Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
SI
GRDrs
120/2018
Stuttgart,
02/15/2018
Leistungsgewährung an Auszubildende mit Leistungsanspruch im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Internationaler Ausschuss
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
21.02.2018
26.02.2018
07.03.2018
Beschlußantrag:
1. Leistungsberechtigte nach §§ 2 und 3 AsylbLG, die am 31. März 2018 eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder Sozialgesetzbuch (SGB), Drittes Buch (III), machen, erhalten zur Durch- und Fortführung der Ausbildung ab 1. April 2018 auf freiwilliger Basis weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG (Besitzstand).
2. Leistungsberechtigte, die nach dem 1. April 2018 während der Dauer ihres Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung nach dem BAföG oder SGB III beginnen, erhalten nach Übergang in den Leistungsbezug nach
§ 2 AsylbLG auf freiwilliger Basis weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG.
3. Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG mit Aufenthaltsgestattung, die nicht aus einem sicheren Herkunftsland stammen, werden als besonderer Härtefall im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII betrachtet und erhalten eine Studien-/Ausbildungsfinanzierung, so lange sie über § 8 Abs. 2 a BAföG von Ausbildungsförderung ausgeschlossen sind.
4. Der Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts an Auszubildende im AsylbLG wird auf die Höchstbeträge bei schulischer und beruflicher Ausbildung nach § 13 BAföG
i. V. §§ 63 ff. SGB III (außerhalb des Haushaltes der Eltern) begrenzt. Einkommen wird entsprechend der Anrechnungsregelungen des SGB III/BAföG angerechnet.
5. Die Leistungen auf freiwilliger Basis umfassen die notwendige Überbrückung bis zur ersten Auszahlung von Berufsausbildungsbeihilfe oder BAföG bzw. bis zur Zahlung der ersten Ausbildungsvergütung.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Bedürftige Asylsuchende haben in den ersten 15 Monaten, in denen sie sich im Bundesgebiet aufhalten, Anspruch auf Grundleistungen für den Lebensunterhalt nach § 3 AsylbLG. Diese Leistungsberechtigung besteht auch während eines Studiums oder einer Ausbildung. Nach Ablauf von 15 Monaten können Asylsuchenden, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder SGB III förderfähig ist, gemäß § 2 AsylbLG i. V. m. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nur in „besonderen Härtefällen“ Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3. oder 4. Kapitel SGB XII gewährt werden.
Den unbestimmten Rechtsbegriff „besondere Härtefälle nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII“ hat die Rechtsprechung eindeutig dahingehend ausgelegt, dass ein drohender Ausbildungsabbruch nicht ausreichend ist. Vielmehr müssen in der Person des Leistungsberechtigten schwerwiegende persönliche Gründe (z. B. Behinderung, Krankheit) hinzutreten; vgl. u. a. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Januar 2017 – L 7 AY 18/17 ER-B - und SG Hamburg, Beschluss vom 17. Januar 2017 – S 10 AY 92/16 ER. Diese besonders schwerwiegenden Gründe liegen bei Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG in der Regel nicht vor, so dass es bei Fortsetzung der Ausbildung zu einem Leistungsausschluss aufgrund von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. § 2 AsylbLG kommt und die Ausbildung abgebrochen werden müsste.
Diese nachteilige Regelung wurde mit Schreiben vom 25.09.2017 im Namen des Sozial- und Gesundheitsausschusses der Landeshauptstadt Stuttgart bereits Herrn Minister Lucha, Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg, geschildert. Herr Minister Lucha verwies in seiner Antwort auf die von den Ländern bereits erkannte Förderlücke und die leider bisher erfolglosen Bemühungen, diese zu schließen.
