Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1091/2018
GZ:
OB
Sitzungstermin: 19.12.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Änderung der Geschäftskreise des Bürgermeisteramts

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.12.2018, GRDrs 1091/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Eingliederung der bisherigen Abteilung Wohnungswesen des Amts für Liegenschaften und Wohnen (Geschäftskreis II) in das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung (Geschäftskreis VI) zum 01.04.2019, wie in Anlage 2 dargestellt, und der damit verbundenen Änderung der Geschäftskreise II und VI wird zugestimmt.

2. Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen soll weiterhin auch für das Thema Wohnen zuständig bleiben. Die Verwaltung wird beauftragt, eine entsprechende Satzungsänderung der Hauptsatzung vorzubereiten.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Einführend trägt OB Kuhn vor, die vor zwei Jahren im Zusammenhang mit dem Wechsel der damaligen BMin Dr. Eisenmann zum Land stattgefundenen Reform der Geschäftskreise habe sich, und dies höre er von allen Seiten, grundsätzlich in der Summe bewährt. So habe sich Soziales, Integration und Jobcenter als richtiger Zuschnitt erwiesen, und es habe sich auch die Ansiedlung des Sports bei BM Dr. Schairer bewährt. Dasselbe gelte für die Kultur bei BM Dr. Mayer sowie für die Zuordnung des Klinikums Stuttgart bei der Beteiligungsverwaltung (Referat WFB).

Vor diesem Hintergrund und dem Ausscheiden des Ersten Bürgermeisters zum 03.03.2019 habe er sich intensiv mit der Frage befasst, welche Änderungen der Geschäftskreise sollten bzw. könnten nun vorgenommen werden. Dabei habe er sich auch die Zeit genommen, die Fraktionen anzuhören. Den Vorschlag eines weiteren Referats habe er nicht aufgegriffen, da dies kostenmäßig von Vielen als weitere Aufblähung der Verwaltung angesehen worden wäre; ein neues Referat würde auch nicht bedeuten, dass alles einfacher werden würde, sondern dass mehr Schnittstellen bearbeitet werden müssten. Es lasse sich ebenfalls nicht durchhalten, für jedes als besonders wichtig angesehene Thema, wie z. B. das Thema Wohnen, ein eigenes Referat zu bilden.

Mit der GRDrs 1091/2018 werde eine Bündelung des Themas Wohnen vorgenommen, indem vom Amt für Liegenschaften und Wohnen (Amt 23) die Abteilung 23-5 (Wohnungswesen) zum Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung (Amt 61) als neue Abteilung 61-9 wechsle. Ob es möglich sei, das Thema Wohnen gemeinsam mit den bei
61-8.3 (Stadterneuerung, Stadtsanierung) angesiedelten Thema Wohnbauentwicklung zusammenzuführen - dies hätte er gerne -, müsse noch geklärt werden. Dabei handle es sich um ein mitbestimmungsrelevantes Thema. Dennoch würden sich weiterhin zwei Referate mit Wohnen beschäftigen, da beim künftigen Liegenschaftsamt weiterhin der Erwerb und der Verkauf von Grundstücken angesiedelt sei. Die Verwaltung schlage also die Vereinfachung/diese Bündelung vor.


Im Juni stünden Personalratswahlen an. Darüber, welche Auswirkungen sich dadurch ergeben, dass Beschäftigte vom bisherigen Amt 23 zum Amt 61 wechseln, würden Gespräche mit dem Gesamtpersonalrat (GPR) geführt. Er geht davon aus, dass sich die damit verbundenen Probleme lösen lassen.

Um bei der Besetzung der Beigeordnetenstelle für das Referat WFB klar benennen zu können, wie sich dieser Geschäftskreis künftig zusammensetzt, bittet er darum, noch im Jahr 2018 über den Beschlussantrag der GRDrs 1091/2018 zu entscheiden.

