Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit/Ordnung und Sport
Gz:
SOS
GRDrs
952/2018
Stuttgart,
11/08/2018
Auswirkungen der Umsetzung der Maßnahme M1 der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart auf das Amt für öffentliche Ordnung
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
öffentlich
21.11.2018
Beschlußantrag:
1. Der Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans sieht als Maßnahme M1 ein ganzjähriges Verkehrsverbot in der Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 5 / V vor. Der in dieser Vorlage beschriebenen Umsetzung wird zugestimmt.
2. Vom
zusätzlichen Personalbedarf
wird Kenntnis genommen.
Beim Amt für öffentliche Ordnung fallen zunächst folgende Bedarfe an:
2.1 Straßenverkehrsbehörde
1,0 Vollzeitkräfte in EG 11
2,0 Vollzeitkräfte in EG 9c
9,0 Vollzeitkräfte in EG 8
2.2 Bußgeldstelle
2,0 Vollzeitkräfte in EG 8
2,0 Vollzeitkräfte in EG 9c
Die Verwaltung wird ermächtigt, dem Arbeitsanfall entsprechend Personal in o. g. Umfang außerhalb des Stellenplans zunächst befristet bis 31.12.2019 zu beschäftigen.
3. Sofern die oben genannten Kapazitäten nicht ausreichen, wird die Verwaltung darüber hinaus ermächtigt, bei entsprechendem Arbeitsanfall bis zu 5 weitere Vollzeitkräfte in EG 8 befristet bis 31.12.2019 zu beschäftigen.
4. Die Verwaltung wird ermächtigt, das entsprechende Personal befristet und/oder über Zeitarbeitsfirmen zu beschäftigen.
5. Die Finanzierung des überplanmäßigen Aufwands für Ermächtigungen im o. g. Umfang i. H. v. bis zu 878.000 EUR erfolgt 2019 aus der Deckungsreserve Personalaufwand im Teilhaushalt 900 - Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 - Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 400 - Personalaufwendungen. Zur Deckung der Sachkosten für die Ausstattung der Arbeitsplätze i. H. v. bis zu 48.000 EUR wird 2019 die Deckungsreserve Sachaufwand im Teilhaushalt 900 - Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 - Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 - Sonstige ordentliche Aufwendungen herangezogen.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
1.
Allgemeines
Der zum 01.01.2006 in Kraft getretene Luftreinhalteplan Stuttgart hat eine Verbesserung der Luftqualität im Stadtgebiet Stuttgart zum Ziel. Die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen hat zwar bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Luftschadstoff-Belastung in Stuttgart geführt, jedoch nicht zur stadtweiten Einhaltung der Grenzwerte. Das Regierungspräsidium hat deshalb mit der 1. und 2. Fortschreibung in den Jahren 2010 und 2014 zusätzliche Aktivitäten eingeleitet.
Die inzwischen annähernd 40 verschiedenen Maßnahmen führten zwar zu einer weiteren Verbesserung der Belastungssituation in Stuttgart, trotzdem werden die Grenzwerte für die Kurzzeitbelastung bei Feinstaub und die Langzeit-
und
Kurzzeitbelastung bei Stickstoffdioxid nicht überall im Stadtgebiet eingehalten. Deshalb muss der Luftreinhalteplan der Landeshauptstadt Stuttgart erneut mit weitergehenden Maßnahmen fortgeschrieben werden. Zuletzt wurde dem Gemeinderat mit GRDrs 758/2018 der Entwurf der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorgelegt. Nach dem aktuellen Zeitplan soll die 3. Fortschreibung zum 01.12.2018 in Kraft treten.
Neben verschiedenen anderen Maßnahmen (vgl. Anlage 1 des Maßnahmenpakets zur Luftreinhaltung) gehört zu den vordringlichsten Regelungen die Maßnahme M1 mit der Einführung eines ganzjährigen Verkehrsverbots für Diesel-Kfz bis
einschließlich der Abgasnorm Euro 4 / IV oder schlechter in der Umweltzone Stuttgart ab 01.01.2019. Für Stuttgarter Bürger/-innen soll das Verkehrsverbot nach derzeitigem Stand erst zum 01.04.2019 in Kraft treten.
