Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 650/2016
Stuttgart,
09/15/2016



Entwicklung in der Inobhutnahme und den Inobhutnahmeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) und dafür notwendiges Personal



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
21.09.2016
22.09.2016



Beschlußantrag:


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Aktuelle Lage bei der Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge

Aufgrund des großen Zustroms an unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Jahr 2015 kam es in den Inobhutnahmeeinrichtungen zu Überbelegungen und Personalengpässen. Ziel dieser Vorlage ist es, die Vorläufige Inobhutnahme und Anschlussinobhutnahme für UMF an den einzelnen Standorten so auszubauen und zu organisieren, dass ein optimiertes Betreuungsmanagement möglich wird. Aufgrund der schwer zu prognostizierenden Entwicklung der Flüchtlingszahlen und um den damit verbundenen Herausforderungen und Aufgaben gerecht werden zu können, sind diese Anpassungen erforderlich. Die notwendigen Personalressourcen bzw. Personalschlüssel ergeben sich aus den Anforderungen für die Betriebs- erlaubnis und sind damit Grundlage für eine fachlich und rechtlich sichere Aufgabenerfüllung.

Entwicklung der UMF-Zugangszahlen

Der Zustrom von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen war im letzten Jahr
stark ansteigend. Insgesamt kamen 2015 rund 1.000 UMF an. Zum Jahresanfang 2016 nahmen die Zugänge dann ab. Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl
der ankommenden UMF in den nächsten Monaten aufgrund der politischen Gesamt- situation eher wieder ansteigen bzw. mindestens auf dem derzeitigen Niveau bleiben wird.

Am Stichtag 01.08.2016 wurden in den ION-Einrichtungen 91 UMF betreut. Personalressourcen sind derzeit für 101 Plätze vorhanden.




Seit November 2015 ist es gelungen, für viele von den in Stuttgart verbleibenden UMF, Anschlusshilfen zu realisieren (insb. im Betreuten Jugendwohnen, in Pflege- familien, durch Unterbringung bei Verwandten, in Wohngruppen). Plätze für Anschlusshilfen von UMF müssen dringend weiter ausgebaut werden, da sich ansonsten im ION-System trotz Ausbau wieder Überbelegungen ergeben.

Der Gesetzgeber fordert eine vorrangige Unterbringung von UMF bei Verwandten sowie in Gast- oder Pflegefamilien. Dieser Aufgabe kann der Pflegekinderdienst derzeit nicht im erforderlichen Umfang nachkommen. Die Installation neuer Pflege- verhältnisse dauert derzeit bis zu 10 Wochen. Die lange Bearbeitungsdauer hat zur Folge, dass UMF länger als erforderlich auf den sehr teuren Inobhutnahmeplätzen verbleiben, interessierte Familien wieder abspringen oder Verwandten- pflegeverhältnisse nicht zeitnah installiert werden können.

Fazit:
Der Inobhutnahmebereich muss flexibel auf schwankende Zugangszahlen reagieren können. Die Inobhutnahmeeinrichtungen sind von der Platzzahl und personell so auszustatten, dass auch bei moderat schwankenden UMF-Zugangszahlen eine Betreuung kurzfristig gewährleistet werden kann. Daher sind mindestens 115 ION-Plätze mit Personal vorzuhalten. Außerdem ist ein Puffer von 10 weiteren Plätzen ohne Personalressourcen aufgrund der unsicheren Prognosen erforderlich.

Neuorganisation des Inobhutnahmebereiches:

Damit der stark und schnell angewachsene Aufgabenbereich der UMF-ION zukünftig besser gesteuert und geleitet werden kann, ist eine Anpassung der Aufbauorganisation erforderlich. Eine Strukturveränderung im Inobhutnahme- bereich soll ein flexibleres und effizienteres Arbeiten ermöglichen. Die durch die Neustrukturierung des ION-Bereichs und das Zusammenlegen von Einrichtungen entstehenden Synergien können genutzt werden. Organisatorisch soll, durch die Einführung einer Sachgebietsleitungsebene unter der Bereichsleitungsebene, eine optimiertere Steuerung erreicht werden. Ein weiterer positiver Synergieeffekt ist
eine Platzzahlerhöhung im Anschlussinobhutnahmebereich. Dies gelingt durch die Anpassung der Platzzahl an die maximal mögliche Gruppengröße, die der KVJS in seinen Reglungen zur Betriebserlaubnis im Inobhutnahmebereich UMF zulässt. Es entstehen weitere 14 Plätze mit Personal, so dass zukünftig insgesamt 115 Plätze im Inobhutnahmebereich zur Verfügung stehen. Zusätzlich können in diesen Einrichtungen interimsweise noch 10 weitere UMF betreut werden, ohne dass dafür sofort Personalressourcen geschaffen werden müssen.

Die geplante neue Organisationsstruktur sowie die Personalschlüssel für die sozialpädagogischen Fachkräfte in der UMF-Inobhutnahme sind in Anlage 1a
und 1b dargestellt.


