Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 818/2020
Stuttgart,
10/14/2020


Dienstanweisung Anti-Korruption der Landeshauptstadt Stuttgart



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich04.11.2020

Bericht:



Integrität der Landeshauptstadt Stuttgart

Die Landeshauptstadt Stuttgart erfüllt hoheitliche Aufgaben und erbringt eine Vielzahl an Dienstleistungen des kommunalen Lebens. Dabei versteht sich die Landeshauptstadt Stuttgart als moderne und bürgerfreundliche Stadtverwaltung. Die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung erfüllen ihre Aufgaben orientiert am Wohl der Allgemeinheit. Bei der Aufgabenerfüllung durch die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart sind nicht nur Service und Qualität maßgeblich. Auch die Integrität und Unbestechlichkeit der Stadtverwaltung haben einen hohen Stellenwert bei der Landeshauptstadt Stuttgart. Alle Mitarbeiter*innen der Landeshauptstadt Stuttgart sind deshalb angehalten rechtstreu, unbestechlich sowie fair und objektiv zu handeln. Das Thema Anti-Korruption ist der Landeshauptstadt Stuttgart sehr wichtig. Eine korruptionsfreie Verwaltung schafft Vertrauen in die Integrität und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Das Verhalten jedes*r einzelnen Mitarbeiters*in ist entscheidend. Die Bürger*innen erwarten von der öffentlichen Verwaltung, dass diese frei von Korruption ist bzw. das Auftreten von korruptem Verhalten konsequent unterbunden wird.

Zweck der Dienstanweisung Anti-Korruption: Prävention und Bekämpfung von Korruption

Korruption kann in unterschiedlichen Erscheinungsformen in der öffentlichen Verwaltung auftreten. Es gibt sogenannte situative Korruptionsfälle, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich die Korruptionshandlungen (z.B. Bestechungsangebote) spontan aus Alltagssituationen heraus entwickeln. Eine andere Ausprägungsform ist die sogenannte strukturelle Korruption, welche durch planmäßiges Zusammenwirken der Beteiligten geprägt ist.

Korruption in der öffentlichen Verwaltung führt einerseits zu einem Vertrauensverlust der Bevölkerung in das Handeln der öffentlichen Verwaltung sowie zu wirtschaftlichen Schäden für die Allgemeinheit. Durch Korruption werden öffentliche Gelder verschwendet, anstatt diese Gelder für eine nachhaltige Entwicklung zu verwenden. Zum Nachteil der Allgemeinheit werden private Interessen durchgesetzt. Die Entwicklung der Wirtschaft wird gehemmt und Investoren werden abgeschreckt, denn eine korrupte Verwaltung führt zu Rechtsunsicherheit, verzerrten Wettbewerbsbedingungen und erhöht Kosten.

Um das Vertrauen der Bürger*innen in die Stadtverwaltung zu stärken und die weiteren negativen Auswirkungen von Korruption zu vermeiden, hat sich die Landeshauptstadt Stuttgart zum Ziel gesetzt, dass dem Entstehen von Korruption mit Hilfe vorbeugender Maßnahmen nachhaltig entgegengewirkt werden soll und Verdachtsfälle von Korruption konsequent verfolgt werden sollen. Dies ist auch Ausfluss der städtischen Verwaltungsführung, den Geschäftsführungen städtischer Betriebe sowie den jeweiligen Aufsichtsgremien obliegenden Aufsichts- und Sorgfaltspflichten (Good Governance bzw. Public Corporate Governance).

Die Dienstanweisung Anti-Korruption der Landeshauptstadt Stuttgart verfolgt dieses Ziel. Sie umfasst sowohl Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption (Prävention) als auch zur Verfolgung von Verdachtsfällen (Bekämpfung). In der Dienstanweisung finden sich die präventiven Regelungen unter Nummer 2 und die Regelungen zur Korruptionsbekämpfung unter Nummer 3.

