Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: S/OB
GRDrs 919/2021
Stuttgart,
11/30/2021



E-Lastenradförderung - Rückblick E-Lastenradförderung für Stuttgarter Familien seit 2018 - Fortschreibung der Förderrichtlinien



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
14.12.2021
15.12.2021



Beschlußantrag:

1. Der als Anlage 1 beigefügten Förderrichtlinie „E-Lastenrad für Stuttgarter Familien 2022/2023“ wird zugestimmt.

2. Dem unter Ziffer 3 der Begründung vorgestellten, langfristig angelegten E-Lastenrad-Vermietsystem „Stuttgarter Rößle“ wird zugestimmt. Die monatliche Miete wird auf

- 20 Euro/Monat für Haushalte mit einer Bonuscard + Kultur,

- 30 Euro/Monat für Haushalte mit FamilienCard und

- 55 Euro/Monat für allen anderen Stuttgarter Haushalten festgelegt.

3. Der Oberbürgermeister wird gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) dazu ermächtigt, die zur Umsetzung der Ziffer 2 notwendigen Verträge abzuschließen, Maßnahmen zu verlassen und entsprechende Detailregelungen zu treffen.

4 Die Auszahlungen für die fortgeschriebene und zusammengeführte Förderrichtlinie „E-Lastenradförderung für Stuttgarter Familien“ und des Vermietsystem „Stuttgarter Rössle“ werden aus den hierfür in den Jahren 2022 und 2023 veranschlagten Mitteln i.H.v. 406.000 Euro p.a. im Teilfinanzhaushalt 810 - Bürgermeisteramt, Projekt-Nr. 7.109851 - E-Lastenräder für Stuttgarter Familien, AuszGr. 781 - Investitionszuweisungen und -zuschüsse an Dritte gedeckt.





Begründung:


Auf die GRDrs. 1069/2017 zur Haushaltsberatung 2018/2019, die GRDrs. 784/2018, 974/2018, 134/2019, die Vorstellungen im Unterausschuss UTA Mobilität vom 29.01.2019 und 28.01.2020 sowie die GRDrs. 102/2020 und 190/2020 wird verwiesen.

1. Rückblick

Das Förderprogramm „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien“ erfreut sich seit der Einführung 2018 großer Beliebtheit und verzeichnet jährlich eine Steigerung der eingereichten Förderanträge. Das Jahr 2020 stellt bislang den Höhepunkt des Förderinteresses dar. Ein pandemiebedingtes verändertes Mobilitätsverhalten einerseits und das wachsende Klimabewusstsein in der Stadtgesellschaft andererseits erklären diese Entwicklung. Klimaerwärmung ist heute keine abstrakte Worthülse mehr, sondern spürbar in Stuttgart angekommen. Daher ist inzwischen die Bereitschaft sehr groß, einen eigenen Teil zu mehr Klimaschutz zu leisten.

Bisher wurden insgesamt mehr als 1.200 Förderanträge eingereicht; nahezu alle konnten positiv beschieden werden. Mittlerweile fahren rund 900 von der Landeshauptstadt geförderte E-Lastenräder auf Stuttgarter Straßen. Rückblickend kann daher festgestellt werden, dass die vom Gemeinderat verabschiedeten Förderrichtlinien ein großer Erfolg sind und die Bürgerschaft das Förderprogramm sehr gerne annimmt.

Mit Einführung einer zusätzlichen sozialen Komponente für einkommensschwächere Familien (Bonuscard+Kultur oder FamilienCard Inhaber*innen) hat auch diese Zielgruppe seit April 2020 eine attraktive Möglichkeit, sich die Anschaffung eines neuen E-Lastenrades auch wirtschaftlich leisten zu können. Von dieser Fördermöglichkeit haben bisher 121 Familien (Stand Oktober 2021) Gebrauch gemacht. Der Anteil an Sozialförderung lag im Zeitraum April bis Dezember 2020 bei 21 Prozent, 2021 liegt der Anteil bisher bei 28 Prozent.

Seit Februar 2021 ist es den Antragstellenden technisch möglich, den Förderantrag auch über die landesweite Plattform von Service-BW (Serviceportal Baden-Württemberg) online zu stellen. Seither nutzten 88 Prozent der Antragstellenden diese Möglichkeit. Die hohen Nutzerzahlen zeigt gleichzeitig die große Bereitschaft der Bevölkerung, digitale Angebote der Verwaltung anzunehmen.

