Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
656/2018
GZ:
AKR 0501-04
Sitzungstermin: 05.12.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Landespersonalvertretungsgesetz
Nachbesetzung für Freistellungen von Personalratsmitgliedern

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 19.11.2018, GRDrs 656/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1.1 Die bestehende Ermächtigung zur Nachbesetzung von Freistellungen der örtlichen Personalräte vom 04.12.2014 auf der Grundlage der GRDrs 671/2014
sowie deren Ergänzung i. V. m. GRDrs. 753/2014 wird bis zum Ende der nächsten Wahlperiode der Personalvertretung, voraussichtlich bis Juli 2024, fortgeführt:


Die Verwaltung wird daher ermächtigt, nach den Personalratswahlen 2019 die Freistellungen der neu gewählten örtlichen Personalräte nach dem Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG) in den Kategorien 1 und 2 (also Bereiche mit Dienstplan, gesetzlichen oder vertraglichen Personalbemessungsgrundsätzen und vom Gemeinderat beschlossenen Stellenschlüsseln) vollständig nachzubesetzen. Freistellungen in den übrigen Bereichen (Kategorie 3) können zu 50 % nachbesetzt werden.

1.2 Im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Verwaltung soll mit den Nachbesetzungen für freigestellte Personalräte der Eigenbetriebe weiterhin analog verfahren werden.

2. Die Arbeitsverträge der Mitarbeiter/-innen, die für freigestellte Mitglieder der örtlichen Personalräte befristet auf 31.12.2018 eingestellt werden konnten (Nachbesetzungen), werden zunächst längstens bis zum Ende der laufenden Amtszeit der Personalvertretung (voraussichtlich Juli 2019) verlängert. Weitere Verlängerungen oder Anpassungen erfolgen nach den Personalratswahlen entsprechend Beschlussziffer 1.1.

3. Rechtzeitig vor Ablauf dieser Ermächtigung wird über deren Beibehaltung oder Änderung neu entschieden. Die Verwaltung wird beauftragt, bis Anfang 2024 eine
Bestandsaufnahme unter Berücksichtigung struktureller und finanzieller Entwicklungen durchzuführen und auf dieser Grundlage dem Gemeinderat einen entsprechenden Beschlussantrag vorzulegen.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Nachdem sich gegen den Vorschlag von StRin Ripsam (CDU), dass zu Beginn der Beratung die Position des Gesamtpersonalrats (GPR) durch dessen Vorsitzenden, Herrn Freitag, vorgetragen wird, keine Einwendungen ergeben, stellt Herr Freitag eingehend die Inhalte der Vorlagenanlage dar. Dabei bezeichnet er die von der Verwaltung vorgeschlagene Nichtnachbesetzung eines Teils der Personalratsfreistellungen in den Dienststellen angesichts der städtischen Kassenlage, des Fachkräftemangels sowie des demografischen Wandels als nicht nachvollziehbar. Die Vorlage beinhalte keine Aktualisierung entsprechend der aktuell geltenden realen Bedingungen. Dass Vorlagen zum Personalbereich nicht auf aktuelle Gegebenheiten eingehen, werde seitens des GPR immer wieder bemängelt. Er appelliert an den Gemeinderat, die 3,8 Vollkraftwerte zu 100 % unbefristet nachzubesetzen. Der Gemeinderat hätte bis auf die ersten sechs Monate nach einer solchen Beschlussfassung jederzeit die Möglichkeit, diese Thematik wieder aufzurufen. Die anstehenden entscheidenden Weichenstellungen in der städtischen Personalpolitik müssten damit beginnen, dass auch bei solchen Vorlagen Realitäten akzeptiert würden. Im Verlauf der Aussprache macht Herr Freitag auf einen Schreibfehler in der GPR-Stellungnahme (Anlage der Vorlage) aufmerksam. Demnach muss das Datum auf der Seite 2, zweite Zeile nicht 31.08.2018, sondern 31.08.2019 lauten.

Anschließend trägt BM Dr. Mayer vor, 2014 habe der Gemeinderat aus Anlass der Novellierung des LPVG grundsätzlich beschlossen, dass in zwei Kategorien 100%ige Nachbesetzungen und in der dritten Kategorie lediglich zu 50 % Nachbesetzungen erfolgen sollen. Darüber habe der Ausschuss zwischenzeitlich erneut im Rahmen der Etatberatungen 2018/2019 im Herbst 2017 diskutiert mit dem mehrheitlichen Ergebnis, die seitherige Nachbesetzungsform beizubehalten. Daher werde nun im kleinen Stellenplanverfahren seitens der Verwaltung die Fortsetzung dieser Vorgehensweise vorgeschlagen. Sollte der Gemeinderat daran etwas ändern wollen, sollte dies im Rahmen eines regulären Stellenplanverfahrens geschehen.

