Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 214/2019
Neufassung
Stuttgart,
09/23/2019



Satzung über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts
für Wohnungslose




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
07.10.2019
16.10.2019
17.10.2019



Beschlußantrag:

Die Satzung über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnungslose wird mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in der Fassung der Anlage 2 (Variante 2 mit 84,44 % Kostendeckung) erlassen. Für Selbstzahler wird als ermäßigte Gebühr unbefristet die bisherige Gebühr veranschlagt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Das Sozialamt hat mit Wirkung vom 1. Juli 2010 die Nutzungsverhältnisse in Unterkünften des Sozialamts in der GRDrs 1338/2009, Neufassung „Satzung für die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnungslose und Flüchtlinge“ geregelt.

Zum 1. September 2017 wurde die Satzung nach Nutzerkreisen getrennt (vgl. „Satzung über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Flüchtlinge“ GRDrs 381/2017 Neufassung). In einem ersten Schritt erfolgte die Neukalkulation im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte. Jetzt erfolgt im zweiten Schritt eine Neukalkulation der Gebühren im Bereich der Unterkünfte für Wohnungslose, da die bisherige Satzung Gebührenregelungen enthält, deren Berechnungsgrundlagen auf Daten aus dem Jahr 2008 basieren.

Die neue Satzung orientiert sich an der aktuellen Mustersatzung des Gemeindetages Baden-Württemberg. Die Gebührenstruktur bleibt übersichtlich und einfach. Die Unterscheidung einerseits nach Wohnheimen und andererseits nach Wohnungen war und ist bei der Unterbringung von Wohnungslosen sachgerecht. Eine weitergehende Ausdifferenzierung nach Objekten und Gebühren wäre weder sinnvoll noch praktikabel.

Bei der vorgeschlagenen Gebühr (Variante 2, Kostendeckungsgrad 84,44 %) werden neben den Unterkunftskosten kalt (Abschreibungen bei stadteigenen Objekten sowie Mietkosten bei angemieteten Objekten) und den objektbezogenen Nebenkosten (Betriebskosten und Instandhaltungskosten) zukünftig auch die sonstigen Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse) auf die Benutzer umgelegt.

In der nachfolgenden Übersicht werden die bisherigen Benutzungsgebühren den neu kalkulierten und dem Gemeinderat nun vorgeschlagenen Gebühren gegenübergestellt. Ebenso wird der Anstieg in EUR sowie in Prozent dargestellt:


Bisherige Gebühr in EUR/qm
ab
1. Januar 2020
in EUR/qm
Anstieg in
EUR/qm
Anstieg in
%
Wohnung
Unterkunftskosten (kalt)
8,23
8,42
+0,19
2,31
Betriebskosten
3,17
4,81
+1,64
51,74
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
2,00
+2,00
Gesamt
11,40
15,23
+3,83
+33,60
Wohnheim
Unterkunftskosten (kalt)
5,06
5,75
+0,69
13,64
Betriebskosten
2,34
3,78
+1,44
61,54
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
0,99
+0,99
Gesamt
7,40
10,52
+3,12
+42,16

Der mit dieser Gebühr erreichte Kostendeckungsgrad beträgt 84,44 %.

Zudem soll in die Satzung eine neue zusätzliche soziale Komponente für Selbstzahler aufgenommen werden. Selbstzahler im Sinne der Satzung sind die Nutzer (bzw. deren Bedarfsgemeinschaft), die unter Berücksichtigung der ermäßigten Gebühr keinen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem SGB II oder XII haben.


Für Selbstzahler wird als ermäßigte Gebühr unbefristet die bisherige Gebühr vorgeschlagen, d. h.:

Wohnung
Wohnheim
für die Unterkunft
8,23 EUR/qm
5,06 EUR/qm
für die Betriebskosten
3,17 EUR/qm
2,34 EUR/qm
gesamt
11,40 EUR/qm
7,40 EUR/qm

Die Satzung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnungslose vom 25. März 2010 (Amtsblatt Nr. 16 vom 22. April 2010; zuletzt geändert am 1. September 2017 (Amtsblatt Nr. 34/35 vom 24. August 2017)) außer Kraft.


