Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: AKR/SI 5001-01
GRDrs 1023/2020
Stuttgart,
11/13/2020



Kurzfristige Unterstützung des Gesundheitsamts in der Corona-Krise



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
18.11.2020
19.11.2020



Beschlußantrag:

1) Die Verwaltung wird ermächtigt, außerhalb des Stellenplans befristet bis 30.06.2021 folgendes Personal ab sofort zu beschäftigen:

2) Dem hieraus entstehenden außerplanmäßigen Personalaufwand i. H. v. 256.000 EUR im Haushaltsjahr 2020 wird zugestimmt. Die Finanzierung erfolgt aus der Deckungsreserve Personal im Teilhaushalt 900 – Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 – Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen. Die erforderlichen Mehrbedarfe i. H. v. 1.684.000 EUR im Haushaltsjahr 2021 werden im zu erstellenden Nachtragshaushalt 2021 berücksichtigt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

a) – b) Unterstützungsbedarf durch qualifiziertes Fachpersonal für Corona-Tätigkeiten im Gesundheitsamt

Das Gesundheitsamt benötigt aufgrund der dramatisch steigenden Infektionszahlen (im Oktober 2.816 Infizierte und 6.697 Kontaktpersonen; im Vergleich dazu März: 784 Infizierte und 2.733 Kontaktpersonen) kurzfristige personelle Unterstützung. Sowohl der eingerichtete Personal-Pool Pandemie als auch die Unterstützung der Bundeswehr ist trotz großen Einsatzes für das Gesundheitsamt nicht ausreichend. Insbesondere für das Aufgaben-Cluster 2 (Erstaufnahme positiv getesteter Personen) werden zusätzliche Personalkapazitäten benötigt.

Das Gesundheitsamt zeichnet sich durch eine überdurchschnittlich hohe Teilzeitquote (ca. 65 Prozent) aus und liegt deutlich über dem städtischen Durchschnitt mit 40,60 Prozent. Aus diesem Grund besteht kurzfristig die Möglichkeit bereits beschäftigte, qualifizierte und eingearbeitete Mitarbeitende, die in Teilzeit tätig sind, für die Ausübung von COVID-19-Tätigkeiten befristet aufzustocken. Dies erwies sich bisher als eines der geeignetsten Personalinstrumente, um dem stark erhöhten Arbeitsaufkommen aufgrund der Pandemie personell gerecht werden zu können. So konnten vom 01.04. – 31.07.2020 insgesamt 7,8 Stellen, vom 01.08. – 30.11.2020 insgesamt 5,8 Stellen für entsprechende Aufstockungen über freie Stellenanteile eingesetzt werden. Da zwischenzeitlich alle bestehenden Stellen und Ermächtigungen nahezu vollständig (mit deren Regelaufgabe) besetzt sind, bedarf es zusätzlicher befristeter Personalkapazitäten. Aufgrund der deutlich höheren Fallzahlen als im Frühjahr 2020 sowie der sehr hohen Überarbeitszeiten (mehr als 200 Prozent Anstieg im Vergleich zum Vorjahr) ist davon auszugehen, dass ab 01.12.2020 insgesamt 20,0 VZK Ermächtigungen für befristete Aufstockungen im Gesundheitsamt bereitgestellt werden müssen. Aufgrund der Tatsache, dass im Vorfeld nicht quantifiziert werden kann, wie viele Mitarbeitende von der Möglichkeit der Aufstockung Gebrauch machen, ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 20,0 VZK bis EG 15 TVöD befristet bis 30.06.2021 erforderlich. Bei Bedarf kann auch externes qualifiziertes ärztliches Fachpersonal oder es können Naturwissenschaftler/-innen mit Erfahrung im Infektionsschutz für Corona-Tätigkeiten befristet eingestellt werden. Darunter fallen bspw. Medizinstudenten, pensionierte Ärzt(e)/-innen und aktive Ärzt(e)/-innen. Die entstehenden Personalkosten werden sich nicht vollumfänglich in der EG 15 TVöD niederschlagen, sondern richten sich nach der jeweiligen Eingruppierung der einzelnen Mitarbeitenden. Sollte die Inanspruchnahme von 20,0 VZK nicht vollumfänglich notwendig sein, fallen außerdem entsprechend weniger Personalkosten an.

