Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 738/2021
Stuttgart,
11/30/2021



Gewaltprävention an Schulen - Umsetzung der Maßnahme 1.4 des Aktionsplans Kinderfreundliche Kommune



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
13.12.2021
15.12.2021



Beschlußantrag:

1. Der Entwurf des kommunalen Gewaltpräventionskonzeptes wird zur Kenntnis genom-
men.

2. Der Weiterentwicklung und Erprobung eines kommunalen Gewaltpräventionskonzeptes
3. Die Finanzierung erfolgt aus dem allgemeinen Budget von JB-BiP im THH 810 – Bürger-

Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

1. Entstehung und Zielsetzung der Maßnahme

Die Maßnahme zur Entwicklung eines kommunalen Gewaltpräventionskonzeptes wurde vom Gemeinderat im Rahmen des Aktionsplans Kinderfreundliche Kommune „Lokale Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention 2020 bis 2022“ am 23. Januar 2020 beschlossen (vgl. GRDrs 1510/2019). Der darin festgeschriebene Auftrag zur Entwicklung eines Konzeptes für den Lebensraum Schule soll mit dem vorliegenden Vorhaben operationalisiert werden.

Den Anstoß zur Entstehung der Maßnahme gaben die Rückmeldungen von Stuttgarter Kindern aus zwei Partizipationsprozessen. So galt dem Recht auf Schutz vor Gewalt das größte Interesse bei einem Beteiligungsworkshop für Kinder im Juli 2018. Auch in der Kinderbefragung, die während der Analysephase im Prozess um das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“ mit rund 600 Kindern von 10 bis 12 Jahren durchgeführt wurde, äußerten die Befragten besonders häufig den Wunsch nach mehr Schutz vor Gewalt:

Das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen und die Frage nach einem gelingenden sozialen Miteinander haben zudem in Zeiten der Pandemie zunehmend an Bedeutung gewonnen und unterstreichen den Handlungsbedarf.
Genau wie die Kinder äußerten auch Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in der Stuttgarter Jugendbefragung vom Herbst 2020 und in der anschließenden digitalen Jugendkonferenz im April 2021 ihr Bedürfnis nach mehr Respekt, Sicherheit und Schutz vor Gewalt. Konkret fordert der Arbeitskreis Jugendrat beispielsweise die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls an der Schule und die Fokussierung auf das Wohl der Schüler*innen gegenüber dem Lehrplan. Vgl. Ergebnisse Kurzzusammenfassung, Digitale Jugendkonferenz zur Stuttgarter Jugendbefragung am 15. April 2021, Link: https://www.stuttgart.de/medien/ibs/digitale-jugendkonferenz-ergebnisse-bearbeitet-akj-fuer-ob-kb-kopie.pdf, zuletzt aufgerufen am 07.09.2021.


In Folge dieser Ergebnisse und Rückmeldungen ist im Aktionsplan „Kinderfreundliche Kommune“ mit der Maßnahme 1.4 (S. 20) das Ziel formuliert, ein Konzept zur Gewaltprävention für den Arbeits- und Lebensraum Schule gemeinsam mit allen schulischen Akteuren zu entwickeln, beziehungsweise Stuttgarter Schulen bei der (Weiter-) Entwicklung eines individuellen Konzepts zur Gewaltprävention durch eine kommunale Rahmenkonzeption zu unterstützen. Die Federführung dafür liegt bei den Abteilungen Stuttgarter Bildungspartnerschaft und Kinderbüro.

Übergeordnetes Ziel dieser Rahmenkonzeption ist es, dazu beizutragen, dass die Schule einen Lebensraum darstellt, in dem sich Schüler*innen sicher fühlen. Alle am Schulleben Beteiligten orientieren sich dafür an einem gemeinsamen Wertesystem und achten die Würde und Gesundheit jedes Einzelnen. Die Kinder und Jugendlichen finden vertraute Bezugspersonen an ihrer Schule, sie werden in ihrer Selbstwirksamkeit und in ihren individuellen Voraussetzungen zur Lebensbewältigung gestärkt. Es geht darum, an der Schule gemeinsam eine erzieherische Haltung zu leben, die geprägt ist von professioneller Kompetenz und Präsenz, von der gegenseitigen Wertschätzung aller Beteiligten und vom pädagogischen Auftrag der Lehr- und Fachkräfte.
Die Präventionsarbeit an Schulen erfolgt bestenfalls zielgerichtet, systematisch und nachhaltig und wird von allen am Schulgeschehen beteiligten Fachkräften (mit-) verfolgt und unterstützt.

