Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
452/2018
GZ:
WFB 5203-03
Sitzungstermin: 11.07.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr Dr. Hewer (KS-GF)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Klinikum Stuttgart
Jahresabschluss 2017

Vorgang: Krankenhausausschuss vom 29.06.2018, nicht öffentlich, Nr. 28

Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 20.06.2018, GRDrs 452/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Gemeinderat stellt den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2017 in der vor- gelegten Form fest.

1.1 Bilanzsumme 982.088.916,69 €
1.1.1 davon entfallen auf der Aktivseite auf

1.1.2 davon entfallen auf der Passivseite auf
1.2 Bilanzverlust - 18.920.795,25 €
1.3 Gewinn- und Verlustrechnung
1.3.1 Summe der Erträge 662.759.065,27 €
1.3.2 Summe der Aufwendungen 681.679.860,52 €
1.3.3 Jahresfehlbetrag - 18.920.795,25 €

2. Die Geschäftsführung als Betriebsleitung für den Eigenbetrieb wird für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 entlastet.

3. Die Landeshauptstadt gleicht den Jahresfehlbetrag 2017 von 18.920.795,25 € durch eine entsprechende Einzahlung in die Kapitalrücklage aus. Der Bilanzverlust 2017 des Klinikums in Höhe von 18.920.795,25 € wird mit der Kapitalrücklage verrechnet.

4. Der Gewährung der Zuschüsse für 2017 aufgrund des Vier-Seiten-Vertrages für die: 5. Zur Prüfung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2018 wird die PricewaterhouseCoopers AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart, bestimmt. Der Auftrag beinhaltet auch die Prüfung der Mittelverwendung im Rahmen des bei der BWKG geführten Ausbildungsfonds gem. § 17 a KHG.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

Von Herrn Dr. Hewer wird einführend im Sinne dieser Präsentation berichtet; in der Sitzung des Krankenhausausschusses erfolgte durch ihn ein ausführlicher Sachvortrag.

Anschließend trägt EBM Föll vor, die Behandlung im Verwaltungsausschuss gehe auf die Beschlussziffer 3, also auf den über den Planansatz hinausgehenden Jahresverlust in Höhe von 5,245 Mio. €, zurück, der überplanmäßig im Jahr 2018 vollständig ausgeglichen werden soll. Damit solle ein Verzehr des Stammkapitals beim Klinikum Stuttgart (KS) vermieden werden. Dieses Vorgehen sei im Jahresabschluss 2017 der Landeshauptstadt ebenfalls so vorgesehen. Dieser Jahresabschluss werde nächste Woche im Verwaltungsausschuss behandelt.

StR Körner (SPD) weist auf die nachstehenden, von ihm letzte Woche beim Referat WFB schriftlich eingereichten, Fragen hin:

1. Die Rückstellungen für medizinische Schadensfälle wurden im Jahr 2016 deutlich erhöht. Im Jahr 2017 sind sie jetzt fast konstant geblieben. Wie hoch waren die tatsächlichen Aufwendungen des KS in der GuV2017?
2. Pensionsrückstellungen: Wie hoch sind die Pensionsrückstellungen für die Altersversorgung des ausgeschiedenen Geschäftsführers Dr. Schmitz, und wie hoch fielen diese in den Jahren 2015, 2016 und 2017 aus? Wieso liegen diese Rückstellungen in 2017 so deutlich höher als in 2015?
3. Eine Bitte/Frage zur International Unit (IU): Die Einschränkung der Prüfungsurteile geht auf "noch nicht abgeschlossene Ermittlungen seitens staatlicher Stellen und Behörden und der vom Eigenbetrieb beauftragten Rechtsanwälte" zurück. Die Wirtschaftsprüfer können nicht ausschließen, dass Änderungen insbesondere bei Ansatz und Bewertung der sonstigen Rückstellungen sowie bei den sonstigen betrieblichen Aufwendungen beim Jahresergebnis sowie beim Eigenkapital hätten vorgenommen werden müssen. Wir möchten gerne wissen:

- Wie hoch sind die betrieblichen Aufwendungen beim Klinikum bzw. bei der Stadt für die beauftragten Rechtsanwälte in 2017 gewesen?
- Wie ist der Stand der Ermittlungen seitens staatlicher Stellen und Behörden und der vom Eigenbetrieb beauftragten Rechtsanwälte?
- Ist es richtig, dass der kuwaitische Rechnungshof um ein Gespräch mit städtischen bzw. Klinikumsvertretern gebeten hat und dass dieser Gesprächswunsch abgelehnt worden ist?
- In welcher konkreten Höhe wurden im Jahr 2017 bilanzielle Vorkehrungen im Zusammenhang mit den genannten Ermittlungen getroffen?
- Gibt es über diese Beträge hinausgehende Risiken? Welche sind das und wie hoch fallen diese aus?