Personal

Stellenbedarf in der Anschluss-ION im pädagogischen Bereich

Um die Inobhutnahmeeinrichtungen nach der Neustrukturierung mit einer Platzzahl von 115 Plätzen für UMF betreiben zu können und gleichzeitig auch die Anforder- ungen des KVJS für die Betriebserlaubnis zu erfüllen, sind Personalschaffungen im Umfang von 1,12 pädagogischer Stellen in S12 erforderlich. Damit können anstatt 101 Plätze jetzt 115 Plätze bereitgestellt werden. Durch die genannten Synergie- effekte, wie Zusammenlegung und Platzzahlerhöhung, kann der Platzausbau mit geringstmöglichen Stellenschaffungen umgesetzt werden.

Bestandsschutz bezüglich der Eingruppierung

Die Beschäftigten in der Anschluss-ION werden zukünftig nur noch in S12 ein- gruppiert (Anlage 1d). Beschäftigte, die bereits in der Anschluss-ION arbeiten, erhalten als übertarifliche freiwillige Leistung bezüglich ihrer Eingruppierung in
S15 Bestandsschutz.
Dies gilt nicht für Beschäftigte, die ihrer Eingruppierung und Qualifikation entsprechende andere Arbeitsplätze ablehnen, oder aus freien Stücken heraus

auf anders bewerteten Arbeitsplätzen arbeiten wollen.

Stellenbedarf in der Inobhutnahme im hauswirtschaftlichen Bereich

Aufgrund der Neueinrichtungen müssen 1,88 Stellen im hauswirtschaftlichen Bereich neu geschaffen werden. Hiervon ist eine Stelle als Hauswirtschaftliche Leitung (EG7) im Bürgerhospital vorgesehen.

Stellenbedarf beim Pflegekinderdienst

Im Bereich des Pflegekinderdienstes sind dringend zwei weitere Stellen (S14) notwendig. Eine Stelle in S14 wird mit dieser Vorlage zur Verfügung gestellt. Eine weitere S17 Stelle ist im ION-Bereich vorhanden und kann dafür verwendet und entsprechend abgewertet werden (Anlage 1e). Die ausführliche Begründung ist in Anlage 1c dargestellt.

Darüber hinaus werden in 2016 3.000 € und darüber hinaus jährlich 20.000 € für Kampagnen zur Gewinnung und Betreuung von Pflegeeltern benötigt.





Finanzielle Auswirkungen



Zusätzlich sind einmalig in 2016 für Ausstattung der ION 263.000 € (Küchen- ausstattung und Möbel für Bürgerhospital und Am Klingenbach) und für eine Kampagne zur Gewinnung und Betreuung von Pflegeeltern 3.000 € zur Verfügung zu stellen.

Die anfallenden Aufwendungen können durch die der Landeshauptstadt Stuttgart/ dem Jugendamt zustehenden Kostenerstattungen refinanziert werden. Die Deckung der Mehraufwendungen bzw. –auszahlungen erfolgt durch zahlungswirksame Mehrerträge in entsprechender Höhe.



Beteiligte Stellen

Die Referate WFB und AKR haben die Vorlage mitgezeichnet.




Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

1

Anlage 1a

Übersicht: Organigramm ION-Bereich


Bereichsleitung
Aufgabenbereich ION* Kernerstr.
Vorläufige ION UMF
+ Reguläre ION
Sachgebietsleitung 1
(0,65 Stelle)
-Eduard-Pfeiffer-Gruppe
(reguläre ad-hoc ION)
(11 Plätze)

-Vorläufige ION-UMF
(6 Plätze)


Sachgebietsleitung 2
(0,65 Stelle)
- Jugendschutzgruppe
(reguläre ad-hoc ION)
(10 Plätze)

-Vorläufige ION UMF
(7 Plätze)

insgesamt: 13 Plätze vorläufige ION +
21 Plätze reguläre ad-hoc ION
Aufgabenbereich Vorläufige ION UMF
(im Bürgerhospital)


Sachgebietsleitung 3
(1,0 Stelle)
-2 Gruppen je 15 Plätze
(+ 10 Plätze als Pufferplätze ohne Personalressourcen)














insgesamt: 30 Plätze
Aufgabenbereich Anschluss-ION UMF



Sachgebietsleitung 4
(1,0 Stelle)


Kupferstr. 29
(24 Plätze, 3 Gruppen)

Am Klingenbach
(36 Plätze, 3 Gruppen)

Robert-Koch-Str. 21
(12 Plätze, 1 Gruppe)






insgesamt: 72 Plätze
*Inobhutnahme
**In der Übersicht sind die Sekretariate und die hauswirtschaftlichen Personalressourcen nicht aufgezeigt.

Damit stehen dann insgesamt 115 UMF-Plätze und 21 reguläre Inobhutnahmeplätze zur Verfügung.

Für die Aufgaben der Sachgebietsleitung (Eingruppierung in S17) werden die Leitungen des Sachgebietes 1 und 2 im Umfang von je 65 % vom Gruppendienst freigestellt, die Sachgebietsleitungen 3 und 4 sind komplett freigestellt. Sowohl diese als auch die erforderlichen Sekretariatsstellen sind bereits vorhanden.





