Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
558/2018
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 18.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Schmidt de
Betreff: Stadtwerke Stuttgart GmbH
Jahresabschluss 2017

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 28.06.2018, GRDrs 558/2018. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.



Der Jahresabschluss der Stadtwerke Stuttgart (SWS) berge keinen Grund zur Freude, so StR Kotz (CDU). Selbstverständlich sehe man, dass es sich noch um ein junges Unternehmen handle. Dennoch sei das Ergebnis "nicht sehr attraktiv", vor allem die Marge im Vertrieb sei kritisch zu betrachten. Des Weiteren seien die Erträge bei der Energiegewinnung durch Wind rückläufig. Abschließend möchte er wissen, welches Kapital man von Seiten der SVV in die Stadtwerke eingefügt habe.

Für Herrn Rau (SWS) ist die Aussage von StR Kotz nicht sachgerecht. Es gehe um zwei Gesellschaften, nämlich die Stadtwerke Stuttgart GmbH und die Stadtwerke Stuttgart Vertriebsgesellschaft. Er betont, dass in den Abschluss der GmbH kein Geld aus der Vertriebsgesellschaft einfließe. Das System sei so angelegt, dass alle Ergebnisse aus der Netzgesellschaft, alle Windausschüttungen und alle Aktivitäten bei den urbanen Energiesystemen im Ergebnis der GmbH stünden. Alle Aufwendungen und Erträge bei der Kundenakquise befänden sich bei der Vertriebsgesellschaft. Man habe sicherlich eine Durststrecke hinter sich, aber es sei darauf hinzuweisen, dass die Vertriebsgesellschaft in 2017 mit einem leichten Plus abgeschlossen habe. Für die Geschäftsjahre 2018 und 2019 gebe es bereits heute gesicherte Ergebnisbeiträge von rund 1 Mio. €. Diese Beiträge würden aber nicht an die GmbH abgeführt. Dies sei wichtig zu wissen für die Beurteilung der Situation. Des Weiteren seien von der SVV rund 200 Mio. € für Netze, Windräder und Hochdruck/Spannung eingebracht worden.

Auch für StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) ist das Ergebnis der SWS unbefriedigend, dennoch hinterfragt sie das Geschäftsmodell nicht. Mit neuen Ideen könne man die SWS besser positionieren und neue Kunden gewinnen. Der Mehrwert der SWS müsse besser kommuniziert werden, eventuell durch Forcierung des Nachhaltigkeitskonzeptes.

StR Pfeifer (SPD) sieht keine große Dramatik in den Abschlusszahlen. Bei den Windanlagen sei man angesichts der Prognosen vielleicht etwas zu naiv gewesen. Natürliche Ressourcen ergeben naturgemäß einen geringeren Ertrag als beispielsweise Atomenergie. Die urbane Energiewende mit all ihren Facetten müsse trotzdem weiter vorangetrieben werden. Die anstehenden Gerichtsentscheidungen trügen ebenfalls zu einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der SWS bei; es bleibe dennoch viel zu tun in punkto Strategie und Wirtschaftlichkeit.

Die unbefriedigenden Zahlen sind für StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) keine Überraschung und hätten am Rande mit Pachtspitzenverschiebungen zu tun. Wesentlich dafür sei aber die unverantwortliche Politik des Partners EnBW, der durch Gerichtsprozesse dazu zwinge, dass sichere Einnahmen aus Hochdruck und Hochspannung weiter in EnBW-Kassen flössen. Nichtsdestotrotz müssten die Vertriebskonzepte der SWS optimiert werden und die Stadt Stuttgart habe bei diesem jungen Unternehmen für eine kritische Masse an Geschäft zu sorgen. Nur so könnten Prozesse aufgebaut werden, mit denen man wettbewerbsfähig agieren könne.

Seitens der SWS-Geschäftsführung bestätigt Herr Rau die Aussage von StR Rockenbauch zu der Frage der Pachtspitze. Für das Jahr 2017 habe man einen Ergebnisausfall von 1,249 Mio. € zu verzeichnen gehabt, weil die Rückstellung für die Pachtspitze nicht aufgelöst worden sei. Das heißt man habe de facto in 2016 eine Ergebnisverbesserung um die Höhe dieses Betrages, was im Planprozess eigentlich für 2017 vorgesehen gewesen sei. Wenn man diese Summe dazuzähle, habe man für 2017 keine Negativabweichung mehr, sondern sei auf Plankurs. Stattdessen habe man in 2016 dafür das bessere Ergebnis bekommen. Das müsse in dieser Deutlichkeit gesagt werden, um die Rahmenbedingungen zu kennen.

Bedauern über das schlechte Ergebnis und die unangebrachte Umgangsweise zwischen Stadt (SWS) und Land (EnBW) äußert StRin von Stein (FW). Sie möchte wissen, welchen Beitrag die Stella-Roller zum Gesamtergebnis leisten und wann insgesamt realistisch mit schwarzen Zahlen gerechnet werden kann.

