Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
334
18b
VerhandlungDrucksache:
489/2018
GZ:
JB
Sitzungstermin: 25.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Schmidt
Betreff: Personalgewinnung und -erhaltung pädagogischer Fachkräfte - trägerübergreifendes Konzept

Vorgang: Jugendhilfeausschuss vom 16.07.2018, öffentlich, Nr. 76
Ergebnis: Zurückstellung

Verwaltungsausschuss vom 18.07.2018, öffentlich, Nr. 285
Ergebnis: Vertagung

Jugendhilfeausschuss vom 23.07.2018, öffentlich, Nr. 109
Ergebnis: Kenntnisnahme


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Jugend und Bildung vom 17.07.2018, GRDrs 489/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Umsetzung der Sofortmaßnahmen zur Personalgewinnung entsprechend Ziffer 2 der Begründung wird zugestimmt.

2. Das Jugendamt wird ermächtigt, ab sofort bis 31.12.2019 Personal außerhalb des Stellenplans im Umfang von 0,5 VZK (EG 9a) für die Verwaltung der Personalzimmer (Ziff. 2.3) sowie 0,5 VZK (EG 10) für die Intensivierung der Auslandspersonalgewinnung (Ziff. 2.2.2) zu beschäftigen.

3. Den überplanmäßigen Aufwendungen/Auszahlungen sowie deren Deckung wird, wie im Kapitel "Finanzielle Auswirkungen" im Detail dargestellt, zugestimmt:

2018: 3.496.000 €
2019: 3.708.200 €


BMin Fezer referiert im Sinne der Vorlage. Das bundesweite enorme Defizit an pädagogischen Fachkräften zwinge dazu, alle denkbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die Ausstattung mit Personal zu verbessern. Die Verwaltung schlage dazu zwei Maßnahmen vor:

1. Die PiA-Auszubildenden-Stellen werden bei den freien Trägern nicht mehr auf die Personalstellen angerechnet. Davon erhoffe man sich eine erhöhte Bereitschaft vor allem bei kleinen Trägern, PiA-Auszubildende aufzunehmen, und so die Zahl künftiger Erzieherinnen und Erzieher zu erhöhen.

2. Die Träger der Kindertagesstätten sollen durch bessere Ausstattung Fachkräfte aus dem EU-Ausland gewinnen. Auch deren Unterbringung müsse optimiert werden.

Weitere Maßnahmen wie die Erschließung neuer Zielgruppen in Kooperation mit Fachschulen oder die Qualifizierung von Kinderpflegerinnen usw. seien zwar auch wichtig, könnten aber erst in den kommenden Haushaltsplanungen angeschoben werden.

StRin Ripsam (CDU) sieht die Dringlichkeit der Situation, bemängelt aber das Missverhältnis von investiertem Geld zu dem Ergebnis der Maßnahmen. Durch das Herausrechnen der PiA-Stellen würde sich die Stellenanzahl zunächst reduzieren. Effizienter sei die Gewinnung von Fachkräften aus dem europäischen Ausland. Abschließend erneuert sie den Antrag Nr. 34/2018 "Kindertagesbetreuung - Personalnot und die (Nicht)Nutzung von Räumlichkeiten" der CDU-Gemeinderatsfraktion u. a. zu Räumlichkeiten, die aufgrund Personalmangels nicht bespielt werden.

Die Vorlage enthält für StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) einige wichtige Bausteine, die für ein erfolgreiches Gesamtkonzept notwendig sind. Die Herausrechnung der PiA-Stellen sehe sie weniger kritisch als StRin Ripsam, da es sich hierbei lediglich um eine rechnerische Größe handle. Damit könne bei den freien Trägern ein Signal gesetzt werden, um mehr PiAs aufzunehmen. Außerdem zwinge der leer gefegte Bewerbermarkt die Stadt dazu, viel Geld in die Personalgewinnung zu stecken. Bei der Einstellung von Erzieherinnen und Erziehern aus dem EU-Ausland müsse man zusätzlich beobachten, wie viele letztendlich in Stuttgart blieben.

Auf den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz verweist StRin Vowinkel (SPD). Sie fordert, die Arbeitsbedingungen von Erzieherinnen und Erziehern grundsätzlich zu verbessern. Diese "weichen Faktoren" seien in der Vorlage nicht enthalten. Sie begrüßt die PiA-Initiative, die kleine Träger in die Lage versetze auszubilden, fordert aber zusätzlich die Eingruppierung der PiAs in Stufe 2 sowie mehr Personalwohnungen für ausländische Bewerberinnen und Bewerber.

