Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Gz:
AK 6235
GRDrs
1205/2015
Stuttgart,
11/09/2015
Straßenbenennungen
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
öffentlich
02.12.2015
Beschlußantrag:
Den in der Begründung aufgeführten Bezeichnungen für Verkehrsflächen wird zugestimmt.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Zur Orientierung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sind zusätzliche Straßenbezeichnungen erforderlich. Teilweise sollen die Namensgebungen gleichzeitig dazu dienen, verdiente Persönlichkeiten zu ehren.
Finanzielle Auswirkungen
Beteiligte Stellen
Vorliegende Anträge/Anfragen
33/2015 und 310/2015
Werner Wölfle
Bürgermeister
Anlagen
Stuttgart-Mitte
Lfd.
Nr.
Bisherige Straßen-
bezeichnung
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
1
Planie
A = Schillerplatz 4
E = Charlottenplatz 17
Richard-von-Weizsäcker-Planie
Text des Ergänzungsschilds:
Dr. Richard von
Weizsäcker
1920 – 2015
Bundespräsident
Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat mit ihren Anträgen 33/2015 und 310/2015 vorgeschlagen, die Planie in Richard-von-Weizsäcker-Straße umzubenennen. Die Verwaltung möchte die historische Bezeichnung Planie nicht aufgeben und hat sich deshalb dafür entschieden, der Verkehrsfläche künftig die Bezeichnung Richard-von-Weizsäcker-Planie zu geben. Die Planie bekam ihren Namen im Jahr 1922 und existiert - mit einer Unterbrechung von 1933 bis 1945 - bis heute. Sie leitet ihren Namen von der 1775 bis 1782 erfolgten Auffüllung des ehemaligen Stadtgrabens entlang des Alten Schlosses und der Planierung des Geländes ab.
Die Ehefrau des Namensgebers, Marianne von Weizsäcker, hat ihr Einverständnis zur geplanten Namensgebung bereits erklärt. Im Bezirksbeirat Mitte steht der Benennungsvorschlag am 16. November 2015 auf der Tagesordnung – das Ergebnis der Abstimmung wird in der Sitzung mündlich bekanntgegeben.
Die Fläche befindet sich vollständig im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Adressenänderungen hat die Umbenennung der Straße nicht zur Folge.
Richard von Weizsäcker wurde am 15. April 1920 im Neuen Schloss in Stuttgart in eine bekannte evangelische Gelehrten-, Theologen- und Juristenfamilie geboren. Nach dem Abitur studierte er von 1937 an in Oxford und Grenoble, bevor er 1938 seinen Militär- und Kriegsdienst begann. Während dieser Zeit wurde er mehrfach verwundet. Eine enge Freundschaft verband ihn mit dem in der Gruppe des 20. Juli 1944 aktiven Widerstandskämpfer Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst. Nach Kriegsende setzte er sein Studium in Jura und Geschichte in Göttingen fort.
Zunächst führten Richard von Weizsäcker berufliche Stationen in die Wirtschaft. Er war nach einer Führungsposition in der wirtschaftspolitischen Abteilung der Mannesmann AG als Gesellschafter eines Bankhauses und anschließend als Gesellschafter des chemisch-pharmazeutischen Unternehmens C. H. Böhringer tätig. Neben seinem Beruf hat er sich schon früh mit kirchlichen und politischen Fragen befasst. So gehörte er seit 1962 dem Kirchentagspräsidium an und war von 1964 bis 1970 Präsident des Kirchentags. 1969 wurde er in den Bundestag gewählt.
Von Juni 1981 bis Februar 1984 war Richard von Weizsäcker Regierender Bürgermeister von Berlin. Am 23. Mai 1984 erreichte er sein höchstes politisches Amt, als er zum 6. Bundespräsidenten gewählt wurde. Keiner seiner Vorgänger verfügte über eine derart breite Vertrauensbasis, denn auch zahlreiche Delegierte von SPD und FDP stimmten für ihn. 1989 wurde er für weitere fünf Jahre wiedergewählt. Er war im Gegensatz zu seinen Vorgängern ein sehr politisches Staatsoberhaupt, das sich nicht vor Konflikten mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl scheute. Als wichtiges Ereignis seiner Amtszeit gilt Richard von Weizsäckers Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, in der er sich mit den deutschen Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzte, ohne diese zu beschönigen. Er bezeichnete den Tag des Kriegsendes und den Zusammenbruch des Nazi-Regimes als „Tag der Befreiung“.
Auch nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt blieb Richard von Weizsäcker öffentlich präsent. Er hielt Vorlesungen, nahm weiterhin Stellung zu aktuellen politischen Themen und übernahm Aufgaben in einer Reihe von Gremien, u.a. den Kuratoriumsvorsitz der Theodor-Heuss-Stiftung. 1990 wurde er zum Stuttgarter Ehrenbürger ernannt.
Am 31. Januar 2015 starb Richard von Weizsäcker im Alter von 94 Jahren in Berlin.
Stuttgart-Ost
Lfd.
Nr.
