Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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1
VerhandlungDrucksache:
393/2017
GZ:
OB
Sitzungstermin: 28.06.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Bündnis für Mobilität und Luftreinhaltung
Grundsatzbeschluss

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 20.06.2017, GRDrs 393/2017, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Den nachstehenden Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität und Luftreinhaltung in Stuttgart wird grundsätzlich zugestimmt:

Lfd. Nr.
Maßnahme
Gesamtkosten
1
Machbarkeitsstudie für eine Seilbahn als Teil des ÖPNV im Bereich Vaihingen
200.000 EUR
2
Machbarkeitsstudie für einen "Ostheimer Tunnel" und einen "Zero-Emission-Tunnel" parallel zum Wagenburgtunnel
300.000 EUR
3
Städtebaulicher Wettbewerb für den "neuen Cityring" einschließlich verkehrsberuhigter Schillerstraße
260.000 EUR
4
Weiterentwicklung der IVLZ: Paket 6 - Zuffenhausen
600.000 EUR
5
Erneuerung der Netzbeeinflussungsanlage Nord
750.000 EUR
6
Versuchsprojekt "e-carsharing im Haus" in fünf Quartieren/größeren Wohnobjekten von SWSG oder Baugenossenschaften mit Investition in Fuhrpark (e-Bike, Auto, Transporter), Bau der Ladeinfrastruktur, Bau einer Photovoltaikanlage
750.000 EUR
7
Pilot-Bus-Linie "P" mit "ZERO-EMISSION" in der Innenstadt und Verbindung nach Bad Cannstatt
7.500.000 EUR
8
Verbesserung des Angebotes der Buslinien und einer attraktiveren Taktverdichtung
2.000.000 EUR
9
Fahrradstation / Fahrradparkhaus im Bereich Paulinenbrücke mit Ladestation für E-Bikes
200.000 EUR
10
Imagekampagne "Stuttgart aufs Rad" einschließlich besserer Beschilderung der Radwege
50.000 EUR
11
3-jähriges Förderprogramm für die Erneuerung von Heizungsanlage in Wohn- und Gewerbegebäude, um die Verbrennung von Öl und Festbrennstoffen zu reduzieren
4.000.000 EUR
12
Bau des Kreisverkehrs Solitude- / Engelbergstraße Weilimdorf
1.161.000 EUR
13
Abriss des Auffahrtsbauwerks an der Friedrichswahl in Zuffenhausen und Neubau einer direkten Straßenverbindung (1. Tranche)
10.000.000 EUR

2. Die Verwaltung wird beauftragt, soweit erforderlich die notwendigen Einzelbeschlüsse zeitnah herbeizuführen, im Übrigen die Maßnahmen umzusetzen.

3. Allen im Haushaltsjahr 2017 entstehenden Mehraufwendungen in den Ergebnishaushalten und Mehrauszahlungen in den Teilfinanzhaushalten/Investitionsprojek-ten für die in Ziffer 1 dargestellten Maßnahmen wird bis zur Höhe der ausgewiesenen Gesamtkosten zugestimmt.

Die Deckung der Mehraufwendungen 2017 für die Maßnahmen 1, 2, 3 und 10 in Höhe von insgesamt 810.000 EUR erfolgt durch Inanspruchnahme der im Teil-ergebnishaushalt 900, Amtsbereich 9006120, Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, veranschlagten Deckungsreserve.

Die Maßnahmen 4, 5, 6, 7, 9, 11, 12 und 13 werden aus vorhandener freier Liquidität durch Bildung einer Davon-Position innerhalb der Ergebnisrücklage im Jahresabschluss 2016 in Höhe von 25 Mio. EUR finanziert. Die Deckung erfolgt aus dieser neu geschaffenen Investitionspauschale zur Verbesserung der Mobilität und Luftreinhaltung im Teilfinanzhaushalt 200 Stadtkämmerei, aus der die erforderlichen Mittel maßnahmenbezogen in die betreffenden Teilhaushalte der Ämter umgesetzt werden.

