Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz:
JB
GRDrs
359/2020
Stuttgart,
05/05/2020
Freiwilliger Verzicht auf Elternbeiträge für städtische Kindertageseinrichtungen wegen Schließung aufgrund CoronaVO, Erstattung von Elternbeiträgen an freie Träger und Weitergewährung von Betriebszuschüssen - Verlängerung
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Jugendhilfeausschuss
Vorberatung
Beschlussfassung
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
13.05.2020
14.05.2020
25.05.2020
Beschlußantrag:
1. Dem Verzicht auf die Erhebung der Kostenbeiträge und des Essensgeldes für die Monate Mai und Juni 2020 bei den Eltern/Erziehungsberechtigten, die von Schließungen von städtischen Kindertageseinrichtungen auf der Grundlage der CoronaVO betroffen sind, wird zugestimmt. Dies gilt für Kinder in Notbetreuung nur für die Wochentage der genannten Monate, in denen keine Notbetreuung in Anspruch genommen wurde.
2. Die freien Träger der Kindertagesbetreuung erhalten für die Monate Mai und Juni 2020 den Ausfall der Kostenbeiträge für die Betreuung in städtisch geförderten Einrichtungen in Höhe von bis zu 150 % des städtischen Kostenbeitrags erstattet, sofern sie ihrerseits entsprechend Beschlussantrag Nr. 1 auf die Erhebung von Kostenbeiträgen bzw. Besuchsentgelten verzichten. Der Erstattungsanspruch je Kind beschränkt sich auf die Tage, an denen keine Notbetreuung in Anspruch genommen wurde. Die Erstattung erfolgt entsprechend der jeweils von den Trägern auf das Kurzarbeitergeld gewährten Aufstockung an das pädagogische Fachpersonal.
3. Die Betriebskostenförderung der freien Kita-Träger wird trotz der angeordneten Schließungen ab Mai 2020 bis auf weiteres nach den geltenden Förderrichtlinien weiter gewährt, ggf. unter Anrechnung von vorrangigen Ersatzleistungen (z.B. Kurzarbeitergeld) durch Bund oder Land. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die freien Kita-Träger gemäß der CoronaVO bedarfsgerecht an der Notbetreuung beteiligen.
4. Die laufende Geldleistung an die Tagespflegepersonen wird trotz der Untersagung der Betreuung für die Monate Mai und Juni 2020 im Umfang von 80 % der laufenden Geldleistung freiwillig weiter gewährt. Tagespflegepersonen, die eine Notbetreuung durchführen, erhalten die Geldleistung weiterhin in voller Höhe. Ein Kostenbeitrag der Eltern an den Kosten kann gemäß § 90 SGB VIII nicht verlangt werden, sofern die Kinder nicht in Notbetreuung sind.
5. Von den Mehrbedarfen, wie im Kapitel Finanzielle Auswirkungen dargestellt, und der dargestellten Ergebnisverschlechterung infolge von Mindererträgen wird Kenntnis genommen.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Auf der Grundlage der aktuellen Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) ist der Betrieb von Kindertageseinrichtungen im Zeitraum bis einschließlich 15. Juni 2020 untersagt. Gemäß § 1a CoronaVO sind jedoch Notbetreuungen für Kinder möglich, deren Eltern/Erziehungsberechtigte bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen. Diese sogenannte erweiterte Notbetreuung darf für höchstens die Hälfte der regulären Gruppengröße angeboten werden, sofern es die räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen der jeweiligen Kindertagesstätte zulassen.
Ein Großteil der Eltern/Erziehungsberechtigten ist in der Folge gezwungen, die Betreuung selbst zu organisieren, ggf. beim Arbeitgeber Urlaub zu beantragen oder nach alternativen Lösungen zu suchen. Für diese Eltern soll auf freiwilliger Basis eine Entlastung von den Elternbeiträgen erfolgen
Beschlussantrag Nr. 1:
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 9. April 2020 dem freiwilligen Verzicht auf die Kostenbeiträge für die städtische Kindertagesbetreuung zugestimmt (vgl. Beschlussantragsziffer 1 GRDrs 262/2020). Damit war die Schließung der Kindertageseinrichtungen für etwa einen Monat (17. März bis 19 April 2020) kompensiert. Mit der 6. Verordnung der Landesregierung zur Änderung der CoronaVO wurde der Zeitraum der Kita-Schließung auf 15. Juni 2020, also um zwei weitere Monate, ausgedehnt.
Laut § 7 Abs. 9 der aktuell gültigen Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen vom 28. Juni 2018 besteht kein Anspruch der Eltern/Sorgeberechtigten auf Rückerstattung, wenn aus organisatorischen oder personellen Gründen keine Betreuung erfolgen kann.
Die Konferenz der Gesamtelternbeiräte hat sich mit der Forderung an die Landeshauptstadt bzw. die Gemeinderatsfraktionen gewandt, die Beitragszahlungen aller Träger bis zur vollständigen Öffnung der Kindertageseinrichtungen in Stuttgart - also gekoppelt an die Fristen der jeweiligen CoronaVO - auszusetzen. Darüber hinaus werden an das Jugendamt eine Vielzahl diesbezüglicher Anfragen gestellt.