Bisherige Straßen-
bezeichnung
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
2
Ohne Bezeichnung
A = Werastr. 136
E = Landhausstr. 84
Else-Kienle-Staffel
Text des Ergänzungsschilds:
Dr. Else Kienle
1900 – 1970
Ärztin
Dem Bezirksbeirat Ost wurde von einer Bürgerin vorgeschlagen, an der bisher namenlosen Staffel zwischen Landhaus- und Werastraße die Ärztin Dr. Else Kienle zu ehren, die von 1923 bis 1932 in Stuttgart lebte und arbeitete. Der Bezirksbeirat hat dem Benennungsvorschlag mehrheitlich zugestimmt.
Die Fläche befindet sich vollständig im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Nach Prüfung durch das Stadtmessungsamt ist bei einer Namensgebung für das Gebäude Werastr. 138 keine Adressenänderung erforderlich.
Else Kienle wurde am 26. Februar 1900 in Heidenheim geboren. Ihr Großvater leitete die Heilanstalt für Geisteskranke in Winnenden, ein Großonkel praktizierte als Arzt in Ludwigsburg. Else Kienle verbrachte oft ihre Ferien bei den beiden, und so stand für sie bald fest, dass auch sie Ärztin werden wollte. Ihr Vater war von diesem Wunsch nicht begeistert und versuchte, sie zu einem Philologiestudium zu drängen. Ihre Großmutter setzte aber schließlich durch, dass Else Kienle 1918 in Tübingen mit dem Medizinstudium beginnen konnte. Im Rahmen ihrer Ausbildung verbrachte sie einige Zeit in Kiel und Heidelberg, bevor sie nach Stuttgart kam, um ihr Praktikum an verschiedenen Krankenhäusern zu absolvieren. Sie erwarb ihren Doktortitel der Medizin 1923 in Heidelberg und war damit eine der ersten weiblichen Ärzte in Deutschland.
Else Kienle hätte anschließend gerne eine Privatpraxis für Wiederherstellungschirurgie eröffnet. Allerdings fehlte ihr das Geld dazu. Deshalb arbeitete sie zunächst im Katharinenhospital in der sogenannten „Polizeistation“, einer geschlossenen Abteilung für Geschlechtskrankheiten, in der Prostituierte behandelt wurden, die als geschlechtskrank gemeldet worden waren. Ihr Wunsch nach einer eigenen Praxis für Haut- und Harnleiden, Beinleiden und Kosmetik ging erst 1928 nach der Heirat mit ihrem Mann, einem Privatbankier, in Erfüllung. Sie ließ sich in der Marienstr. 25 nieder.
Seit 1926 gab es in Deutschland bereits eine medizinische Indikation für Schwangerschaftsabbrüche, die aber von vielen Ärzten nicht umgesetzt wurde. Eine soziale Indikation gab es trotz der großen Not in vielen Familien nicht. Aufklärung und Verhütung waren offiziell nicht erlaubt. Dennoch versuchte Else Kienle zusammen mit ihrem jüdischen Kollegen Dr. Friedrich Wolf in Vorträgen und Beratungsstellen zu informieren. In ihrer Praxis nahm sie auch ambulante Schwangerschaftsabbrüche vor, um notleidenden Patientinnen zu helfen und sie vor „Kurpfuschern“ zu bewahren. Mitte Februar 1931 wurden Else Kienle und ihr Kollege in Untersuchungshaft genommen, weil ihnen Vergehen gegen den § 218 vorgeworfen wurden.
Die Festnahme beider Ärzte löste in ganz Deutschland eine Demonstrationswelle gegen den „Schandparagraphen“ aus. Dr. Wolf wurde bald gegen eine Kaution entlassen. Else Kienle kam erst nach fünf Wochen frei, nachdem sie in den Hungerstreik getreten und fast gestorben war. Ihr Prozess verlief später im Sande.
Nach ihrer Inhaftierung ging sie nach Frankfurt, um dort eine neue Praxis zu eröffnen. Weiterhin engagierte sie sich im Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen. 1932 gelang es ihr, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen und nach New York zu emigrieren. Dort praktizierte und lebte sie bis zum ihrem Tod am 19. Juli 1970.
Stuttgart-Untertürkheim
Lfd.
Nr.
Bisherige Straßen-
bezeichnung
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
3
Flurstück 1960/3
A = Barbarossastr.
E = Bertramstr.
Barbarossastr.
(unter Zusammenfassung mit der bereits bestehenden Straße)
Das Stadtmessungsamt hat im Rahmen einer Katastervermessung festgestellt, dass das Flurstück 1960/3, ein Straßenabschnitt zwischen Bertram- und Barbarossastraße, formell nicht Bestandteil der Barbarossastraße ist. Allen vorhandenen Gebäuden sind jedoch bereits Hausadressen der Barbarossastraße zugewiesen. Mit der Beschlussfassung sollen die tatsächlichen Gegebenheiten nun auch formell richtiggestellt werden.Der Bezirksbeirat hat der Eingliederung der Fläche in die bestehende Barbarossastraße zugestimmt.
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Richard_von_Weizsäcker_Planie-Plan.pdf
Else_Kienle_Staffel-Plan.pdf
Barbarossastraße-Plan Eingliederung.pdf