Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1265/2017
GZ:
AKR
Sitzungstermin: 24.01.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr Dr. Giese (KultA)
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Nutzungskonzeption Stadtmuseum

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 09.01.2018, GRDrs 1265/2017, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der angepassten Nutzungskonzeption des Stadtmuseum Stuttgart wird zugestimmt.

2. Dem auf die neue Nutzungskonzeption angepassten Einsatz folgender Stellen wird zugestimmt: Die Verwaltung passt die Stellen und deren Bewertung zum Stellenplan 2020 an.

3. Der grundsätzlichen Gestaltung der Gebühren entsprechend Anlage 4 wird zugestimmt.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

BM Dr. Mayer stellt zunächst die angepasste Nutzungskonzeption zusammengefasst vor. Aufgrund einer gestrigen Presseberichterstattung informiert er anschließend über die Überlegungen zur Namensgebung des Stadtmuseums. Man habe sich aus guten Gründen Zeit für einen Vorschlag gelassen, weil die vom Gemeinderat beschlossene Änderung der Nutzungskonzeption in die Überlegungen einfließen sollte, man darüber hinaus aber auch sehen wollte, welche Prägung der laufende Voreröffnungsprozess dem Hause gibt. Das Wagnis dieses Prozesses mit den unterschiedlichen kulturspartenübergreifenden Zwischennutzungen einzugehen, habe sich gelohnt.

Er dankt Herrn Dr. Giese und dessen Team dafür, in so kurzer Zeit diese Sache so groß und stark aufzuziehen und spricht ein großes Lob für die geleistete Arbeit aus: "Zehntausende Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen haben sich von den attraktiv und kreativ kuratierten Previews in unser Museum locken lassen und man konnte in den letzten Monaten regelrecht spüren, wie dieses große Interesse in der Bevölkerung, aber auch in den Medien, diesem Gemäuer regelrecht Leben eingehaucht hat und wie das Museum dadurch buchstäblich in die Mitte unserer Stadt gerückt ist."

Die Erfahrungen während des Voreröffnungsprozesses haben einen starken Einfluss auf die Namensfrage gehabt, so der Vorsitzende weiter. Ohne, dass dies vorher geplant war, habe sich wie ein roter Faden ein Begriff durchgezogen, nämlich es war stets vom Palais die Rede - vom Wilhelmspalais, vom Palais der Kolchose, vom Palais des Films, dem Palais des Techno usw. Das Haus stehe zwar noch in den gleichen Außenmauern und trage weitestgehend die ursprünglichen Erscheinungsformen des Wilhelmspalais, wurde aber mit neuem Inhalt und neuem Leben gefüllt als Stadtmuseum der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, aber auch als lebendiges Haus der Stadtkultur mit Gastronomie und vielen Veranstaltungen. Es sei somit ein Palais für Stuttgart und seine Bürgerinnen und Bürger sowie für alle Gäste dieser Stadt, und sei damit "unser Stadtpalais mit dem Untertitel 'Museum für Stuttgart'". Mit dem Namen Stadtpalais wolle man Vergangenheit und Zukunft des Gebäudes zusammenführen und gleichzeitig dem erweiterten Nutzungskonzept Rechnung tragen und dem Museum durch den Namen eine eigenständige und unterscheidbare Prägung geben.

Gerade Museumsnamen, die nicht den Begriff Museum im Namen führen, haben eine besondere Prägnanz, beispielsweise die Staatsgalerie, die Pinakothek oder das Grüne Gewölbe. Mit dem Untertitel "Museum für Stuttgart", der zwar nicht in Lettern am Gebäude stehen werde, aber in allen Veröffentlichungen und Werbemitteln auftauchen soll, wolle man sich von den klassischen Begrifflichkeiten etwas lösen und den Anspruch betonen, dass es nicht nur ein historisches Museum sein soll, sondern ein Haus, in dem auch zeitgenössische Themen und zukünftige Themen verhandelt werden sollen.

Der Namensvorschlag sei in einer lebhaften Diskussion mit vielen während des Voreröffnungsprozesses ersonnen worden und spiegele den Blick der Museumsdirektion auf das Museum dar, wie es sich in seiner Identitätsentwicklung zeigt. Dieser Vorschlag habe nicht nur die Zustimmung der gesamten Kulturverwaltung, sondern auch die Zustimmung der IG Stadtgeschichte, der man dieses Museum zu großen Teilen verdanke.

