Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1/2018
GZ:
SI
Sitzungstermin: 24.01.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, BM Wölfle
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Erfahrungsbericht sowie Änderungvorschläge der
Sozialverwaltung zur Satzung über die Benutzung von
Unterkünften des Sozialamts für Flüchtlinge

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 22.01.2018, öffentlich, Nr. 5

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 10.01.2018, GRDrs 01/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von dem Erfahrungsbericht sowie den Änderungsvorschlägen der Sozialverwaltung (siehe Anlage 1) wird zunächst Kenntnis genommen.

2. In einem zweiten Schritt wird die Sozialverwaltung aufgefordert, eine Beschlussvorlage mit konkreten Änderungen vorzulegen.

3. Interimsmäßig wird eine nach § 13 Abs. 2 Ziff. 2 der Satzung über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Flüchtlinge gewährte befristete Gebührenermäßigung bis zunächst 31. Mai 2018 über 6 Monate hinaus gewährt, auch wenn die in der Satzungsnorm genannte Dauer von 6 Monaten überschritten wird.


BM Wölfle verweist auf die ausführliche Beratung im Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 22.01.2018. Er habe sich gefreut, dass die Vorschläge der Verwaltung von allen anwesenden Fraktionen begrüßt wurden. Zudem sei die Verwaltung beauftragt worden, weitere Familienkomponenten zu berechnen und solche in der Satzung entsprechend vorzusehen. Des Weiteren soll die Umsetzung so schnell wie möglich erfolgen, sodass die neue Satzung zum 01.04.2018 Inkrafttreten könnte. Aus Sicht der Fachverwaltung und nach Rücksprache mit dem Rechtsamt bestehen keine rechtlichen Bedenken durch die Unterschiedlichkeit. Wie sich die Unterschiede finanziell darstellen, werde man rechtzeitig zur Beschlussfassung vorlegen.

StR Dr. Reiners (CDU) nimmt Bezug auf den gemeinsamen Antrag Nr. 7/2018, wo es insbesondere um die Gebührenhöhe für Kinder und Jugendliche von selbstzahlenden Familien geht. Hinsichtlich des Vorschlags auf 18 Monate zu gehen, habe er Signale seitens der GRÜNEN-Fraktion bekommen, wonach diese damit einverstanden ist. Mit diesen Maßgaben für die Satzung stimme seine Fraktion der Vorlage zu und danke der Verwaltung für die geleistete Arbeit.

StR Winter (90/GRÜNE) schließt sich dem Dank an die Verwaltung an. Man sei sehr froh darüber, wenn die Satzung am 01.04.2018 in Kraft treten kann. Er lobt das gute Verfahren, bei dem man nach den gesammelten Erfahrungen nun in die Umsetzung mit der Familienkomponente geht. Seine Fraktion trage die 18 Monate ausdrücklich mit, sodass die Erarbeitung der Vorlage für eine Satzung auf dieser Basis erfolgen könne.

StRin Dr. Hackl (SPD) dankt der Verwaltung für die Vorlage und den Fraktionen für die gemeinsam beantragten Änderungen. Sie geht kurz ein auf die bisherige Satzung und die in der Praxis gesammelten Erfahrungen, die eine Änderung der Satzung notwendig machen. Sie freut sich über die Verständigung, dass Selbstzahler künftig die Möglichkeit haben, bis zu 18 Monaten die Unterkunftsgebühr selber bezahlen zu können, um dann hoffentlich auf dem Wohnungsmarkt eine eigene Wohnung zu beziehen.

StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) begrüßt es, dass die Fehler, die die Satzung hatte, jetzt begonnen werden zu korrigieren. Es bleibe zu beobachten, ob dies mit der jetzt anstehenden Korrektur erreicht wird. Der Fehler der ursprünglichen Vorlage war, dass sie von Anfang an "im öffentlichen Interesse von der Kostendeckung einer Gebühr gedacht und geleitet war". Diesen Ansatz habe die Fraktionsgemeinschaft nie verstanden, sondern habe immer schon gesagt, "es muss abgewogen werden das individuelle soziale Recht". Auch finde er falsch, einen Überprüfungszeitraum eingezogen zu haben, weil die fehlende soziale Komponente immer schon ersichtlich war. Auf den Einwand von StR Körner, der darauf hinweist, dass die Satzung ohne Gegenstimmen beschlossen wurde, betont er, "Enthaltungen sind keine Zustimmung!" Heute nun könne man den Änderungen zustimmen, wenngleich man sich als Übergangszeit eher drei Jahre als 18 Monate gewünscht hätte. Diesen Punkt könne man jedoch ebenfalls beobachten und ggf. nachsteuern.

