Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: 9010-00
GRDrs 1029/2013
Stuttgart,
11/21/2013



Grundsatzbeschluss Bürgerbeteiligung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
04.12.2013
05.12.2013



Beschlußantrag:

1) Die Verwaltung wird beauftragt, die schon bestehenden Bürgerbeteiligungsverfahren in Stuttgart zu ergänzen und zusammenzuführen, um im Sinne einer neuen Beteiligungskultur den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zum Wohl der Stadtgesellschaft voranzubringen. Dies soll durch verlässliche und verbindliche Verfahren zur Durchführung von Bürgerbeteiligung in Stuttgart, die sowohl von den Bürgern als auch von der Verwaltung initiiert werden können, erreicht werden.


2) Eine erweiterte Arbeitsgruppe unter der Federführung von Referat AK, bestehend aus Vertretern von Verwaltung, Bürgerschaft und Wissenschaft erarbeitet unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Städte eine umfassende Regelung zu Prozess- und Standardabläufen von Bürgerbeteiligung, die nicht über gesetzliche Vorgaben formalisiert ist und legt dem Gemeinderat einen Vorschlag zur Umsetzung vor.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich Bürgerinnen und Bürger bei zentralen politischen Entscheidungen nicht mehr mit den formellen und meist repräsentativen Beteiligungsstrukturen zufrieden geben, die sie vorfinden. Sie äußern offen Meinungen zu politischen Themen und Projekten und fordern auf Ebene der Kommune, der Länder und des Bundes Vernetzung, Beratung und eine weiter reichende Partizipation ein. Auf die Kommune als eigene Verwaltungseinheit und untere staatliche Behörde kommt hier eine besondere Verantwortung für die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu. Gefragt ist daher die Entwicklung von Beteiligungsverfahren, die die Abläufe der repräsentativen Demokratie (formale Beteiligungsverfahren wie z.B. nach Baugesetzbuch etc.) ergänzen. Nicht überall, wo Bürgerbeteiligung denkbar oder wünschenswert wäre, ist dies rechtlich auch möglich. Daher kann nicht bei allen Vorhaben in der Stadt eine Bürgerbeteiligung durchgeführt werden.

Die Landeshauptstadt Stuttgart will die bestehenden Beteiligungsformen weiterentwickeln, Beteiligungsprozesse in Bezug auf ein möglichst breites Themenspektrum erweitern und damit eine neue Beteiligungskultur implementieren. Davon können unterschiedliche Handlungsfelder in der Stadt betroffen sein, z.B. die Stadtentwicklung, Bildung, Kultur oder die Infrastruktur. Die Entscheidungshoheit des Gemeinderates wird durch Bürgerbeteiligungsverfahren nicht ersetzt. Die starke dezentrale Struktur der Einbeziehung der Belange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort durch die Bezirksbeiräte ist dabei zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung fließen in die verwaltungsinternen Abwägungs- und Entscheidungsprozesse ein, binden aber nicht den Gemeinderat in seiner Entscheidung.

Eine referatsübergreifende Arbeitsgruppe unter Leitung des Referats AK hat zur Vorbereitung des eigentlichen Entwicklungsprozesses bereits zwei Grundlagen erhoben:


1. Art und Anzahl von nicht gesetzlich vorgegebenen Beteiligungsverfahren, die seitens der Verwaltung in Stuttgart aktuell durchgeführt werden oder zeitnah vorgesehen sind (Anlage 1).


2. Gegenüberstellung von Bürgerbeteiligungsverfahren in anderen, ausgewählten Städten (Anlage 2). Zahlreiche Städte haben in den vergangenen Jahren - unter anderem durch Zielsetzung gemeinsamer Stadtentwicklung - im Trialog (Bürgerschaft, Rat, Verwaltung) Erfahrung mit Methoden der Beteiligung gemacht und teilweise intensiv mit den politischen Verfahren der Kommune verflochten. Infolge einer Bewertung von Qualität, Nachhaltigkeit und Verbindlichkeit wurde die aktuelle Entwicklung in Heidelberg als besonders beispielhaft eingestuft und im Detail recherchiert.


