Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
624/2020
GZ:
OBM
Sitzungstermin: 21.10.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Dr. Mayer
Berichterstattung:Herr Keller (SSB)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Weiterbetrieb der Schnellbuslinie X1

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 29.09.2020, öffentlich, Nr. 337
Ergebnis: GRDrs 624/2020 ohne Votum an die nachfolgenden Gremien verwiesen, Verwaltung beantwortet offene Fragen aus dem SPD- Antrag Nr. 389/2020 im VA, Abstimmung über umformulierten Antrag erfolgt im VA

Verwaltungsausschuss vom 07.10.2020, öffentlich, Nr. 414
Gemeinderat vom 08.10.2020, öffentlich, Nr. 276
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 16.09.2020, GRDrs 624/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Einer Fortsetzung des Pilotbetriebs der Schnellbuslinie X1 bis zum 31.12.2021 mit dem geänderten Taktangebot wird zugestimmt.

2. Der Finanzierung des Betriebs der Schnellbuslinie X1 mit voraussichtlichen, nicht durch Erlöse gedeckten Betriebskosten von rund 0,56 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2020 und von rund 2,25 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2021 wird zugestimmt. Die Deckung erfolgt im Teilhaushalt 810 Bürgermeisteramt, Amtsbereich 8107015 Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität, Kontengruppe 43100 Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke.

3. Den erforderlichen überplanmäßigen Mehraufwendungen von rund 0,56 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2020 und von rund 2,25 Mio. Euro im Vorgriff auf das Haushaltsjahr 2021 wird zugestimmt. Diese werden gedeckt aus bisher nicht verplanten Mitteln der innerhalb der Ergebnisrücklage gebildeten davon-Position "Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung".

4. Der Bericht zur Fördersituation wird zur Kenntnis genommen.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

Die Anträge Nr. 389/2020 (FDP) vom 24.09.2020, Nr. 395/2020 (SPD) vom 28.09.2020 mit Stellungnahme des Herrn Oberbürgermeisters und Nr. 399/2020 (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) vom 01.10.2020 sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Zum Antrag der FDP-Gemeinderatsfraktion geht EBM Dr. Mayer davon aus, dass die Ausschussmitglieder das Gutachten von Herrn Prof. Dr. Uechtritz (Kanzlei Gleiss Lutz) gelesen haben.

Zu der vorab von StR Kotz (CDU) angesprochenen Angebotsverkürzung von 20:30 Uhr auf beispielsweise 19:00 Uhr kündigt Herr Forderer (S/OB-Mobil) Ausführungen von Herrn Keller an. Weiter informiert Herr Forderer, zu der von der Gemeinderatsfraktion Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei gestellten Frage zum Konnexitätsprinzip liege ihm noch keine schriftliche Antwort des Landes vor. Herr Prof. Lahl vom Verkehrsministerium habe jedoch dazu am vergangenen Freitag mündlich erklärt, dass das Land das Konnexitätsprinzip natürlich beachte. Daher würden z. B. die rund 200.000 € für Schilder, die im Rahmen der kleinen Umweltzone aufgestellt worden seien, übernommen. Hingewiesen worden sei, dass es sich bei dem X1-Angebot, da es sich um eine städtische Maßnahme handle, welche bereits vor dem Luftreinhalteplan gestartet worden sei, um einen Sonderfall handle. Daher könne dieses Angebot nach den Förderrichtlinien des Landes nicht finanziert werden. Selbst wenn dieser Aspekt nicht gelten würde, würde es zu einer Landesförderung angesichts der fehlenden regionalen Bedeutung Bedenken geben. Aus Sicht des Landes habe das auf das Stuttgarter Stadtgebiet begrenzte Angebot nur geringe Auswirkungen auf Pendlerströme. Sobald die schriftliche Stellungnahme des Landes vorliege, werde er diese an den Rat weiterleiten.

In der Folge berichtet Herr Keller ausführlich im Sinne der Präsentation.