Die Verwaltung schlägt daher vor, zunächst für zwei weitere Monate, nämlich Mai und Juni 2020, auf freiwilliger Basis auf die Kostenbeiträge und das Essensgeld zu verzichten. Dies gilt jedoch nicht mehr uneingeschränkt für diejenigen Eltern/Sorgeberechtigten, deren Kinder während der Untersagung des Betriebs der Tageseinrichtungen für Kinder notbetreut werden, da der Notbetreuungsbedarf gemäß aktueller CoronaVO schwerpunktmäßig an der Ermöglichung von Erwerbstätigkeit ausgerichtet ist. Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung vor, nur für die Tage, an denen keine Notbetreuung in Anspruch genommen wird, auf die Erhebung der Elternbeiträge und des Essensgeldes zu verzichten. Für jeden Tag ohne Notbetreuung werden die Elternbeiträge und das Essensgeld nach aktueller Gebührentabelle um 1/20 gekürzt.
Auswirkungen auf die freien Träger
Beschlussantrag Nr. 2:
Die Entscheidung, auf Kostenbeiträge ganz oder teilweise zu verzichten, liegt in der Entscheidungshoheit der freien Träger. Wenn sich Träger entscheiden, auf Beiträge gemäß Beschlussantrag Nr. 1 zu verzichten, erhalten sie von der Landeshauptstadt eine Erstattung in Höhe des städtischen Kostenbeitrags für die Betreuung. Die Erstattung erfolgt auf Grundlage des Nachweises für den Monat April 2020, reduziert um die Tage mit Inanspruchnahme der Notbetreuung im Monat Mai 2020 bzw. im Monat Juni 2020. Für die Monate Mai und Juni 2020 wird jeweils eine Abschlagszahlung über 75 % des Erstattungsbetrags für den Monat April 2020 geleistet, nach der Meldung des Umfangs der Notbetreuung wird eine abschließende Abrechnung erstellt.
Die Erstattung der Ertragseinbußen im genannten Umfang erfolgt sowohl für Stuttgarter Kinder als auch für auswärtige Kinder und bezieht sich auf die geförderten Angebote.
Es wird davon ausgegangen, dass die freien Träger ebenfalls auf die Erhebung des Essensgeldes verzichten. Da kein Essen ausgegeben wird und somit keine Aufwendungen anfallen, ist eine Erstattung nicht erforderlich.
Es wird weiter davon ausgegangen, dass die freien Kita-Träger für die Tage ohne Notbetreuung anteilig auf die Erhebung der Elternbeiträge verzichten, so dass lediglich für diese Tage eine Erstattung erfolgen kann.
Die Erstattung erfolgt in sinngemäßer Auslegung des Antrags 99/2020 (SPD-Gemeinderatsfraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei, PULS-Fraktionsgemeinschaft mit dem Betreff „Familien in der Corona-Krise finanziell unterstützen“) unter der Bedingung, dass im Falle von Kurzarbeit die Kita-Träger die Gehälter des Erziehungspersonals auf einen höheren Prozentsatz aufstocken. Bei einer Aufstockung auf 100 % des aktuellen Nettolohns wird der volle Betrag der wegfallenden Elternbeiträge bzw. 150 % der städtischen Beträge erstattet, bei Aufstockung auf einen geringeren Prozentanteil des Nettoeinkommens, z.B. 90 %, reduziert sich die Erstattung auf den entsprechend geringeren Prozentwert, in diesem Beispiel: ebenfalls 90 %. Die Aufstockung wird als förderfähiger Personalaufwand im Sinne der Förderrichtlinien anerkannt.
Beschlussantrag Nr. 3:
Die finanzielle Förderung der Betriebskosten der freien Träger läuft trotz Reduzierung des Angebotes ohne Einschränkungen weiter. Damit kann die Finanzierung der anfallenden Personal- und Sachausgaben sichergestellt werden.
Personalkosten werden mit 92,5 % (90 % bei Betriebskitas) der tatsächlichen Aufwendungen bezuschusst. Sollte es zu Erstattungen von Dritten kommen (z.B. Kurzarbeitergeld), werden diese bei der Förderung berücksichtigt.
Die Weiterförderung erfolgt unter den Voraussetzungen des Sozialdienstleistereinsatzgesetzes (SodEG), sowie unter der Bedingung, dass sich die freien Träger gemäß der CoronaVO bedarfsgerecht an der erweiterten Notbetreuung beteiligen. Dazu erfolgt eine Abfrage des Jugendamts zur organisatorischen Umsetzung der Notbetreuung.