StR Kotz (CDU) begrüßt zum Beratungsthema das Vorschlagsrecht des Oberbürgermeisters. Für seine Fraktion signalisiert er Zustimmung zum Beschlussantrag. Analog äußert sich StR Winter (90/GRÜNE). Ablehnend zum Beschlussantrag äußern sich StR Körner (SPD) sowie StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS). Ihre Unterstützung zum Beschlussantrag erklären StRin von Stein (FW), StR Dr. Oechsner (FDP) und StR Brett (AfD).

Die SPD-Gemeinderatsfraktion, so StR Körner, habe sich von der Geschäftskreisänderung mehr versprochen. Das Vorgelegte wird von StR Rockenbauch angesichts anstehender Aufgaben in der Stadtentwicklung und beim Wohnen als nicht angemessen bezeichnet. Kurz vor der Kommunalwahl hätte der Gemeinderat den Mut aufbringen sollen, einen neuen Weg zur Besetzung von Bürgermeisterstellen einzuschlagen.

Von Frau Häußler (GPR) wird vorgetragen, der GPR sei kurz vor der Presseerklärung des Oberbürgermeisters informiert worden. Danach habe festgestellt werden müssen, dass durch diese Entscheidung zwei Mitbestimmungstatbestände tangiert würden (Mitwirkung im Amt 61, Dezimierung des örtlichen Personalrats durch die Verkleinerung des Amts 23). Mittlerweile habe ein Weg gefunden werden können, dass der örtliche Personalrat des Amts 23 wieder beschlussfähig sei. Um Beteiligungsrechte wahrnehmen zu können, müsse der Personalrat/der GPR gemäß LPVG rechtzeitig und umfassend informiert werden. Im vorliegenden Fall hätte dann die Möglichkeit bestanden, bereits im Vorfeld Lösungen zu finden. Weiter kritisiert sie, dass die betroffenen Ämter/Beschäftigten nicht besser eingebunden wurden. Im Hinblick auf das Amt 23 bittet sie angesichts der 30 Personen, die zum Amt 61 wechseln, von Einsparungen bei Querschnittsaufgaben des künftigen Liegenschaftsamts abzusehen. Gerade die dortige Personalverwaltung und die Querschnittsverwaltung seien sehr "auf Kante genäht". Zudem gehöre beim Amt 61 entsprechendes Personal für Querschnittsaufgaben vorgehalten.

Zum zeitlichen Ablauf berichtet Frau Klett-Eininger (L/OB), der Oberbürgermeister habe bereits am 11.12.2018 den GPR darauf hingewiesen, dass er eine kleine Umstrukturierung vornehmen werde. Insofern habe beim GPR darüber Kenntnis bestanden und dieser habe auch gewusst, dass der Oberbürgermeister zunächst das Gespräch mit den Fraktionen suchen werde. Unmittelbar im Anschluss an das Gespräch mit den Fraktionen sei der GPR-Vorsitzende, Herr Freitag, unterrichtet worden. Es würden zwar Belange des GPR betroffen, aber eine Veränderung bei den Ämtern sei kein mitwirkungspflichtiger Tatbestand, sondern dies sei ohne Mitwirkung des GPR zulässig. Bei der Befassung mit der Frage der Beschlussfähigkeit des Personalrats beim Amt 23 habe sich gezeigt, dass diese Beschlussfähigkeit zu keiner Zeit gefährdet gewesen sei. Zumindest nach den Kommentierungen sehe das LPVG vor, dass wenn Personalräte ausschieden, diese bei der Frage der Beschlussfähigkeit nicht mehr mitgezählt würden. Sollten von den 7 Personalräten des Amts 23 tatsächlich 3 ausscheiden, zählten noch 4 für die Beschlussfähigkeit. Damit wäre schon eine Beschlussfähigkeit bei 2 anwesenden örtlichen Personalräten gegeben. Darüber wie die Verwaltung den örtlichen Personalräten entgegenkommen könne, hätten unter Beteiligung von Frau Häußler gute Gespräche stattgefunden. Insofern sei die Generalklausel in die Beschlussvorlage aufgenommen worden, dass mit den örtlichen Personalräten geklärt werde, wer direkt übergehe und wer gegebenenfalls später übergehe. Dies stehe im Zusammenhang mit der Wählbarkeit von Personalräten; ein Personalrat, der im neuen Amt gewählt werden wolle, müsse spätestens ab Mai im neuen Amt vollumfänglich mit Dienst- und Fachaufsicht angekommen sein. Insofern müssten die örtlichen Personalratsmitglieder entscheiden, ob sie bei der Wahl antreten wollten oder nicht. Detailfragen zu dem Zuschnitt von Amt 61 würden, so die Absprache mit BM Pätzold, zwischen den betroffenen Abteilungen besprochen, um dann mit dem Personalrat Einvernehmen herzustellen.