Dies sieht auch StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) so. Es dürfe nicht an den Kleinsten gespart werden. Für ihn ist die Rekrutierung aus dem EU-Ausland zwar problematisch, er unterstützt die Vorlage aufgrund der prekären Personalsituation dennoch. Grundsätzlich müsse die Stadt wieder einen großflächigen Einstieg in Betriebs- und Personalwohnungen schaffen; dies sei ein wesentliches Zukunftsinstrument der Personalpolitik insgesamt.

Für die Freien Wähler stimmt StRin von Stein (FW) der Vorlage zu. Für sie ist wichtig, dass im Anschluss dargestellt wird, ob die Maßnahmen erfolgreich waren. Ansonsten schaffe man mit der Ausbildung in Stuttgart lediglich einen Service für die umliegenden Städte, in die die Erzieherinnen und Erzieher aufgrund besserer Wohnmöglichkeiten dann abwanderten.

In Mangelberufen gibt es laut StR Dr. Oechsner (FDP) drei Komponenten, um mehr Menschen für den Beruf zu gewinnen: Dies seien die Schaffung einer ausreichenden Zahl an Ausbildungsplätzen, eine attraktive Ausbildung sowie eine auskömmliche Bezahlung. Mit der Vorlage würden die ersten beiden Punkte erfüllt. In punkto Bezahlung müssten sich die Tarifparteien einig werden. Im europäischen Ausland suchten Menschen Arbeitsplätze, die man in Deutschland bieten könne. Daher sei die Vorlage zu unterstützen.

StR Brett (AfD) sieht mit der Vorlage die Qualität der Ausbildung verbessert und stimmt daher ebenfalls der Vorlage zu.

Herr Freitag (GPR) begrüßt die Vorlage, sieht aber die Personalproblematik in der Haushaltsführung der Stadt Stuttgart begründet. Die Fristen bis 2020 zur Umsetzung von Maßnahmen seien zu lang. Die Nettogehälter seien in den letzten Jahren aufgrund der schnell steigenden Mieten gesunken. Die Verwaltung müsse Vorschläge machen, die unterjährig umgesetzt werden könnten, wie beispielsweise die längst überfällige Eingruppierung der PiAs in Stufe 2.

Darauf reagierend stellt BMin Fezer klar, dass die vorgeschlagenen Summen für Personal bereits im Haushalt eingeplant gewesen seien. Nur weil es bis dato durch nicht besetzte Stellen Einsparungen gegeben habe, seien jetzt kurzfristige Umschichtungen möglich. An StRin Ripsam gewandt betont sie, dass es sich nicht um zusätzliche Ausgaben handele. Für weiterführende Maßnahmen bedürfe es jedoch neuer Haushaltsberatungen. StRin von Stein sagt sie die gewünschte Evaluation zu.

EBM Föll verwahrt sich gegen den Vorwurf von Herrn Freitag, die Verwaltungsspitze blockiere alles. Man gebe unterjährig 3,5 Mio. € mehr aus, was insbesondere kleine und mittlere Träger in die Lage versetze, zusätzliche PiA-Ausbildungsplätze anzubieten. Dies trage zur Stabilisierung der Betriebe bei. Für die unbefriedigende Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher könne nicht die Verwaltung verantwortlich gemacht werden.

StR Körner (SPD) sieht die frei gewordenen Gelder selbstkritisch: Wenn unterjährig mehrere Millionen Euro frei würden, habe man das Thema in den Haushaltsberatungen nicht optimal bearbeitet. Er moniert des Weiteren die unterschiedlichen Begründungsweisen der Verwaltung für die Deckung der geplanten Ausgaben: In der Vorlage würde die allgemeine Deckungsreserve, mündlich der Überschuss durch nicht besetzte Personalstellen genannt. Es müsse durch die Verwaltung besser kommuniziert werden, woher das Geld stamme und wo noch Luft sei.

Der verspätete Start von Betreuungseinrichtungen aufgrund von Bauverzögerungen und unbesetzten Stellen ist laut EBM Föll der Grund für die frei gewordenen Gelder. Es handele sich dabei allerdings nicht um einen Dauereffekt. Daher benötige man die Ermächtigung, die Maßnahmen über die Deckungsreserve zu finanzieren, da man heute nicht abschließend sagen könne, ob die Maßnahmen auch in 2019 abgebildet werden könnten.

Im Verlauf der Aussprache werden von Herrn Korn (JugA) die Details bei der Neuberechnung des Personalschlüssels und den PiAs erläutert. Man müsse die Anrechnungen auf die Förderung und auf die Betriebserlaubnis unbedingt auseinanderhalten.

BMin Fezer stellt abschließend fest:

Der Verwaltungsausschuss beschließt einstimmig wie beantragt.
zum Seitenanfang