Finanzielle Auswirkungen

Die Anpassung der bisherigen Gebühren in der Gebührensatzung mit einem neuen
Kostendeckungsgrad von 84,44 % führt beim Schlüsselprodukt 1.31.40.01.40.00-500
– Unterkünfte für Wohnungslose/Obdachlose, Kontengruppe 330 – öffentlich-rechtliche
Entgelte, unter der Voraussetzung eines gleichbleibenden Unterkunftsbestandes, zu Mehreinnahmen ab 2020 in Höhe von jährlich 433.300 EUR.


Zugleich führen die Gebührenerhöhungen zu folgenden Mehraufwendungen im Teilhaushalt 290 – Jobcenter Stuttgart für SGB II-Leistungsempfänger bzw. im Teilhaushalt 500
– Sozialamt für SGB XII-Leistungsempfänger:


ab 2020
SGB II
SGB XII
398.800 EUR
34.500 EUR

Auf Grund der anteiligen Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund in Höhe von 46,4 % können sich wiederum im THH 290 – Jobcenter Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 185.000 EUR ergeben.
Durch die Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund in Höhe von
100 % würden sich wiederum im THH 500 – Sozialamt Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 34.500 EUR ergeben.

Aufgrund der ermäßigten (bisherigen) Gebühr für Selbstzahler verzichtet die Landeshauptstadt Stuttgart auf Erträge ab 2020 in Höhe von 59.100 EUR.

Letztendlich führt die Gebührenerhebung im Haushalt der Landeshauptstadt Stuttgart zu folgenden Verbesserungen:

ab 2020
Zahlungen durch Selbstzahler
0 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund
185.000 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund
34.500 EUR
Gesamtsumme
219.500 EUR




Beteiligte Stellen

Das Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen sowie das Referat für Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht haben diese Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

---

Erledigte Anträge/Anfragen

---






Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin




Anlagen

1. Ausführliche Begründung
2. Satzung über die Benutzung von Unterkünften für Wohnungslose
3. Gebührenkalkulation


Ausführliche Begründung


Gebührenkalkulation, Ermittlung der Gebühren, Kostendeckung

Bei den Benutzungsgebühren handelt es sich um Gebühren, deren Gegenleistung in der Nutzung einer Wohnungslosenunterkunft besteht. Die Gebührenkalkulation ermittelt die ansatzfähigen Kosten, die maximal auf die Benutzer umgelegt werden könnten. Hierbei müssen die Grundsätze der Kostendeckung und das Äquivalenzprinzip entsprechend den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes beachtet werden.

Das Kostendeckungsprinzip setzt eine Ermittlung aller für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung entstehenden Kosten voraus. Zugleich wird durch dieses Prinzip eine Gebührenbemessung, welche die betriebswirtschaftlich anrechenbaren Kosten übersteigt, untersagt.

Das Äquivalenzprinzip erfordert in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Nutzung bemessen wird. Die Höhe der Gebühr muss in einem stimmigen und angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen.

Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus

Mit Ausnahme der unterkunftsbezogenen Personalkosten werden bei bestehenden Objekten, die der Unterbringung von Wohnungslosen dienen, die aus dem Jahr 2017 vorliegenden Werte mit einer entsprechenden Hochrechnung zu Grunde gelegt. Als Grundlage für die Hochrechnung wurde der Mietpreisindex Baden-Württemberg herangezogen. Dieser sieht eine Erhöhung der Kosten für 2018 um 1,7 % der Nettokaltmiete und 1,1 % der Wohnungsnebenkosten vor. Bei neuen Objekten, für die noch keine aussagefähigen Daten aus dem Jahr 2017 vorlagen, wurden Vergleichsobjekte herangezogen und entsprechend hochgerechnet.

Nach § 14 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz (KAG) gehören zu den Kosten, die bei der Kalkulation von Benutzungsgebühren zu berücksichtigen sind, unter anderem eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals. Auf der Grundlage aktueller Kapitalmarktzinssätze ist für die Landeshauptstadt Stuttgart ein einheitlicher kalkulatorischer Zinssatz in Höhe von 4,0 % zu verwenden.




