Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 1324/2015
Stuttgart,
12/08/2015



Rückkehr von Flüchtlingen aus den Westbalkanstaaten



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich16.12.2015



Beschlußantrag:

1. Vom Beschluss der Verwaltungsstabs vom 12. November 2015, aufgrund der Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten (Westbalkanstaaten) die Rückkehrberatung von Flüchtlingen zu verstärken, wird zustimmend Kenntnis genommen.

2. Die Landeshauptstadt Stuttgart finanziert für eine verstärkte Rückkehrberatung von Flüchtlingen aus den Westbalkanstaaten der Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt e. V. (AGDW) Personalkosten für eine zusätzliche Vollzeitstelle in EG 9 TVöD in der Rückkehrberatung in Höhe von 56.500 EUR/Jahr bis max. 31.12.2017.

3. Für die Übernahme von Reisekosten, Kosten der Reisebeihilfen und Passbeschaffung für die Rückkehrer werden 65.000 EUR/Jahr bis max. 31.12.2017 eingestellt.

4. Die im Teilhaushalt 500, Sozialamt, Amtsbereich 5003140, Soziale Einrichtungen, Kontengruppe 44500, Erstattungen von Verwaltungs- und Betriebsaufwand, entstehenden Aufwendungen gemäß Ziff. 2 und 3 werden durch entsprechenden Minderaufwand im Amtsbereich 5003130, Hilfen für Flüchtlinge, Kontengruppe 43310,
Soziale Leistungen, gedeckt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

In der Landeshauptstadt Stuttgart haben im November 2015 rund 1.500 Personen aus dem Westbalkan (Albanien, Serbien, Montenegro, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina sowie dem Kosovo) gelebt.

Fast alle Asylanträge der Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten werden in einem verkürzten Verfahren als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Die Anerkennungsquote beträgt unter 1 %. Die konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht hat hohe Priorität bei der Bewältigung der Flüchtlingszugänge.

Seit Wochen steigt in der Landeshauptstadt Stuttgart die Nachfrage nach freiwilliger Rückkehr wegen der verkürzten Verfahren bei Asylsuchenden aus den Westbalkanstaaten und der stetig steigenden Zahl an durchgeführten Abschiebungen. Derzeit werden Termine für die Bearbeitung von Ausreisen von der Ausländerbehörde mit einer Wartezeit von ca. 4 bis 6 Wochen vergeben. Auch bei der Rückkehrberatung der AGDW sind die personellen Ressourcen nicht vorhanden, um die hohe Anzahl an Ausreisepflichtigen bzw. Rückkehrwilligen zeitnah unterstützen zu können.


Verfahren bei der freiwilligen Rückreise aus Stuttgart

Erhalten Flüchtlinge die Ablehnung ihres Asylgesuchs, müssen sie mit einer Abschiebung rechnen. Personen bzw. Familien, die Deutschland wieder verlassen müssen, haben aber auch die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr in ihr Heimatland. Eine freiwillige Ausreise hat stets Vorrang vor einer zwangsweisen Abschiebung.

Spätestens nach Erhalt des Ablehnungsbescheides durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge suchen Rückreisewillige aus den Westbalkanstaaten in der Landeshauptstadt Stuttgart die Rückkehrberatung „Zweite Chance Heimat“ der AGDW mit der Bitte um Unterstützung bei der Organisation der freiwilligen Ausreise auf. Bei Bedarf ist die Rückkehrberatung auch bei der Beschaffung fehlender Reisedokumente behilflich.

Für eine freiwillige Ausreise müssen abgelehnte Asylsuchende auch beim Amt für
öffentliche Ordnung, Ausländerbehörde, vorsprechen, den Verzicht auf das Einlegen von Rechtsmitteln erklären und sich eine Grenzübertrittsbescheinigung ausstellen lassen.



Lösungsansatz

Um die Nachfrage nach freiwilliger Rückkehr von zukünftig jährlich ca. 540 Personen zeitnah bewältigen zu können, ist eine Beschleunigung des beschriebenen Verfahrens notwendig. Zum einen sollte bei dem Wunsch nach einer freiwilligen Rückkehr in das Heimatland zeitnah ein Termin bei der Ausländerbehörde möglich sein. Das Amt für öffentliche Ordnung wird dies in Abhängigkeit von den jeweils vorhandenen personellen Kapazitäten ermöglichen. Zum anderen müssten die personellen Ressourcen der Rückkehrberatung der ADGW ab 1. Januar 2016 für zwei Jahre von derzeit 1,5 Stellen für die Landeshauptstadt Stuttgart um eine 1,0 Stelle aufgestockt werden. Zusätzlich ist es notwendig, ein Budget in Höhe von 65.000 EUR/Jahr für die Übernahme der Rückreisekosten und ggf. die Beschaffung von Reisedokumenten zur Verfügung zu stellen.