Daneben soll weiteres geeignetes Fachpersonal eingestellt werden, welches die städtischen Mitarbeitenden aus dem in der GRDrs 429/2020 geschaffenen Personal-Pool Pandemie und die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unterstützen soll. Andererseits erreichen das Gesundheitsamt aktuell zahlreiche Anfragen zur Unterstützung aus der Bevölkerung. Der Bedarf könnte bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen ggf. im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit, durch Personalgestellung bzw. Arbeitnehmerüberlassung oder über die Einstellung bei der LHS als Aushilfskraft gedeckt werden. Für befristete Aushilfen stehen keine freien Stellenanteile mehr zur Verfügung. Aufgrund der stark gestiegenen Fallzahlen ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 25,0 VZK bis EG 6 TVöD befristet bis 30.06.2021 erforderlich. Diese Kräfte sollen im Bedarfsfall befristet eingestellt und entsprechend der auszuführenden Tätigkeit eingruppiert werden (max. EG 6 TVöD). Sollte dieser Fachkräfte-Pool nicht vollumfänglich ausgeschöpft werden, fallen entsprechend weniger Personalaufwendungen an.

Die Personalaufwendungen für die bei der LHS anzustellenden Aushilfen werden im Haushaltsjahr 2020 über die Deckungsreserve finanziert und bei der Aufstellung des Nachtragshaushalts 2021 berücksichtigt. Die ggf. erforderlichen Sachmittel für externe Unterstützung, für die keine Anstellung bei der LHS erfolgt, werden im Haushaltsjahr 2020 im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit gedeckt, im Nachtragshaushalt 2021 wird hierfür eine Pauschale von 150.000 EUR veranschlagt. Sofern der Unterstützungsbedarf zu einem größeren Anteil über externe Unterstützung abgedeckt werden kann, können ausnahmsweise die für die Ermächtigungen veranschlagten Personalaufwendungen im Haushaltsjahr 2021 zur Deckung ggf. anfallender zusätzlicher Sachkosten herangezogen werden.


c) Unterstützungsbedarf für IuK- und Gebäudemanagement im Gesundheitsamt

Durch die gestiegenen (Stellenplan 2020 und GRDrs 429/2020) sowie weiter ansteigenden Personalzahlen, u. a. durch die o. g. zusätzlichen Personalressourcen, müssen die Arbeitsplätze mit Notebooks, Dockingstationen, externen Bildschirmen und Softphones (Möglichkeit zur Telefonie über Notebook) ausgestattet werden. Die vermehrte Anzahl an mobilen Arbeitsplätzen in den o. g. Bereichen des Gesundheitsamts erfordert hier eine besondere Kraftanstrengung. Ferner sind in diesem Zusammenhang permanent Umzüge zu organisieren und Doppelbüros in Einzelbüros umzurüsten. Die Komplexität der Anforderungen zeigt sich gegenwärtig beispielhaft bei der zusätzlichen Beschäftigung von 60 Soldatinnen und Soldaten und dem Einsatz von aktuell ca. 70 Mitarbeitenden aus dem städtischen Personal-Pool Pandemie. Für die Soldatinnen und Soldaten fallen darüber hinaus besondere organisatorische Aufgaben an, wie beispielsweise Unterbringung, Verpflegung, Transport - davon ist auch künftig beim Einsatz von externem Personal auszugehen. Für die Bereitstellung und den Betrieb der o. g. technischen Infrastruktur in der notwendigen 7-Tagewoche des Gesundheitsamtes ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 1,0 VZK in EG 10 TVöD befristet bis 30.06.2021 erforderlich.


d) – e) Unterstützungsbedarf durch Verwaltungspersonal beim Gesundheitsamt und beim Haupt- und Personalamt für die Einstellung und Verwaltung von Fachpersonal

