Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 318/2020
Stuttgart,
05/11/2020



Weiterförderung der Jugendhilfeangebote in freier Trägerschaft trotz Betriebseinschränkungen nach CoronaVO



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
25.05.2020
27.05.2020
28.05.2020



Beschlußantrag:

1. Der Weiterförderung der Stuttgarter Jugendhilfeangebote in freier Trägerschaft wird trotz angeordneter Schließungen bzw. Angebotseinschränkungen zugestimmt. Grundsätzlich erfolgt die Förderung auf der Grundlage der beschlossenen Fördergrundsätze. Das Jugendamt wird ermächtigt, in den Fällen, in denen aufgrund der veränderten Angebote Anpassungen in der Fördersystematik erfolgen müssen, diese im Rahmen der vorhandenen Förderbudgets vorzunehmen.

2. Die Weiterförderung im bisherigen Umfang erfolgt unter der Voraussetzung, dass die Träger der Jugendhilfe ihre freien Ressourcen im Rahmen des Sozialdiensleistereinsatzgesetzes (SodEG) zur Verfügung stellen.

3. Zur Schadensminimierung sind die Träger verpflichtet, nach Möglichkeit vorrangige Ersatzleistungen (z.B. Kurzarbeitergeld) durch Bund und Land in Anspruch zu nehmen.

4. Um freiwillige Kurzarbeit zu ermöglichen, wird den Trägern gestattet, das Kurzarbeitergeld auf 100 % des bisherigen Nettolohns aufzustocken.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Zu Beschlussantrag 1:
Die Stuttgarter Angebote im Rahmen der freien Jugendhilfe werden von 314 Trägern in vielfältigen Angebotsbereichen erbracht. Die Angebote umfassen offene bzw. mobile Jugendarbeit, Beratungsangebote, Schulsozialarbeit, Jugendfreizeitstätten, Waldheime, Jugendhäuser, Jugendberufshilfen u.v.m.

Ein Großteil dieser Angebote ist durch die CoronaVO mehr oder weniger stark eingeschränkt oder gar ganz untersagt. Nach dem Ende der Einschränkungen durch die CoronaVO ist es unerlässlich, dass die freien Träger der Jugendhilfe ihre Angebote im regulären Umfang sofort wieder erbringen können. Insofern ist es unverzichtbar, dass sie ihre Strukturen durch eine uneingeschränkte Weiterförderung aufrechterhalten können.
Die Fachverwaltung hat unmittelbar nach Inkrafttreten der CoronaVO alle Träger über die Betriebsbeschränkungen informiert und aufgefordert, ihre Angebote an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Diese Anpassungen der Angebote haben allerdings u.U. zur Folge, dass die jeweils gültige Fördersystematik nicht sachgerecht ist. Dies gilt beispielsweise für die Waldheime (Förderung von sog. Verpflegungstagen), die Jugendverbandsarbeit und die Jugendfarmen (Mindestanzahl an Öffnungstagen). Wenn nötig, kann im Zuschussjahr 2020 die Förderung auf der Grundlage einer Einnahmen-/Ausgabenrechnung erfolgen.

Die Regelung nach Beschlussantrag Nr. 1 bezieht sich auf die bisherigen städt. Zuschüsse. Ausfallende Einnahmen der Träger (z.B. Teilnahmebeiträge für Angebote) werden nicht ausgeglichen, da sich dies im vorhandenen Förderbudget nicht abbilden lässt. Inwieweit Hilfsprogramme des Landes oder des Bundes wegfallende Trägereinnahmen (außerhalb der Kindertagesbetreuung) kompensieren, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Zu Beschlussantrag 2:
Am 28. März 2020 hat die Bundesregierung das sog. Sozialschutzgesetz verabschiedet, das auch das Sozialdienstleistereinsatzgesetz (SodEG) beinhaltet. Das SodEG regelt die Weiterförderung der sozialen Dienstleister im Bereich der Sozialgesetzbücher durch den zuständigen Leistungsträger. Die Träger sind durch das SodEG aufgefordert, ihre durch die Betriebseinschränkungen freigewordenen personellen und sächlichen Ressourcen im rechtlich zulässigen und zumutbaren Umfang zur Bewältigung der Pandemiefolgen anzubieten. Im Gegenzug erhalten sie höchsten 75 % ihrer regulären Zahlbeträge für den Zeitraum der Betriebseinschränkungen. Das SodEG ermächtigt die Länder, die Förderung auf 100 % der regulären Zahlbeträge zu erhöhen. Da das Land Baden-Württemberg bisher diesbezüglich keine Regelungen getroffen hat, schlägt die Verwaltung vor, zur Bestandssicherung der Trägerlandschaft, die Träger bis zur Höhe der geltenden Förderrichtlinien weiter zu fördern, unter der Maßgabe, dass die Träger nach Möglichkeit Kurzarbeitergeld oder sonstige Finanzhilfen des Bundes und des Landes realisieren.