StRin von Stein (FW) konnte es nachvollziehen, die Orientierung entlang der Gebühren zu machen, allerdings habe sie die Dimension als problematisch empfunden. Insofern halte sie die Diskussion und die jetzige Entwicklung für folgerichtig und könne die Modifikationen mittragen.

StR Klingler (AfD) merkt an, es komme selten vor, dass eine Satzung nach so kurzer Zeit umgeschrieben wird, wobei die Argumente die gleichen seien wie bei der Diskussion im Dezember. Beispielhaft verweist er auf S. 5 - Auswirkungen auf den ausländerrechtlichen Status -, wo die Verwaltung im Dezember noch völlig anders argumentiert habe als in dieser Vorlage. Im Hinblick auf die soziale Komponente stelle sich die Frage, welche Auswirkungen diese Satzungsänderung haben wird. Aus seiner Sicht werden die Flüchtlinge damit möglichst schnell auf den Sozialwohnungsmarkt gehen und damit Menschen, die jetzt bereits in der Notfallkartei sind, verdrängen. Er halte es nicht für sozial, dass einerseits Leute, die aus Südeuropa nach Stuttgart kommen, keine Wohnung bekommen und jahrelang in der Notfallkartei bleiben, andererseits "nur aufgrund des Drucks der Flüchtlingsvereine" innerhalb kürzester Zeit eine Satzung geändert wird, damit wieder mehr für die Flüchtlinge getan wird.

BM Wölfle betont, die Verwaltung argumentiere nicht anders - auch nicht in der ausländerrechtlichen Beurteilung. Mehrfach habe er bereits ausgeführt, man könne nicht ausschließen, dass es ausländerrechtliche Relevanz haben kann, wenn man soziale Leistungen bezieht bei der Frage Familiennachzug, Verlängerung von Aufenthaltsstatus usw. Dabei bleibe es, weil sich auch bundesgesetzlich in dieser Hinsicht nichts geändert habe. Man habe erklärt, dass es in den meisten Fällen einen Ermessensspielraum gibt der Behörde bei der Frage, wenn Leistungen ausschließlich aufgrund der Gebühren für die Unterkunft bezogen werden.

Auf folgende Änderung habe man sich verständigt: "Wir haben gesagt, wir brauchen nicht zwingend vom JobCenter einen entsprechenden Vermerk, dass keine Leistungen bezogen werden, sondern wir akzeptieren unter bestimmten Voraussetzungen die Selbsterklärung, wonach man selbst zahlt, haben aber eingeführt, dass das Sozialamt eine Plausibilitätsprüfung machen muss zum Schutz derer, die ggfs. auf ihnen zustehende öffentliche Leistungen verzichten wollen. Das ist unsere Verpflichtung, vor allen Dingen, wenn es um Familien geht und Kinder." Die Behauptung, dass die Geflüchteten, die aus den Unterkünften ausziehen, in der Notfallkartei andere verdrängen, sei schlichtweg falsch und werde durch Wiederholungen auch nicht richtiger.

Gegenüber der harschen Kritik von StR Rockenbauch macht er darauf aufmerksam, dass er den Ansatz der Vorlage klug finde, nämlich zu sagen: "Wir müssen uns die Auswirkung einer Verordnung/einer Satzung in einem halben Jahr anschauen und ggfs. bestimmte Änderungen vornehmen." Diesem Ansatz habe der Rat in großer Mehrheit zugestimmt. Man schlage nun diese Änderungen vor. Nach der Beschlussfassung zu dieser Vorlage werde die Fachverwaltung die Vorlage zur Satzung wie vorgeschlagen erarbeiten und dem Rat vorlegen.