Der Gebührenkalkulation wurden diejenigen Unterkünfte zu Grunde gelegt, die per
1. Oktober 2018 zum Stichtag 1. Februar 2019 als Wohnungslosenunterkunft genutzt wurden. Bei der Kalkulation wird von einer 90 %igen Belegung ausgegangen.
Die Unterkünfte sind in der Regel voll belegt, es besteht jedoch über das Jahr verteilt ein durchschnittlicher Leerstand von ca. 10 % bedingt durch Renovierungs- und Wiederbelegungszeiten.

§ 13 KAG eröffnet die Möglichkeit, für jeweils verschiedene Unterkünfte, die der Erfüllung der gleichen Aufgabe dienen, eine Gebühr nach einheitlichen Sätzen zu erheben, sofern keine auffallenden Leistungsunterschiede vorhanden sind. Einzig der Umstand, ob die Unterbringung in einer Wohnung oder einem Wohnheim stattfindet, stellt einen Leistungsunterschied dar. Diesem wird Rechnung getragen, indem auch künftig gebührenrechtlich zwischen Wohnung und Wohnheim unterschieden wird, wobei die Definition für eine Wohnung bzw. ein Wohnheim § 1 Abs. 4 der Satzung zu entnehmen ist: „Eine Wohnung ist eine abgeschlossene, selbstständige Wohneinheit mit eigener Infrastruktur (Küche, Sanitärbereich) und mit nicht mehr als sechs Wohnräumen. Alle anderen Unterkünfte sind Wohnheime.“

Da die Unterkünfte für Wohnungslose eher konstant belegt werden, sieht die Satzung weiterhin eine flächenbezogene Gebühr vor.

Für die Kalkulation des Quadratmeterpreises für eine Wohnung bzw. ein Wohnheim wurden zunächst die Quadratmeter der zum 1. Februar 2019 voraussichtlich im Bestand (mit Stichtag 1. Oktober 2018) befindlichen Unterkünfte, unterteilt nach Wohnungen und Wohnheimen, ermittelt.

Anschließend wurden die ansatzfähigen Kosten unterteilt nach Wohnungen und Wohnheimen ermittelt.

Durch Division der ansatzfähigen Kosten mit der jeweiligen Gesamtquadratmeterzahl wird der Gebührensatz je Quadratmeter ermittelt. Dieser Quadratmeterwert ist Grundlage für die Gebühr je Wohnung bzw. je Wohnheim.

Die bisher gültigen Gebührensätze betragen:

Wohnung
Wohnheim
für die Unterkunft
8,23 EUR/qm
5,06 EUR/qm
für die Betriebskosten
3,17 EUR/qm
2,34 EUR/qm
gesamt
11,40 EUR/qm
7,40 EUR/qm


Variante 1:

Für eine kostendeckende Benutzungsgebühr (100 %) müsste die Gebühr wie folgt festgesetzt werden:

Wohnung
Wohnheim
gesamt
17,89 EUR/qm
13,18 EUR/qm
Kostendeckungsgrad
100 %
für Unterkunftskosten (kalt)
8,42 EUR/qm
5,75 EUR/qm
für Betriebskosten
4,81 EUR/qm
3,78 EUR/qm
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
2,00 EUR/qm
0,99 EUR/qm
für Personalkosten
2,66 EUR/qm
2,66 EUR/qm


Die Gesamtgebühr würde bei einer 100 %igen Kostendeckung wie folgt ansteigen:

Bisherige Gesamtgebühr in EUR/qm
Gebühr bei 100 % Kostendeckung in EUR/qm
Anstieg in
EUR/qm
Anstieg in
%
Wohnung
11,40
17,89
+6,49
+56,93
Wohnheim
7,40
13,18
+5,78
+78,11


Variante 2:

Die Verwaltung schlägt vor, dass der Gemeinderat im Rahmen seines Ermessens auf eine kostendeckende Gebühr verzichtet und bei der Festlegung der Gebührenhöhe abweichend von der bisherigen Gebührenstruktur die Unterkunftskosten (kalt), die Betriebskosten sowie neu die sonstigen Nebenkosten berücksichtigt und somit der Kostenanteil für die Personalkosten keine Berücksichtigung findet.

