Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 1252/2019
Stuttgart,
12/04/2019



Haushalt 2020/2021

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.12.2019



Kinder- und Jugendsozialarbeit in Sozialhotels und Gemeinschaftsunterkünften

Beantwortung / Stellungnahme

Die Haushaltsanträge

· 682/2019 Nr. 1 Buchstabe a) Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei
· 891/2019 SPD-Gemeinderatsfraktion

werden wie folgt beantwortet:

Antrag 682/2019 Nr. 1 Buchstabe a) beinhaltet die Schaffung von zwei Stellen für Kinder- und Jugendsozialarbeit gem. GRDrs 341/2019 „Fortsetzen von Maßnahmen aus dem Pakt für Integration des Landes Baden-Württemberg und ergänzender Maßnahmen der Landeshauptstadt Stuttgart zur Förderung der Integration von Flüchtlingen“, in der die Kinderbeauftragte der Landeshauptstadt Stuttgart den dringenden Bedarf für diese Stellen postuliert.

Inhalt des Antrags 891/2019 ist die Schaffung von zwei Stellen für die Kinder- und Jugendsozialarbeit in Flüchtlingsunterkünften, die gleichzeitig für eine professionelle Kinder- und Jugendsozialarbeit in Sozialunterkünften bzw. Fürsorgeunterkünften eingesetzt werden können.

Bezüglich der sozialpädagogischen Begleitung von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern in Sozialunterkünften liegt ein ähnlicher Antrag der Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei (767/2019 Nr.2) über die Schaffung von drei Stellen für die sozialpädagogische Begleitung von Familien mit Kindern in Sozialunterkünften vor. Dieser wird im Rahmen der Stellenplanberatungen beim Jugendamt behandelt, da diese zuständigkeitshalber ggf. bei den Beratungszentren des Jugendamts angesiedelt werden sollen.

Aktuelle Situation:
In den Stuttgarter Fürsorgeunterkünften leben derzeit 1.238 Menschen in 449 Haushalten, davon 343 Kinder in 180 Haushalten. Seit 2008 wird in den 4 größeren sog. Zweckbauten Sozialarbeit vor Ort angeboten. Die Einführung der Sozialarbeit im "Streubesitz" der Fürsorgeunterkünfte im Jahr 2011 ermöglicht es, dass auch Menschen in gestreuten Fürsorgeunterkünften an die vorhandenen Regeleinrichtungen im Stadtteil herangeführt werden können. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Fallmanagement des Sozialamts und der Sozialarbeit der Träger (Stiftung Jugendhilfe aktiv, Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V.) in den Fürsorgeunterkünften ist sehr erfolgreich. Derzeit besteht aus Sicht der Verwaltung deshalb kein weiterer zusätzlicher Bedarf für eigene Kinder- und Jugendsozialarbeit in Fürsorgeunterkünften.

Sozialamt und Jugendamt haben sich dahingehend abgestimmt, dass die in GRDrs 341/2019 erwähnten Stellen sinnvoll für die sozialpädagogische Begleitung von Familien in Flüchtlingsunterkünften eingesetzt werden sollten. Ob hier auch Sozialunterkünfte eingeschlossen werden, hängt vom Ergebnis der Beratungen über den Antrag 767/2019 ab, in dem für die sozialpädagogische Begleitung der Familien mit Kindern in Sozialunterkünften drei eigene Stellen beantragt wurden.

Ein erster konzeptioneller Rahmen zur Umsetzung bezieht sich deshalb auf die Flüchtlingsunterkünfte.

Konzeptionelle Überlegungen:

Mit Stand 31.10.2019 leben 6.030 Menschen in den Flüchtlingsunterkünften. Davon sind 2.659 junge Menschen unter 21 Jahren. Bezüglich der Sozialarbeit ist ein Perspektivwechsel notwendig, da davon ausgegangen werden muss, dass Familien lange Zeit in den Flüchtlingsunterkünften leben werden, bevor sie Privatwohnraum finden. Für viele Kinder und Jugendliche bedeutet dies, dort aufwachsen zu müssen.