4. Die für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 zu erwartenden Mittelabflüsse aus der Investitionspauschale werden in den Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2018/2019 und in das Investitionsprogramm aufgenommen.

5. Von der Absicht zur Umsetzung von Maßnahme 8 (Angebotsverbesserungen im Busverkehr der SSB) in der Wirtschafts- und Finanzplanung der SSB ab 2018 jährlich zusätzlich 1 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen, wird zustimmend Kenntnis genommen.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Einführung
Nachdem EBM Föll diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen hat, verweist er auf den interfraktionellen Antrag Nr. 86/2017 der Gemeinderatsfraktionen von CDU, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD vom 22.03.2017 (s. a. Vorlagenseite 3, oben). Zudem merkt er an, sollte dem Beschlussantrag gefolgt werden, entstünde zum einen ein aus der Deckungsreserve finanzierbarer Zusatzaufwand in Höhe von 810.000 € und zum anderen müsste, um insbesondere die investiven Mittel abzudecken, eine Ergebnisrücklage in Höhe von 25 Mio. € im Jahresabschluss 2016 gebildet werden. In 14 Tagen werde die Verwaltung den Jahresabschluss 2016 vorlegen, und im Vorgriff könne er mitteilen, dass dieser Abschluss dies zulasse. Natürlich weise der Beschlussantrag eine inhaltliche Berechtigung auf, ansonsten hätte OB Kuhn die Vorlage auch nicht unterzeichnet. In der gestrigen Sitzung des SSB-Aufsichtsrates seien sozusagen im Vorgriff auf die Abstimmungen im Verwaltungsausschuss und im Gemeinderat zu der zur Beratung stehenden GRDrs 393/2017 Maßnahmen beschlossen worden. Diese führten insbesondere im Busverkehr der SSB im beantragten Umfang zu einer Angebotserweiterung. Eine Umsetzung erfolge zum Fahrplan 2018. Darüber hinaus befasse sich der Antrag mit einer VVS-Tarifreform, wobei es insbesondere um die Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 gehe. Hierzu gebe es seitens des VVS die Auskunft, dass dieser Schritt frühestens zum 01.01.2019 möglich werde. In diesem Kontext müssten noch intensive Gespräche mit dem Verkehrsverbund, aber auch mit dem Verband Region Stuttgart geführt werden. Bekanntlich gebe es beim Verband bei der Betrachtung des VVS-Gesamtverbundes, was den Wegfall der Sektorengrenzen in den Außenzonen anbelangt, noch weitere Vorstellungen. Ebenfalls sei die Frage zu diskutieren, inwieweit gegebenenfalls diese Zonenreduktion insgesamt im Tarifverbund für alle umgesetzt werden könne. Es handle sich um eine hohe finanzielle Dimension. Dies werde in den kommenden Beratungen des Doppelhaushaltsplan-Entwurfs 2018/2019 eine Rolle spielen. Der Aufsichtsrat der SSB habe mit seinen gestrigen Beschlüssen auch einen Einstieg in diese Zonenzusammenlegung im Gesamtverbund vorgenommen; wenn das Luftreinhalteticket im Zeitraum 15.10.2017 bis 15.04.2018 eingeführt werde, sollte es ein vergünstigtes Tagesticket zum ein Zonenpreis geben. Im Innenraum wäre dies ein beliebig oft nutzbares Tagesticket zum Preis von 4,50 €.

EBM Föll geht davon aus, dass die SSB-Aufsichtsratsbbeschlüsse auch im Verbund umgesetzt werden.