StRin Ripsam spricht von einer schlüssigen Argumentation der Verwaltung. Sie habe nicht den Eindruck, dass es zu wenig Personalratskapazitäten in der Verwaltung gebe. Auch mache die hohe Anzahl nicht besetzter Stellen weniger Freistellungen notwendig. Zu der von ihr für die Zeit zwischen dem Auslaufen der seitherigen Regelung (31.12.2018) und den Personalratswahlen im Juli 2019 nachgefragten Übergangslösung verweist der Vorsitzende auf die Beschlussantragsziffer 2.
Auch für StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) ergibt sich unterjährig kein Bedarf, für Nachjustierungen an der seitherigen Regelung. Man wolle dieses Thema allerdings bei den kommenden Etatberatungen nochmals besprechen.

In der Folge stellt StR Körner (SPD) folgenden Antrag zur Änderung der Beschlussantragsziffer 1.1:

- Streichung des ersten Absatzes
- Neuformulierung des zweiten Absatzes der Beschlussantragsziffer 1.1:

"Die Verwaltung wird ermächtigt, nach den Personalratswahlen 2019 die Freistellungen der neugewählten örtlichen Personalräte nach dem LPVG Baden-Württemberg vollständig nachzubesetzen."

Für die SPD-Gemeinderatsfraktion gehe es grundsätzlich um die Frage, wie die Mitbestimmung bei der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) gelebt werde. Die nicht vollständige Nachbesetzung freigestellter Personalräte verstoße gegen einen Grundsatz der Mitbestimmung, da dies dazu führe, dass die betroffenen Abteilungen/Dienststellen dann Nachteile erfahren, wenn Kolleginnen und Kollegen sich für ein Personalratsamt bewerben/gewählt werden. Dies dürfe nicht sein, und dies sei ein weiteres Beispiel dafür, dass die Mitbestimmung eher als ungeliebtes Kind gesehen werde. Schon alleine aufgrund der überschaubaren Stellenanzahl habe man dafür kein Verständnis.

Seitens der StRe Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS), von Stein (FW), Dr. Oechsner (FDP) und Brett (AfD) wird dieser Antrag unterstützt. Für den Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion bedankt sich Herr Freitag. Am Beispiel der Stellenbesetzungssituation im Hochbauamt im Zusammenhang mit Schulhaussanierungen skizziert er, sollte eine entsprechende Änderung des Beschlussantrags unterbleiben, würde, wenn sich ein Ingenieur aus diesem Bereich zur Wahl stellen würde und dieser in die Freistellung käme, es in diesem Bereich keine bzw. lediglich eine 50%ige Nachbesetzung geben. Weiter problematisiert er, bezogen auf die derzeit laufende Kandidatinnen-/
Kandidatensuche für die Personalratswahlen, dass in Bereichen mit einer ohnehin angespannten Arbeitssituation das Signal "wenn jemand sich engagiert, verliert ihr bei einer Freistellung eine 0,5-Stelle" verheerend wäre.


Hinsichtlich der von StR Dr. Oechsner angesprochenen Thematik der Konnexität teilt EBM Föll mit, die seitherige und für die Zukunft vorgeschlagene Vorgehensweise sei selbstverständlich rechtskonform. Freistellungen nach dem LPVG erfolgten im gesetzlich vorgegebenen Umfang. Lediglich in einem kleinen Teil der Verwaltung sei die Nachbesetzung eingeschränkt. Eine Grundsatzfrage zur Mitbestimmung erkennt er nicht. Bekanntlich könnte man die Personalvertretung bei der LHS sehr unterschiedlich regeln. So wäre es rechtlich für den Oberbürgermeister möglich, die gesamte Stadtverwaltung als eine einheitliche Dienststelle auszuweisen mit der Folge, dass sehr viel weniger Freistellungen erfolgten, als gegenüber der aktuellen Struktur; derzeit stelle jedes Amt eine einheitliche Dienststelle im Sinne des LPVG dar. Der Oberbürgermeister, die Verwaltung und auch der Gemeinderat hätten nicht die Absicht so vorzugehen. In Großstädten sei allerdings die Stuttgarter Struktur unüblich. Durch die dezentrale Struktur sei die Zahl der freigestellten Personalratsvertreter sehr hoch. Die 2014 beschlossene rechtskonforme Struktur werde seitens der Verwaltung weiter als sinnhaft angesehen.

Dies, so StR Dr. Oechsner, sei zutreffend. Gesehen werden müsse allerdings auch, dass der Gemeinderat aufgrund identifizierter Aufgaben Stellen schaffe. Wenn nun eine solche Stelle durch eine Freistellung wegfalle und nur zu 50 % wiederbesetzt werde, ergebe sich ein Widerspruch zur gemeinderätlichen Beschlusslage. Dies sei keine Freistellungsrechtsfrage, sondern einfach eine Frage dessen, wie die identifizierte Aufgabe nun wahrgenommen werde. Darauf könne ihm die Verwaltung bislang keine schlüssige Antwort geben.

StRin Deparnay-Grunenberg bittet, diesen Tagesordnungspunkt ohne Votum in die morgige Sitzung des Gemeinderats zu verweisen. Nachdem sich StR Körner entsprechend äußert, stellt BM Dr. Mayer, nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, fest:

Dieser Tagesordnungspunkt wird ohne Votum in die morgige Sitzung des Gemeinderats verwiesen.
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