Administrativ verursacht der unter b) genannte Fachkräfte-Pool einen vergleichsweise hohen Aufwand, da die Aushilfskräfte wie reguläre Mitarbeitende einzustellen und zu betreuen sind. Dieser Mehraufwand kann nicht ohne weitere Unterstützung durch die ohnehin bereits aufgrund zahlreicher Einstellungsverfahren und weiterer Zusatzaufgaben im Zusammenhang mit der Pandemie sehr stark belastete Personalverwaltung sowohl beim Gesundheitsamt als auch beim Haupt- und Personalamt geleistet werden. Aus diesem Grund ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 0,5 VZK in EG 10 TVöD für das Gesundheitsamt und 0,5 VZK EG 11 TVöD für das Haupt- und Personalamt befristet bis 30.06.2021 erforderlich.


f) Unterstützungsbedarf beim Erstellen der Absonderungsanordnungen im Amt für öffentliche Ordnung

Aufgrund der stark gestiegenen Fallzahlen ist die Kontaktnachverfolgung und anschließende Absonderung weiterhin ein immens wichtiger Baustein zur Eindämmung der Pandemie. Mit den steigenden Datensätzen steigt auch der Arbeitsaufwand bei der Infektionsschutzbehörde im Amt für öffentliche Ordnung beim Erlass der Absonderungsanordnungen. Derzeit bewegt sich die Zahl der täglichen Anordnungen, insbesondere nach dem Wochenende bei weit über 1.000 Anordnungen. Die stark steigende Zahl der Absonderungsanordnungen zieht sowohl enorme Rückfragen telefonischer als auch schriftlicher Art nach sich, auf dessen Tragweite die Verwaltung personell bisher nicht eingestellt ist.

Die anfallende Mehrarbeit kann von der bisherigen Planstelle Infektionsschutz nicht aufgefangen werden. Aus diesem Grund werden weitere Mitarbeitende der Dienststelle und aus dem Amt eingesetzt, die jedoch andere Pflichtaufgaben wahrnehmen müssen, die aktuell nicht oder nur stark eingeschränkt ausgeübt werden können. Dazu zählen u. a. Mitarbeitende aus den Bereichen Tierschutz, Heimaufsicht und Veranstaltungen. Die Hinzuziehung dieser Mitarbeitenden zur Erledigung der Aufgaben der Infektionsschutzbehörde geht dauerhaft zu Lasten der weiteren staatlichen Aufgabenerfüllung, insbesondere in den o. g. bzw. betroffenen Bereichen. Dies kann dauerhaft nicht hingenommen werden. Aus diesem Grund ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 2,0 VZK in EG 9c TVöD befristet bis 30.06.2021 als Sachbearbeitung in der Infektionsschutzbehörde im Amt für öffentliche Ordnung erforderlich.


g) Unterstützungsbedarf in der Gaststättenbehörde im Amt für öffentliche Ordnung

Das Amt für öffentliche Ordnung hat auch im Bereich des Gaststättenrechts seit dem Erlass der neuen Rechtsverordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus (Corona-Verordnung) zusätzliche weisungsgebundene Pflichtaufgaben der Gefahrenabwehr zu erfüllen. Zu den neuen Aufgaben zählen die Umsetzung der Corona-Verordnung im Bereich der Gastronomiebetriebe und gewerblichen Veranstaltungen, die Überwachung der Einhaltung der Corona-Verordnung, die Beratung der Gewerbetreibenden hinsichtlich einer infektionsschutzkonformen Betriebsführung, Mitwirkung an infektionsschutzrechtlichen Allgemeinverfügungen zur Eindämmung der Infektionsgefahren im Gastronomiebereich.

Die durch die Corona-Verordnung erfolgten Einschnitte in die Betriebstätigkeit haben nahezu alle Gastronomiebetreiber sehr hart getroffen. Dementsprechend versuchen viele Gastwirte und Gastwirtinnen, die Einnahmenausfälle durch Anpassung ihrer Betriebskonzepte, wie z. B. Vergrößerung der Außengastronomie, zu kompensieren. Um die Gewerbetreibenden dabei zu unterstützen, schafften der Gemeinderat und die Stadtverwaltung kurzfristig temporäre Begünstigungen für die Genehmigung und Nutzung der Außengastronomie. Seit dem Inkrafttreten der Erleichterungen gingen ca. 125 Anträge auf Erweiterung von Außenbewirtschaftungsflächen bei der Gewerbe- und Gaststättenbehörde ein.