Beschlussantrag Nr. 4
Die Kindertagespflege ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Kindertagesbetreuung in Stuttgart (GRDrs 1094/2018). Es wurde beschlossen (GRDrs 211/2018), angesichts der Entwicklung der Betreuungsplätze in Stuttgart (GRDrs 697/2017) alle Mittel auszuschöpfen, die Kindertagespflege in Stuttgart nachhaltig zu stärken.
Die finanzielle Förderung der Tagespflegepersonen soll daher wegen des unfreiwilligen Ausfalls der Betreuungsangebote grundsätzlich weiter erfolgen. Die Stadt Stuttgart möchte die Tagespflegepersonen in dieser schwierigen Situation unterstützen, indem das Einkommen der meist selbstständig tätigen Personen sichergestellt wird.
Mit gemeinsamem Rundschreiben vom 27.04.2020 haben Städtetag, Landkreistag und der Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg empfohlen, für Mai und Juni 2020 für schließungsbedingt nicht erbrachte Leistungen dennoch Geldleistungen in Höhe von mindestens 80 % der ansonsten fälligen Zahlungen auszuzahlen. Tagespflegepersonen, die einen Notbetreuung anbieten, erhalten die laufende Geldleistung ungekürzt im bisherigen Umfang.
Die Tagespflegepersonen sind darüber hinaus auf ggf. vorrangige Leistungen aus dem Soforthilfeprogramm des Landes zu verweisen, um den städtischen Förderaufwand zu verringern.
Die laufenden Geldleistungen für einen Monat betragen regelmäßig ca. 530.000 EUR. Die Auswirkung der Kürzung auf 80 % kann noch nicht beziffert werden, da der Umfang der nachgefragten Notbetreuung noch nicht bekannt ist. Gemäß § 90 SGB VIII können Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Kindertagespflege festgesetzt werden. Da das Angebot wegfällt, kann kraft Gesetz kein Kostenbeitrag erhoben werden, der veranschlagte Ertrag vermindert sich dadurch um mtl. ca. 86.000 EUR.
Weiteres Vorgehen:
Sollte sich ergeben, dass eine Verlängerung der Kita-Schließungen über den 15. Juni 2020 hinaus verordnet wird, legt die Verwaltung rechtzeitig einen neuen Vorschlag zum Umgang mit der Gebührenthematik vor.
Finanzielle Auswirkungen
Für die Monate Mai und Juni 2020 entstehen beim städtischen Träger, Teilhaushalt 510-Jugendamt, Amtsbereich 5103651 Förderung von Kindern in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 330-öffentlich-rechtliche Entgelte, Mindererträge in Höhe von maximal ca. 2.260.000 EUR (mtl. 1.130.000 EUR). Dieser Betrag wird ggf. verringert durch Elternbeiträge bei Inanspruchnahme der Notbetreuung, was aber noch nicht beziffert werden kann.
Weitere Ertragsminderungen ergeben sich durch den Wegfall des Kostenbeitrags bei der Kindertagesbetreuung im Amtsbereich 5103657 Finanzielle Förderung/Übernahme Teilnahmebeiträge, Kontengruppe 320 Sonstige Transfererträge im Umfang von 172.000 EUR (mtl. 86.000 EUR.)
Für die Monate Mai und Juni 2020 entsteht bei der Förderung freier Träger, Teilhaushalt 510-Jugendamt, Amtsbereich 5103161 Förderung freier Träger von Tageseinrichtungen und -pflege, Kontengruppe 43100-Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke, ein zusätzlicher Aufwand von maximal 5.040.000 EUR (mtl. 2.520.000 EUR). Dieser Betrag wird ggf. verringert durch Elternbeiträge bei Inanspruchnahme der Notbetreuung, was aber noch nicht beziffert werden kann.
Die zusätzlichen Aufwendungen von 5.040.000 EUR werden entsprechend GRDrs 250/2020, Beschlussantrag Nr. 3 (Flexibilisierung im Haushaltsvollzug) vorläufig aus dem Budget des Jugendamts, Amtsbereich 5103651, Förderung von Kindern in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 42510, Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen (hier: Betriebskostenpauschale zum Ausbau der Kindertagesbetreuung) getragen. Dieser Planansatz ist jedoch grundsätzlich für andere Zwecke gebunden. Die Verwaltung legt deshalb baldmöglichst einen Finanzierungsvorschlag zur Aufstockung des Budgets des Jugendamts zum 2. Halbjahr vor.
Für die freiwillige Weiterzahlung der Förderung der Kindertagespflegepersonen entsteht kein Mehraufwand, da die Aufwendungen im Amtsbereich 5103657, Finanzielle Förderung/Übernahme Teilnahmebeiträge, Kontengruppe 43310 Soziale Leistungen veranschlagt sind. Durch die Kürzung der laufenden Geldleistung auf 80% für Tagespflegepersonen die keine Notbetreuung anbieten, entsteht ein Minderaufwand, der aktuell noch nicht beziffert werden kann.
Beteiligte Stellen
Referat WFB
Vorliegende Anträge/Anfragen
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Erledigte Anträge/Anfragen
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Isabel Fezer
Bürgermeisterin
Anlagen
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