StR Rockenbauch erwidert, in dem Punkt der sozialen Bedeutung dieser Satzung hätte man sich mit mehr Fingerspitzengefühl diese Überprüfung von Anfang an ersparen können. Er begrüßt die Nachjustierung.

StR Klingler legt Wert darauf, dass BM Wölfle seine Meinung gelten lässt und nicht die eigene persönliche Meinung dazu äußert. Wenn die Stadt durch diese Maßnahme Mindereinnahmen von 26.680 € hat, so müsse man zusehen, dass diese Mindereinnahmen reduziert werden und folglich sei es klar, dass dieser Personenkreis bevorzugt wird und schneller eine Wohnung bekommt. Er werde im Protokoll der Haushaltsplanberatungen die Aussage von BM Wölfle nachlesen, denn die habe anders gelautet als die Aussage jetzt.

EBM Föll führt aus, durch diese Satzung - auch in der neuen Version - werde man erhebliche finanzielle Verbesserungen haben, die bereits im Haushalt veranschlagt sind. Es gehe um erhebliche finanzielle Verbesserungen des Stadthaushalts von 5,6 Mio. €. Der Grund dafür liege darin, dass der Bund bei den Leistungsempfängern in SGB II sich an den Kosten der Unterkunft mit rund 51 % im Jahr 2018 beteiligt.

Gegenüber der ursprünglichen Fassung geringfügige Minderungen gebe es bei der Selbstzahler-Thematik. Als Finanzbürgermeister halte er dies dennoch für vertretbar, weil die Selbstzahler diejenigen sind, die schon arbeiten und über eigenes Einkommen verfügen. Genau dies wolle man erreichen nicht nur für diejenigen, die heute Selbstzahler sind, sondern auch für diejenigen, die gegenwärtig noch SGB-II-Leistungsempfänger sind. Insofern sei ein solch politisches Signal durchaus positiv und erfreulich.

Ausdrücklich unterstreicht er: "Wir bevorzugen Flüchtlinge nicht bei der Wohnungsvergabe! Wir haben Vormerk- und Belegungsrichtlinien, die vom Gemeinderat beschlossen wurden. Da gilt zunächst einmal die Regel, dass in die Vormerkdatei nur jemand aufgenommen wird, der zuvor drei Jahre in der Landeshauptstadt Stuttgart gelebt hat. Und es gibt Ausnahmen dazu: Eine Ausnahme ist, wenn ich beispielsweise einen Arbeitsplatz in Stuttgart habe. Dann gilt diese Regel nicht. Eine Ausnahme ist, wenn ich beispielsweise in stationären oder teilstationären Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe oder in Frauenhäusern oder in anderen Einrichtungen dieser Art bin, dann gilt auch nicht diese Regel, dass drei Jahre ein Wohnsitz in Stuttgart vorliegen muss. Und diese Ausnahme gilt eben auch für Flüchtlinge, sofern sie im Rahmen der Zuweisung durch das Land Baden-Württemberg nach Stuttgart gekommen sind. Das ist der Ausgangspunkt.

Und wenn Sie in die Vormerkdatei aufgenommen sind, dann gelten für alle die gleichen Punkte/Regeln - egal, aus welchem Grund sie in die Vormerkdatei aufgenommen werden. Die Regeln sind für alle gleich. Es gibt soziale Kriterien, um die Dringlichkeit zu definieren, da gibt es aber eben auch entsprechende Wartezeitpunkte, und die sind für alle gleichermaßen. Das heißt, die Aussage, dass bei uns Flüchtlinge bevorzugt werden bei der Wohnungsvergabe, die ist so nicht zutreffend. Flüchtlinge werden nicht besser, aber auch nicht schlechter behandelt, sondern gleichbehandelt. Und ich glaube, es ist einfach wichtig, das immer wieder zu sagen, damit sich nicht in den Köpfen festsetzt, dass hier andere Regeln gelten. Regeln, die im Übrigen der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart beschlossen hat!"

EBM Föll stellt fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag mit der Maßgabe des Antrags Nr. 7/2018 und der Ergänzung um die 18-Monatsfrist mit 15 Ja-Stimmen und 1 Gegenstimme mehrheitlich zu.
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