Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 112/2016
Stuttgart,
02/22/2016



Planungsstab Stadtmuseum - Provenienzforschung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Ausschuss für Kultur und Medien
Vorberatung
Beschlussfassung
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
13.04.2016
14.04.2016
28.06.2016



Beschlußantrag:

1. Der systematischen Erforschung der Provenienzen sämtlicher zwischen 1933 und 1945 erworbenen Objekte der vom Stadtmuseum Stuttgart betreuten stadtgeschichtlichen Sammlung im Rahmen einer Förderung durch die Stiftung „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ für die Dauer von zunächst 12 Monaten wird zugestimmt.

2. Die Zuwendung der Stiftung „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ in Höhe von rund 80.000 Euro wird angenommen.

3. Das Kulturamt wird ermächtigt, eine/n Mitarbeiter/in in Entgeltgruppe 13 TVöD für die Dauer von 12 Monaten ohne Blockierung einer Planstelle für das Projekt „Systematische Erforschung der Provenienzen sämtlicher Erwerbungen der stadtgeschichtlichen Sammlung Stuttgart zwischen 1933 und 1945“ im Umfang von 100 % zu beschäftigen.





Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Mit seiner Gründung im Jahr 2007 hat der Planungsstab Stadtmuseum den Objektbestand „Stadtgeschichtliche Sammlung“ übernommen. Dieser sogenannte „Altbestand“ soll einer Provenienzforschung unterzogen werden, da eine Vielzahl der Objekterwerbungen in die Zeit des Nationalsozialismus fällt. Entsprechend der 1998 verabschiedeten Washingtoner Prinzipien und der Selbstverpflichtung Deutschlands (Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz) von 1999 ist es dringend erforderlich, diesen Bestand systematisch auf einen möglichen NS-verfolgungsbedingten Entzug zu untersuchen.

Um die Provenienz dieser fraglichen Objekte aufzuklären, aber auch weitere verdächtige Objekte im Bestand zu identifizieren und deren Provenienz zu klären, bedarf es einer langfristigen systematischen Forschung. Diese zeitintensive Recherche kann der Planungsstab Stadtmuseum personell allerdings nicht alleine aus seinem Personalbestand heraus leisten. Daher hat sich der Planungsstab Stadtmuseum bei der Stiftung „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ erfolgreich um eine Förderung beworben. Gewährt werden 80.000 Euro für die Beschäftigung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin/eines wissenschaftlichen Mitarbeiters in Entgeltgruppe 13 TVöD für die Dauer von 12 Monaten. Die Kosten für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, für Sachkosten sowie für die Anfertigung von Reproduktionen und für anfallende Nutzungsgebühren bei Archivrecherchen trägt der Planungsstab Stadtmuseum aus seinem laufenden Budget.



Finanzielle Auswirkungen

Das Projekt „Systematische Erforschung der Provenienzen sämtlicher Erwerbungen der stadtgeschichtlichen Sammlung Stuttgart zwischen 1933 und 1945“ wird durch die Zuwendung der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste und aus vorhandenen Budgetmitteln des Kulturamts finanziert (1.500 Euro für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, für die Anfertigung von Reproduktionen und für anfallende Nutzungsgebühren bei Archivrecherchen sowie 1.500 Euro für Reisekosten). Zudem bringt der Planungsstab Stadtmuseum - verteilt auf mehrere Personen - insgesamt die Arbeitszeit von 35% Vollzeitäquivalente (VZÄ) für interne Organisation, Öffentlichkeitsarbeit und Zugang zum Depot und den Sammlungen sowie die Unterstützung durch eine/n wiss. Volontär/in (15%) ein.