Vertreter des Jugendamts, des Schulverwaltungsamts und der LIGA der Wohlfahrtsverbände haben in mehreren Gesprächsrunden die verschiedenen Förderbereiche analysiert, kategorisiert und dahingehend geprüft, ob, in welchem Umfang und in welcher Form die geförderten Aktivitäten trotz Betriebsuntersagung nach § 4 CoronaVO weiter erbracht werden können.

Folgende Kategorien wurden gebildet:
a: Angebot wird nicht beeinträchtigt (z.B. individuelle Rechtsansprüche der Hilfen zur Erziehung, verschiedene Beratungsangebote)
b: Angebot ist gem. § 4 CoronaVO beeinträchtigt (z.B. Mobile Jugendarbeit)
c: Angebot ist nach § 4 CoronaVO untersagt (z.B. Jugendhäuser, Jugendfreizeitstätten u.a.)

Bei den Kategorien b. und c. wurde geprüft, inwieweit die Angebote in alternativer Form weiter erbracht werden konnten, z.B. durch Kontaktaufnahmen mit Kindern und Jugendlichen durch soziale Medien, aufsuchende Arbeit an deren Treffpunkten, Spielangebote und dergleichen.
Exemplarisch haben einige Träger der Liga der Wohlfahrtspflege anhand einer Prüfmatrix (s. Anlage 1) ihre Angebote nach o.a. Kriterien analysiert und ggf. freie Kapazitäten dargestellt.

Das Jugendamt wird, falls die Zuständigkeit für die Umsetzung des SodEG durch das Land auf die LHS übertragen wird, die Träger auffordern, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dabei können sie ihre freien Ressourcen für Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewältigung der Pandemiefolgen anbieten, um somit eine Weiterförderung zu erhalten.
In Anlage 1 sind die Vorjahresbudgets der jeweiligen Förderbereiche ausgewiesen, sofern sind nicht oder nur eingeschränkt tätig sein können.

Je Fördermonat beträgt die Gesamtfördersumme für diese Bereiche rechnerisch 3,26 Mio. EUR, davon sind 75 %, d.h. rd. 2,45 Mio. EUR, über das SodEG zu finanzieren, die restlichen 25 %, rd. 0,81 Mio. EUR werden als freiwillige städtische Förderung aufgestockt.

Zu Beschlussantrag 3 und 4:

In § 4 des SodEG wird unterstellt, dass die sozialen Dienstleister vorrangige staatliche Leistungen, wie z.B. Kurzarbeitergeld, in Anspruch nehmen, um insofern den Aufwand der Leistungsträger zu verringern.
In der Praxis sind viele Träger, vor allem große kirchliche bzw. konfessionelle Träger aus tariflichen Gründen gehindert, Kurzarbeitergeld zu beantragen. Ebenso sind v.a. bei sog. Komplexträgern die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld nicht oder nur sehr schwer zu erfüllen:
Dieser Nachweis ist in Anbetracht der zeitlichen Unwägbarkeiten nur schwer zu erbringen, v.a. da wie oben angeführt, die Träger sehr viele Angebote in alternativer Form erbringen können.


Finanzielle Auswirkungen

Es sind keine Mehraufwendungen für die Landeshauptstadt zu erwarten, da die Finanzierungszuständigkeit für die SodEG-Leistungen beim ursprünglich für die Soziale Dienstleistung zuständigen Kostenträger, d.h. der Landeshauptstadt liegt.
Es sind ggf. Wenigeraufwendungen in denjenigen Förderbereichen zu erwarten, in denen Kurzarbeit oder sonstige vorrangige Nothilfen beantragt werden können.



Beteiligte Stellen

Referat WFB nimmt wie folgt Stellung:
Referat WFB erkennt die Notwendigkeit, die freien Träger der Jugendhilfeangebote trotz Betriebseinschränkungen weiter zu fördern. Aus Sicht von Referat WFB sollte dabei allerdings nicht über die im SoDEG festgesetzte Obergrenze von 75% der bisherigen Zahlbeträge hinausgegangen werden. Für diese freiwillige Förderung über die Grenze des SoDEG hinaus würden Aufwendungen von über 800.000 EUR je Monat anfallen. Auch die Anerkennung und Förderung der Aufstockung des Kurzarbeitergelds auf 100% des Nettolohns ist eine Freiwilligkeitsleistung auf die, vor dem Hintergrund der finanziellen Belastungen des städtischen Haushalts durch die Corona-Krise, zu diesem Zeitpunkt verzichtet werden sollte.





Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1: Prüfmatrix

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