Dementsprechend legt der Gemeinderat die Benutzungsgebühr wie folgt fest
(Kostendeckungsgrad 84,44 %):


Wohnung
Wohnheim
gesamt
15,23 EUR/qm
10,52 EUR/qm
Kostendeckungsgrad
84,44 %
für Unterkunftskosten (kalt)
8,42 EUR/qm
5,75 EUR/qm
für Betriebskosten
4,81 EUR/qm
3,78 EUR/qm
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
2,00 EUR/qm
0,99 EUR/qm



Die Gesamtgebühr würde bei einer 84,44 %igen Kostendeckung wie folgt ansteigen:

Bisherige Gesamtgebühr in EUR/qm
Gebühr bei 84,44 % Kostendeckung in EUR/qm
Anstieg in
EUR/qm
Anstieg in
%
Wohnung
11,40
15,23
+3,83
+33,60
Wohnheim
7,40
10,52
+3,12
+42,16


Folgende Übersicht zeigt die Veränderung zwischen der bisherigen und der neu vorgeschlagenen Gebührenhöhe (Variante 2):


Bisherige Gebühr in EUR/qm
ab
1. Januar 2020 in EUR/qm
Anstieg in
EUR/qm
Anstieg in
%
Wohnung
Unterkunftskosten (kalt)
8,23
8,42
+0,19
2,31
Betriebskosten
3,17
4,81
+1,64
51,74
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
2,00
+2,00
Gesamt
11,40
15,23
+3,83
+33,60
Wohnheim
Unterkunftskosten (kalt)
5,06
5,75
+0,69
13,64
Betriebskosten
2,34
3,78
+1,44
61,54
für sonst. Nebenkosten (interne Leistungsverrechnungen, Umlagen, kalkulatorische Kosten, Zuschüsse)
0,99
+0,99
Gesamt
7,40
10,52
+3,12
+42,16

Hierbei wird deutlich, dass es sich bei der neuen Gebühr um einen vertretbaren Gebührenanstieg handelt. Die Wohnungen werden insgesamt um 3,83 EUR/qm teurer, die Wohnheime um 3,12 EUR/qm.



Variante 3:

Ergänzend wird eine Kalkulation entsprechend der aktuell gültigen Gebührenstruktur vorgelegt. Hierbei werden lediglich die Unterkunftskosten (kalt) und die Betriebskosten berücksichtigt, der Kostenanteil für die Personal- und sonstigen Nebenkosten finden keine Berücksichtigung. Dies würde bei der aktuellen Gebührenkalkulation einem Kostendeckungsgrad von 73,76 % entsprechen (Variante 3):

Wohnung
Wohnheim
gesamt
13,23 EUR/qm
9,53 EUR/qm
Kostendeckungsgrad
73,76 %
für Unterkunftskosten (kalt)
8,42 EUR/qm
5,75 EUR/qm
für Betriebskosten
4,81 EUR/qm
3,78 EUR/qm

Die Gesamtgebühr würde bei einer 73,76 %igen Kostendeckung wie folgt ansteigen:

Bisherige Gesamtgebühr in EUR/qm
Gebühr bei 73,76 % Kostendeckung in EUR/qm
Anstieg in
EUR/qm
Anstieg in
%
Wohnung
11,40
13,23
+1,83
+16,05
Wohnheim
7,40
9,53
+2,13
+28,78


Selbstzahler

Eine Auswertung der bisherigen Selbstzahler hat ergeben, dass diese eine sehr gute Zahlungsmoral aufweisen. So sind bei nur 2 von insgesamt 16 Haushalten zum Auswertungsstichtag 1. April 2019 Rückstände aufgelaufen. Um dieser Entwicklung mit einer neuen höheren Gebühr nicht entgegenzuwirken und dadurch gegebenenfalls eine erneute Leistungsbedürftigkeit hervorzurufen, schlägt die Verwaltung erstmalig für die Satzung dieser öffentlichen Einrichtung eine ermäßigte Gebühr für Selbstzahler vor.
Die Gebührenschuldner erhalten nach dieser Satzung auf Antrag unbefristet eine ermäßigte Benutzungsgebühr, wenn der Gebührenschuldner und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unter Berücksichtigung der ermäßigten Gebühr keinen Anspruch auf laufende Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII haben.
Zur Gewährung der reduzierten Gebühr muss der Gebührenschuldner durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z. B. Verdienstbescheinigungen, Rentenbescheinigungen, Ablehnungsbescheid des Sozialleistungsträgers) die Unabhängigkeit von laufenden Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II oder SGB XII nachweisen. Eine Vorsprache bei der leistungsgewährenden Stelle beim Jobcenter oder Sozialamt ist somit nicht zwingend erforderlich. Es ist jedoch möglich, mit einem aktuellen Ablehnungsbescheid der vorgenannten leistungsgewährenden Stellen die Unabhängigkeit von Sozialleistungen nachzuweisen.