Dazu und zu weiteren Fragen von StR Körner berichtet EBM Föll, bekanntlich seien in den Jahresabschlüssen 2014, 2015 und 2016 für die Vorgänge in der IU Wertberichtigungen auf Forderungen und Rückstellungen für entsprechende Risiken in Höhe von rund 30 Mio. € vorgenommen worden. Diese Wertberichtigungen und Rückstellungen seien in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer, zum Teil auch auf dessen Drängen, erfolgt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2014, als es um die Forderungen gegenüber libyschen Kriegsversehrten ging. Dieses Volumen sei bis heute unverändert geblieben.

Im Bereich der normalen internationalen Patienten, und dies habe ja Herr Dr. Hewer ausgeführt, habe es einen günstigeren Verlauf ergeben. In diesem Bereich seien 5,5 Mio. € wertberichtigt worden, und hier beliefen sich die noch offenen Forderungen aktuell auf nur noch 3 Mio. €. Gehofft werde, dass zumindest noch Teilbeträge dieser restlichen offenen 3 Mio. € eingefordert werden könnten. Realistischerweise könnten letztlich nur Teilbeträge realisiert werden.

Darüber hinaus sei man gegenwärtig dabei, mit der Eigenschadensversicherung des KS die Schadensregulierung vorzunehmen. Dieses sehr komplexe Thema lasse sich nicht schnell regeln. Eine Ergebnisprognose wolle er diesbezüglich nicht abgeben. Diese Erwartungen seien bislang aus kaufmännischer Vorsicht heraus nicht bilanziert worden. Nur zu Vorgängen im Kontext mit Kuwait und Libyen könnten entsprechende Schäden geltend gemacht werden. Bei den normalen internationalen Patienten sei dies nicht möglich. Die Risiken im Zusammenhang mit dieser Patientengruppe gehörten zu den normalen Risiken eines Krankenhausträgers.

Er wolle auch keine Prognose dazu abgeben, bis wann die Schadensregulierung mit der Versicherung abschlossen werden könne. Es handle sich auch für die Versicherung um einen großen Vorgang.

Mit dem Wirtschaftsprüfer bestehe darüber Einigkeit, dass aus heutiger Sicht die Bewertung der Risiken vollständig abgebildet sei. Aber weder der Wirtschaftsprüfer noch das Rechnungsprüfungsamt könnten dies garantieren. Auf Grund der kaufmännischen Vorsicht sei die Verwaltung davon überzeugt, die Risiken auskömmlich abgebildet zu haben. Beispielsweise seien auch Beträge für Steuerrisiken zurückgestellt worden, und die bislang vorliegenden Hinweise der Steuerfahndung gingen bei diesem noch nicht abgewickelten Bereich ebenfalls von auskömmlichen Rückstellungsbeträgen aus.

Die Einschränkung des Testats beziehe sich logischerweise auf die Vorgänge vor 2017. Der Wirtschaftsprüfer gehe so vor, da er natürlich keine Haftung dafür übernehmen könne, dass die tatsächlich zu 100 % abgebildet seien. Eine solche Festlegung sei derzeit eben nicht möglich, und dies werde sich im Zweifel noch das eine oder andere Mal bei zukünftigen Abschlüssen wiederholen, nämlich bis wirklich die Libyen- und die Kuwait-Vorgänge, einschließlich der Schadensregulierung mit der Versicherung, vollständig abgearbeitet seien.

Ergänzend trägt Herr Dr. Hewer vor, die Rückstellungen und Wertberichtigungen für das internationale Geschäft stammten überwiegend aus dem Jahr 2016. Im Jahr 2017 habe es allein noch Zinsen für die bestehenden steuerlichen Rückstellungen in Höhe von 369.000 € gegeben. Diese Aufzinsung habe 2017 stattgefunden und diese habe auch das Jahresergebnis 2017 beeinflusst. Alle anderen Rückstellungen und Wertberichtigungen stammten aus den Vorjahren.

