Beteiligte Stellen Die Referate AKR und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet. Vorliegende Anträge/Anfragen keine Erledigte Anträge/Anfragen Anfrage 177/2015 Bündnis 90/Die GRÜNEN-Gemeinderatsfunktion vom 27.05.2015 Dr. Martin Schairer Bürgermeister Anlagen Anlage 1: ausführliche Darstellung 1. Ausgangssituation In den vergangenen Jahren wurden im Stadtgebiet Stuttgart durchschnittlich 1.500 verbotswidrig geparkte Fahrzeuge pro Jahr durch die Polizei auf Anordnung der LHS Stuttgart abgeschleppt. Diese Einzelabschleppmaßnahmen wurden von den im Stadtgebiet verteilten 25 Polizeirevieren/-posten und -stationen durchgeführt. Sie betreffen überwiegend Abschleppvorgänge aus sicherheitsrelevanten Bereichen (Brandschutzzonen, Haltverbote, Sperrflächen etc.) oder von Sonderparkplätzen z.B. für Schwerbehinderte. Darüber hinaus erfolgen Abschleppmaßnahmen bei Behinderungen in mobil eingerichteten Halteverbotszonen (Baustellen, Umzüge usw.). Mit Schreiben vom 02.06.2016 teilte das Polizeipräsidium Stuttgart der Landeshauptstadt Stuttgart mit, dass von der bisherigen Praxis beim Abschleppen von ordnungswidrig geparkten Fahrzeugen künftig Abstand genommen wird. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich das Tätigwerden der Polizei beim Abschleppvorgang auf die Ablösung der städtischen Bediensteten und das Warten auf das Eintreffen des Abschleppdienstes bzw. das Verladen des Fahrzeugs beschränke. Dies sei keine eigentliche Aufgabe des Polizeipräsidiums, sondern liege in der Zuständigkeit der LHS Stuttgart und wäre landesweit einmalig. Darüber hinaus sei diese Verfahrensweise angesichts der hohen Einsatzbelastung der Stuttgarter Polizei weder polizeiintern noch gegenüber den Bürgern vertretbar. Des Weiteren habe die Polizei wegen vorrangiger Aufgaben und dem Aufgabenzuwachs, zum Beispiel durch das 2016 eingeführte Sicherheitskonzept, keine Personalressourcen, um dem gleichbleibenden Bedarf an Abschleppvorgängen nachkommen zu können. In einer gemeinsamen Besprechung mit dem Polizeipräsidium Stuttgart am 22.07.2016 wurde vereinbart, dass die Verkehrsüberwachung im Zeitfenster von 06:30 Uhr – 17:00 Uhr alle anfallenden Einzelabschleppmaßnahmen in eigener Zuständigkeit anordnet und auch durchführt. Die Umsetzung soll durch das Mobile-Beschwerde-Team (MBT) der Verkehrsüberwachung erfolgen. Dazu wurde ein 3-Stufenkonzept beschlossen. Alle Abschleppvorgänge, die außerhalb dieser Zeiten liegen, wird die Polizei weiterhin eigenverantwortlich durchführen. 1.1 Inhalt des mit der Polizei vereinbarten Drei-Stufenkonzepts Stufe 1 Die Beschäftigten der Verkehrsüberwachung geben die sich im Rahmen der Streife ergebenden Abschleppaufträge nur noch an das MBT weiter, nicht mehr an die Polizei. Nur wenn das MBT keine freien Kapazitäten hat, wird die Polizei involviert. Die Stufe 1 trat zum 01.10.2016 in Kraft. Stufe 2 Meldungen von anderen Personen (z.B. Bürgern) werden an das MBT weitergegeben. Kann das MBT aufgrund mangelnder Personalkapazitäten nicht tätig werden, wird die Polizei bei dringenden bzw. sicherheitsrelevanten Parkverstößen die Stadtverwaltung weiter unterstützen. Diese Stufe wird seit 01.03.2017 umgesetzt. Stufe 3 Ab 01.01.2018 übernimmt das MBT ebenfalls Aufträge in Bereichen mit temporärer mobiler Beschilderung anlässlich von Baustellen und Veranstaltungen, soweit diese im Rahmen der Dienstzeiten abzuwickeln sind. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und der regen Bautätigkeit in Stuttgart, ist nach Aussage des Polizeipräsidiums Stuttgart davon auszugehen, dass Abschleppmaßnahmen in diesen Bereichen einen großen Anteil bei den täglichen Maßnahmen einnehmen werden. 