Anlage 1b

Personalschlüssel für die sozialpädagogischen Fachkräfte in der vorläufigen ION von UMF sowie in der Anschluss-ION von UMF

Personalschlüssel für die Betreuung der UMF in der Vorläufigen ION:
24 Std.-Wechselschicht-Betrieb, durch sozialpädagogische Fachkräfte (dieser Personalschlüssel entspricht grundsätzlich dem der „regulären“ Stuttgarter/ad hoc Inobhutnahme):

-je UMF 0,83 Stelle
-in besonderen Ausnahmesituationen können bis zu 12 UMF/oder auch mehr in einer Gruppe sein
-die Einrichtungen/organisatorischen Einheiten für vorläufige ION sind Sachgebietsleitungen (mit Bewertung S17) unterstellt
-die sozialpädagogischen Fachkräfte werden mit S 15 (6) bewertet


Personalschlüssel für die Betreuung von UMF durch sozialpädagogische Fachkräfte in der Anschluss-ION:
24 Std.-Betrieb, mit Bereitschaftsdienst von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr und einem zusätzlichen Tagdienst von 8 Stunden:

-6,0 Stellen für Gruppen von 8/9 maximal 10 UMF
-in besonderen Ausnahmesituationen können bis zu 12 UMF in einer Gruppe sein
-in den Einrichtungen gibt es keine freigestellten Leitungen
-an jedem Standort/für jede Organisationseinheit gibt es eine (Heim-)Leitung (mit tarifrechtlich geregelter Bewertung in S16 (5))
-die Einrichtungen/organisatorischen Einheiten für Anschluss-ION sind Sachgebietsleitungen (mit Bewertung S17) unterstellt
-die sozialpädagogischen Fachkräfte werden mit S 12 bewertet






Anlage 1c

Stellenbedarf beim Pflegekinderdienst

Durch das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher wurde auch die vorrangige Unterbringung von UMF bei Verwandten sowie in Gast- oder Pflegefamilien geregelt.

Mit der GRDrs 714/2015 wurde für den Pflegekinderdienst für diese Aufgabe eine neue 1,0 Stelle geschaffen. Bereits jetzt zeigt sich, dass diese Stelle nicht ausreicht, um den zunehmenden Anfragen und gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und nachzukommen.

Bis Anfang Dezember 2015 wurden 12 UMF in Pflegefamilien vermittelt und 25 Verwandtenpflegeverhältnisse installiert. Monatlich findet ein Informationsabend für ca. 10 - 20 interessierte Bewerber/-innen statt, die einen oder mehrere UMF in ihre Familie aufnehmen wollen. Alle Bewerber-/innen müssen beraten und im Rahmen eines Hausbesuchs überprüft werden. Die Vermittlung eines Jugendlichen muss sorgfältig vorbereitet und nach der Vermittlung intensiv begleitet werden.

Durch die große Anzahl von Flüchtlingen in Stuttgart und den angrenzenden Land- kreisen kommt es auch zu immer mehr Verwandtenpflegeverhältnissen; auch hier muss eine Überprüfung, Beratung und Begleitung durch die Fachkräfte des Pflege- kinderdienstes erfolgen.

Derzeit braucht der Pflegekinderdienst bis zu zehn Wochen, um die Anfragen von Pflegepersonen für UMF zu bearbeiten (Infotermin, Beratungsgespräch, Überprüf- ung, Vermittlung). Weiterhin melden sich viele Interessierte für die Aufgabe und der Bedarf an Vermittlung von Jugendlichen aus den ION-Plätzen in Familien ist sehr hoch. Auch besteht großes Interesse bei den Jugendlichen an einem Platz in einer Gastfamilie.

Die lange Bearbeitungsdauer hat zur Folge, dass einerseits die UMF viel zu lange auf den sehr teuren Inobhutnahmeplätzen verbleiben und andererseits interessierte Familien wieder abspringen oder Verwandtenpflegeverhältnisse nicht zeitnah installiert werden können.

Fazit:
Die ständig wachsende Zahl von Verwandtenpflege UMF erfordert die Stellen- schaffungen ebenso wie der weitere Bedarf von weiteren Pflegefamilien für UMF. Dies sind wichtige Anschlusshilfen, die die Notaufnahme entlasten. Die aktuelle Situation im Bereich ist durch die hohen Fallzahlen so angespannt, dass z. Zt. keine neuen Pflegeverhältnisse mehr installiert, keine Werbung, Schulung und Überprüf- ung mehr gemacht werden können. Da es sich hier um eine gute Integrationsmöglichkeit für UMF handelt, ist diese Hilfeart bevorzugt auszubauen. Zur Gewinnung von Pflegefamilien soll außerdem eine Kampagne gestartet werden. Dazu und zur besonderen Begleitung der neuen Pflegefamilien werden Sachmittel benötigt.





Anlage 1d






Anlage 1e




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