Für die Umsetzung der Vorgaben aus den Urteilen des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des weiteren Vorgehens bei Diesel-Kfz mit Euro 5 / V erfolgt eine Evaluierung, auf deren Grundlage sich entscheidet, ob ab 01.09.2019 ein Verkehrsverbot für Diesel-Kfz mit Euro 5 / V in Kraft tritt.
Innerhalb des Landes Baden-Württemberg nimmt die Umweltzone Stuttgart zum wiederholten Mal eine Sonderstellung ein, da gegenwärtig keine weitere Umweltzone eine derartige Verschärfung auferlegt bekommen hat.
Soweit Maßnahmen nach der im Luftreinhalteplan explizit aufgeführten Ausnahmekonzeption getroffen werden (Erteilung von Ausnahmegenehmigungen), erfolgen diese ausschließlich in der Zuständigkeit der Stadt. Eine Prüfung durch das Verkehrsministerium zum Thema Amtshilfe durch die umliegenden Landkreise war negativ.
Im Hinblick auf die zahlreichen Ausnahmetatbestände (Anlage 2 des Maßnahmenpakets zur Luftreinhaltung) mit einem teilweise hohen Einzelfall-Prüfungsauf-wand und das knappe Zeitfenster, kann eine sachgerechte Erledigung nur mit zusätzlichem Personal sichergestellt werden.
Darüber hinaus wird für die Ahndung gegen die Verkehrsverbote bei der Bußgeldstelle ein Mehrbedarf entstehen, der ohne zusätzliches Personal nicht bewältigt werden kann.
2. Personalbedarf im Einzelnen
Straßenverkehrsbehörde - Erteilung von Ausnahmegenehmigungen
Der Zeitbedarf für die Beantwortung von Anfragen liegt auf der Basis von statistischen Erhebungen im Rahmen der Feinstaubplakettenaktion im Jahre 2008 bei durchschnittlich 12 Minuten, der für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen bei durchschnittlich 25 Minuten.
Die im Einzelnen erforderlichen Arbeitsschritte entsprechen grundsätzlich der Vorgehensweise bei den Ausnahmegenehmigungen „Feinstaubplakette“.
Von den derzeit in Stuttgart zugelassenen 320.000 Kraftfahrzeugen (PKW und LKW, ohne Motorräder; Quelle: Jahresbericht 2017 des Amts für öffentliche Ordnung; Zahlenwerte gerundet) haben rund 30.000 Fahrzeuge die Abgasnorm Euro 4 / IV oder schlechter. Darunter sind rund 28.000 PKW und ca. 2.000 LKW (Quelle: Statistisches Amt). Dies entspricht 9,3 % des Gesamtbestands. Damit sind diese Fahrzeuge grundsätzlich von einem Fahrverbot betroffen und die Halter müssen ggf. einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen.
Zusätzlich sind noch die Fahrzeuge zu berücksichtigen, die aus dem Umland in das Stadtgebiet einfahren. Laut einer Erhebung des Stadtplanungsamts aus dem Jahr 2016 waren dies an einem Werktag 451.000 Fahrzeuge; allerdings ist diese Zahl stichtagsbezogen und somit mit Unsicherheiten behaftet. Eine gewisse Unschärfe durch Doppelerfassungen muss ebenfalls in Kauf genommen werden. Prozentual wird davon ausgegangen, dass sich der Anteil der Euro 4 / IV-Fahrzeuge in einer vergleichbaren Größenordnung wie in Stuttgart bewegt. Damit wären auf dieser Basis weitere rund 42.000 Fahrzeuge von der Regelung betroffen.
Ob, in welchem Umfang und in welchem Zeitfenster für die zum jetzigen Zeitpunkt geschätzten 72.000 Fahrzeuge tatsächlich Anträge gestellt werden, kann derzeit nicht seriös beurteilt werden.