Die referatsübergreifende Arbeitsgruppe kommt in den ersten Überlegungen zu folgenden Zwischenergebnissen:

· Basis für das Regelwerk in Stuttgart müssen die Grundprinzipien der Bürgerbeteiligung „Offenheit, Frühzeitigkeit, Prozesshaftigkeit und Verbindlichkeit“ sein. Auf Grundlage dieser Prinzipien sollen transparente und strukturierte Standardabläufe für die unterschiedlichen Bürgerbeteiligungsverfahren entwickelt und stadtweit eingeführt werden.

· Bürgerbeteiligung soll als Chance für eine Weiterentwicklung der gesamten Verwaltung genutzt werden. Die Einführung und Umsetzung von standardisierten Bürgerbeteiligungsverfahren hat Auswirkungen auf nahezu alle Bereiche der Verwaltung und muss daher auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transparent und nachvollziehbar sein. Die Verantwortlichen müssen in die Lage versetzt werden, Beteiligungsprozesse kompetent durchzuführen und zu unterstützen. Eine ergebnisorientierte Umsetzung ist nur möglich, wenn die verwaltungsinternen Geschäftsprozesse im Rahmen der Bürgerbeteiligung erfasst, beschrieben und gegebenenfalls optimiert werden. Damit wird eine Qualitätssicherung erreicht, die für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung Voraussetzung ist.

· Es müssen neben den Standardabläufen der Bürgerbeteiligung auch die Vorgehensweisen bzgl. der Kommunikation (intern und extern) und Öffentlichkeitsarbeit definiert werden.

· Die Verwaltung legt dem Gemeinderat frühzeitig eine Liste mit konkreten Maßnahmen und Projekten vor, bei denen ein Interesse oder die Betroffenheit einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern unterstellt werden kann. Die einzelnen Vorhaben werden von den Fachbereichen benannt. Der Gemeinderat beschließt die Maßnahmen, die in ein Bürgerbeteiligungsverfahren münden. Für haushaltsrelevante Maßnahmen, die im Doppelhaushalt abgebildet sind, erfolgt zukünftig der Beschluss zur Bürgerbeteiligung bereits im Rahmen der Haushaltsplanberatungen.

Weiteres Vorgehen
Mit der angestrebten Stuttgarter Regelung von Bürgerbeteiligungsverfahren sind erhebliche und grundsätzliche Auswirkungen auf das städtische Verwaltungshandeln zu erwarten. Für ein Stuttgarter Modell sind deshalb umfassende formale, rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Voraussichtlich Ende 2014 wird der Vorschlag der erweiterten Arbeitsgruppe zur Umsetzung fertiggestellt sein und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. Es ist beabsichtigt, dass dann ein erweiterter Kreis der Bürgerschaft durch ein geeignetes Verfahren in die Abstimmung des Konzepts einbezogen wird. Die Ergebnisse aus der Konzeptabstimmung mit den Bürgern sollen danach in einer ergänzten Vorlage dem Gemeinderat im Jahr 2015 zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Hier sind dann auch die personellen und finanziellen Auswirkungen mit Blick auf die Haushaltsplanberatungen 2016/2017 aufzuzeigen.

Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

L/OB, S/OB, AK, WFB, RSO, KBS, SJG, StU, T

Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag 68/2013 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Spielregeln und Standards für Bürgerbeteiligungsverfahren Gemeinsam eine lebendige Kultur der Beteiligung entwickeln" vom 07.02.2013




Fritz Kuhn

Anlagen

Anlage 1 - Aktuelle Beteiligungsverfahren der Landeshauptstadt Stuttgart
Anlage 2 - Bürgerbeteiligung in anderen Städten, Überblick




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Anlage 2.pdfAnlage 2.pdfAnlage 1.pdfAnlage 1.pdf