An StRin von Stein gerichtet weist Herr Rau darauf hin, dass das "Wohl und Weh" der SWS von den Netzergebnissen und dem Ausgang der Gerichtsstreitigkeiten abhänge. Man werde unter der Prämisse des positiven Ausgangs dieser Prozesse ab dem Geschäftsjahr 2019 positive Ergebnisse verzeichnen können. Diese stammten aber nicht aus den urbanen Energiesystemen - hier sei man nur Dienstleister -, sondern aus den Netzen.

Dies bestätigt auch Herr Kieser (SWS). Es gebe bei den Netzen zwei mögliche Einnahmequellen, nämlich die Asset-Verzinsung auf das eingesetzte Kapital und die Optimierung des laufenden Betriebes. Die jetzige Regulierungsperiode ende 2018, daher rechne man auch für das laufende Jahr mit einem relativ schlechten Ergebnis aus dem Netzbereich. Man investiere zwar, aber die Verzinsung schlage in dieser Regulierungsperiode noch nicht durch. Dies werde sich ab 2019 ändern. Des Weiteren kämen nach einem positiven Rechtsurteil die Bereiche Hochdruck/Hochspannung dazu. So habe man ca. 100 Mio. € mehr in der Asset Base, sodass höhere Erträge aus diesem Bereich erzielt würden. Mit "Stella" habe man ein sehr erfolgreiches Elektromobilitätsprodukt. Ohne Werbung seien bereits über 9.000 Kunden gewonnen worden. Das System funktioniere, lediglich die Wirtschaftlichkeit müsse verbessert werden, insbesondere der Aufwand für den Akkuwechsel. Interessant seien Anfragen von Kooperationspartnern, die die Stella-Roller zum Beispiel für den Fuhrpark nutzen wollen ("Stella-Business"/"Stella-Plus").

StR Dr. Oechsner (FDP) betont, dass junge Unternehmen stets Anlaufschwierigkeiten hätten, die Richtung bei den SWS aber stimme. Er sei zuversichtlich, dass sich das Ergebnis in den kommenden 5 - 10 Jahren deutlich ins Plus bewegen werde.

Für StR Klingler (BZS23) haben die SWS keine Möglichkeit, sich am Markt durchzusetzen. Trotz hervorragender Arbeit des Vertriebs habe man das Ziel, Hauptversorger in Stuttgart zu werden, bisher nicht erreicht. Es sei sehr schwierig, Kunden vom Wechsel des Energieversorgers zu überzeugen. Auch die Beteiligung an Windparks sei kritisch zu sehen; stattdessen seien vertikale Windräder für die Zukunft vielversprechend. Insgesamt müssten die SWS lokal aktiver werden, um mehr Kunden zu gewinnen.

OB Kuhn als Aufsichtsratsvorsitzender der SWS erinnert an den Willen des Gemeinderats, Stadtwerke zu gründen. Entscheidend für deren Entwicklung seien zwei Punkte: Zum einen die Konkurrenzsituation zur EnBW; zum anderen wurde in den Konzessionsverhandlungen festgelegt, dass die Stadt bei Hochdruck/Hochspannung gegen die EnBW klagen könne. Ohne diese Vereinbarung wäre jahrelange Unsicherheit die Alternative gewesen. Die Beteiligung an Windparks habe man damals als Kapitalanlage gesehen, um schnell positive Zahlen bei regenerativen Energien zu bekommen. Diesen Trend habe man zwischenzeitlich mit der Begründung gestoppt, dass die urbane Stuttgarter Energiewende nicht in Bayern oder auf See stattfinden solle, sondern in der Stadt selbst. Stattdessen steige man nun verstärkt in urbane Energiesysteme (z. B. Photovoltaik) ein und verzeichne gute Ergebnisse. Die SWS müssten wachsen, denn sie seien der Motor - nicht der alleinige Akteur - der Energiewende in Stuttgart.

Herr Rau bestätigt, dass es 2017 weniger Wind in Deutschland gegeben hat. Beim Windpark in Glieskau gebe es zudem Abschattungseffekte, deren Risiko aber im Vorfeld bekannt gewesen sei. Wie man damit umzugehen habe, müsse geprüft werden.

Herr Kieser informiert über aktuelle Entwicklungen. So plane man zum 01.01.2019 die Fusion mit Stuttgart Netze. Davon verspreche man sich mehr Einfluss und erhöhte Gestaltungsmöglichkeiten bei den Netzen. Weitere Projekte seien fernauslesbare "Smart Meter" mit dem Austausch von 350.000 Zählern sowie die Verbesserung der Ladeinfrastruktur, da immer mehr Elektrofahrzeuge zugelassen würden. Beim Thema Wind gelte es zu bedenken, dass Investitionen in Produktionsanlagen immer langfristig zu sehen seien. Es sei systemimmanent, dass diese sich erst nach 20 oder 30 Jahren amortisierten. Die Schwankungen in der Energiegewinnung glichen sich über die Jahre aus. Vielversprechend sei vor allem der Photovoltaikmarkt.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt BM Dr. Mayer abschließend Kenntnisnahme der GRDrs 558/2018 fest.

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