Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 538/2012
Stuttgart,
07/18/2012



EnBW
Erhöhung des Trinkwasserpreises in Stuttgart




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
25.07.2012
25.07.2012



Beschlußantrag:

1. Von der beabsichtigten Trinkwasserpreiserhöhung in Stuttgart zum 1. August 2012 durch die EnBW sowie der zugrunde gelegten Wasserpreiskalkulation wird Kenntnis genommen.

2. Vom Bericht der Verwaltung zu den von der EnBW zur Wasserpreiserhöhung 2012 offen gelegten Kalkulationsunterlagen wird Kenntnis genommen.

3. Die Verwaltung wird beauftragt, parallel zur Prüfung der Energiekartellbehörde die möglichen rechtlichen Schritte gegen die geplante Trinkwasserpreiserhöhung sowie die ihr zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen zu prüfen und über das Prüfungsergebnis im September 2012 zu berichten.


Begründung:


Die EnBW hat mit Schreiben vom 27.06.2012 gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart angekündigt, die Preise für Trinkwasser zum 1. August 2012 um 9,3% zu erhöhen. Im Vertrag zwischen EnBW, NWS und Landeshauptstadt Stuttgart vom 27.11.2001 über die Überlassung von Sitzen an die Landeshauptstadt Stuttgart in den Gremien der Wasserzweckverbände und dem Wasserpreis für das Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart (Anlage 2 zur GRDrs 15/2002) wurde in § 2 (Wasserpreis) folgendes vereinbart:

„Die Vertragspartner stimmen darin überein, dass Grundlage für die künftige Entwicklung des Wasserpreises in Stuttgart die aktuelle Kostenrechnung ist. Im Falle einer beabsichtigten Wasserpreiserhöhung werden EnBW/NWS der Stadt die entsprechenden Berechnungsunterlagen offen legen.“

Begründet wird die jetzige Wasserpreiserhöhung neben der Erhöhung der Wasserbezugskosten u.a. mit gestiegenen Betriebs- und Personalkosten. Die für die Preiserhöhung geltend gemachten Gründe sind für die LHS so nicht nachvollziehbar. Nach den uns vorgelegten Berechnungsunterlagen haben sich die Kostengruppen gegenüber der Wasserabrechung 2007 wie folgt entwickelt:

2007 2011
Wasserbezug
18,6 Mio.
20,8 Mio.
Personal-, Material- und sonstiger betrieblicher Aufwand (einschl. Ablesekosten)
26,6 Mio.
24,0 Mio.
Konzessionsabgabe
13,4 Mio.
13,3 Mio.
Innerbetriebl. Leistungsverrechnungen und Umlagen
19,9 Mio.
8,4 Mio.
Saldo sonstige Erträge abzgl. sonstiger Aufwand
-3,6 Mio.
-2,2 Mio.
Summe Betriebsaufwand
74,9 Mio.
64,3 Mio.
Kalkulatorische Kosten
16,6 Mio.
42,5 Mio.
Summe Gesamtaufwand
91,5 Mio.
106,8 Mio.

Danach ist der Betriebsaufwand gegenüber dem Jahr der letzten Wasserpreiserhöhung (2007) nicht gestiegen, sondern um mehr als 10 Mio. Euro zurückgegangen.

Gleichzeitig haben sich die kalkulatorischen Kosten um rd. 26 Mio. Euro erhöht (gegenüber der Wasserabrechnung 2010 beläuft sich die Erhöhung der kalkulatorischen Kosten sogar auf knapp 30 Mio. Euro), was aus Sicht der Verwaltung eine unzulässige Höherbewertung des Anlagevermögens von einem Jahr aufs andere um mindestens 400 Mio. Euro zurückzuführen ist. Diese Ansicht wird auch von der von der Verwaltung im Zusammenhang mit der Bewertung des Anlagevermögens beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterstützt.

Die von der EnBW vorgelegte Kalkulation entspricht aus der Sicht der Verwaltung nicht der o.g. vertraglichen Regelung aus dem Jahr 2001, in der vereinbart wurde, dass Grundlage für die künftige Entwicklung des Wasserpreises in Stuttgart die aktuelle Kostenrechnung ist. Mit der aktuellen Kostenrechnung wurde auf die Kostenrechnung der NWS Bezug genommen, die ihrerseits auf der Kostenrechnung der TWS aufbaute. Nachdem mit der Veräußerung der Energiebeteiligungen vor zehn Jahren auch die Wasserversorgung auf ein Unternehmen übergegangen ist, das nicht mehr, wie zuvor, weitestgehend dem öffentlichen Bereich zugeordnet werden konnte, wurde beim Wasser – im Unterschied zur Energieversorgung – vereinbart, dass die Entwicklung des Wasserpreises nur auf der Grundlage der bisherigen Kostenrechnung erfolgen darf. Damit sollten Verwerfungen in der Kostenrechnung ausgeschlossen werden.

Mit der mit Schreiben vom 27.06.2012 angekündigten Wasserpreiserhöhung zum 01.08.2012 wurde nach Auffassung der Verwaltung die vereinbarte Kostengrundlage verlassen und diese durch eine gänzlich andere ersetzt. Der Grund, weshalb die EnBW gewissermaßen von einem Jahr aufs andere die Basis der Kostenberechnung dergestalt verändert, ist nach Einschätzung der Verwaltung offenkundig und steht im Zusammenhang mit der Bewertung der Wassersparte.

Anfang Juli 2012 habe ich die Energiekartellbehörde Baden-Württemberg gebeten, die von der EnBW geplante Trinkwasserpreiserhöhung kartellrechtlich zu prüfen. Die Behörde hat mir mitgeteilt, dass sie das Anliegen aufgreifen und eine Prüfung vornehmen wird.

Die Verwaltung hat die EnBW mit Schreiben vom 10.07.2012 (Anlage) aufgefordert, die geplante Preiserhöhung zum 01.08.2012 nicht umzusetzen und dies der Landeshauptstadt bis zum 23.07.2012 entsprechend zu bestätigen. Sollte die Bestätigung bis dahin nicht vorliegen, schlägt die Verwaltung vor, parallel zur Prüfung der Energiekartell-behörde die möglichen rechtlichen Schritte gegen die geplante Trinkwasserpreiserhöhung sowie die ihr zugrunde liegenden Berechnungsgrundlagen zu prüfen.

Eine erste rechtliche Prüfung hat ergeben, dass die Landeshauptstadt sowohl einen vertraglichen Anspruch aus § 2 des o.g. Vertrages wie auch einen Anspruch als Tarifkunde gemäß § 315 BGB geltend machen kann. Über die abschließende rechtliche Prüfung sowie über den Verfahrensstand bei der Energiekartellbehörde wird die Verwaltung im September 2012 berichten.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen



Schreiben an EnBW vom 10.07.2012


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Anlage 1 zur GRDrs 538_2012.pdfAnlage 1 zur GRDrs 538_2012.pdf