Entsprechend dieser Zielsetzung wird der Begriff Schule im Folgenden und im gesamten Vorhaben immer als ein Ort definiert, an dem Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte aus der Schulsozialarbeit und ggf. dem Ganztag gemeinsam wirken. Trotz unterschiedlicher Aufträge arbeiten sie in einer Verantwortungsgemeinschaft im Sinne der Kinder und Jugendlichen eng zusammen.

Elemente der kommunalen Konzeption in einem Schaubild:


Die Vorlage gibt einen Überblick über den aktuellen wissenschaftlichen Stand zur Gewaltprävention an Schulen, die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen in Stuttgart und das weitere geplante Vorhaben. Dieses basiert ganz wesentlich auf den, in der Bestandserhebung erfassten, Rückmeldungen von Stuttgarter Schulen sowie weiteren Akteuren aus dem Bereich der schulischen Gewaltprävention (siehe Punkt 3 und 4).



2. Aktueller Forschungsstand Die folgenden Ausführungen und die Vorlage beziehen sich auf diese Quellen:
· Bilz, Ludwig/ Schubarth, Wilfried/ Dudziak, Ines/ Fischer, Saskia/ Niproschke, Saskia/ Ulbricht, Juliane (Hrsg.) (2017): Gewalt und Mobbing an Schulen. Wie sich Gewalt und Mobbing entwickelt haben, wie Lehrer intervenieren und welche Kompetenzen sie brauchen. Kempten: Verlag Julius Klinkhardt.
· Büchner, Roland/ Cornel, Heinz/ Fischer, Stefan (2018): Gewaltprävention und soziale Kompetenzen in der Schule. 1. Auflage. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
· Melzer, Wolfgang/ Schubarth, Wilfried/ Ehninger, Frank (2011): Gewaltprävention und Schulentwicklung. 2. überarbeitete Auflage. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
· Paulus, Christoph (Hrsg.) (2019): Gewalt, Amok und Medien. Erkennen - Vorbeugen - Handeln. 1. Auflage. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
· Prengel, Annedore (2020): Der furchtbare Moment im Bildungsprozess – Elemente einer Theorie destruktiver pädagogischer Relationalität. In: Hagenauer, Gerda/ Raufelder, Diana (Hrsg.): Soziale Eingebundenheit. Sozialbeziehungen im Fokus von Schule und Lehrer*innenbildung. Münster: Waxmann.
· Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen. Online unter: https://paedagogische-beziehungen.eu/reckahner-reflexionen/, zuletzt aufgerufen am 01.10.2021.
· Schubarth, Wilfried (2019): Gewalt und Mobbing an Schulen. Möglichkeiten der Prävention und Intervention. 3. aktualisierte Auflage. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.
· Schubarth, Niproschke, Wachs (2016): 25 Jahre Forschung zu Gewalt an Schulen: Bilanz & Perspektiven in 25 Thesen. In: Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (Hrsg.): Entwicklungsförderung & Gewaltprävention 2015/2016. Bonn.
· Ulbricht, Juliane (2019): Gewalt und Mobbing an Schulen als Thema in der Lehrerausbildung. Eine empirische Bestandsaufnahme. Berlin: wvb Wissenschaftlicher Verlag.


2.1 Gewaltbegriff und Formen von Gewalt

Der Gewaltbegriff ist in Wissenschaft und Praxis nicht einheitlich definiert und demzufolge haben auch schulische Akteure eine unterschiedliche Auffassung von Gewalt. Kinder und Jugendliche definieren den Begriff oftmals enger als Lehrkräfte und verstehen eher Formen der physischen Gewalt als solche. Unterschiedliche Subgruppen, abhängig beispielsweise von geschlechtsspezifischen Merkmalen und Schulform, verwenden den Begriff Gewalt ebenfalls divers. Für die Prävention ist es deshalb wichtig, an jeder Schule und in jedem Gespräch, die Definition des Gewaltbegriffes mit allen Beteiligten zu klären und die leitenden Werte abzugleichen.

