Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR 6235
GRDrs 629/2022
Stuttgart,
09/29/2022



Straßenbenennungen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich12.10.2022



Beschlußantrag:

Dem in der Begründung aufgeführten Namen für eine Verkehrsfläche wird zugestimmt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Zur Orientierung der Verkehrsteilnehmenden sind Straßenbezeichnungen erforderlich. In diesem Fall soll die Namensgebung gleichzeitig dazu dienen, im Stuttgarter Stadtplan ein Zeichnen von Solidarität und Anti-Rassismus zu setzen.

Der Text des Ergänzungsschildes ist nachrichtlich erwähnt.


Finanzielle Auswirkungen

-





Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

Lageplan

Stuttgart-West

Lfd. Nr.Bisherige Straßenbezeichnung (Farbe im Lageplan)Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
1Teilfläche Johannesstraße
(rot)
Platz nordöstlich des Kreuzungsbereichs Johannesstraße und LerchenstraßeAnton-Wilhelm-Amo-Platz

Text des Ergänzungsschildes
Anton Wilhelm Amo
ca.1703 – ca. 1784
Afrikanischer Philosoph und Dozent

Der Bezirksbeirat West hat im Februar 2021 beantragt, die bisher im Volksmund als Lerchenplätzle bekannte Fläche als Anton-Wilhelm-Amo-Platz zu benennen. Damit soll eine weitere schwarze Persönlichkeit geehrt und gleichzeitig ein Zeichen von Solidarität und Anti-Rassismus gesetzt werden.

Wegen der geplanten systematischen Überprüfung aller Stuttgarter Straßennamen durch die Stelle für Erinnerungskultur sind derzeit Benennungen nach Personen grundsätzlich zurückgestellt. Einige wenige Namensgeber, darunter auch Anton Wilhelm Amo, sind mittlerweile vorab freigegeben.

Die Fläche befindet sich im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Eine Adressenänderung für angrenzende Gebäude hat die Namensgebung nicht zur Folge.

Anton Wilhelm Amo war der erste Philosoph afrikanischer Herkunft in Deutschland, der an einer europäischen Universität einen Doktortitel erhielt und in Deutschland Philosophie unterrichtete.

Geboren wurde der Namensgeber vermutlich im Jahr 1703 in der Nähe von Axim im heutigen Ghana. Die wichtige Hafenstadt in Westafrika war eine Metropole des Sklavenhandels mit Europa. In einem Schiff der niederländischen Westindien-Kompanie wurde Amo als kleines Kind nach Amsterdam gebracht. Diese machte ihn Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel zum Geschenk.

Viele europäische Herrscherhäuser schmückten sich zu dieser Zeit mit sogenannte „Hofmohren“, die etwa als Haussklaven Speisen auftrugen. Gleichzeitig war man aber auch bestrebt, vorhandenes Wissen zu erweitern. Vermutlich betrachtete Herzog Anton Ulrich sein exotisches „Mohrenkind aus Afrika“ deshalb als eine Art Versuchsobjekt, mit dem er ein Experiment durchführte. Die Gesellschaft ging zu der Zeit nämlich davon aus, dass Menschen mit schwarzer Haut unzivilisiert und ohne Vernunftbegabung sind. Der Herzog ließ den kleinen Amo aus Axim christlich auf den Namen Anton Wilhelm taufen und gewährte ihm Zugang zu Bildung. Am Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel blieb er als herzoglicher Lakai aufgeführt und im Status eines Bediensteten.

Zur Überraschung vieler Zeitgenossen erwies sich Anton Wilhelm Amo als Überflieger in Sachen Bildung. Er lernte Deutsch, Latein, Griechisch, Holländisch und Französisch. Mit Mitte Zwanzig schrieb er sich an der Universität Halle ein, seinerzeit das Zentrum der Aufklärungsphilosophie. Bereits nach zwei Jahren trug er seine erste öffentliche Arbeit vor, in der er sich mit dem rechtlichen Status von Mohren in Europa befasste. 1730 promovierte er an der Universität Wittenberg und erhielt den Titel „Magister der Philosophie und der Freien Künste“. Anschließend lehrte er selbst als Privatdozent an den Universitäten Halle und Jena.

Um 1747 kehrte er nach Afrika zurück. Es ist ungeklärt, ob Grund dafür eine unerwiderte Liebe war, der Tod von Freunden und Unterstützern oder rassistische Anfeindungen. Über sein späteres Leben ist nichts mehr bekannt. Auch ist nicht überliefert, wann Anton Wilhelm Amo verstorben ist. Auf seinem (neuen) Grabstein in Ghana ist das Jahr 1784 genannt.

Im Zusammenhang mit der deutschen Anti-Rassismus-Bewegung macht Anton Wilhelm Amo, der sich vom Sklaven zum Gelehrten hochgearbeitet hat, nun im 21.Jahrhundert eine weitere Karriere.



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