Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 987/2017
Stuttgart,
10/27/2017



Haushalt 2018/2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.11.2017



Stuttgart Europa fit!

Beantwortung / Stellungnahme

Frieden und Völkerverständigung sind treibende Kräfte der internationalen Tätigkeit der Landeshauptstadt Stuttgart. Die ersten Auslandsbeziehungen nach den Zweiten Weltkrieg waren Städtepartnerschaften mit europäischen Städten, die Stuttgart halfen, im Kreis der späteren Europäischen Union und ihren kommunalen Netzwerken seinen Platz zu finden. Die zehn Städtepartnerschaften bilden heute noch den Kern der internationalen Arbeit, und die europäischen Partner befinden sich hauptsächlich in West- und Mitteleuropa.

Bisher führt die LHS Kooperationen mit Partnern aus Süd-/Südosteuropa nur in Einzelfällen durch (siehe beispielsweise die fachliche Unterstützung Griechenlands über die Deutsch-Griechische Versammlung, in Fragen der dualen Ausbildung und der Abfallwirtschaft, des Natur- und Umweltschutzes sowie des allgemeinen Verwaltungsaufbaus oder das UNICEF-Spendenprojekt in der türkischen Grenzregion zu Syrien 2015/2016).

Mit einer Ausweitung des kulturellen Austauschs, der Durchführung von Bildungsreisen oder gemeinsamer Projekte in Süd- und Südosteuropa würde angemessen auf die aktuelle Situation Bezug genommen, dass es in Europa eine sehr starke Spaltung gibt, u.a. provoziert durch die Last der Flüchtlingsunterbringung in den Ländern mit EU-Außengrenzen bzw. außerhalb dieser Grenzen.

Das Europazentrum als Institut und Akademie für Europafragen hat in der Vergangenheit immer wieder mit Partnern in Südosteuropa gearbeitet. So nehmen an einem aktuellen Projekt („Unknown Europe: let us shape it together”) Teilnehmer aus Moldau, Kosovo, Deutschland, Frankreich und Rumänien teil; in den Vorjahren partizipierten auch Bulgarien und Polen.

Neben dem Europazentrum und den dort beheimateten Institutionen Europe Direct Informationszentrum Stuttgart und Europa-Union-Baden-Württemberg stehen in Stuttgart und darüber hinaus weitere kompetente Partner zur Verfügung, deren Expertise und Vernetzung genutzt bzw. gefördert werden kann. Die LHS kann hier koordinierend, motivierend
und gestaltend tätig sein sowie bei Bedarf projektbezogene finanzielle Unterstützung leisten und Eigenprojekte durchführen, die der Stärkung und Förderung europäischen Bewusstseins gelten.

In Stuttgart existiert eine aktive Zivilgesellschaft und Kulturszene, die sich engagiert für europaweiten Dialog und Austausch einsetzt. So möchte das Schauspiel Stuttgart mit dem Festival „The Future of Europe“ im Juni 2018 in Kooperation mit Theatern aus europäischen Städten (u. a. Athen und Thessaloniki) Zukunftsszenarien für Europa entwickeln und eine europäische Theaterallianz schaffen, die sich als aktiver Teil einer offenen europäischen Gesellschaft versteht. Beispielhaft zu nennen sind ebenfalls die europabezogenen Arbeiten des Stadtjugendrings Stuttgart, der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft, von Vereinen wie Pulse of Europe, der Jungen Europäischen Föderalisten oder der Balkan Route Stuttgart sowie weiteren kulturellen wie bildungspolitischen Einrichtungen.

Strategische Partner sind auch Organisationen auf Landes- und Bundesebene mit internationaler Ausrichtung wie das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), die ifa Akademie, die Landeszentrale für politische Bildung, die Robert Bosch Stiftung oder das Europäische Jugendparlament.


Bewertung

Die LHS kann mit einer erweiterten und neuen Schwerpunktsetzung einen Beitrag leisten, um im Sinne der Globalen Nachhaltigkeitsagenda „Umsetzungsmittel (zu) stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wieder(zu)beleben“. Europa kommt im globalen Gefüge eine stabilisierende Funktion zu, die unter den aktuellen Umständen sozialer Ungleichheit und Spannungen Gefahr läuft, gerade die Zukunftsperspektiven junger Menschen zu zerstören. Stuttgart würde mit dem Ausbau seiner internationalen Vernetzungs- und Projektarbeit als Stadt in Europa weitere Verantwortung übernehmen, durch nachhaltiges, solidarisches und faires Handeln den europäischen Spaltungstendenzen entgegenzuwirken (vgl. GRDrs 821/2015).

Mit dem Europazentrum steht ein Partner zur Verfügung, an dessen Erfahrungen in Projekten vor allem im Donauraum und gut angeknüpft werden kann. Geplante Bürgerdialoge beispielsweise zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an der Donau bei Vukovar können ausgebaut und ggf. in anderen Regionen weiterentwickelt werden (vgl. auch GRDrs 561/2017 zum Portfolio des Europe Direct als Bestandteil des Europazentrums).

Insgesamt stehen in Stuttgart selbst, aber auch landes-, bundes- und EU-weit sehr gute kompetente Partner zur Verfügung, mit denen die LHS die Ausweitung der internationalen Projektentwicklung im Sinne des Antrags vornehmen kann. Dabei gilt es für die LHS, entsprechende Fördermöglichkeiten und Politikfelder auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene zu kennen, auszuwerten und zielgruppengerecht unter Berücksichtigung der politischen Gegebenheiten vor Ort mit Partnern umzusetzen.


Aufwand und Kosten

Die beantragten Projektmittel von 50.000 EUR könnten über die Abteilung Außenbeziehungen projektbezogen vergeben werden.
Antragsteller können neben dem Europazentrum und den dort beheimateten Einrichtungen auch andere Akteure in Stuttgart sein, die sich für eine Stärkung des europäischen Zusammenhalts und vulnerabler Gruppen in Europa engagieren. Richtlinien für die Antragstellung und Verwendung werden in Abstimmung mit anderen thematisch zuständigen Ämtern und Abteilungen noch ausgearbeitet.

Personal:
Die Erfüllung von Aufgaben zur Konzeption, Entwicklung, Beantragung, Koordinierung und Durchführung von Maßnahmen und Projekten würde einen zusätzlichen Personalbedarf bei L/OB-Int von einer 0,5 Stelle in Entgeltgruppe TVöD EG 13 notwendig machen.


Vorliegende Anträge/Anfragen

482/2017 Teil 1 Bündnis 90/Die Grünen




Fritz Kuhn



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