StR Sauer (CDU) wie auch alle nachfolgenden Rednerinnen und Redner seitens des Ausschusses danken für die Vorlage und die Ausführungen zum Namensvorschlag. Für StR Sauer macht der Namensvorschlag - den man fraktionsintern noch diskutieren werde - auf den ersten Blick Sinn. Damit lasse sich die Klammer schaffen, auf den besonderen Charakter des Hauses hinzuweisen. Er freut sich außerdem, dass BM Dr. Mayer zunächst den Verwaltungsausschuss von diesem Namensvorschlag informiert hat, bevor er das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Die Vorlage betreffend begrüßt er besonders, sich dem Thema Inklusion zu öffnen, indem der Besucherservice dem Rudolph-Sophien-Stift übertragen wird. Nachdem das neue Stadtpalais an sieben Tagen in der Woche geöffnet sein wird und 140 Möglichkeiten für Veranstaltungen bietet - 40 davon sind ans Museum gebunden, 100 an den Gastronomen - fragt er, inwieweit die Ausschreibung Ergebnisse gebracht hat und wann die Verwaltung dem Rat einen Vorschlag machen wird. Des Weiteren erkundigt er sich, wann die Verwaltung einen Vorschlag vorlegt in Bezug auf den im Rahmen der Haushaltsberatungen gefassten Beschluss für einen kostenfreien Eintritt in die Dauerausstellung. Seine Fraktion stimme der Vorlage gerne zu.

StR Winter (90/GRÜNE) zeigt sich irritiert davon, dass in der Vorlage als Antragsteller die Fraktion genannt wird, von denen man am meisten gescholten wurde für die Neuerungen und Entwicklungen. Tatsächlich habe man 2016 - nachdem sehr lange kein Beirat mehr war - gemeinsam die Öffnung und damit eine Änderung der Nutzungskonzeption beschlossen. Nicht unumstritten war damals außerdem die Entscheidung, die Direktion neu auszuschreiben, erinnert er. Er freut sich, den Schritt gewagt zu haben und ist sicher, dass der kostenfreie Eintritt in die Dauerausstellung zur Attraktivität des Hauses beitragen wird und es ein offenes Haus ist mit einer Gastronomie, die ihrerseits Veranstaltungen durchführen kann, die Planungshoheit jedoch bei der Direktion des Museums liegt. Sehr glücklich ist er auch darüber, dass es gelungen ist, all diejenigen, die von Anfang an - auch ehrenamtlich - beim Stadtmuseum dabei waren, im Prozess mitzunehmen. Er gratuliert dazu, im Rahmen des Voreröffnungsprozesses eine solche Spannung zu erzeugen. Der Name Palais tauche dabei durchgehend auf. "Ich sag mal ganz spontan von uns aus, den Namensvorschlag können wir uns sehr gut vorstellen!" Er freue sich auf die tatsächliche Eröffnung des Stadtmuseums mit diesem Übertitel.

StR Perc (SPD) hebt die enormen Erfolge von Herrn Dr. Giese und dessen Team hervor. Man sehe bereits, wie facettenreich das Palais genutzt werden kann. Dies stimme sehr zuversichtlich. Er räumt ein, die SPD-Gemeinderatsfraktion habe die Neuausrichtung "mit gebremster Euphorie" begleitet, da man vor allem das Verfahren für schwierig erachtet habe. Das nun vorgelegte Konzept biete viele Optionen. Erfreut sei man auch über die geringen Mehrkosten trotz Neuausrichtung. Er geht davon aus, dass der kostenfreie Eintritt ein Pluspunkt sein wird. Sehr zufrieden sei man darüber, mit dem Besucherservice eine Werkstatt für behinderte Menschen zu betrauen. Auch die vorgeschlagene Dimension der Gebührensatzung halte man für angemessen. In Sachen Namensvorschlag könne er - vorbehaltlich der Fraktionsbesprechung - eine positive Rückmeldung geben, habe jedoch die Bitte, die Namensfestlegung nach der AKM-Sitzung zu vollziehen. Er freut sich ebenfalls auf die Eröffnung im April 2018 und wünscht dem Team des Stadtmuseums weiterhin viel Erfolg.

StR Urbat (SÖS-LINKE-PluS) begrüßt insbesondere den Einstieg in den kostenlosen Eintritt für Museen und hofft auf eine Ausweitung. Gegen den Namensvorschlag spreche in diesem Moment nichts.

StRin von Stein (FW) wünscht dem Museum einen guten Erfolg und, "dass es nicht nur zum Haus der Stuttgarterinnen und Stuttgarter wird, sondern zum Wohnzimmer wird, das man gerne und häufig aufsucht". Den Namensvorschlag findet sie dahingehend interessant, "als man sich in einer Demokratie wieder an den Palast und an die vergangenen Zeiten des Adels erinnert".

Anerkennung für die sehr gute Arbeit, die dort geleistet wurde, spricht StR Klingler (AfD) aus. Nachdem auf sehr vielen Seiten der Vorlage darauf hingewiesen werde, dass es ein Haus für alle Stuttgarterinnen und Stuttgarter sein soll, sorgt er sich darum, dass Gäste der Stadt sich nicht angesprochen fühlen könnten. Dies müsse mit entsprechender Werbung klargestellt werden. Den Vorschlag zur Namensgebung findet er gut, so lange der Inhalt im Unterbegriff "Museum für Stuttgart" eindeutig klar wird. Man sollte sich daher über die Titulierung des Unterbegriffs weitere Gedanken machen, z. B. "Geschichte und Zukunft einer Stadt".