Für die Ausführungen, aber auch für die seitens der antragstellenden Fraktionen gestellten kritischen Fragen bedankt sich StR Winter (90/GRÜNE). Die als Pilotprojekt eingeführte Schnellbuslinie sieht er mittlerweile als am besten durchleuchtete Linie der SSB an. Es zeige sich immer mehr, dass die Entscheidung für diese Linie "vielleicht doch sehr in die Zukunft blickend war".

Für die Ausführungen von Herrn Keller bedanken sich zudem StR Kotz, StR Perc (SPD), StR Dr. Oechsner (FDP) sowie StRin von Stein (FW).

StR Kotz kündigt für die morgige Sitzung des Gemeinderates an, dass sich seine Fraktion dafür einsetzen wird, die X1-Linie einzustellen. Dies sei ja auch im Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung vorgesehen gewesen. Sollte sich dafür keine Mehrheit ergeben, sollten zumindest die Kosten durch eine Taktänderung reduziert werden.

Darüber, dass ein attraktives Angebot geschaffen werden soll, das Menschen bewegt, auf den ÖPNV umzusteigen, besteht für StR Perc Einvernehmen. So sei auch der Antrag Nr. 395/2020 seiner Fraktion zu verstehen. Die finanziellen Mittel müssten effizient eingesetzt werden. Angesichts der Fahrgastzahlen habe daran jedoch die SPD-Gemeinderatsfraktion Zweifel. Für ihn hinkt der von Herrn Keller angestellte Vergleich mit der Linie 82. Die Fahrgastzahlen dieser Linie seien nicht mit denen der Stadtbahnlinien U1 und U2 vergleichbar. Ärgerlich sei, dass zu normalen Zeiten die Bahnsteige der Linie U1 voll seien und sehr wenige Fahrgäste auf die X1-Linie umsteigen. Das Anliegen seiner Fraktion sei es, Überlegungen über das Aufrechterhalten der Linie X1 anzustellen. Sollte sich finanzieller Spielraum durch einen effizienteren Mitteleinsatz ergeben, sollte dieser für Alternativen eingesetzt werden. Als verbesserungswürdig bezeichnet er beim Wilhelmsplatz die Fahrgastführung zu der Schnellbuslinie. Darüber hinaus moniert er, dass dort der Bus nach einer Schleife sofort wieder einen Halt einlegt.

Von StR Urbat (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) wird die Position der Verwaltung unterstützt.

Anschließend betont StR Dr. Oechsner, bei der Schnellbuslinie handle es sich um eine Maßnahme des Luftreinhalteplans des Landes. Die LHS könne nicht erklären, diese Linie werde eingestellt, es sei denn man akzeptiere eine Strafzahlung bzw. man begebe sich auf einen Konfrontationskurs zum Land (einschl. Gerichtsverfahren). Den Antrag Nr. 389/2020 begründend fährt er fort, die FDP-Gemeinderatsfraktion unterstütze generell X-Busse und den ÖPNV-Ausbau. Allerdings müsse ein sinnvolles Kosten-Nutzen-Verhältnis gegeben sein. Es müssten folgende Fragen möglich sein:
- Was nützt es der Luftreinhaltung, einen leeren Bus durch Stuttgart fahren zu lassen?
- Was nützt es der Mobilität/dem ÖPNV in der LHS, viel Geld für ein Angebot (keine zusätzliche, sondern nur eine ergänzende Linienführung) auszugeben, das kaum Menschen befördert?

Zwar handle es sich um ein Pilotprojekt, aber ein Pilotprojekt bedeute, dass ein solches Projekt, nachdem man Erkenntnisse gewonnen habe, eingestellt werden könne. Die Erkenntnisse könnten zwar andernorts angewendet werden, aber doch nicht für ein Angebot innerhalb Stuttgarts, in dessen Rahmen ein Bus lediglich von 7 bis 10 Personen benutzt werde. Unabhängig von der politischen Einstellung müsse die Frage lauten, ob diese Schnellbusmaßnahme des Luftreinhalteplans sinnvoll sei oder nicht. Dazu sollte die LHS dem Land mitteilen, da mit den hier eingesetzten Mitteln anderweitig viel mehr bewirkt werden könnte, sei der Schnellbus X1 als Luftreinhaltemaßnahme nicht sinnvoll, und von daher sollte dieses Angebot eingestellt werden. Entsprechend äußert sich StRin von Stein,