Die Unterkünfte sind sehr unterschiedlich, sowohl bezogen auf die Anzahl der Familien mit Kindern als auch bezogen auf die räumliche Ausstattung. Derzeit leben noch ca. 1.550 geflüchtete Menschen auf jeweils 4,5 qm. Dieser Umstand fördert zunehmend soziale Probleme unter den Bewohner*innen und schränkt Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung massiv ein. Das Sozialamt geht davon aus, dass die Umstellung auf 7 qm Ende 2020 abgeschlossen sein wird.

Eine konkrete Bedarfsabfrage vor Ort unter engem Einbezug der Kinder und Jugendlichen und ihren Eltern, sowie der Integrationsmanager*innen, den bürgerschaftlich Engagierten und weiteren Kooperationspartnern wäre deshalb notwendig, um bedarfsgerechte Hilfen für Kinder und Jugendliche und ihren Eltern vermitteln zu können, die auch über eine Einzelfallhilfe hinausgehen. Es braucht z. B. Lerncafes für Nachhilfe, Mutter-Kind-Gruppen, Lerncamps für die Ferien, Kurse „Elternsein in Deutschland“. Die reine Vermittlung von Hilfen wäre jedoch zu wenig. Die pädagogischen Fachkräfte müssten auch als Ansprechpartner*innen für die Kinder und Jugendlichen da sein, Impulse aufnehmen können und die Kinder und Jugendlichen von Anfang an stärken, indem sie eng einbezogen werden.

Viele Erfahrungen zeigen, dass die Familien und die Kinder und Jugendlichen den Weg zu Angeboten in den Stadtteilen nicht allein finden. Es bräuchte sozialpädagogische Fachkräfte, die Zeit für die Kinder und Jugendlichen und den Überblick über die Jugendhilfeangebote im Stadtteil und die Kontakte in die Schulen haben, damit über die bisherigen Bemühungen hinaus die Kinder und Jugendlichen die notwendige Förderung erhalten, die eine wirkliche Integration erst möglich macht.

Die beantragten zwei Stellen sollten ggf. zuständigkeitshalber bei den Beratungszentren Jugend und Familie des Jugendamtes angesiedelt werden. Die Beratungszentren arbeiten in den 11 Jugendhilfesteuerungsbereichen eng vernetzt und bieten eigene Beratungsleistungen an. Es ist beabsichtigt, an 4 Standorten (Flüchtlingsunterkünften ggf. Sozialunterkünften) Erfahrungen zu sammeln und diese dann für alle anderen Beratungszentren zugänglich zu machen. Das Personal soll dabei flexibel innerhalb der Beratungszentren eingesetzt werden.

Die sozialräumliche Zuordnung der Stellen zu den Beratungszentren wird ggf. in Abstimmung von Jugendamt und Sozialamt erfolgen. Der Austausch der Mitarbeiter*innen untereinander und mit den Kolleg*innen, die den Schwerpunkt der sozialpädagogischen Begleitung von Familien in den Sozialunterkünften haben, soll von Anfang an sichergestellt werden. Die Abstimmung zwischen Sozialamt und Jugendamt soll während der gesamten Laufzeit fortgesetzt werden, dies betrifft nicht nur die Mitarbeiter*innenebene, sondern auch die Sozialplanung und die Jugendhilfeplanung. Treffen der Träger des Integrationsmanagements mit Vertretung des Jugendamtes, der Schulen, der Kindertageseinrichtungen, der Kinderbeauftragten und Weiteren ist in Planung. Es ist zu prüfen, ob bestehende Angebote, die vor allem von Jugendlichen sehr gerne genutzt werden, fortgeführt werden können.

Finanzielle Auswirkungen:
An Personalkosten fallen für zwei Stellen S15 jährlich rd. 137.000 EUR an. Von der Fachverwaltung wird vorgeschlagen, für angebotsspezifische Sachaufwendungen (Freizeitangebote, Kursangebote, Materialkosten u. dgl.) analog der Förderung der sozialen Betreuung in der vorläufigen Unterbringung 32.000 EUR (16.000 EUR je Stelle) bereitzustellen.







Vorliegende Anträge/Anfragen

vorliegende HH-Anträge siehe Beantwortung / Stellungnahme




Isabel Fezer
Bürgermeisterin




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