Die Dienstanweisung Anti-Korruption gilt für die gesamte Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart einschließlich ihrer Eigenbetriebe. Sie gilt außerdem gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 der Anstaltssatzung auch für das Klinikum der Landeshauptstadt Stuttgart, gemeinnützige Kommunalanstalt des öffentlichen Rechtes (gKAöR). Nicht vom Geltungsbereich der Dienstanweisung umfasst sind die rechtlich eigenständigen städtischen Beteiligungsgesellschaften, deren Geschäftsführungen zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichts- und Sorgfaltspflichten jeweils eigene Regelungen treffen sollten.

Maßnahmen zur Vermeidung und Verfolgung von Korruption in der Dienstanweisung Anti-Korruption

Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung brauchen zu ihrer Wirksamkeit praktische Instrumente und klare Leitlinien. Die beiden Bausteine der Anti-Korruption, Prävention und Bekämpfung, stützen sich wiederum jeweils auf zwei Säulen. Die Prävention stützt auf den Säulen „Integrität“ und „Kontrolle“ und die Bekämpfung auf den Säulen „Aufdeckung“ und „Sanktion“.



Die Säule „Integrität“

Integrität meint die Übereinstimmung des Wertesystems einer Organisation mit dem Denken und Handeln der einzelnen Mitglieder dieser Organisation. Eine Organisation ist integer, wenn sowohl ihre formalen als auch informalen Abläufe im Einklang mit dem zugrundeliegenden Wertesystem stehen.

Damit das Ansehen einer Behörde in der Öffentlichkeit nicht beschädigt wird, sollten die entsprechenden Wertesysteme nicht nur in Vorschriften und Leitlinien vorgegeben sein. Essentiell wichtig für die Wahrnehmung einer Behörde als „integer“ ist es auch, dass die bei der Behörde beschäftigten Personen ebenfalls „integer“ sind. Sowohl die Führungsebenen sollten die festgelegten Werte und Regelungen vermitteln und vorleben (sogenannte „tone from the top“) als auch der*die einzelne Mitarbeiter*in sollte diese Einstellung verinnerlichen. Grundstein für eine integre Einstellung der Mitarbeiter*innen im Zusammenhang mit Anti-Korruption ist, dass diese für das Thema Korruption sensibilisiert sind und klare Leitlinien haben, wie Korruption durch eigenes Handeln vermieden werden kann.


Die Dienstanweisung Anti-Korruption fasst zusammen, aus welchen Regelungen sich das Wertekonzept der Landeshauptstadt Stuttgart ergibt. Es wird unter anderem auf die städtische Rechnungsprüfungsordnung, die Verwaltungsvorschriften Korruptionsverhütung und -bekämpfung des Landes, die Dienstanweisung zum Verbot der Annahme von Vorteilen, die Dienstanweisung Sponsoring, das Rundschreiben des Referats WFB zu Annahme von Spenden u. ä. Zuwendungen sowie auf die Dienstanweisung für Haushalts- und Kassenwesen verwiesen (vgl. Nr. 2.1). Ebenso ist der Dienstanweisung als Anlage ein Verhaltenskodex gegen Korruption beigefügt, der Verhaltensgrundsätze festlegt und über dessen Inhalt die Mitarbeiter*innen regelmäßig belehrt werden sollen (vgl. Nr. 2.2). Für die Führungsebenen stellt die Dienstanweisung zudem heraus, dass alle Vorgesetzen durch ihre Grundeinstellung und ihr Verhalten eine entsprechende „Compliance-Kultur“ schaffen sollen (vgl. Nr. 2.3.3).

Der hohe Stellenwert des Themas Anti-Korruption wird auch durch die Implementierung einer Zentralen Antikorruptionsstelle, eines*r Vertrauensanwalts*anwältin sowie von Ansprechpersonen für Korruptionsprävention in den einzelnen Ämtern, Eigenbetrieben oder dem Klinikum Stuttgart manifestiert (vgl. Nrn. 2.4 - 2.6).