Anhand der ermittelten Zahlenwerte wäre unter Zugrundelegung einer wünschenswerten Bearbeitungsdauer eine Hochrechnung möglich, wie viel Personal zur Bearbeitung benötigt wird. Dies ist insoweit nicht zielführend, als dass die Zahlen auf reinen Prognosen beruhen. Diese basieren in wesentlichen Bereichen auf Annahmen wie Anzahl der betroffenen Kraftfahrzeuge oder Zahl der Anfragen und Anträge. In welcher Größenordnung die relevanten Eckpunkte tatsächlich zum Tragen kommen, kann gegenwärtig nicht abschließend beurteilt werden.
Dies gilt prinzipiell auch für die Bearbeitungsdauer. Hier liegen nur belastbare Erfahrungswerte aus der Feinstaubaktion vor. Inwieweit diese weiterhin Bestand haben, muss abschließend ermittelt werden.
Um die Antragsflut bewältigen zu können, wird daher zunächst folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:
·
Bei der Straßenverkehrsbehörde wird eine Organisationseinheit ausschließlich für die Bearbeitung von Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen eingerichtet.
·
Aus zeitlichen Gründen müssen in einem ersten Schritt interimsweise 9 Mitarbeiter/innen im mittleren Dienst sowie 1 Leiter/in im gehobenen Dienst diese Aufgabe im Wege der Abordnung wahrnehmen. Zwei weitere Mitarbeiter/innen des g. D. werden noch gesucht. Diese Größenordnung scheint unter den gegebenen Umständen wie personelle Verfügbarkeit, Schulungs- und Raumbedarf sowie Sachausstattung vertretbar.
·
Damit muss ein massiver Einbruch in die Aufgabenerfüllung der Bereiche im Amt für öffentliche Ordnung in Kauf genommen werden, die dafür Personal abzustellen haben. Nach Beschlussfassung muss daher dieses Interim durch reguläre Personalrekrutierungen mit Hilfe der Ermächtigungen unbedingt und so schnell es möglich ist, abgelöst werden.
·
Sofern es sich weiterhin abzeichnet, dass diese Ausstattung nicht ausreichen sollte, kann die Verwaltung mit den weiteren 5 „back up“-Ermächti-gungen schnell reagieren und weiteres Personal einsetzen. Die Besetzung dieser Kapazitäten erfolgt in Abstimmung zwischen dem Amt für öffentliche Ordnung, dem Haupt- und Personalamt sowie der Stadtkämmerei.
·
Die Verwaltung wird die Personalbedarfe zu gegebener Zeit evaluieren. Sollte sich abzeichnen, dass ein weiterer erhöhter Personaleinsatz notwendig wird, wird die Verwaltung eine weitere Beschlussvorlage einbringen.
·
Zusätzlich muss bei einem evtl. eintretenden zusätzlichen Verkehrsverbot für Diesel Euro V / 5 ab 01.09.2019 mit einer weiteren Antragswelle gerechnet werden.
Bußgeldstelle - Ahndung von Verstößen gegen das Verkehrsverbot
Sofern Verkehrsverstöße nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens bezahlt werden, werden diese der Bußgeldstelle im Rahmen des Bearbeitungsprogramms OWI 21 angezeigt. Auf dieser Basis kann parallel geprüft werden, ob sich das beanstandete Fahrzeug ordnungsgemäß im Sinne der Vorgaben des Luftreinhalteplans im Stadtgebiet befindet. Dies betrifft sowohl Verstöße im ruhenden Verkehr als auch solche aus der Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung.
Finanzielle Auswirkungen
1. Kosten
1.1 Personal
Straßenverkehrsbehörde
Sowohl für die Erteilung rechtsverbindlicher Auskünfte als auch für die rechtlich nachprüfbare Bearbeitung der Anträge werden entsprechend qualifizierte Mitarbeiter benötigt. Bei einer Eingruppierung in EG 8 betragen die Personalkosten für die vorgesehenen 9 VZK insgesamt 467.100 €, die Funktion eines Leiters in EG 11 schlägt mit weiteren 73.100 € zu Buche. Die Kosten für die beiden VZK in EG 9c belaufen sich auf 117.000 €.