Personalkosten


Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in (EG 13 TVöD)79.600 Euro
Volontär 15 %3.815 Euro
35 % VZÄ (durchschnittl.EG 11 TVöD)24.885 Euro
Summe108.300 Euro


Sachkosten3.000 Euro
Kosten insgesamt111.300 Euro
Davon gedeckt
durch Zuschuss80.000 Euro
durch den Etat des Planungsstabes31.300 Euro



Beteiligte Stellen

Referat AK und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Dr. Susanne Eisenmann

Anlagen

Anlage 1: Ausführliche Begründung

Ausführliche Begründung

Mit Gründung des Planungsstabes Stadtmuseum im Jahr 2007 wurde der im städtischen Eigentum befindliche Objektbestand der stadtgeschichtlichen Sammlung mitsamt der dazugehörigen Dokumentation in die Verwaltung des Planungsstabs Stadtmuseums übergeben. Der Planungsstab Stadtmuseum überführte die vorhandene Dokumentation (Eingangsbücher, Karteikarten sowie zum Teil überlieferte Erwerbungsunterlagen) in die EDV-gestützte Museumssoftware Adlib Museum. Die Daten werden dort seither sukzessive ergänzt.

Mit dem Aufbau dieser stadtgeschichtlichen Sammlung, bestehend u.a. aus Möbeln, Textilien, Silber-, Glas-, Keramik- und Zinnobjekten wurde kurz nach der Gründung des Stadtarchivs im Jahr 1930 begonnen. In den darauffolgenden Jahren wurde die Sammlung durch Überlieferungen aus städtischen Ämtern, durch Schenkungen und durch gezielte Ankäufe erweitert. Eine Vielzahl der Objekterwerbungen fällt in die NS-Zeit und entsprechend der 1998 verabschiedeten Washingtoner Prinzipien und der Selbstverpflichtung Deutschlands (Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz) von 1999 ist es dringend erforderlich, diesen Bestand (sogenannter „Altbestand“) systematisch auf einen möglichen NS-verfolgungsbedingten Entzug zu untersuchen. Einige Objekte der Sammlung sind nachweislich jüdischen Bürgern unrechtmäßig entzogen und durch städtische Stellen in die Sammlung übergeben worden (u.a. sogenanntes „Judensilber“, das bereits im Lost-Arts Register gemeldet ist). Andere Objekte stammen aus Auktionen und dem örtlichen Antiquitätenhandel, so dass hier die Vorbesitzer und Einlieferer sowie die Umstände der Veräußerungen untersucht werden müssten, um verdächtige Objekte ausfindig zu machen.

Um die Provenienz dieser fraglichen Objekte aufzuklären, aber auch weitere verdächtige Objekte im Bestand zu identifizieren und deren Provenienz zu klären, bedarf es einer langfristigen systematischen Forschung. Diese zeitintensive Recherche kann der Planungsstab Stadtmuseum personell allerdings nicht alleine aus seinem Personalbestand heraus leisten. Daher wurde die Förderung der Provenienzforschung beantragt. Der Planungsstab Stadtmuseum möchte der Notwendigkeit und der Verantwortung, den Bestand zu prüfen und gegebenenfalls Objekte zu restituieren, durch eine möglichst umfangreiche Untersuchung gerecht werden. Im ersten Schritt der Forschung soll der Fokus auf potenziell verdächtige Bestände gerichtet werden. Dies sind im Falle des Stadtmuseums die Sammlungsbereiche Silberobjekte, kunsthandwerkliche Objekte und Judaica.

Entsprechend den Anforderungen des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste bringt der Planungsstab Stadtmuseum folgende Eigenmittel in das Projekt ein:

1. Personalmittel: das vorhandene Personal bringt - verteilt auf mehrere Personen - insgesamt die Arbeitszeit von 35% VZÄ für interne Organisation, Öffentlichkeitsarbeit und Zugang zum Depot und den Sammlungen sowie die Unterstützung durch eine/n wiss. Volontär/in (15%) ein.

2. Für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes, für die Anfertigung von Reproduktionen und für anfallende Nutzungsgebühren bei Archivrecherchen bringt der Planungsstab Stadtmuseum insgesamt 1.500 Euro ein. Zudem stellt der Planungsstab für Reisekosten 1.500 Euro zur Verfügung.



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