Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 1113/2019
Stuttgart,
12/05/2019



Haushalt 2020/2021

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.12.2019



Wohnen ohne Umwege - Wohnungslosigkeit mit „Housing First“ beheben

Beantwortung / Stellungnahme

„Housing First“ ist ein in der Wohnungsnotfallhilfe anerkanntes Konzept zur Beseitigung von Wohnungslosigkeit. Es besteht aus drei zentralen Merkmalen:

· Wer wohnungslos wird, erhält sofort eine Wohnung mit eigenem Mietvertrag. Es kommt nicht zu einer Notunterbringung in zentralen Unterkünften oder Sozialpensionen.

· Um eine Wohnung zu erhalten, müssen die betroffenen Personen nicht das Kriterium der sogenannten „Wohnfähigkeit“ erfüllen (also z. B. Abstinenz von Alkohol oder illegalen Drogen).

· Der Wohnraum kann, muss aber nicht mit einem Betreuungsverhältnis verknüpft sein. Bei einer Kombination von Wohnraum und Betreuung bleibt der Wohnraum auch dann erhalten, wenn die Betreuung beendet wird.

Dreh- und Angelpunkt des Konzepts „Housing First“ ist also die umgehende Versorgung mit eigenen, bezahlbaren Mietwohnungen. Ohne eine ausreichende Anzahl an Mietwohnungen, die nicht nur sofort verfügbar, sondern von Wohnungslosen auch finanzierbar sind, kann „Housing First“ nicht funktionieren.

Das Fehlen der beschriebenen Wohnungen ist der entscheidende Grund dafür, dass das Konzept „Housing First“ in der Landeshauptstadt Stuttgart bislang nicht flächendeckend umgesetzt werden kann.

Um den Gedanken des „Housing First“ voranzubringen, hat die Sozialplanung des Sozialamts deshalb sowohl das Konzept als auch den Bedarf zusätzlicher Wohnungen im Rahmen der verwaltungsinternen Abstimmungen zwischen Sozialamt und Amt für Stadtplanung und Wohnen in den Planungsprozess für das neue Rosensteinviertel eingebracht.

Das Sozialamt hat darüber hinaus in der Vergangenheit mit dem Wohnungsakquiseprogramm (GRDrs 118/2019 „Weiterentwicklung der Garantieverträge des Sozialamts: Wohnungsakquise für Wohnungslose und einkommensschwache Haushalte“) einen wichtigen Schritt unternommen, um die Zahl der für Wohnungslose direkt verfügbaren Wohnungen zu erhöhen. Das Programm, das auch als sogenanntes „Karlsruher Modell“ bekannt ist, hat im dritten Quartal des Jahres 2019 begonnen. Die Garantiemiete ist jedoch nur für Menschen vorgesehen, die wohnfähig sind.

In einzelnen Angeboten von Trägern der Wohnungsnotfallhilfe werden Teile des Konzepts „Housing First“ (v. a. die Entkoppelung von Mietvertrag und Betreuungsverhältnis) bereits heute praktiziert.

Mit dem Träger Ambulante Hilfe e. V. gibt es einen Anbieter in der Wohnungsnotfallhilfe, der sich sehr stark an dem Grundprinzip des „Housing First“ orientiert. Die Ambulante Hilfe e. V. tritt selbst als Bauherr auf und betreibt eigenen sozialen Wohnungsbau. Die Wohnungen werden mit privaten Mietverträgen an Wohnungslose vergeben, die Verträge sind nicht an eine Betreuung durch die Ambulante Hilfe e. V. geknüpft. Eine „Wohnfähigkeit“ muss vorab nicht nachgewiesen werden. Die Liegenschaftsverwaltung unterstützt die Ambulante Hilfe e. V. bei der Suche nach geeigneten Grundstücken.

Um den Ansatz „Housing First“ weiter zu unterstützen und das beantragte Modellprojekt umzusetzen, würden 20 zusätzliche Wohnungen benötigt, die Wohnungslosen vermietet werden.

Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH (SWSG) hat mit den Trägern der Wohnungsnotfallhilfe im Jahr 2014 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen und ein Kontingent von einmalig 10 Wohnungen mit Belegungsbindung und regelmäßig 10 Wohnungen ohne Belegungsbindung zur Vermietung zur Verfügung gestellt. Die Wohnungen werden zunächst für 12 Monate von den Trägern der Wohnungsnotfallhilfe angemietet. Der Mietvertrag kann anschließend von der ehemals wohnungslosen Person übernommen werden.

Nach Auskunft der SWSG könnten im ersten Quartal maximal bis zu 4 Wohnungen aus diesem Kontingent für ein solches Modellprojekt zur Verfügung gestellt werden.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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769/2019, Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei




Dr. Alexandra Sußmann Bürgermeisterin



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