Grundsätzlich
Die StRe Kotz (CDU), Winter (90/GRÜNE) und Körner (SPD) bedanken sich bei der Verwaltung für die Vorlagenerstellung. Für StR Kotz zeigt die Vorlage, dass der Stuttgarter Gemeinderat ein starkes, selbstbewusstes Hauptorgan ist. Eine ähnliche gemeinderätliche Initiative zwischen Doppelhaushaltsplanberatungen habe es bislang nicht gegeben. Neben langfristig wirkenden Maßnahmen beinhalte das geschnürte Paket einen Schwerpunkt bei Maßnahmen, die bereits ab 01.01.2018 Wirkung zeigten. Von StR Winter wird an die gestrige, im Ausschuss für Umwelt und Technik stattgefundene Beratung des Luftreinhalteplans erinnert. Mit den dabei gefassten Beschlüssen sei es nicht gelungen, diejenigen unter Druck zu setzen, die Verschmutzungen teilweise durch Tricksereien verursacht hätten, allerdings müsse heute im Vordergrund stehen, dass sich die antragstellenden Fraktionen zusammengefunden haben, um kurzfristig, aber auch langfristig wirkende Maßnahmen auf den Weg zu bringen. StR Körner berichtet, sein Eindruck sei, dass die Fraktionen gerne "Kürprojekte on top" anstoßen (z. B. Pilot-Bus-Linie "P"). Dabei würden ab und an Pflichtprojekte vernachlässigt, obwohl die städtische Mitarbeiterschaft in vielen Ämtern bei zentralen Pflichtaufgaben sich über der Kapazitätsgrenze befinde. Der Gemeinderat müsse also neben Kürprojekten auch Pflichtaufgaben im Auge behalten. Die SPD-Gemeinderatsfraktion habe diesbezüglich bei dem Verwaltungsvorschlag für den Haushalt die Erwartung, dass dort die Kernaufgaben der Stadt berücksichtigt werden. Es dürfe nicht Aufgabe des Gemeinderates sein, Stellen zu beantragen, damit neue Gesetze umgesetzt werden könnten. Die SPD-Gemeinderatsfraktion unterstütze die Beschlussvorlage. Danach erklärt StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS), das Problem der Vorlage sei nicht deren Inhalt, sondern das, was die Vorlage nicht beinhalte. Seine Fraktionsgemeinschaft werde bei den Beschlussantragspunkten "weitestgehend mitgehen". In Baden-Württemberg sollte eine Nahverkehrsabgabe eingeführt werden. Dann hätte man eine solide Finanzierungsgrundlage für den Nahverkehr. Appelle an die Einführung einer blauen Plakette bezeichnet er als sinnlos. Insgesamt geht er trotz höherer finanzieller Aufwendungen von einer relativ begrenzten Wirkung des mit der GRDrs 393/2017 zu beschließenden Maßnahmenpakets aus. Erforderlich sei, verkehrliche Alternativen zu verbessern. Gleichzeitig müsse der Autoverkehr verlangsamt, verstetigt und verteuert werden. Die Vorlage beinhaltet nach Auffassung von StRin von Stein (FW) viele Dinge, die unterstützt werden können. Angesichts der von ihr kritisierten Entstehung der Vorlage kündigt sie heute für ihre Person Stimmenthaltung an.

Die Einschätzung, dass die Vorlage viele vernünftige Elemente aufweist, vertritt ebenfalls StR Prof. Dr. Maier (AfD). Da man einzelne Punkte ablehne und andere Punkte (z. B. Seilbahn) positive sehe, werde sich seine Fraktion der Stimme enthalten.

Für StR Dr. Oechsner (FDP) hat der zu fassende Grundsatzbeschluss die Konsequenz, dass künftig bei Kritik an einzelnen Umsetzungsbeschlüssen Vorhaltungen erfolgen könnten, dem Grundsatzbeschluss sei zugestimmt worden. Unabhängig davon, dass dieser Grundsatzbeschluss sicherlich sinnvolle Dinge enthalte, sei dies für ihn einer der Gründe, weshalb er diesen Grundsatzbeschluss ablehne. Mit der GRDrs 393/2017 würden 30 Mio. € für Einzelmaßnahmen gebunden, die zu keinen tatsächlichen Veränderungen führten, und zudem werde dem Gemeinderat die Möglichkeit genommen, in seinen Etatberatungen andere, wichtige Projekte auf den Weg zu bringen. Visionär wäre der Grundsatzbeschluss, wenn er z. B. eine Absenkung der ÖPNV-Fahrgastfinanzierung bis zum Jahr 2025 von jetzt 61,7 % auf dann 50 % beinhalten würde.