Effekte
Eine schnelle Durchführung der Rückkehr der Balkan-Flüchtlinge in die Herkunftsländer signalisiert potentiellen Asylantragstellern, dass sich ein unbegründetes Asylverfahren nicht lohnt. Außerdem führt eine schnellere Rückkehr insbesondere zu einer Entlastung der unteren Aufnahmebehörden.


Informationen zur Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt e. V.
Die AGDW ist ein gemeinnütziger Verein, der 1974 mit dem Ziel gegründet wurde, in Deutschland lebende Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten zu beraten und zu unterstützen. Die AGDW hat ihre Arbeitsschwerpunkte in der Flüchtlingsberatung und -betreuung, der Leitung von Flüchtlingsunterkünften, in der Rückkehrberatung, in der Übernahme von Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF), in der Migrationsberatung für Erwachsene (MBE), in der Initiierung und Durchführung von Integrationsprojekten und in der Vermittlung, Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen. Außerdem bietet sie Deutschkurse an.

Für die Rückkehrberatung „Zweite Chance Heimat“ der AGDW für Stuttgarter Flüchtlinge und Rückkehrwillige stehen derzeit 1,5 Stellen zur Verfügung. Die „Zweite Chance Heimat“ leistet Hilfe bei der Passbeschaffung, finanziert den Transport von Hausrat sowie Reisekosten und -beihilfen, gibt finanzielle Starthilfen, unterstützt Vorhaben zur Existenzgründung und trägt zur Sicherung der medizinischen Versorgung im Heimatort bei. Im Jahr 2013 wurden 123 Rückkehrer von der AGDW begleitet, im Jahr 2014 137 und im Jahr 2015 werden es ca. 300 Rückkehrer sein. Ein Bericht über die Tätigkeit im Jahr 2014 findet sich in Anlage 1.

Derzeit werden die Personal-, Sach-, und Rückreisekosten der Rückkehrberatung über den Asyl-, Migrations- und Integrationsfond (AMIF) der Europäischen Union (110.922 EUR/Jahr), über das Land Baden-Württemberg (23.800 EUR/Jahr) und durch die Landeshauptstadt Stuttgart (23.800 EUR/Jahr) finanziert.

Die Kosten für die nun beantragte Stelle müssen von der Landeshauptstadt Stuttgart allein getragen werden, da die bisherige Finanzierung über den AMIF-Fond, das Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart über eine Projektlaufzeit von drei Jahren bis 31. März 2018 festgelegt ist und dieses Finanzierungsmodell vor Projektende nicht mehr erweitert werden kann.

Über die Entwicklung der Rückkehrzahlen wird die Sozialverwaltung Ende 2016 dem Sozial- und Gesundheitsausschuss berichten.


Finanzielle Auswirkungen

Für den Ausbau der Beratungskapazitäten bei der Rückkehrberatung der AGDW
um eine zusätzliche Vollzeitstelle in EG 9 TVöD sind Personalkosten in Höhe von 56.500 EUR/Jahr notwendig. Zusätzlich bedarf es eines Budgets in Höhe von
65.000 EUR/Jahr für die Reisekosten und -beihilfen, Kosten der Passbeschaffung usw.


Mit einer zusätzlichen Stelle könnte ab 2016 für ca. 45 Personen monatlich – d. h. für 540 Personen jährlich – die Rückkehr organisiert werden, sofern die Wartezeit durch Zur-verfügungstellung von Personal in der Ausländerbehörde um einen Monat verkürzt wird, sodass es möglich ist, innerhalb von 1 bis 3 Tagen einen Termin zu erhalten.

Ein hier lebender Asylbewerber (Haushaltsvorstand) erhält 359 EUR monatliche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Familienangehörige entsprechend weniger.

Geht man davon aus, dass die o. g. 45 rückreisewilligen Erwachsenen und Kinder durchschnittlich monatlich Leistungen in Höhe von ca. 300 EUR erhalten, lägen die Einsparungen bei 162.000 EUR pro Jahr. Damit ist die Gewährung der Personalkosten an die AGDW und die Zurverfügungstellung eines Budgets für die Rückreisekosten haushaltsneutral.

Ergebnishaushalt (Mittelübertragung, sobald Wartezeit in der Ausländerbehörde um einen Monat verkürzt ist):
Maßnahme/Kontengr.
2016
TEUR
2017
TEUR
2018
TEUR
2019
TEUR
2020
TEUR
2021 ff.
TEUR
Mittelübertragung von

5003130 Hilfe für Flüchtlinge / 430 Transferaufwendungen

auf

1.31.40.01.10.00-500 Flüchtlingsunterkünfte / 420 Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen
-121,5






+121,5
-121,5






+121,5
Beteiligte Stellen

Das Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen sowie das Referat Recht, Sicherheit und Ordnung haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

1. EU-Rückkehrprojekt 2014




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Anlage 1 EU-Rückkehrprojekt 2014.pdfAnlage 1 EU-Rückkehrprojekt 2014.pdf