Direkte Personalkosten insgesamt: 657.200 € jährlich.
Bußgeldstelle
Hochrechnungen auf der Basis der angenommenen Eckwerte (Fallzahlen) können bei der Bußgeldstelle für die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten zu einem Personalmehrbedarf von bis zu 4 VZK führen (je 2 x EG 8 / EG 9c). Es wird aber zunächst sinnvoll sein, die tatsächliche Entwicklung der (Gesamt)Fallzahlen bei der Bußgeldstelle mit den Vorjahreswerten im selben Zeitraum zu vergleichen und daraus einen eventuellen Mehrbedarf abzuleiten.
Die direkten Personalkosten würden in diesem Fall 220.800 € jährlich betragen.
1.2 Sachausstattung
Für die Ausstattung eines Arbeitsplatzes wird ein einmaliger Betrag von 3.000 €. In Ansatz gebracht. Die laufenden Kosten werden bei Bedarf im nächsten Doppelhaushalt berücksichtigt.
Sachkosten (einschl. EDV-Kosten) für 16 Arbeitsplätze insgesamt: 48.000 € einmalig.
Die kompletten Arbeitsplatzausstattungen können aufgrund der bereits beschlossenen Stellenschaffungen beim Amt im Anschluss weiterverwendet werden. Dies ist unabhängig von der tatsächlichen Dauer des Bestehens der Organisationseinheit.
1.3 Raumkosten
Sofern Personal in dieser Größenordnung eingesetzt wird, ist dies nicht in den vorhandenen Räumlichkeiten realisierbar.
Für eine interimsweise Unterbringung ab 01.11.2018 stehen zunächst geeignete Räumlichkeiten in der Jägerstr. 14 - 18 zur Verfügung. Nach Abschluss der Arbeiten zu den GR- und Europawahlen im Mai 2019 kann die Organisationseinheit in den Räumen des Statistischen Amts in der Eberhardstr. 39 (B 4) untergebracht werden. Dies wird voraussichtlich Mitte 2019 der Fall sein.
Zusätzliche Kosten für die Anmietung von Räumen seitens der Stadt entstehen nicht.
2. Einnahmen (Gebühren)
Die möglichen Einnahmen generieren sich in unmittelbarer Abhängigkeit von der Anzahl der erteilten Genehmigungen. Die Frage, ob diese gebührenfrei erteilt werden oder in welcher Höhe Gebühren verlangt werden, befindet sich derzeit in Klärung.
Weitere Einnahmen werden sich aus den Erträgen von Bußgeldern ergeben, da bei einem Verstoß gegen das Dieselverkehrsverbot ein Bußgeld in Höhe von 80,00 € fällig wird. In welcher Höhe tatsächlich Erträge aus Bußgeldern entstehen, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.
3. Einnahmeverluste und weitere Auswirkungen aufgrund von Zurückstellung anderer Aufgaben
Um den Personalbedarf zumindest in der Anfangszeit decken zu können, werden vorhandene Mitarbeiter/-innen aus verschiedenen Bereichen der Verkehrsüberwachung abgezogen. Dies wird zu Einnahmeverlusten z.B. durch eine geringere Intensität bei der Parkraum- sowie Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung führen. Auch bei der Überwachungsintensität müssen Abstriche in Kauf genommen werden.
Ob und wie lange sich diese Einschränkungen bei der eigentlichen Aufgabenstellung in Einklang bringen lassen, ist derzeit nicht vorhersehbar.
Es muss deshalb versucht werden, über reguläre Ausschreibungsverfahren bzw. die Einschaltung von Zeitarbeitsfirmen geeignetes Personal zu rekrutieren.
Beteiligte Stellen
Die Referate AKR und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.
Vorliegende Anträge/Anfragen
--
Erledigte Anträge/Anfragen
--
Dr. Martin Schairer
Bürgermeister
Anlagen
--
<Anlagen>
zum Seitenanfang