Die Frage nach der Gastronomie aufgreifend teilt BM Dr. Mayer mit, man arbeite gerade mit Hochdruck daran. Es hätten bereits mehrere Bewerber ihre Konzepte vorgestellt. Dazu gebe es noch diverse Rückfragen, die in den nächsten Wochen geklärt sein sollten. Danach werde man dem Verwaltungsausschuss den aktuellen Stand des Bewerberfeldes darstellen. Was den Vorschlag zur Namensgebung und der AKM-Sitzung angeht, werde man prüfen, ob dies vom Zeitablauf her möglich ist, ggf. müssen die Zeitläufe angepasst werden. Mit dem Vorschlag für den Untertitel "Museum für Stuttgart" habe man sich bewusst für einen offenen Begriff entschieden.

Herr Dr. Giese (KultA) dankt für das erhaltene Lob, das er gerne an sein Team weitergibt. Man habe mit viel Leidenschaft der Aufgabe nachgespürt: "Was ist das Stadtmuseum im 21. Jahrhundert?" Er habe seine Arbeit in Stuttgart unter dem Eindruck der musealen Krise aller Stadtmuseen in Deutschland angetreten. Ob der Begriff Stadtmuseum etwas dafür kann oder nicht, er stehe für die museale Krise aller Stadtmuseen in Deutschland. Im November 2016 habe der Deutsche Museumsbund dazu eine große Tagung mit dem Titel "Stadtmuseum in der Krise" durchgeführt.

Die weitere große Aufgabe lautete: "Wie heißt so ein Stadtmuseum im 21. Jahrhundert?" Man habe eine ganze Reihe von Workshops dazu veranstaltet. Gesucht wurde ein Name, der für das innovative, andere Stadtmuseum steht ohne sich moralisch zu erheben, der kurz und knapp sein sollte, der angesichts der starken kulturellen Konkurrenz rund herum Eigenständigkeit und Wertigkeit des Hauses ausdrücken sollte, der auf Stuttgart verweist, Bezug zum neuen Veranstaltungsschwerpunkt herstellen sollte und zudem einen Eindruck der Angebote dieses Hauses vermitteln sollte, der selbsterklärend sein sollte, niederschwellig und - was sich in den Monaten der Zwischennutzungsphase bestätigt hat - etwas mit Palais zu tun haben. Es gab somit sehr schwierige Anforderungen an einen Namen.

"Stadtpalais - Museum für Stuttgart" könne als einzige Möglichkeit alles: "Er stellt den Bezug zu dem her, wie das Gebäude hier genannt wird und deutet es wiederum nach Kronprinzessinen-Palais, Wilhelmspalais um und wird mit der neuen Nutzung zu einem Palais von allen, für die Stadt, also ein Stadtpalais. Und Museum für Stuttgart gefällt uns auch gut. Wir sind nicht das Museum von Stuttgart für die Geschichte der Stadt, wir sind für Stuttgart, für die Stuttgarterinnen und Stuttgarter, wir sind ein Museum, das sich in den Dienst dieser Stadt stellt, sich nicht außerhalb erhebt und dies wissenschaftlich betrachtet, sondern wir sind ein Teil der Stadt und wir sind für die Stadt da. Richtig ist, es ist ein ungewöhnlicher Begriff. Wir sind die ersten, die sich so nennen würden. Aber wir glauben, vielleicht ist es genau das, wie ein Stadtmuseum im 21. Jahrhundert richtigerweise heißt."
Der Prozess der Namensfindung sei alles andere als einfach gewesen. Mit diesem Namen sei man nun sehr glücklich und hoffe, auch der Gemeinderat werde dies sein. In dem Namen stecke viel in Bezug auf die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz des Hauses. Es sei der Name, der zu dem passt, "was wir darin tun werden. Wir sind für alle. Wir wollen weg von der Zielgruppe der klassischen über 55jährigen Museumsgänger."

Im Hinblick auf die Touristen verweist er auf die umliegenden Kultureinrichtungen. Im Hinblick auf deren Bedeutungsschwere könne das Stadtmuseum nicht mit diesen konkurrieren. "Wir sind ein Haus, dessen Identität liegt in dieser Stadt. Unser Heil und unsere große Stärke liegen in der Fokussierung auf diese Stadt. Wir hoffen sehr, dass es auch für Touristen interessant ist." Darüber hinaus merkt er an, wenn man die Zielgruppe sehr stark verengt auf die Stadt und die Region, dann sei die große Herausforderung, alle Stuttgarter und Stuttgarterinnen zu erreichen. Es habe sich in den Diskussionen und während der Zwischennutzung gezeigt, dass der Palais-Begriff das Spannendste ist in diesem Haus.

Es werde nicht - wie in den vergangenen 20 Jahren - versucht, Ausstellungen für alle zu machen. Sondern man werde wie in der Voreröffnungsphase zielgruppenorientierte Angebote für alle machen unter dem Namen "Stadtpalais", den nach den bisherigen Erfahrungen alle verstehen werden.


Mit Dank an Herrn Dr. Giese betont BM Dr. Mayer, es gehe heute nicht um den Namen, sondern um die geänderte Nutzungskonzeption. Er stellt anschließend fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt der GRDrs 1265/2017 einmütig zu.

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