Die Säule „Kontrolle“

Selbstverständlich gehört zu den Präventionsmaßnahmen gegen Korruption auch die Einrichtung eines Internen Kontrollsystems. Das übergeordnete Ziel eines solchen Systems liegt darin, als integraler Bestandteil des Risikomanagements alle wesentlichen Risiken abzubilden und auf ein minimales Niveau zu reduzieren. Ein Internes Kontrollsystem hat somit eine präventive und eine aufdeckende Funktion und unterstützt den optimalen Ablauf der Prozesse.

Grundsätzlich können Kontrollen manuell oder automatisch bzw. systembasiert erfolgen. Manuelle Kontrollaktivitäten umfassen beispielsweise das Mehr-Augen-Prinzip und fachliche Kontrollen durch Vorgesetzte. Die Dienstanweisung Anti-Korruption sieht vor, dass die Entwicklung eines entsprechenden Internen Kontrollsystems den Leitungen der Referate, Ämter, Eigenbetriebe und des Klinikums Stuttgart obliegt (vgl. Nr. 2.3.1).


Die Säule „Aufdeckung“

Um Korruption wirksam bekämpfen zu können, bedarf es der Aufdeckung von korruptem Verhalten. Förderlich in diesem Zusammenhang ist eine klare offensive Linie im Umgang mit Korruptions(verdachts)fällen. Dies vermittelt nicht nur den Eindruck von Kompetenz und Tatkraft auf diesem Feld, sondern erhöht auch den Eindruck gesteigerter Entdeckungswahrscheinlichkeit und steigert auf diese Weise die Abschreckungswirkung. Die Dienstanweisung Anti-Korruption regelt das Vorgehen bei Verdachtsfällen im Einzelnen in Nummer 3 der Dienstanweisung. Insbesondere ist eine Meldepflicht für Mitarbeiter*innen an Vorgesetzte bzw. 14-ZAKS vorgesehen (vgl. Nr. 3.1).

Ebenso hängt der Erfolg der wirksamen Korruptionsbekämpfung wesentlich von der Gewinnung qualifizierter Hinweise ab. Es gilt daher sowohl externe als auch interne Hinweise zu gewinnen. Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist daher ein wichtiges Instrument der Aufdeckung von Korruption (so auch die EU-Whistleblower-Richtlinie Richtlinie 2019/1937/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.20.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, die vom Bund noch in nationales Recht umzusetzen ist). Insbesondere Mitarbeiter*innen bemerken oftmals Anzeichen für Korruption bei Kollegen*innen oder Vorgesetzten. Potentielle interne Hinweisgeber*innen sind im Zwiespalt zwischen Loyalität und Gerechtigkeitsempfinden. Selbst Hinweisgeber*innen, deren Hinweis nachweislich richtig war, werden oftmals als Denunziant*innen angesehen. Gerade deswegen ist ein offensiver Umgang der Führungskräfte mit diesem Thema und die Möglichkeit, als Hinweisgeber*in anonym bleiben zu können, elementar. Das Interesse an Anonymität kann mittels der Einrichtung eines*r Vertrauensanwalts*anwältin sichergestellt werden. Die Dienstanweisung Anti-Korruption sieht vor, dass die Landeshauptstadt Stuttgart einen*eine Vertrauensanwalt*anwältin bestellt (dies ist gegenwärtig Herr Dr. Bernhard von Menold Bezler). Der*Die Vertrauensanwalt*anwältin soll dem*der Hinweisgeber*in auf Wunsch Anonymität zusichern (vgl. Nrn. 2.5.1 und 2.5.2).