Seit Ende September 2021 kann auch der Antrag auf Auszahlung der Förderung über diese Plattform abgewickelt werden. Der noch fehlende dritte Prozess zur Antragstellung des Nachhaltigkeitsbonus ist derzeit in Vorbereitung und soll rechtzeitig zum erstmöglichen Antragszeitpunkt eingeführt sein.

Im Juni 2021 fand unter allen bereits geförderten E-Lastenradfamilien eine umfangreiche Umfrage mit dem Ziel statt, mehr über deren Motivation, Herausforderungen im Alltag und deren Anliegen zu erfahren. Diese Umfrage ergab, dass bspw. 80 Prozent der Lastenradfahrenden Familien ihr Lastenrad mindestens vier Mal pro Woche bis täglich nutzen. Das Lastenrad dient für diese Familien als alternatives Transportmittel und ersetzt unzählige Pkw-Fahrten in Stuttgart. Mit annähernd 1 Million gefahrenen E-Lastenrad-Kilometern haben die von der Landeshauptstadt Stuttgart geförderten Familien rund 229 Tonnen klimaschädliches CO2 in Stuttgart eingespart. Größte Motivation für das Lastenradfahren ist für die Familien die gewonnene Flexibilität (90 Prozent), gefolgt von dem Bewusstsein etwas für die Umwelt zu tun (85 Prozent) und der Tatsache keinen Parkplatz suchen zu müssen (84 Prozent). Die Befragten sind der Landeshauptstadt sehr dankbar für die Förderung und die dadurch gewonnene Lebensqualität.

Die vollständige Auswertung der Umfrage ist unter www.stuttgart-steigt-um.de eingestellt und wird zudem in einem aktuell in der Entstehung befindlichen Statistischen Blatt veröffentlicht.

Die Beliebtheit des E-Lastenradförderprogramms zeigte sich auch bei den stets gut besuchten Veranstaltungen des Cargo-Bike-Days in den Jahren 2019, 2020 und 2021 auf dem Karlsplatz sowie der Cargo-Bike Roadshow 2019 und 2020 vor der St. Maria Kirche in Stuttgart-Mitte. Hier konnten Interessierte marken- und händlerunabhängig das für sie passende E-Lastenrad herausfinden, dieses mit anderen vergleichen und ausgiebig testen.

Pandemiebedingt ist allerdings die Auslieferung bereits bestellter E-Lastenräder erheblich ins Stocken geraten. Hauptgrund ist das Fehlen einzelner Komponenten (Bremsen, Akkus, Reifen, Mäntel …), die überwiegend aus dem asiatischen Raum geliefert werden.

2. Fortschreibung und Zusammenfassung der Förderrichtlinie „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien“ sowie der Förderrichtlinie „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien mit sozialer Komponente“ für die Jahre 2022/2023

Die Nachfrage nach einer E-Lastenradförderung für Stuttgarter Familien ist weiterhin ungebrochen. Im Jahr 2021 gingen (Stand 17.11.2021) 198 Förderanträge ein.

Ab Ende November 2021 fallen die ersten der einst 2018 geförderten E-Lastenräder aus der zeitlichen Förderbindung und könnten daher für Interessierte erstmals preislich durchaus attraktiv auf dem Gebrauchtwarenmarkt angeboten werden. Diese Entwicklung tritt jedoch nur unter der Annahme ein, dass sich die familiären Umstände, Notwendigkeiten oder Gewohnheiten seit der Anschaffung bei den geförderten Lastenradfamilien verändert haben. Gegen einen Verkauf und für den weiteren Einsatz des eigenen E-Lastenrades in der Familie sprechen die Wirtschaftlichkeit (Betriebskosten gegenüber einem Pkw), der Nutzungskomfort (Parkplatzsuche, schnelles Abstellen und direkte Wegebeziehungen) und der nicht zu unterschätzende Umwelt- und Gesundheitsaspekt für die Nutzenden. Aus diesen Gründen rechnet die Verwaltung nicht mit einer sprunghaft zurückgehenden, sondern weiterhin mit einer stabilen Nachfrage nach neuen E-Lastenrädern für Stuttgarter Familien. Auch hat die bereits erwähnte Umfrage keine Hinweise geliefert, dass Familien in nennenswertem Umfang ihr E-Lastenrad abgeben wollen.

Wesentlicher Kern der Förderrichtlinien ist und bleibt daher die Förderung von Kauf oder Leasing eines E-Lastenrades durch Stuttgarter Familien mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren.

