Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 277/2020
Stuttgart,
06/30/2020


Umsetzung der geschlechtersensiblen Verwaltungsprache



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Beirat für Gleichstellungsfragen
Verwaltungsausschuss
Einbringung
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
22.07.2020
29.07.2020

Bericht:




Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (Aktenzeichen (Az.) 1 BvR 2019/16 greift eine erzwungene Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, da sie Menschen verpflichtet, sich in ein binäres System einzuordnen, das ihrem eigenen Identitätsempfinden nicht entspricht. Dem Beschluss des BVerfG folgte das „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“. Dies wurde am 21. Dezember 2018 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl.2018 I, S. 2635) und ist am Tag darauf in Kraft getreten. Diese Entwicklung hat sich nicht nur bundesweit vollzogen, sondern ist eingebettet in den internationalen Menschenrechtsschutz.

Dieses Urteil hat weitreichende Folgen in viele Bereiche der Verwaltung hinein, z. B. bei der Ausschreibung der Stellen, im Standesamt, oder bei der digitalen Verwaltung wie Register, Statistiken und dem Stadtportal, etc. Das Geschlecht als individuelles Personenmerkmal durchzieht viele Bereiche staatlichen Handelns. Ein erweitertes Verständnis von Geschlecht über das traditionelle binäre Verständnis hinaus wird dem Gesetz zugrunde gelegt und fordert dazu auf, Anpassungsbedarfe zu erkennen. Dazu gehört auch die Umsetzung der Geschlechtervielfalt in den Alltagessprachstil bzw. die Textverarbeitung.

Bisher konnte keine Einigung auf Bundesebene für eine einheitliche Umsetzung einer entsprechenden gendersensiblen Sprachregelung gefunden werden. Beispielsweise hat sich auch der Rat der deutschen Rechtschreibung in seiner Sitzung vom 16. November 2017 dazu entschlossen, zunächst einmal abzuwarten und weiter zu beobachten, wohin sich die Sprache selbst entwickelt.

Viele Kommunen haben deshalb eigene Regelungen entwickelt. Die in der Anlage beigefügte Handlungsempfehlung für eine schrittweise Umsetzung bei der Landeshauptstadt Stuttgart knüpft daran an und wirkt darauf hin, künftig möglichst alle Geschlechter diskriminierungsfrei anzusprechen. Dies gilt insbesondere für Personengruppen, bei denen die geschlechtliche Identität nicht bekannt ist.

Wichtige Bestandteile dieser Sprachregelung sind:

Die Koordinierungsstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bei der Abteilung für individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern hat in Kooperation mit dem städtischen Arbeitskreis LSBTTIQ (www.stuttgart.de/lsbttiq) einige Beispiele gesammelt und als Anlage 1 der GRDrs 277/2020 beigefügt und mit dem Referat Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht abgestimmt. Diese Handlungsempfehlungen sollen bei der einheitlichen Umsetzung der geschlechtersensiblen Sprache für die Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart Unterstützung bieten. Die Ämter und Eigenbetriebe werden im Rahmen eines Rundschreibens darauf hingewiesen. Im städtischen Intranet SOLID werden die Hinweise eingestellt und regelmäßig aktualisiert.

Alle Referate und Fachabteilungen werden aufgefordert, eigenständig die Umsetzung zu prüfen. Dabei können interne Workshops helfen, passgenaue Lösungen zu erarbeiten.

Diese Regelung stellt eine Übergangslösung dar, bis auf Bundesebene eine einheitliche Lösung erarbeitet wurde. Dem würde sich eine Überarbeitung des Handbuchs Textverarbeitung anschließen.




Beteiligte Stellen

Referat AKR hat die Vorlage am 24. Juni 2020 mitgezeichnet.

Referat WFB merkt in einer Stelltungnahme vom 29. Mai 2020 folgende Punkte an:
Beim individuellem Schriftverkehr ist eine Umsetzung relativ unproblematisch und zeitnah möglich.
Bei intern entwickelten Vordrucken/Vorlagen ist die Umsetzung grundsätzlich möglich, kann jedoch in Anbetracht der Vielzahl nur sukzessive und keinesfalls kurzfristig erfolgen.
Bei amtlichen Vordrucken kann die Stadt gar nicht oder nur begrenzt Einfluss nehmen.
Eine Änderung von städtischen Satzungen sollte erst erfolgen, wenn die erwartete einheltiche Lösung auf Bundesebene vorliegt. Bei rechtlichen Regelungen ist auch auf die Lesbarkeit, die Verständlichkeit und die Rechtssicherheit zu achten. Bescheide, die von der Stadt erlassen werden, müssen wiederum die in den Rechtsvorschriften enthaltenen Begriffe verwenden. Insofern kann nach Einschätzung des Referats WFB hier die "Stuttgarter Regelung" nicht isoliert umgesetzt werden.
Stadtinterne Regelungen sollten nicht standardmäßig, sondern nur im Rahmen von ohnehin anstehenden Änderungen angepasst werden.
Vorhandene Software, die nicht nur bei der LHS, sondern bei einer Vielzahl von anderen Anwendern im Einsatz ist, sollte nicht auf Betreiben der Stadt angepasst werden. Hier müssen u. E. nicht zuletzt aus Kostengründen die einheitlichen bundesweiten Vorgaben abgewartet werden, die dann von den Software-Firmen ohnehin umgesetzt werden müssen.
Referat WFB geht davon aus, dass die Umsetzung im allgemeinen Sprachgebrauch und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden ein langer Prozess ist und nur nach und nach erfolgen wird. Insgesamt sieht WFB die Umsetzung mit erheblichem Aufwand in allen Bereichen verbunden und fragt, ob die Kosten dafür berechnet wurden.







Fritz Kuhn
Oberbürgermeister





<Anlagen>


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GRDrs 277_2020 Anlage 1_Hinweise zur Umsetzung geschlechtersensibler Sprache.pdf