Als Gebührenhöhe für die Gebührenermäßigung für Selbstzahler wird die bisherige Benutzungsgebühr vorgeschlagen:

Wohnung
Wohnheim
für die Unterkunft
8,23 EUR/qm
5,06 EUR/qm
für die Betriebskosten
3,17 EUR/qm
2,34 EUR/qm
gesamt
11,40 EUR/qm
7,40 EUR/qm

Die Gebührenermäßigung beginnt mit dem 1. des auf die Leistungsbeendigung folgenden Monats bzw. bei Neueinzug in die Unterkunft, falls zum Zeitpunkt des Einzugs kein Leistungsanspruch nach dem SGB II oder XII besteht. Ergänzend beginnt die Gebührenermäßigung frühestens ab dem Monat der Antragstellung.

Der Zeitraum der Gebührenermäßigung wird nicht befristet. Ein auskömmliches Erwerbseinkommen sowie die regelmäßige, vollständige Bezahlung der Unterkunftskosten erhöhen die Chancen auf dem Wohnungsmarkt. Zudem ist es auf Grund der derzeit und bereits lange anhaltenden schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht absehbar, welcher Befristungszeitraum angemessen wäre. Daher schlägt die Verwaltung vor, die Gebührenermäßigung unbefristet zu gewähren.


Allgemeine Ausführungen

Bei der Entscheidung über die Gebührenhöhe hat eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und dem privaten Interesse des Gebührenschuldners zu erfolgen.

Das öffentliche Interesse besteht an einer kostendeckenden Gebühr. Da der überwiegende Teil der Gebührenschuldner im SGB II leistungsberechtigt ist, erfolgt hier ab 2020 eine anteilige Kostenerstattung der Unterkunftskosten vom Bund in Höhe von 46,4 %. Für die leistungsberechtigten Gebührenschuldner im SGB XII erfolgt eine Kostenerstattung zu 100 % durch den Bund. Um die höchstmögliche Kostenerstattung des Bundes auszuschöpfen, wäre die kostendeckende Gebühr festzusetzen.

Im Interesse der Bewohner ist es, eine möglichst geringe Gebühr für die Unterbringung in der Unterkunft bezahlen zu müssen. Eine höhere (kostendeckende) Gebührenforderung würde einen höheren Aufwand bei den Sozialleistungen nach sich ziehen (Leistungen nach dem SGB II und SGB XII), weil ein großer Teil der Gebührenschuldner bereits jetzt ganz oder aufstockend im Leistungsbezug ist. Zudem würden höhere (kostendeckende) Gebühren voraussichtlich noch bei weiteren Familien und Einzelpersonen eine Sozialleistungsbedürftigkeit auslösen.

Der Abgleich der vorgeschlagenen Gebühr – hierbei jedoch lediglich der Anteil der Unterkunftskosten (kalt) – mit den in der GRDrs 8/2019 „Mietobergrenzen 2019/2020 – angemessene Kosten der Unterkunft in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und in der Sozialhilfe“ festgesetzten Mietobergrenzen für 2019/2020 anhand der Gebühr für Wohnungen ergibt, dass die vorgeschlagene Gebühr pro Quadratmeter (kalt) bei den Wohnungen immer unterhalb der Mietobergrenzen liegt.

Es wird jedoch ergänzend darauf hingewiesen, dass die Benutzungsgebühren grundsätzlich nicht unter die Regelungen der Mietobergrenze fallen. Der o. g. Abgleich dient lediglich der Information zur Verhältnismäßigkeit der Gebühr. Sowohl vom Jobcenter als auch vom Sozialamt werden die Benutzungsgebühren immer in voller Höhe als Kosten der Unterkunft anerkannt.