Im schulischen Kontext sind folgende Formen von Gewalt relevant und sollen im kommunalen Rahmenkonzept berücksichtigt werden Tabelle aus: Schubarth, Wilfried (2019), S. 38.
:

Formen der GewaltBeispiele
Individuelle Gewalt
Physische GewaltKörperliche Angriffe, Schlagen, Treten
Psychische Gewalt

- verbal
- nonverbal
- indirekt


Neue psychische Gewaltformen
Abwertung, Abwendung, Ablehnung, Entmutigung, emotionales Erpressen
Beschimpfung, Beleidigung, Hänseln
Gesten, Mimiken, Blicke
jemanden schlechtmachen, Gerüchte streuen, ausgrenzen, ignorieren, andere anstiften usw.

Cyberbullying, Happy Slapping
VandalismusZerstörung von Schuleigentum
Schwere GewaltAmoklauf
Rassistische Gewalt Gewalt gegen bestimmte Herkunftsgruppen
Geschlechterfeindliche GewaltDiskriminierung des anderen Geschlechts
Sexuelle bzw. sexualisierte Gewalt
Hier gilt es, verschiedene Dimensionen sexualisierter Gewalt zu berücksichtigen, wie u.a. sexuelle Aggression und sexualisierte Gewalt im Jugendalter, sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch durch Professionelle, sexualisierte Gewalt über digitale Medien.
Erzwungener intimer Kontakt, sexualisierte Belästigung, voyeuristisches Taxieren, Exhibitionismus, etc.
Institutionelle Gewalt
Legitime „Ordnungsgewalt“ Verfügungsmacht der Lehrkräfte zur Erfüllung der gesellschaftlichen Funktion von Schule, vorgegebene Rollen, Struktur schulischer Kommunikation, Leistungsprinzip
Illegitime „strukturelle Gewalt“Beeinträchtigung der Selbstentfaltung und Selbstbestimmung der Schüler*innen, Machtmissbrauch, etc.


2.2 Zahlen und Fakten

Die Zahlen aus der aktuellen Forschung zur Gewalt an Schulen untermauern die eingangs genannten Ergebnisse der Stuttgarter Kinder- und Jugendbefragungen und bestätigen den Eindruck, dass Gewalt in verschiedenen Formen und Ausprägungen Teil des Schulalltags ist:
In der Gesamtentwicklung ist ein Gewaltrückgang bis zum Jahr 2014 und möglicherweise eine Trendwende seit 2015/2016 erkennbar. Dabei ist schulische Gewalt weder zu dramatisieren noch zu verharmlosen: die Schule ist kein Ort der Gewalt und eine mehrheitliche Anzahl von Schüler*innen hat im Schulalltag keine größeren Probleme. Dennoch ist die Situation sehr unterschiedlich und variiert je nach Geschlecht, Alter und Schulform und die genannten Zahlen verdeutlichen, dass es eine beträchtliche Zahl von Schüler*innen gibt, die sich in ihrem Schulalltag nicht sicher fühlt und unter Gewaltvorfällen leidet.

Im Zeitverlauf fällt auf, dass Formen der psychischen Gewalt zugenommen haben und körperliche Auseinandersetzungen weniger wurden. Gleichzeitig ist die Hemmschwelle gesunken, bei Provokationen mit Gewalt zu reagieren. Neue Phänomene wie Cyberbullying (Verleumdung, Belästigung, Bedrängung oder Nötigung von Personen mithilfe von Kommunikationsmedien) und „Happy Slapping“ (körperlicher Angriff, der das Opfer über die Veröffentlichung von mitgefilmtem Material zusätzlich erniedrigt) kommen hinzu, genauso wie die zunehmende Verlagerung von Gewalterlebnissen in den digitalen Raum. Diese erschwert den Opfern den Rückzug und es findet eine immer stärkere Überlappung von den Erfahrungen an der Schule und denen im privaten Raum statt. Als pädagogische Herausforderungen werden zudem die zunehmende Brutalität eines kleinen Teils vorwiegend männlicher Schüler genannt und die Beobachtung, dass sich die Altersspanne bei der Gewaltbereitschaft nach vorne zu verlagern scheint.

Im Schulalltag finden Aggressionen von Schüler*innen gegen Lehrkräfte ebenso statt, wie von Lehrkräften gegenüber Schüler*innen. Der Prozentanteil körperlicher Gewalt gegen Lehrer*innen liegt bei circa 1 Prozent mit Ausreißern bis zu 26 Prozent. Drohungen und verbale Angriffe liegen zwischen 1 und 50 Prozent. Die Hypothese, dass Lehrkräfte zunehmend Opfer von Gewalt sind, bestätigt sich aus bisherigen Studien nicht. Einige deuten einen Zusammenhang von Lehrer*innen- und Schüler*innen-Gewalt an und legen dar, dass aggressives Verhalten seitens der Lehrkraft, sei es subtil oder manifest, mit gewalttätigem Schüler*innenverhalten korreliert.