Dass eine tragfähige Lösung gefunden werden konnte, bestätigt Frau Häußler. Hinsichtlich der repräsentativen Vertretung des Personalrats auf einzelnen Sachgebieten ergebe sich allerdings durchaus beim Amt 23 ein Einschnitt. Möglicherweise hätte sich hier im Vorfeld eine andere Lösung erzielen lassen.

OB Kuhn betont gegenüber StR Rockenbauch, dass das Vorschlagsrecht für Verwaltungsveränderungen nach der GemO allein beim Oberbürgermeister liegt. Nach der baden-württembergischen GemO sei der Oberbürgermeister Chef der Verwaltung. Für seinen Vorschlag müsse er sich natürlich eine Mehrheit im Gemeinderat suchen.

Die seitens des Vorsitzenden zu einem achten Referat geäußerten negativen Einschätzungen teilt StR Kotz. Wenn ein Thema, wie z. B. das Thema Wohnen, von mehreren Referaten aus unterschiedlichen Blickwinkeln bearbeitet werde, könne dies durchaus zu guten Ergebnissen führen. Eine sehr gute Möglichkeit, das Thema Wohnen zu befördern, stelle der Unterausschuss WA + UTA Wohnungsbau dar. Im selben Zusammenhang betont StR Winter, bei Querschnittsthemen wie Wohnen seien unterschiedliche Betrachtungsweisen durchaus manchmal sinnvoll. Um beim Wohnen voranzukommen, sei kein zusätzliches Referat, sondern richtige Entscheidungen des Gemeinderats notwendig. Die vor zwei Jahren erfolgte Änderung der Geschäftskreise wertet er wie StR Kotz und StRin von Stein positiv. Für das Thema Wohnen hat sich StR Körner mehr Aufmerksamkeit gewünscht. Insbesondere die Bodenfrage habe man sich in einem Bereich mit den Themen Stadtentwicklung und Wohnungsbauförderung gewünscht. Ob dafür ein achtes Referat erforderlich wäre, wolle er dahingestellt lassen. Zudem führt er an, das heute mit der GRDrs 1091/2018 Vorgelegte entspreche nicht dem, was der Oberbürgermeister vor einer knappen Woche nicht zuletzt in einer Pressemitteilung am 13.12.2018 sowie in einem Gespräch mit den Fraktionen vorgestellt habe. Damals sei angekündigt worden, dass das Sachgebiet Wohnraumentwicklung aus der Abt. 61-8 in die neue Abt. 61.9 eingefügt werden solle. Richtig sei, nachdem es dazu Einwendungen von betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegeben habe, darüber mit dem GPR zu sprechen.