Da eine gesetzliche Änderung kurzfristig nicht zu erreichen war, wurde mit Billigung des Sozial- und Gesundheitsausschusses für die Auszubildenden auf freiwilliger Basis eine vorübergehende „Härtefallregelung“ geschaffen. Diese Übergangslösung muss nun durch einen gemeinderätlichen Beschluss abgelöst werden. Um Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG während einer förderfähigen Ausbildung existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt gewähren zu können, bedarf es einer gesetzlichen Neuregelung.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird für die derzeit 39 Auszubildenden nach § 2 AsylbLG, die ohne Leistungen auf freiwilliger Basis von einem Leistungsausschluss betroffen wären, eine Besitzstandsregelung vorgeschlagen.
Auszubildende, die nach dem 1. April 2018 während der Dauer ihres Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung nach dem BAföG oder SGB III begonnen haben, sollen zur Fortsetzung ihrer frühzeitigen Integrationsbemühungen auch nach Übergang in den Leistungsbezug nach § 2 AsylbLG auf freiwilliger Basis weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG erhalten.
Gesondert zu betrachten ist der Personenkreis, der nach § 8 Abs. 2 a BAföG erst bei Vorliegen einer Aufenthaltsduldung in den Genuss von Ausbildungsförderung kommt.
Für diese Personen erscheint es in hohem Maße unbillig, bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag keine Ausbildungsfinanzierung erhalten zu können.
Hier wirkt sich der ursprüngliche Vorteil der reduzierten Wartezeit nach § 2 AsylbLG (Absenkung von 48 auf 15 Monate mit Wirkung zum 01.03.2015) unbeabsichtigt als Nachteil aus. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, durch die Anwendung der Härtefallregelung entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eine Studien-/ Ausbildungsfinanzierung zu ermöglichen.
Anzustreben ist, dass diese Interpretation des „besonderen Härtefalls“ durch das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, als für den Vollzug des AsylbLG zuständige oberste Landesbehörde, landesweit übernommen wird. Die Verwaltung wird sich hierzu an den Landesminister wenden.
Von den Leistungen auf freiwilliger Basis sind aus Gleichbehandlungsgründen diejenigen Auszubildenden ausgeschlossen, die mit ihrem Einkommen (z. B. Berufsausbildungsbeihilfe oder BAföG-Leistungen, Ausbildungsvergütung, sonstiges Einkommen) über den Höchstsätzen der Berufsausbildungsbeihilfe bzw. BAföG liegen. Eine Aufstockung von Ausbildungsförderung kommt nicht in Betracht. Ansonsten würde gegen das geschlossene System der Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik Deutschland verstoßen werden.
13 Auszubildende liegen mit ihrer Ausbildungsvergütung über den Höchstbeträgen bei beruflicher Ausbildung nach §§ 63 ff. SGB III und können daher ab 01.04.2018 keine Leistungen mehr erhalten. Bei 7 Auszubildenden ist eine Überbrückung erforderlich, bis der realisierbare Anspruch auf Ausbildungsförderung beschieden worden ist.
Da die Landeshauptstadt Stuttgart nicht als Ausfallbürge für gesetzgeberische Regelungslücken fungieren und dauerhaft freiwillige städtische Leistungen erbringen kann, werden die Leistungen an Auszubildende im AsylbLG zunächst auf 3 Jahre bzw. bis zu einer gesetzlichen Neuregelung befristet.
Finanzielle Auswirkungen
Höchstbetrag pro Fall rd. 700 EUR
abzüglich durchschnittl. Einkommen -
350 EUR
Aufwand rd. 350 EUR x 39 Fälle
x 12 Monate = jährlich ca. 165.000 EUR.
Der Aufwand wird im Teilergebnishaushalt 500 – Sozialamt, Amtsbereich 5003130 –
Hilfen für Flüchtlinge, Kontengruppe 430 – Transferaufwendungen, gedeckt.
Beteiligte Stellen
Das Referat WFB hat die Vorlage mitgezeichnet.
Vorliegende Anträge/Anfragen
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Erledigte Anträge/Anfragen
Antrag Nr. 6/2018 der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Werner Wölfle
Bürgermeister
Anlagen
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