Bezogen auf die Frequentierung der X1-Linie spricht StRin von Stein von einer "Abstimmung mit den Füßen". Die seitens der Stadt aufgewendeten Mittel würden nicht wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt. Da die Busse nicht ausgelastet seien, müssten auch die gewonnenen Daten der Elektrobusse hinterfragt werden.
StR Walter (PULS) merkt an, aufgrund der Kosten und der Auslastung der Busse könne man mit diesem Konstrukt nicht vollumfänglich glücklich sein. Den Verwaltungsvorschlag unterstützt er.

Gegenüber StR Dr. Oechsner geht StR Urbat von keiner schlechten Energie-/Klima-bilanz der X1-Elektrobusse aus.

Die Buslinie könne, so StR Kotz, wenn überhaupt, als eine Verstärkerlinie für die U1 angesehen werden. Seiner Einschätzung nach können die Fahrgäste ab 19:30 Uhr, ohne dabei z. B. Einschränkungen beim Komfort in Kauf nehmen zu müssen, auch die dann nicht mehr voll ausgelastete U1 nutzen.

Dieser Rat kann hinsichtlich des Aspekts "finanzielle Beteiligung des Landes" nicht nachvollziehen, weshalb seitens des Landes erklärt wird, dass von einer finanziellen Beteiligung abgesehen werde, da diese Buslinie keine überregionale Wirkung habe, während das Land Beschilderungen mitfinanziert. Entsprechend äußert sich StR Perc.

Angesichts der hohen Zuwächse bei der Stadtbahnlinie U1 erachtet StR Winter deren Ausbau als dringlich. Bezogen auf die angedachten Bahnsteigverlängerungen von 40 auf 80 Meter bei dieser Stadtbahnlinie zitiert StR Kotz aus einer gestern stattgefundenen Vorstellung der OB-Kandidaten/-innen einen Bewerber wie folgt: "Wir halten mit unseren Planungen und Entscheidungsprozessen nicht mit der Dynamik der Zeit mit". StR Kotz kritisiert, dass es angesichts der schnellen Entwicklungen im Bereich der Mobilität nicht gut ist, wenn die im Jahr 2016 beschlossenen Bahnsteigverlängerungen erst 10 Jahre später abgeschlossen werden. Er bittet die SSB, die dafür relevanten internen Prozesse zu beschleunigen. Diese Kritik findet die Unterstützung von StR Dr. Oechsner. Die Mittel für den Schnellbus wären für diesen Stadtrat sinnvoller für die Verlängerung der U1-Bahnsteige eingesetzt. Natürlich, so StR Winter, gebe es bei der U1 Kapazitätsprobleme. Aber auch der CDU-Gemeinderatsfraktion müsse doch durch ihre Vertreter im SSB-Aufsichtsrat bekannt sein, welche Probleme bei Bahnsteigverlängerungen (z. B. Haltestelle Bihlplatz) auftreten. Es sei nicht richtig, die X1-Linie aufgrund ihrer Auslastung als desaströs zu bezeichnen. Dieser Pilotversuch habe doch zu Erkenntnissen geführt, die für andere Linien wichtig seien. Der innerstädtische Angebotsteil werde angenommen, und dieses Angebot werde auch in den nächsten Jahren benötigt. Wenn die Bahnsteigverlängerungen der U1 erfolgt seien, könne der X1-Ast nach Bad Cannstatt überdacht werden.

Im Verlauf der Aussprache wird von StR Perc im Namen seiner Fraktion noch Beratungsbedarf geäußert. Er bittet deshalb, heute keine Abstimmung vorzusehen. Vermutlich werde die SPD-Gemeinderatsfraktion dem Vorschlag einer Taktreduzierung auf 6 Minuten beitreten können.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt EBM Dr. Mayer fest:

Dieser Tagesordnungspunkt ist durch den Verwaltungsausschuss vorberaten.

Zur Beurkundung


Häbe / pö
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