Daran anknüpfend führt StR Körner an, es sei nicht ungewöhnlich, dass der Gemeinderat vor Haushaltsplanberatungen Sachbeschlüsse fasse. Dazu seien dann in der Verwaltungsvorlage zu den Haushaltsplanberatungen z. T. entsprechende Hinweise enthalten. Die mit der GRDrs 393/2017 gewählte Vorgehensweise sei von daher üblich.

ÖPNV
StR Kotz geht davon aus, dass das Luftreinhalteticket mit einer Zone für das Stuttgarter Stadtgebiet nicht ohne das Bündnis der antragstellenden Fraktionen auf den Weg hätte gebracht werden können. Für StR Winter zeigt die Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 nicht zuletzt die Bereitschaft der antragstellenden Fraktionen, für den ÖPNV zusätzliche städtische Mittel bereitzustellen. Große Bedeutung misst StR Körner der Zusammenlegung der genannten Zonen und damit einer Zone für das gesamte Stadtgebiet bei. Bei der Finanzierung des ÖPNV sei in den letzten 10 bis 20 Jahren eine gewisse Schräglage entstanden; der Anteil der Fahrgäste zur Finanzierung des Gesamtsystems sei Jahr für Jahr angestiegen. Nach dem von der VVS veröffentlichten Wert - zu dieser Veröffentlichung sei der Verbund gesetzlich verpflichtet - betrage der Anteil der Fahrgäste über 60 %. Hier gehöre zwischen allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, also der öffentlichen Hand, und den Fahrgästen eine gerechtere Balance geschaffen. Dies bedeute, dass die öffentliche Hand mehr Geld in das System geben müsse. Da es hier um viel Geld gehe, die Stadt engagiere sich ja bereits mit dem Sozialticket und dem Jobticket, werde dies nicht einfach sein. Gleichzeitig berechne die Stadt der SSB jährlich 8 Mio. € für das Recht, das städtische Straßennetz zu nutzen. Vor diesem Hintergrund meine die SPD-Gemeinderatsfraktion, dass die Stadt ihren Finanzierungsanteil aufstocken sollte. Für die Bereitschaft der antragstellenden Fraktionen, aus dem städtischen Haushalt strukturell für eine große Tarifreform, von der alle, z. B. die Ticketabonnentinnen/-abonnenten, das ganze Jahr über profitieren, einen hohen einstelligen Millionenbetrag aufzubringen, bedankt er sich. Beim Feinstaubticket habe bekanntlich ein Unwohlsein bestanden, da dieses Ticket die Abonnenten "etwas an der Nase herumgeführt hat". Die Abonnenten müssten an Feinstaubalarmtagen weiterhin hohe Preise für ihre Abos bezahlen. Damit hätten diese ein Ticket mit nur geringem ökologischen Effekt mitfinanziert. Die Ein-Zonen-Reform führe bei den Abos zu einer Preissenkung von 10 bis 20 %. Das Feinstaubticket beschränkt auf das Stuttgarter Stadtgebiet führe zu Mehrkosten von 13 bis 14 Mio. €. Eine Ausweitung, damit dieses Ticket auch für alle, die von außen nach Stuttgart kommen, Wirkung zeige, würde zusätzliche Kosten von 36 Mio. € bedeuten. Trotz dieser hohen Kosten sollte auch diese Option nicht beiseitegeschoben werden, da davon alle ÖPNV-Nutzer der Region profitieren würden. Angesichts der Bereitschaft seitens der Stadt, einen hohen einstelligen Millionenbetrag aufzubringen, und angesichts der Bereitschaft des Landes und der Verkehrsunternehmen, für das Feinstaubticket jeweils 6 Mio. € bereitzustellen, und angesichts einer Mehreinnahme von 10 Mio. € durch eine 2%ige Tarifsteigerung sei man nicht mehr allzu weit von diesen 36 Mio. € entfernt.