Weiter wird von ihm betont, Herr Prof. Dr. Jürgensen und er seien auch nach Diskussionen mit dem Wirtschaftsprüfer und nach Diskussionen mit der Stadtverwaltung zu der Bewertung gekommen, den Jahresabschluss unterzeichnen zu können.

Für die Pensionsrückstellungen für den vorherigen KS-Geschäftsführer sei nun ausreichende Vorsorge getroffen. Solche Dinge würden auch durch Versicherungsmathematiker geprüft.

Zu den medizinischen Schadensfällen sei Anfang 2017, als sich der Jahresabschluss 2016 gerade im Erstellungsprozess befunden habe, seitens der KS-Geschäftsführung festgestellt worden, dass für daraus entstehende Verpflichtungen, für die es eben keine Fremdversicherung, sondern die Eigenversicherung gebe, keine adäquate Bilanzierung existiere, Deshalb sei im Jahresabschluss 2016, also zu Beginn des Jahres 2017, eine Zuführung in Höhe von 13,6 Mio. € erfolgt. Insgesamt habe es zum 31.12.2016 Rückstellungen für medizinische Schadensfälle in Höhe von 19,861 Mio. € gegeben. Unterjährig seien in 2017 744.000 € in Anspruch genommen worden. Für medizinische Schadensfälle habe man Rückstellungen in Höhe von 1,062 Mio. € aufgelöst, da die Zahlungsverpflichtungen entfallen seien. In der Folge seien dann für neue Fälle oder für neu bewertete Altfälle erneut Rückstellungen in Höhe von 1,861 Mio. € erfolgt. Somit habe es im Ergebnis am 31.12.2017 Rückstellungen in Höhe von 19,916 Mio. € gegeben, also ca. 100.000 € mehr als im Vorjahr. Dies zeige zum einen, medizinische Schadensfälle stellten kein Instrument der Bilanzpolitik dar, und zum anderen, dass im Jahr 2016 die Einschätzung der Geschäftsführung, die Rückstellung für medizinische Schadensfälle um 13 Mio. € aufzustocken, korrekt gewesen sei. Aus den genannten Gründen könne es durchaus Jahre geben, in denen sich diese Rückstellungen um eine, um zwei oder um drei Millionen nach unten entwickeln.

Weiter an StR Körner gewandt informiert EBM Föll, der Verwaltung sei bekannt, dass es einen Bericht des Rechnungshofs Kuwait gebe, aber dieser Rechnungshof habe sich nicht an das KS gewandt. Auch umgekehrt sei kein Kontakt zu dieser Behörde gesucht worden. Dazu gebe es auch keinen Grund. Dem kuwaitischen Gesundheitsministerium habe man einen Gesprächswunsch vorgetragen. Dieser sei bislang allerdings unbeantwortet geblieben.

Anschließend betont der Erste Bürgermeister, oberstes Bestreben der KS-Geschäftsführung und ihm sei, darauf zu achten, dass der tatsächliche Schaden, der beim KS und bei der Stadt am Ende verbleibe, deutlich geringer ausfalle, als der wertberichtigte, zurückgestellte Betrag (30 Mio. €).

Zu den von StR Körner nachgefragten Beträgen (Pensionsrückstellungen für Herrn Dr. Schmitz / Aufwendungen für Rechtsanwälte) merkt der Vorsitzende, bezüglich der Pensionsverpflichtungen abhebend auf den Datenschutz, an, den Ausschussmitgliedern würden diese Informationen vertraulich zur Verfügung gestellt.

Weiter bekräftigt EBM Föll an StR Körner gewandt, die KS-Geschäftsführung, die Wirtschaftsprüfer und das Referat WFB seien übereinstimmend zu der Auffassung gelangt, dass keine zusätzlichen Risiken abgebildet werden müssten, da es solche nach heutigem Kenntnisstand nicht gebe. Ein Freibrief sei damit allerdings nicht unterschrieben worden. Er wisse nicht, was möglicherweise noch "schlummert". Hinweise darauf gebe es zwar keine, aber eine Garantie könne verständlicherweise nicht abgegeben werden.


Eine Frage von StR Brett (AfD) beantwortend teilt er mit, die Risikovorsorge in Höhe von 30,6 Mio € sei für die IU insgesamt erfolgt. Davon würden wohl rund 25 Mio € (Rückstellungen und Wertberichtigungen) auf die beiden Sonderprojekte "Behandlung libyscher Kriegsversehrter" und "Kuwait" zurückgehen.



Abschließend stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag bei einer Stimmenthaltung einmütig zu.

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