Wird ein Korruptionsverdacht offenbar, ist diesem zwar nachdrücklich, aber mit der notwendigen Diskretion nachzugehen, um niemanden aufzuschrecken, dem an Vertuschung und Beweisvernichtung gelegen ist (Verdunkelungsgefahr). Nach den Vorschriften der Dienstanweisung Anti-Korruption wird die Aufgabe interner Ermittlungen 14-ZAKS übertragen. 14-ZAKS führt zunächst eine Plausibilitätsprüfung durch (vgl. Nr. 3.2) und klärt bei plausiblen Verdachtsfällen – unter Abwägung möglicher Verdunkelungsgefahr – weiter auf (vgl. Nr. 3.3). Hierbei haben die geprüften Stellen nach der Dienstanweisung eine vollumfängliche Mitwirkungspflicht (vgl. Nr. 3.3.1). 14-ZAKS kann in diesem Zusammenhang auch Befragungen von Mitarbeitern*innen durchführen (vgl. Nr. 3.3.5). Bei Befragungen können beschuldigte Mitarbeiter*innen rechtlichen Beistand oder Personalvertreter*innen hinzuziehen. Am Ende der Prüfung erhält der*die Oberbürgermeister*in einen Prüfbericht. Diese*r entscheidet über die weitere Veranlassung und die Einbindung weiterer zuständiger Stellen (vgl. Nr. 3.3.6).

Die Säule „Sanktion“

Hat sich ein Korruptionsverdacht erhärtet, ist es im öffentlichen Interesse, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um weitere Schäden für die Behörde und die Allgemeinheit zu verhindern. Bei hinreichendem/begründetem Korruptionsverdacht ist die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Nach Einschaltung der Staatsanwaltschaft sollten deren Ermittlungen seitens der Verwaltung gezielt und nach Kräften unterstützt werden.

Bei Korruption drohen strafrechtliche und personalrechtliche Sanktionen. Zu den strafrechtlichen Sanktionen, die Konsequenz der staatlichen Strafverfolgung sind, gehören Freiheits- oder Geldstrafe. Personalrechtlich können Beamt*innen vorläufig des Dienstes enthoben und letztlich grundsätzlich aus dem Dienst entfernt werden. Bei Tarifbeschäftigten können Freistellung und außerordentliche fristlose (Verdachts-)Kündigungen erfolgen. Auch Schadensersatzforderungen sind im Einzelfall zu prüfen.

Die Dienstanweisung Anti-Korruption sieht vor, dass es den Leitungen der Referate, Ämter, Eigenbetriebe und des Klinikums Stuttgart in eigener Verantwortung obliegt, rechtzeitig die personalverwaltenden Stellen und das Rechtsamt zu informieren sowie – ggf. in Abstimmung mit der jeweiligen Strafverfolgungsbehörde – geeignete Maßnahmen zur Unterbindung und zur Verhinderung von Verdunklungsgefahr einzuleiten (vgl. Nr. 3.4.1). 14-ZAKS ist vom Rechtsamt, vom Haupt- und Personalamt sowie vom betroffenen Referat/Amt/Eigenbetrieb bzw. vom Klinikum Stuttgart über die Einleitung und den Abschluss straf-, dienst-, arbeits- und zivilrechtlicher Verfahren zu informieren (vgl. 3.4.3).

Finanzielle Auswirkungen:
Für den Bereich Anti-Korruption sind zwei Vollzeitstellen im Stellenplan des Rechnungsprüfungsamtes ausgewiesen. Des Weiteren stehen Sachmittel für den Vertrauensanwalt (derzeit 8.000 € jährlich) sowie für die ZAKS (derzeit 26.400 € jährlich) im Haushaltsplan für das Jahr 2020 zur Verfügung. Dieser Mittelbedarf fällt in gleicher Höhe jährlich erneut an. Im Übrigen sollen die in der Dienstanweisung Anti-Korruption vorgeschriebenen Aufgaben mit dem vorhanden Personal und im Rahmen der jeweiligen Ämterbudgets durchgeführt werden. Weitere finanzielle Auswirkungen hat die Dienstanweisung Anti-Korruption nicht.


Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Fritz Kuhn
Oberbürgermeister





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