Weiterhin wird die Verwaltung mit der Einführung der neuen unbefristeten Gebührenermäßigung für Selbstzahler dem privaten Interesse der Bewohner gerecht, die ihre Gebühren auch bisher schon aus eigenem Einkommen bezahlen.

Mit dem Festsetzen der o. g. Gebühren erfolgt ein finanziell und sozial ausgewogener Interessensausgleich, da die Landeshauptstadt Stuttgart sowohl dem öffentlichen Interesse (der gesamten Stuttgarter Bevölkerung) sowie dem privaten Interesse des Gebührenschuldners gerecht wird.

Die Satzung über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnungslose
(
s. Anlage 2) setzt die Gebühren um, für die sich die Verwaltung ausspricht (Variante 2, Kostendeckungsgrad 84,44 % sowie Aufnahme einer unbefristeten Gebührenermäßigung für Selbstzahler).

Die Landeshauptstadt trägt die Kosten der nicht kostendeckenden Gebühr sowie der unbefristeten Gebührenermäßigung für Selbstzahler.

Die Verwaltung schlägt vor, in spätestens 5 Jahren eine neue Kalkulation vorzunehmen, um absehbare Änderungen der Kalkulationsgrundlagen (u. a. im Gebäudebestand) zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang werden auch die in der Satzung enthaltenen Regelungen zu den sozialen Komponenten überprüft und gegebenenfalls angepasst.


Sonstige Regelungen und Anpassung der ordnungsrechtlichen Elemente

Die in der bisherigen Satzung geregelte Rechtsform und Zweckbestimmung der Unterkünfte für Wohnungslose, die Bestimmungen für die Benutzung der Unterkünfte und das Hausrecht sowie die Rechte und Pflichten der Nutzer/-innen usw. bleiben weitestgehend unverändert.

Ergänzend wird der Passus in § 1 Abs. 3 aufgenommen, dass die Unterbringung möglich ist, bis eine endgültige Versorgung mit einer Wohnung durch Abschluss eines Mietvertrages erfolgen kann.

Neu aufgenommen wird zudem in § 4 Abs. 2 der Satzung die Ergänzung, dass künftig bei Übergabe der Unterkunft ein Übergabeprotokoll gefertigt wird, welches durch Unterschrift des Einweisenden anerkannt wird. Diese Ergänzung soll künftig die Rückgabe der Wohnung erleichtern im Hinblick auf Erreichen bzw. Beweisen des Zustandes bei Einzug. Auch bei erforderlichen gerichtlichen Beschlüssen, bezogen auf die Beendigung des Nutzungsverhaltens, kann dieses Protokoll hilfreich sein.

Im Zuge der Rückgabe der Unterkunft können nun gemäß § 8 Abs. 1 der Satzung hierbei entstehende Kosten und Auslagen auf den Benutzer umgelegt werden.

Deutlich konkretisiert wurde der § 11 der Satzung zum Thema Umsetzung, Umzugskosten, Verwaltungszwang. Die hier sehr klar aufgezählten Punkte waren in der Vergangenheit immer wieder strittige Punkte im Prozessalltag.

Ebenfalls neu aufgenommen wird der § 16 mit der Überschrift „Ordnungswidrigkeiten“. Hierdurch wird die Möglichkeit eröffnet, Satzungsverstöße gegebenenfalls mit Geldbußen zu ahnden.

Somit wirkt die Satzung künftig auf zwei Ebenen. Zum einen regelt sie die Erhebung der Benutzungsgebühren und zum anderen enthält die Satzung ordnungsrechtliche Elemente, durch welche Fehlverhalten in der Unterkunft entsprechend geahndet werden können.


Finanzielle Auswirkungen bei Variante 1

Eine Anpassung der bisherigen Gebühren in der Gebührensatzung an eine kostendeckende Gebühr (Kostendeckungsgrad 100 %) würde beim Schlüsselprodukt 1.31.40.01.40.00-500 – Unterkünfte für Wohnungslose/Obdachlose, Kontengruppe 330 – öffentlich-rechtliche Entgelte, unter der Voraussetzung eines gleichbleibenden Unterkunftsbestandes, zu Mehreinnahmen ab 2020 in Höhe von jährlich 845.600 EUR führen.