Aus diesem Grund soll die Förderrichtlinie „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien“ inhaltlich unverändert für die Jahre 2022 und 2023 übernommen werden. Um ein Ende der E-Lastenradförderung anzudeuten soll allerdings die Höhe der Grundförderung im Jahr 2023 auf 600 Euro (statt bisher 800 Euro) abgeschmolzen werden. 2022 soll die Grundförderung unverändert 800 Euro betragen.

Weiterhin sollen unverändert 500 Euro nach drei Jahren als „Nachhaltigkeitsbonus“ ausgezahlt werden, wenn im geförderten privaten Haushalt drei Jahre nach Anschaffung (Auslieferung des E-Lastenrades) kein Auto angemeldet war und auch kein Auto zur dauerhaften Verfügung überlassen worden ist oder in den letzten drei Jahren nach Beschaffung des E-Lastenrades ein Auto des Haushaltes ersatzlos abgemeldet worden ist und nach Abmeldung des Autos über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren kein weiteres Auto neu angemeldet wurde.

Inhaltlich soll die Förderrichtlinie „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien mit sozialer Komponente“ dem Grunde nach ebenfalls unverändert fortgeführt werden. Der städtische Zuschuss (Bonus) liegt damit weiterhin bei


jeweils zuzüglich der Grundförderung von 800 Euro in 2022, bzw. 600 Euro in 2023.

Um der preislichen Entwicklung auf dem allgemeinen E-Lastenradmarkt gerecht zu werden, soll allerdings die Obergrenze der förderfähigen „Soziallastenräder“ auf 5.500 Euro angehoben werden. Bislang galt eine Obergrenze von 4.000 Euro, die es den antragstellenden Familien allerdings erheblich erschwert, ein für Stuttgart ausreichend motorisiertes E-Lastenrad zu finden.

Das Angebot an E-Lastenrädern ist sehr dynamisch. In immer kürzeren Abständen kommen neue E-Lastenrad Modelle auf den Markt, andere verschwinden. Auch wenn es die vom Gemeinderat explizit festgelegten und von den Förderrichtlinien abweichenden Ausnahmemodellen GSD von Tern, Electric Mundo und Spicy Curry von Yuba immer noch gibt, gibt es inzwischen ein weiteres mit diesen Modellen vergleichbares E-Lastenrad. Dieses ist das Modell Bergamont E-Cargoville LT Expert. Diese drei Modelle sollen als weitere förderfähige Ausnahmen mit der geänderten Förderrichtlinie beschlossen werden.

Zur Stärkung der Transparenz und besseren Lesbarkeit, wurden die bisherigen Förderrichtlinien „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien“ und „E-Lastenräder für Stuttgarter Familien mit sozialer Komponente“ zusammengeführt, redaktionell überarbeitet und als Anlage 1 dieser GRDrs. beigefügt.

3. Mietangebot ab April 2022

Mit der GRDrs. 190/2020 hat der Gemeinderat auch der langfristig angelegten Vermietung von städtischen (Sozial)-E-Lastenrädern an alle Stuttgarter Haushalte grundsätzlich zugestimmt, Vergleich dort Modell B.

Die Beschaffung der bereits im UA Mobilität vorgestellten E-Lastenrädern hat sich leider aus verschiedenen Gründen erheblich verzögert. Schlussendlich konnte die Bestellung von 60 E-Lastenrädern des Typs Johnny Loco im November 2021 durch das Dienstleistungszentrum (DLZ) ausgelöst werden. Die Lieferung der Räder wird im April 2022 erwartet.

Diese E-Lastenräder werden dann dem Sozialunternehmen Neue Arbeit gGmbH zur Verwaltung und langfristigen Vermietung an Interessierte übergeben. Um ein möglichst niederschwelliges Angebot bieten zu können, wird die Neue Arbeit gGmbH diese Räder auf mindestens zehn Ausgabestellen im Stadtgebiet verteilen. Dies sind sowohl deren eigene Fahrradservicestationen als auch die von ihr betriebenen Bonusmärkte.

Die Anmietung dieser „Stuttgarter Rößle“ getauften E-Lastenräder wird allen Stuttgarter Haushalten zu den nachstehenden Preisen angeboten. Finanzschwächere Haushalte mit Bonuscard+Kultur oder FamilienCard erhalten eine sozial gestaffelte Miete.