Die Mehrzahl der Lehrkräfte ignoriert Gewaltvorfälle nicht, sondern bemüht sich um deren Beendigung. Gleichzeitig wird jeder dritte bis vierte Vorfall von einer Lehrkraft nicht erkannt. Als Interventionsform bei Gewaltvorfällen wählen Lehrkräfte am häufigsten das Gespräch und orientieren sich wenig an kooperativen Ansätzen. Aus Schüler*innensicht greifen 25 Prozent der Lehrkräfte autoritär-strafend ein, aus Lehrer*innensicht hingegen 16,6 Prozent.


2.3 Lösungsansätze in der Intervention und Prävention

Autoritär-strafende Maßnahmen sind bei Gewaltvorkommnissen oft nicht zielführend und es gelingt Lehrkräften mit unterstützend-kooperativen Interventionen viel häufiger das Geschehen zu beenden. Zu diesen zählen zum Beispiel die Beratung mit Kolleg*innen, Peer-Mediationen oder der Einbezug der gesamten Klassengemeinschaft. Das Ziel für einen möglichst guten Umgang mit Gewaltvorfällen sollte demnach sein, die autoritär-strafenden Interventionen ab- und die unterstützend-kooperativen auszubauen. Weitere Prädikatoren für eine erfolgreiche Intervention sind ein breites Gewaltverständnis, um sowohl die Intervention der Lehrkraft als auch das verstärkte Eingreifen der Mitschüler*innen sicherzustellen, eine gute Diagnosekompetenz der Lehrkraft hinsichtlich des Status als Opfer oder Täter*in, ausgeprägte Empathiefähigkeit und Perspektivübernahme, sowie fundiertes Fachwissen durch entsprechende Fortbildungen.

Die Entstehungsbedingungen für Gewalt sind von außerschulischen und innerschulischen Faktoren beeinflusst. Die Schule als Teil des Problems ist damit auch Teil der Lösung: Schüler*innenorientierter Unterricht, ein aktives Schulleben, ein positives Schulklima sowie konstruktives und anerkennendes Verhalten von Lehrkräften wirken gewaltmindernd.

Für eine erfolgreiche Implementierung von Gewaltprävention steht demzufolge die gesamte Schulentwicklung im Fokus. Dabei können Angebote und Programme von außen als Initiator und Katalysator für einen umfassenderen Schulentwicklungsprozess dienen und müssen eng mit schulinternen Bildungs- und Erziehungsprozessen verknüpft werden. Sie zeigen Wirkung, wenn Schulen sich ihrer individuellen Problemlage, ihrer kontextualen Bedingungen und Bedarfe bewusst sind, konkrete Ziele definieren, die passenden Maßnahmen auswählen und über eine (organisatorische) Begleitung verfügen.


2.4 Herausforderungen

Als Herausforderung in der Umsetzung von Gewaltprävention nennt die wissenschaftliche Literatur die Tatsache, dass Schulen wachsenden Anforderungen in vielfältigen Themenbereichen gegenüberstehen und somit wenig Spielraum für nachhaltig wirksame Gewaltprävention haben. Zudem erschwert die Vielzahl der Akteure und Zuständigkeiten die Koordinierung und die Verantwortungsübernahme und es liegt kaum gesichertes Wissen über die Verbreitung schulischer Präventionsarbeit vor.


3. Rahmenbedingungen in Stuttgart

3.1 Vorgaben des Landes Baden-Württemberg und der Kommune

Zur Umsetzung von Gewaltprävention an Schulen bestehen Vorgaben, die es zu berücksichtigen gilt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorschriften auf Landesebene sind im Schulgesetz Baden-Württemberg festgeschrieben, sowie in den Verwaltungsvorschriften zur Prävention und Gesundheitsförderung in der Schule von 2014 und zu Gewaltvorfällen, Schadensereignissen an Schulen von 2012. Weitere inhaltliche Maßgaben zur Gewaltprävention ergeben sich aus einzelnen Leitperspektiven des Bildungsplanes:
Weiter gelten die gemäß § 8a SGB VIII geltenden Regelungen zum Kinderschutz mit den jeweils gesetzlich verankerten Akteuren und den in Stuttgart beauftragten Institutionen wie den Beratungszentren des Jugendamtes und der Fachberatung durch das Kinderschutzzentrum.

