Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
972/2019
GZ:
WFB 9541
Sitzungstermin: 09.10.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Schmidt de
Betreff: Änderung der Satzung über die Erhebung von Realsteuern

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 19.09.2019, GRDrs 972/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Realsteuern wird wie in der Anlage ersichtlichen Fassung beschlossen.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


BM Fuhrmann berichtet im Sinne der Vorlage, wonach im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2016/17 das Modell der intelligenten Grundsteuer beschlossen worden sei. Des Weiteren erläutert er die Voraussetzungen für die Senkung der Grundsteuerhebe-sätze. Diese lägen nun vor und führten zu einer Anpassung für das übernächste Haushaltsjahr. Abschließend nennt er die wichtigsten Zahlen aus der Gesamtergebnisrechnung.

StR Winter (90/GRÜNE) dankt für die Zusammenstellung. In 2009 - zu einer Phase der Haushaltskonsolidierung - sei die Anhebung auf 520 Hebesatzpunkte beschlossen worden. Bereits damals sei darauf hingewiesen worden, dass diese Anhebung nicht dauerhaft bestehen bleiben solle. Andererseits stünden nach wie vor Sanierungsaufgaben an. Derzeit liege das Problem eher beim Mittelabfluss. Mit dieser Vorlage werde "auf Sicht gefahren"; die Grundsteuersenkung für das übernächste Haushaltsjahr könne beschlossen werden.

Für StR Kotz (CDU) ist der Auslöser für die Vorlage der gute Jahresabschluss 2018. Damit seien viele wichtige Dinge beschlossen worden, wie das Klimaschutzpaket, Rücklagen für den kulturellen Bereich, ÖPNV und Radinfrastruktur. Bei einem so positiven Ergebnis müssten 5 % des Jahresüberschusses wieder direkt an die Steuerzahler zurückgegeben werden. Er verweist auf die von BM Fuhrmann genannte Summe an Steuerentlastungen von rund 30 Mio. Euro, von der zu 47,8 % Mieter*innen und Eigentümer*innen und zu 48,5 % Unternehmen profitierten. Besonders die Entlastung von Unternehmen sei zu begrüßen, daher unterstütze er die Vorlage.

Die "intelligente Grundsteuer" wird von StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) grundsätzlich abgelehnt. Nur bei Einführung einer dauerhaften Dynamisierung könne langfristig mit einer Erhöhung und damit Sicherung wichtiger kommunaler Aufgaben gerechnet werden. Der Umgang mit Steuergeldern bemesse sich nicht an der Frage, ob es einen Jahresüberschuss gebe oder nicht. Der Einsatz des Geldes der Bürger*innen müsse sich an den Notwendigkeiten für das Allgemeinwohl messen. Bei Klimaschutz, Verkehr und Wohnen seien große Investitionen nötig. Langfristige Aufgaben müssten langfristig gesichert werden, nur dann seien Steuern "intelligent". Er könne nicht nachvollziehen, warum dieser Beschluss losgelöst von Eckwerte- und Haushaltsplanberatungen getroffen werde. Dies müsse während der Haushaltsplanberatungen entschieden werden.

Angesichts eines großen Überschusses von Entlastungen für Bürger*innen zu sprechen, hält StR Körner (SPD) für angemessen. Beispielsweise die Senkung der Kindergartengebühren für Familien mit Familiencard sei sinnvoll gewesen. Mit der "Entlastungsvariante Grundsteuer" sei er aufgrund der problematischen Verteilungswirkung und des Flächenverbrauchsansatzes nicht einverstanden. Die Erhöhung in 2009 habe dazu geführt, dass sich die bisher bei rund 120 Mio. Euro konstante Grundsteuer auf 160 Mio. Euro erhöht habe. Er plädiere dafür, die langfristige Entwicklung im Blick zu haben. Es gebe weiterhin einen Sanierungsstau. Im Vergleich zu anderen großen Städten sei der Hebesatz in Stuttgart deutlich niedriger. Aufgrund der Konstruktion der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer sei eine inflationsangepasste Entwicklung des Aufkommens nur zu erreichen, wenn der Hebesatz gelegentlich erhöht werde. Ansonsten bleibe das Steueraufkommen immer konstant. Er schlage vor, die Abstimmung zur Vorlage im Gemeinderat zu vollziehen und gibt zu bedenken, dass man sich damit Spielräume in Höhe von 30 Mio. Euro in einer Situation nehme, die "nicht mehr so rosig" sei.

Steuern seien nichts Schlechtes, so StR Dr. Oechsner (FDP). Lediglich unangemessene Steuern seien zu kritisieren. Die Vorlage besage eindeutig, dass es sich um den Vollzug eines Beschlusses des Gemeinderates handle. Er verstehe nicht, heute nun Argumente gegen eigene Beschlüsse vorzubringen. Es müsse zugestimmt werden. Andere Aspekte würden in den Haushaltsplanberatungen diskutiert.

Für StRin von Stein (FW) ist die letztmalige Erhöhung der Grundsteuer in dieser Höhe nicht nötig gewesen. Für Stuttgart sei es interessant, in welcher Höhe sich die Grundsteuern in der Region bewegten. Der durchschnittliche Hebesatz liege in Baden-Württemberg bei 347, in Böblingen bei 310 und in Esslingen bei 425. Es gebe durchaus Betriebe, die Stuttgart verlassen würden, wenn sich die Steuerbelastung erhöhe.

Für beide Seiten gibt es für StR Walter (PULS) gute Argumente. Es sei nicht zielführend, lediglich auf den formalen Beschluss und die Historie der Grundsteuer zu verweisen. Einem neu gewählten Gremium müsse es möglich sein, Sachverhalte demokratisch zu überprüfen. Steuern müssten sich an Notwendigkeiten orientieren, und Bürger*innen und Unternehmern dürften nicht über Gebühr belastet werden. Große Investitionen seien in den kommenden Jahren nötig für die Oper, den ÖPNV und den Breitensport.

Die Notwendigkeit der Umsetzung bestätigt BM Fuhrmann. Die Verwaltung sei verpflichtet gewesen, diese Vorlage vorzustellen. Gegenüber StR Rockenbauch weist er darauf hin, dass jederzeit eine Änderung der Hebesätze beantragt werden könne. In diesem Fall müsse intern geprüft werden, ob es eine Sperrfrist gebe.



Abschließend stellt der Vorsitzende Vorberatung fest. Eine Abstimmung unterbleibt.

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