Bei der Neuen Arbeit gGmbH entstehen für den administrativen Aufwand der Lagerung, Bereitstellung, Vertragsabschluss, Einweisung, und die Abrechnung/Buchung der Verleihgebühren (zusätzlich zum städtischen Personalaufwand) Kosten von zunächst ca. 50.000 Euro/Jahr. Hinzu kommen noch die Kosten für den Service der ausgeliehenen E-Lastenräder von schätzungsweise 100 Euro pro Rad und Jahr (= 6.000 Euro/Jahr bei 60 Rädern). Ein verpflichtender Radservice soll sicherstellen, dass die vermieteten E-Lastenräder in einem guten (vermietbaren) Zustand bleiben.

Da für kurze oder flexible Leihdauern (etwa analog zum Carsharing) in Stuttgart bereits zehn und ab Frühjahr 2022 insgesamt 20 E-Lastenräder im RegioRadStuttgart zur Verfügung stehen, ist die Ausleihe des „Stuttgarter Rößle“ bewusst langfristig angelegt und sollte mindestens sechs Monate am Stück betragen. Danach soll eine Kündigung mit einmonatigem Vorlauf möglich sein. Dieses Modell eröffnet allen Interessierten die Möglichkeit, dass E-Lastenrad über einen längeren Zeitraum ohne erheblichen finanziellen Investitionsaufwand von mehreren Tausend Euro im persönlichen Alltag ausgiebig zu testen und ggf. danach zurückzugeben. Solange die E-Lastenräder allerdings noch nicht langfristig vermietet sind, besteht natürlich auch die Möglichkeit, diese auch tageweise, bspw. für temporäre Probefahren über ein Wochenende oder für (Test-)Ausflüge (einmalig), auszuleihen.

Alle nachstehenden Mietpreise enthalten den obligatorischen (jährlichen) E-Bike-Service.

Bei einem Kaufpreis von rund 4.200 Euro, abzüglich der (fiktiven) städtischen E-Lastenradförderung von 1.300 Euro (incl. des Nachhaltigkeitsbonus), einer angenommenen Nutzungsdauer von 5 Jahren, einer jährlichen Wartungspauschale von 100 Euro und einer Versicherung von 60 € ergibt sich eine monatliche Miete (ohne Subventionierung) von 55 Euro/Monat. Unvermietete Standzeiten wurden dabei nicht berücksichtigt.

Da einkommensschwächere Familien (Bonuscard+Kultur oder FamilienCard Inhaber*innen), die ja die eigentliche Zielgruppe des städtischen Verleihsystems sind, wirtschaftlich nicht in der Lage ist, eine der Leistung entsprechend angemessene Miete zu bezahlen, wird für diese Gruppe ein politischer Mietpreis festgelegt.

Die Verwaltung schlägt daher für das Stuttgarter Rößle als monatliche Miete vor,

- 20 Euro/Monat für Haushalte mit einer Bonuscard + Kultur

- 30 Euro/Monat für Haushalte mit FamilienCard

- 55 Euro/Monat für allen anderen Stuttgarter Haushalten.

Zur teilweisen Absicherung des Wertes des E-Lastenrades soll eine Kaution von 1.000 Euro erhoben. Von Haushalten mit Bonuscard + Kultur und FamilienCard kann eine Kaution in dieser Höhe nicht erwartet werden. Daher sollen diese Haushalte eine Kaution von 200 Euro hinterlegen. Dies bedeutet allerdings im Ergebnis, dass das Risiko des Verschwindens des E-Lastenrades nahezu vollständig bei der Landeshauptstadt Stuttgart verbleibt. Aus diesem Grund wird aktuelle geprüft, ob die E-Lastenräder seitens der Neuen Arbeit gegen Diebstahl versichert werden können. Diese Versicherungsprämie hat ggfs. noch Einfluss auf die oben genannten monatlichen Mietpreise.


Finanzielle Auswirkungen

Die Auszahlungen für die fortgeschriebene und zusammengeführte Förderrichtlinie „E-Lastenradförderung für Stuttgarter Familien“ und das Vermietsystems „Stuttgarter Rössle“ werden in den Jahren 2022 und 2023 aus den hierfür veranschlagten Mitteln i.H.v. 406.000 Euro p.a. im Teilfinanzhaushalt 810 - Bürgermeisteramt, Projekt-Nr. 7.109851 - E-Lastenräder für Stuttgarter Familien, AuszGr. 781 - Investitionszuweisungen und -zuschüsse an Dritte gedeckt.



Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.


Erledigte Anträge/Anfragen




Dr. Frank Nopper

Anlagen

Förderrichtlinie "E-Lastenräder für Stuttgarter Familien 2022/2023"

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