Zudem besteht seit 2012 das Rahmenkonzept „stark.stärker.WIR“ zur Prävention an Schulen in Baden-Württemberg. Dabei steht die Ausbildung von Lebenskompetenz im Vordergrund und die Bereiche Gewaltprävention, Gesundheitsförderung und Suchtprävention werden integriert. Das Rahmenkonzept des Landes sowie damit verbundene Erfahrungen werden in die weiteren Planungen miteinbezogen.

Auf kommunaler Ebene wurden die nachfolgenden Vereinbarungen zur Gewaltprävention an Schulen getroffen:


3.2 Akteure

Gewaltprävention an Schulen ist ein Thema, das bereits auf vielfältige Art und Weise und durch unterschiedliche Institutionen auf verschiedenen Ebenen in Stuttgart umgesetzt wird:
Für eine Bestandsaufnahme führten die Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft und das Kinderbüro Interviews mit Vertretungen dieser Institutionen sowie mit drei Schulleitungen. Die Ergebnisse dieser Gespräche flossen maßgeblich in das Vorhaben mit ein und werden unter Punkt 4 benannt. Darüber hinaus fand im Mai 2021 ein Praxis-Austausch zur weiteren Abstimmung des Prozesses statt und es ist ein begleitendes Gremium mit Vertreter*innen der genannten Institutionen geplant, um die fachliche Beratung und Vernetzung sicherzustellen.


3.3 Gremien

Viele der genannten Akteure bearbeiten das Thema Gewaltprävention in den nachfolgenden kommunalen Gremien:
Die Arbeitsergebnisse und der aktuelle Sachstand des jeweiligen Gremiums wurden in die Bestandsaufnahme aufgenommen und die Vertretungen über das Vorhaben eines kommunalen Konzeptes informiert.


4. Erhobene Bedarfe

In den Interviews, Gesprächen und Abstimmungen wurden die Zahlen und Tendenzen aus der aktuellen Forschung bestätigt und um weitere Aspekte aus der Praxis ergänzt. Trotz unterschiedlicher Perspektiven und individueller Schwerpunkte, besteht Einigkeit über den generellen Handlungsbedarf und den Wunsch nach einem kommunalen Konzept, das Schulen in ihren jeweiligen Gegebenheiten bei der Entwicklung eines Präventionskonzeptes inhaltlich, organisatorisch und personell begleitet und unterstützt. Darüber hinaus wird eine zentrale Koordinierungsstelle, die die bestehenden Angebote und Programme bündelt und die städtischen Akteure weiter vernetzt als hilfreich empfunden.

Im Rahmen der Recherche wurden im Einzelnen die folgenden Bedarfe erhoben:

Bedarfe, die auf schulischer Seite genannt wurden:
Bedarfe, die von übergreifenden städtischen Akteuren genannt wurden In Expert*innen-Interviews mit Vertretungen folgender Ämter, Stabstellen und Abteilungen: Staatliches Schulamt, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und Präventionsbeauftragte, Schulpsychologische Beratungsstelle, Stabstelle Sicherheitspartnerschaft in der Kommunalen Kriminalprävention, Jugendhilfeplanung (Jugendamt), Schulverwaltungsamt, Beauftrage für Suchtprophylaxe, Gesundheitsplanung (Gesundheitsamt), Abteilung für Chancengleichheit und Diversity.:
Die oben genannten Bedarfe sollen über das bisher geplante Konzept abgedeckt werden, darüber hinaus besteht Handlungsbedarf im Hinblick auf:

5. Modellvorhaben zur Erprobung und Weiterentwicklung eines kommunalen Gewaltpräventionskonzepts

Gemäß den erhobenen Bedarfen und den Indikatoren für eine gelingende Gewaltprävention möchte das Modellvorhaben Schulen in einem gemeinsamen Schulentwicklungsprozess bei der Erstellung oder Weiterentwicklung eines individuellen Gewaltpräventionskonzeptes inhaltlich und organisatorisch unterstützen.
Als Ausgang für die Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt entwickelten die Abteilungen Stuttgarter Bildungspartnerschaft und das Kinderbüro Leitlinien für eine gewaltpräventive Schule (siehe Anlage). Diese sollen neben einer ersten inhaltlichen Annäherung auch als dauerhaftes Instrument im Prozess genutzt bzw. individuell in der Zusammenarbeit mit Schüler*innen und Lehr- und Fachkräften angepasst werden. Die Leitlinien wurden aus der Perspektive der Schüler*innen formuliert und die Förderung einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung im Schulalltag (vgl. Zitat S. 5) findet dabei besondere Beachtung. Gleichzeitig sind alle am Schulleben Beteiligten miteinbezogen und es wurden verschiedene Einflussfaktoren (Unterricht, Räumlichkeiten usw.) sowie unterschiedliche Ebenen (Schule, Klasse, Schüler*innen) berücksichtigt. Der Fokus liegt auf der Entwicklung einer gemeinsamen Schulkultur, in der Gewalt keinen Platz findet und die geprägt ist von gegenseitiger Anerkennung und Respekt. Anhand der formulierten Leitlinien kann die Schule sich zunächst mit den individuellen Gegebenheiten an ihrer Schule auseinandersetzen sowie einen aktuellen Stand und die entsprechenden Bedarfe erheben.

Mögliche Prozessschritte des Schulentwicklungsprozesses sehen dabei vor (siehe Anlage):

1. Vorbereitungsphase
2. Analyse-, Planungs-, und Zielerarbeitungsphase


3. Umsetzungsphase
4. Evaluation der Umsetzung
Bei der Entwicklung oder Weiterentwicklung eines individuellen Konzeptes zur Gewaltprävention wird die Schule von einer externen Prozessbegleitung fachlich beraten. Eine Teilnahme ist für alle Stuttgarter Schulen möglich und wir planen zunächst maximal drei Schulen für zwei Jahre in einer Pilotphase zu begleiten. Die Kosten pro Schule belaufen sich auf voraussichtlich circa 21.000 Euro. Der Prozess wird mit einer qualitativen und quantitativen Evaluation begleitet und über die(Zwischen-) Ergebnisse wird in einer gesonderten Vorlage berichtet. Ziel der Modellvorhaben ist zunächst die Erprobung des bisherigen Konzeptes in der Praxis, eine entsprechende Anpassung und Optimierung auf Grundlage der dann gesammelten Erfahrungen und je nach Ergebnis eine Fortführung und die Begleitung weiterer Schulen.

Es wird angestrebt, die drei geplanten Modellvorhaben an unterschiedlichen Schulformen mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen umzusetzen.

Parallel zur Umsetzung an der Schule wird, wie bereits genannt, ein kommunales Netzwerk einberufen, welches das Vorhaben während der Erprobungsphase mit der Expertise aus verschiedenen Fachbereichen begleitet und gleichzeitig eine Vernetzung ermöglicht. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, ist hierbei eine temporäre Fortführung der Gremien „AG Prävention“ und „Bündnis für Erziehung“ angedacht. Das Gremium soll je nach Bedarf ein bis zweimal jährlich tagen.

Über die Erkenntnisse aus den Modellvorhaben und über das daraus entwickelte Konzept wird in gemeinderätlichen Gremien berichtet. Ein erster Zwischenbericht ist für das erste Halbjahr 2023 geplant.



6. Finanzierung

Für die Umsetzung an drei Modellschulen für eine Dauer von etwa zwei Jahren stellt sich dieser jeweils wie folgt dar:

Gesamtkosten pro Schule 21.000 Euro

Gesamtkosten Modellvorhaben (für drei Schulen) 63.000 Euro



Finanzielle Auswirkungen


Vorhaben
Laufzeit

Gesamt-summe
Davon entfallen auf
HHJ 2022 HHJ
2023
HHJ 2024
Modellvorhaben Schulentwicklungsprozess 3 Jahre 63.000 EUR10.000 EUR31.500
EUR
21.500 EUR


Die erforderlichen Gesamtmittel für drei Haushaltsjahre in Höhe von bis zu 63.000 EUR werden aus den bereitgestellten Mitteln im Teilergebnishaushalt 810 – Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107080 – Abteilung Stuttgarter Bildungspartnerschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen, finanziert.



Beteiligte Stellen

Referat WFB hat mitgezeichnet.




Isabel Fezer
Bürgermeisterin





Anlagen

- Anlage 1: Leitlinien zur Entwicklung eines schulischen Konzepts für eine
gewaltpräventive Schule
- Anlage 2: Prozessschritte zur Entwicklung eines schulischen Konzepts zur
Gewaltprävention


<Anlagen>



zum Seitenanfang