1.2 Das Mobile-Beschwerde-Team Das MBT wurde zum 01.10.2014 durch die GRDrs 238/2013 bei der Verkehrsüberwachung neu geschaffen. Die originären Aufgaben des mobilen Beschwerdeteams sind Einsätze in sicherheitsrelevanten Bereichen und an Verkehrsbrennpunkten sowie eine schnelle Reaktionszeit auf entsprechende Bürgerbeschwerden im gesamten Stadtgebiet. Das Team besteht aus 6 Beschäftigten, die in drei 2er-Teams aufgeteilt sind. Für jedes Team steht ein Dienstfahrzeug zur Verfügung. Da das Anordnen von Abschleppvorgängen einen wesentlich größeren Eingriff in die Rechte des Autofahrers darstellt und ein höheres Konfliktpotenzial als die Ahndung eines einfachen Parkverstoßes beinhaltet, muss der für Abschleppmaßnahmen autorisierte Mitarbeiterkreis vorab rechtlich geschult und eingearbeitet werden. Das MBT wurde entsprechend qualifiziert und ist befähigt, seit Juli 2016 selbstständig Abschleppmaßnahmen durchzuführen. Bei diesen Vorgängen handelte es sich vornehmlich um sicherheitsrelevante Verkehrsbehinderungen/-verstöße, die im Rahmen der täglichen Kontrollen der Verkehrsüberwachung festgestellt wurden und ohne Mitwirkung des PPS beseitigt werden konnten. 2. Erfahrungen der eigenständigen Durchführung der Abschleppmaßnahmen Bereits zu Beginn der 1. Stufe von Oktober 2016 bis Februar 2017 war festzustellen, dass das MBT in dieser Eingewöhnungsphase nur einen begrenzten Umfang der täglich angefragten Abschleppmaßnahmen durchführen konnte und rasch an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist. Die Folge daraus war eine verzögerte Durchführung oder sogar die Ablehnung von Abschleppmaßnahmen. Von durchschnittlich 60 Meldungen monatlich mussten 9 Meldungen (15 %) an die Polizei abgegeben werden. Weitere 10 Meldungen konnten nur zeitlich verzögert (bis zu 1 Tag) durchgeführt werden. Dies war vor allem auf die fehlenden Personalressourcen zurückzuführen. Bei einer Soll-Stärke von 6 Beschäftigten sind in der Regel aufgrund urlaubs- bzw. krankheitsbedingter Personalausfälle lediglich 4 Beschäftigte gleichzeitig im Wechseldienst tätig. Um der beschriebenen Problematik zu begegnen, hat die Verkehrsüberwachung zur Einführung der Stufe 2 ab März 2017 zwei Überwachungskräfte aus anderen Teams der regulären Überwachung des Stuttgarter Parkraums zur Verstärkung an das MBT bis auf Weiteres abgeordnet und geschult. Dadurch konnte der Bereich pro Schicht um jeweils ein Team erweitert werden. Diese Verstärkung führt jedoch zur Reduzierung der flächendeckenden Grundüberwachung im Bereich des ruhenden Verkehrs. Damit der erforderliche Zeitraum bestmöglich abgedeckt ist, wurden die Dienstzeiten des MBT im Rahmen der Umsetzung der Stufe 2 ab März 2017 angepasst und auf 6:30 Uhr – 17:00 Uhr festgelegt. Im Rahmen von Sonderdiensten erfolgt eine Präsenz bis 19:30 Uhr. Gleich zu Beginn der 2. Stufe hat sich gezeigt, dass die Überwachungskräfte des ruhenden Verkehrs im Rahmen der Streife mehr schwere Verstöße (Brandschutzzonen, Einmündungen, Gehwege, Sonderparkplätze für Schwerbehinderte etc.) an das MBT gemeldet haben, als in der Vergangenheit an die Polizeidienststellen. Dies hängt jedoch nicht damit zusammen, dass die Anzahl der sicherheitsrelevanten Verkehrsverstöße gestiegen ist, sondern mit der spürbar verbesserten Organisation bei der Durchführung von Abschleppvorgängen. So sind allein in den ersten 4 Monaten (März-Juni 2017) der Stufe 2 insgesamt 592, also 227 mehr Abschleppmaßnahmen im Vergleich zu 2016 (365 Vorgänge im gleichen Zeitraum) durchgeführt worden, was direkt dem Einsatz des MBT zuzuordnen ist. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Fallzahlen im ersten halben Jahr 2017 (855 Abschleppvorgänge gegenüber 506 im Jahr 2016 von Januar bis einschließlich Juni) wird bei gleichbleibender Erledigung ein Anstieg von ca. 700 Fällen für das gesamte Jahr erwartet. In der Vergangenheit wurden jährlich ca. 1.500 Abschleppanordnungen getroffen. Nach gegenwärtiger Prognose würde die Zahl somit auf durchschnittlich 2.200 Anordnungen im Jahr ansteigen. Zum 1. Januar 2018 wird die Stufe 3 der Vereinbarung mit dem Polizeipräsidium Stuttgart umgesetzt. Mit der derzeitigen Personalstärke von 6 Beschäftigten wird das MBT den prognostizierten Umfang nicht bewältigen können. Problematisch