Auch hier würden höhere Gebührenforderungen einen höheren Aufwand bei den Sozialleistungen bei den kommunalen Leistungen nach dem SGB II und im SGB XII nach sich ziehen, weil ein großer Teil der Gebührenschuldner bereits jetzt im Leistungsbezug ist.

Bei Erträgen, die zu 81 % von SGB II-Leistungsempfängern, 12 % von Selbstzahlern und 7 % von SGB XII-Leistungsempfängern stammen, würden diese Gebührenerhöhungen zu folgenden Mehraufwendungen im Teilhaushalt 290 – Jobcenter Stuttgart für SGB II-Leistungsempfänger bzw. im Teilhaushalt 500 – Sozialamt für SGB XII-Leistungsempfänger führen:

ab 2020
SGB II
SGB XII
684.900 EUR
59.200 EUR

Auf Grund der o. g. anteiligen Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund in Höhe von 46,4 % würden sich wiederum im THH 290 – Jobcenter Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 317.800 EUR ergeben. Durch die Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund in Höhe von 100 % würden sich wiederum im THH 500 – Sozialamt Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 59.200 EUR ergeben. Bei derzeit 12 % Selbstzahlern verzichtet die Landeshauptstadt Stuttgart aufgrund der ermäßigten (bisherigen) Gebühr für Selbstzahler auf Erträge ab 2020 in Höhe von 101.500 EUR.

Letztendlich würde diese Gebührenerhebung im Haushalt der Landeshauptstadt Stuttgart zu folgenden Verbesserungen führen:

ab 2020
Zahlungen durch Selbstzahler
0 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund
317.800 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund
59.200 EUR
Gesamtsumme
377.000 EUR



Finanzielle Auswirkungen bei Variante 2 (Vorschlag der Verwaltung)

Die Anpassung der bisherigen Gebühren in der Gebührensatzung mit einem neuen Kostendeckungsgrad von 84,44 % führt beim Schlüsselprodukt 1.31.40.01.40.00-500 – Unterkünfte für Wohnungslose/Obdachlose, Kontengruppe 330 – öffentlich-rechtliche Entgelte, unter der Voraussetzung eines gleichbleibenden Unterkunftsbestandes, zu Mehreinnahmen ab 2020 in Höhe von jährlich 433.300 EUR.

Zu beachten ist, dass die höheren Gebührenforderungen einen höheren Aufwand bei den Sozialleistungen bei den kommunalen Leistungen nach dem SGB II und im SGB XII nach sich ziehen, weil ein großer Teil der Gebührenschuldner bereits jetzt im Leistungsbezug ist.

Derzeit wird davon ausgegangen, dass 81 % der Erträge von SGB II-Leistungsempfän-gern, 12 % von Selbstzahlern und 7 % von SGB XII-Leistungsempfängern stammen.
Entsprechend führen die Gebührenerhöhungen zu folgenden Mehraufwendungen im Teilhaushalt 290 – Jobcenter Stuttgart für SGB II-Leistungsempfänger bzw. im Teilhaushalt 500 – Sozialamt für SGB XII-Leistungsempfänger:

ab 2020
SGB II
SGB XII
398.800 EUR
34.500 EUR

Auf Grund der o. g. anteiligen Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund in Höhe von 46,4 % können sich wiederum im THH 290 – Jobcenter Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 185.000 EUR ergeben. Durch die Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund in Höhe von 100 % würden sich wiederum im THH 500 – Sozialamt Mehrerträge ab 2020 in Höhe von 34.500 EUR ergeben.

Bei derzeit 12 % Selbstzahlern verzichtet die Landeshauptstadt Stuttgart aufgrund der
ermäßigten (bisherige) Gebühr für Selbstzahler auf Erträge ab 2020 in Höhe von 59.100 EUR.


Letztendlich führt die Gebührenerhebung im Haushalt der Landeshauptstadt Stuttgart zu folgenden Verbesserungen:

ab 2020
Zahlungen durch Selbstzahler
0 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB II vom Bund
185.000 EUR
Kostenerstattung der Unterkunftskosten im SGB XII vom Bund
34.500 EUR
Gesamtsumme
219.500 EUR




zum Seitenanfang