsziffern 3.a, 3.b und 3.c
mehrheitlich
wie beantragt (14 Nein-Stimmen).

Der Gemeinderat beschließt die Beschlussantragsziffern 4.a, 4.b, 4.c und 5 mehrheitlich wie beantragt (15 Nein-Stimmen).

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