Auf Grund der sich dynamisch entwickelnden Rechtslage kommt es seit dem Erlass der Corona-Verordnung zudem zu einem enormen Aufkommen an Anfragen seitens der Gewerbetreibenden und auch aus der Bevölkerung. Parallel dazu ist die Verwaltung mit einer sehr großen Anzahl an Beschwerden aus der Bürgerschaft und auch aus der Gastronomieszene selbst über Verstöße gegen die Vorgaben der Corona-Verordnung konfrontiert. Allein bis Anfang November wurden ca. 2.000 Anfragen und ca. 900 Beschwerden mit Bezug zur Corona-Verordnung bei der Gewerbe- und Gaststättenbehörde verzeichnet. Infolge der Beschwerden wurden bisher ca. 20 Einsätze mit Kontrollen in mehreren Betrieben durchgeführt. Zudem wurden ca. 35 Hygienekonzepte angefordert und überprüft.

Für die Bearbeitung rechtlich und tatsächlich schwieriger gaststättenrechtlicher Fälle stehen derzeit lediglich 2,5 Stellen zur Verfügung. Die Verwaltung wird auf derzeit noch nicht absehbare Zeit mit einem deutlich höheren Arbeitsanfall konfrontiert sein. Zur Bearbeitung der Fälle wird derzeit zusätzlich ein erheblicher Anteil der Arbeitsleistung der drei Vollzeitstellen für den Bereich Spielrecht herangezogen, sodass auch dessen herkömmliche Pflichtaufgaben nicht mehr im gebotenen Umfang umgesetzt werden können. Die dauerhafte Heranziehung dieser Mitarbeitenden ist nicht möglich, da den anderen gaststättenrechtlichen Pflichtaufgaben wieder nachgekommen werden muss. Zur Bewältigung des deutlich gestiegenen Arbeitsaufkommens ist die Einrichtung von Ermächtigungen im Umfang von 1,0 VZK in EG 10 TVöD befristet bis 30.06.2021 als Sachbearbeitung in der Gaststättenbehörde im Amt für öffentliche Ordnung erforderlich.

Finanzielle Auswirkungen

Die Maßnahmen führen zu außerplanmäßigen Personalaufwendungen i. H. v. 256.000 EUR im Haushaltsjahr 2020. Die Finanzierung erfolgt aus der Deckungsreserve Personal im Teilhaushalt 900 – Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 – Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen. Sollten im Haushaltsjahr 2020 Sachkosten anfallen für externe Unterstützung, für die keine Anstellung bei der LHS erfolgt, werden die Kosten im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit gedeckt.

Die erforderlichen Personalaufwendungen i. H. v. 1.684.000 EUR sowie Sachaufwendungen i. H. v. 150.000 EUR im Haushaltsjahr 2021 werden im zu erstellenden Nachtragshaushalt 2021 berücksichtigt. Bei der Berechnung der Personalkosten wurde davon ausgegangen, dass die Ermächtigungen zum Unterstützungsbedarf durch qualifiziertes Fachpersonal für Corona-Tätigkeiten im Gesundheitsamt (vgl. 1 a) und 1b)) nicht zu jeder Zeit vollständig in Anspruch genommen werden.

Sofern die Unterstützung des Gesundheitsamts zu einem größeren Anteil über externe Unterstützung abgedeckt werden kann, können ausnahmsweise die für die Ermächtigungen veranschlagten Personalaufwendungen im Haushaltsjahr 2021 zur Deckung ggfs. anfallender zusätzlicher Sachkosten herangezogen werden.


Beteiligte Stellen

Die Vorlage wurde mit den Referaten AKR, WFB, SOS und SI abgestimmt.





Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Anlagen

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