Laut StR Rockenbauch fühlt sich seine Fraktionsgemeinschaft mit ihrem Vorschlag, ein weiteres Referat zu schaffen, durch die Exkursion des Gemeinderats nach Hamburg bestätigt. Wenn in einem Referat Stadtentwicklung und Wohnen Hand in Hand vorgingen und in diesem Referat zusätzlich die Liegenschaftspolitik angesiedelt sei, zeige sich in Hamburg, wie kraftvoll eine Stadtentwicklung - und damit Lösungspotenziale für Wohnen - sein könne. Wenn Wohnen im Einklang mit Klimawandel gewollt werde, würden strategische Ansätze und frei denkendes Personal benötigt. Gesehen werde durch Stadtentwicklung und Wohnen die Chance, die Bereiche Umwelt, Klima und Verkehr zu stärken. Ein beschließender Ausschuss, ein Bürgermeister sei durch die Komplexität dieser Themen überfordert, mit der Konsequenz, dass sachgerechte Entscheidungen unterblieben. StRin von Stein lehnt ein weiteres Referat ab. Sie bezweifelt, dass dies ein Beitrag für eine effektivere Verwaltung wäre. Ihr ist wichtig, dass die von der Geschäftskreisänderung betroffene Mitarbeiterschaft nicht an ihrer Aufgabenerfüllung gehindert wird.

Von StR Dr. Oechsner, der ebenfalls ein achtes Referat ablehnt, wird die Unterbringung des Themas Wohnen im Ausschuss für Umwelt und Technik problematisiert. Dieser Ausschuss habe bereits jetzt ein großes Arbeitspensum zu absolvieren. Auch StR Brett lehnt die Schaffung eines achten Geschäftskreises ab. Seines Erachtens besteht insbesondere das Problem beim Thema "Preiswertes Wohnen" darin, dass diverse Schritte nicht mit ausreichendem Nachdruck durch den Gemeinderat verfolgt werden. Da 75 % der Stuttgarter Bevölkerung in Mietwohnungen lebten, müsse die vordringliche Aufgabe des Gemeinderats darin bestehen, Mieten nicht uferlos ansteigen zu lassen. Dafür müssten räumliche Möglichkeiten geschaffen werden, und es müsse auf kleine Wohneinheiten gesetzt werden. Innenentwicklung reiche nicht aus.

Seitens des Oberbürgermeisters wird betont - und damit wendet er sich auch an StR Körner -, eine Änderung des Verwaltungszuschnitts sei keine Frage des Mutes, sondern eine Frage der Klugheit, der Effizienz und des Augenmaßes. Wenn er Änderungen vornehme, sei er in der Beweispflicht, dass das Neue besser sei als das Bestehende. Stadtplanung sei mehr als Wohnen, und er müsse zudem darauf achten, dass bei der Liegenschaftsverwaltung die nötige ökonomische Kompetenz z. B. zur Vorbereitung von Verträgen vorhanden sei. Bei jeder Vorlage sei die Organisation der Schnittstellen entscheidend. Hier könne die Verwaltung noch viel effizienter werden. So erwarte er bei Besprechungen zu Themen, an denen zwei oder drei Referate beteiligt seien, dass alle Referenten zu solchen Terminen Entscheider senden. Damit habe die Beschleunigung der Bearbeitung von Baufragen zu tun. In den drei Lenkungskreisen zu den Themen Wohnen, nachhaltige Mobilität und Energie sei es gelungen, die Effizienz zu erhöhen. Bei diesen Themen versuche er, in regelmäßigen Abständen alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um Grundsatzfragen sowie wichtige Einzelentscheidungen zu klären.

Auch beim Thema Energiepolitik der Stadt, so StR Körner, habe sich die SPD-Gemeinderatsfraktion mehr Mut der Verwaltung erhofft. Bei diesem Thema gehe es auch deswegen schleppend voran, weil die Zuständigkeiten zwischen der Abt. Liegenschaften, der Abt. Energiewirtschaft des Amts für Umweltschutz und den Stadtwerken, aber auch dem Schulverwaltungsamt - soweit es um Schulen gehe - zu zersplittert seien. Daher habe seine Fraktion Vorschläge unterbreitet, diesen Bereich anders aufzustellen.

Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag mit 13 Ja- und 5 Gegenstimmen mehrheitlich zu.
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