ist dabei, dass dann viele Abschleppmaßnahmen gleichzeitig anfallen und abzuarbeiten sind. Baustellen, Umzüge und Wochenmärkte starten in den frühen Morgenstunden. Um hier einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, müssen Behinderungen unmittelbar beseitigt werden, insbesondere in den Tageszeiten von 08:00 Uhr – 11:00 Uhr. Ein weiterer Schwerpunkt tritt erfahrungsgemäß in den Nachmittagsstunden von 13:00 Uhr – 16:00 Uhr auf. In diesem Zeitraum häufen sich die Meldungen über zugeparkte Brandschutzzonen, Behindertenparkplätze, E-Ladesäulen etc. In der Folge kommt es zu Zeitüberschneidungen und damit zur Überlastung des MBT. Im Rahmen von Abschleppmaßnahmen ist die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von besonderer Bedeutung. Da in die Rechte des betroffenen Fahrers eingegriffen wird, muss eine Maßnahme geeignet und erforderlich sein. Grundsätzlich muss zur Zielerreichung das mildeste Mittel angewendet werden. Bei der Beachtung dieses Grundsatzes hat sich gezeigt, dass bei rd. 40 % der anordnungsfähigen Abschleppvorgänge die Fahrzeughalter/-lenker vorab ermittelt und benachrichtigt werden konnten. Die Fahrzeuge wurden in der Folge vom Besitzer selbst rechtzeitig entfernt und mussten nicht abgeschleppt werden. Es bleibt dann bei einer gebührenpflichtigen Verwarnung. Dies war jedoch nur möglich, da im Rahmen der telefonischen Auftragsannahme eine Halterermittlung bzw. Halteranfrage erfolgte. Pro Ermittlung entsteht ein zeitlicher Aufwand von ø 10 Minuten. Dabei ist die rasche Entfernung des falsch parkenden Fahrzeugs als Erfolg zu bewerten; eine Abschleppanordnung erübrigt sich. Ohne diese Vorermittlungen würde sich die Zahl der Abschleppanordnungen noch weiter erhöhen. Die Ermittlungen werden gegenwärtig durch den Teamleiter des MBT, den Sachgebietsleiter oder auch dem Städtischen Vollzugsdienst unter Zurückstellung anderer, originärer Aufgaben durchgeführt. Bereits jetzt ist aber eine deutliche Überlastung der jeweiligen Stellen zu erkennen, was zwangsläufig zu einer verzögerten sowie unzuverlässigen Auftragsabwicklung führt. Insofern ist es erforderlich, für die Bearbeitung von Anfragen zu Abschleppmaßnahmen bei der Verkehrsüberwachung eine telefonische Leitzentrale mit zwei Beschäftigten einzurichten. Diese Leitzentrale muss während der Arbeitszeiten des MBT erreichbar sein und hat neben allgemeinen Telefonauskünften die Aufgabe, die Halterdaten nebst Telefonnummer (falls ein Eintrag existiert) zu ermitteln. Für jede Abschleppmaßnahme müssen sämtliche Daten zum Vorgang aufgenommen und erfasst werden (Fahrzeug, Kennzeichen, Straße, Grund, Ort und Zeitpunkt der Maßnahme etc.). Zudem muss das Ab-schleppunternehmen beauftragt, die entsprechenden Teams instruiert und ggf. dem Fahrer/Halter Auskunft gegeben werden. Auf der Basis der eingepflegten Daten werden zu einem späteren Zeitpunkt die entsprechenden Gebührenbescheide erstellt. 3. Auswirkungen auf originäre Aufgaben des MBT Die Durchführung der Abschleppmaßnahmen wirkt sich deutlich auf das Ergebnis der originären Aufgabe des MBT aus. So können 50 % der Kontrollaufträge (rd. 100) an neuralgischen Verkehrsschwerpunkten oder hinsichtlich Bürgerbeschwerden nicht mehr wahrgenommen werden. Des Weiteren sind die Verwarnungszahlen des MBT im ersten Halbjahr 2017 (13.000 Beanstandungen) gegenüber dem Vorjahr (2016 = 20.000) um 35 % zurückgegangen. 4. Personalbedarf 4.1 MBT Abschleppen Der Einsatz des MBT muss grundsätzlich schon mit Blick auf Sicherheitsaspekte (Übergriff), verkehrsregelnde Maßnahmen (falls gleichzeitig mehrere Fahrzeuge betroffen sind) sowie Auskünfte (Betroffene, Bürger, Unbeteiligte usw.) analog der polizeilichen Vorgehensweise ausschließlich in Doppelstreifen erfolgen. Hinzu kommt, dass die Beschäftigten der Verkehrsüberwachung für die Abwicklung von Abschleppmaßnahmen zusätzliche Ausrüstungsgegenstände (Vordruckmappe, Warnschutzkleidung und Digitalkamera) mit sich führen müssen.