Dass sich die Stadt bei der Finanzierung des ÖPNV mehr einbringen müsse, habe seine Fraktionsgemeinschaft, so StR Rockenbauch, bereits bei den letzten Etatberatungen gefordert. Damals habe der Gemeinderat Anträge zu Taktverbesserungen abgelehnt. An dem Ziel eines dauerhaft solidarisch finanzierten ticketfreien Nahverkehrs im gesamten Netz, finanziert über Nahverkehrsabgaben der Bürgerschaft und der Wirtschaft, werde festgehalten. Dies wäre eine für alle, auch für die Verbundkommunen, attraktive Lösung. Die jährlichen Tariferhöhungen des VVS seien untragbar. Die Ticketpreise spielten eine entscheidende Rolle, ob Menschen auf den ÖPNV umsteigen. Zumindest seien günstigere Preise im Nahverkehr, deutlich über das Feinstaubticket etc. hinaus, erforderlich. Die Ein-Zonen-Regelung bringe für die in der Zone 2 wohnhaften Menschen Vorteile, aber für die Menschen in der Zone 1 zunächst eine Fahrpreiserhöhung.

Für StRin von Stein zeigen diverse Befragungen, dass die Stuttgarter Bevölkerung mit dem ÖPNV durchaus zufrieden ist. Auch die Preisentwicklung sei bislang akzeptiert worden. Viele Pkw-Fahrten resultierten daraus, dass kein entsprechendes akzeptables ÖPNV-Angebot existiere bzw. der ÖPNV Angebote auch nicht darstellen könne. Dies gehöre berücksichtigt.

Die Zusammenlegung der Tarifzonen 10 und 20 wertet StR Prof. Dr. Maier positiv.

StR Dr. Oechsner hält fest, die FDP habe in der Regionalversammlung gegen die Tariferhöhung gestimmt. Zudem habe seine Partei in den letzten Haushaltsplanberatungen der Taktverkürzung zugestimmt. Für StR Dr. Oechsner ist eine Diskussion darüber unabdingbar, wie es ermöglicht werden kann, dass die Stadt dauerhaft das ÖPNV-System finanziell besser unterstützt.

EBM Föll bittet die Dimension des ÖPNV-Systems nicht aus den Augen zu verlieren. Geredet werde von verbundweiten Tarifeinnahmen in der Größenordnung von 530 Mio. €/Jahr. Einen kostenlosen Nahverkehr in Aussicht zu stellen, sei von daher eine verwegene, nicht umsetzbare Vision. Selbstverständlich, und damit gibt er StR Körner recht, müsse die Stadt nochmals mit dem Verband und mit dem Land Baden-Württemberg über die Frage sprechen, ob es im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 einen verbundweiten Lösungsansatz gebe. Die Landeshauptstadt könne natürlich die damit zusammenhängenden Kosten nicht verbundweit tragen, dies wäre auch eine zweckwidrige Verwendung Stuttgarter Steuergelder, aber die Frage müsse gestellt werden, da die Landeshauptstadt das Interesse habe, dass aus den Außenzonen des Verbundgebietes stärkere Umsteigequoten entstehen. Es gehöre also geklärt, ob es nicht doch machbar sei, alle Akteure einzubinden, um zu einer großen Tarifreform zu kommen. Wenn dies nicht eintrete, müssten der Verband, der VVS und die Stadt über die Tarifreform in Stuttgart sprechen.

Anschließend räumt StR Winter ein, selbstverständlich müsse man sich über ÖPNV-Finanzierungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Als illusorisch sieht er ein Null-Angebot an. Der Ausbau des ÖPNV stelle in den nächsten Jahren eine Herkulesaufgabe dar. Dabei seien alle Partner einzubinden.

In Verhandlungen mit dem VVS über die Zusammenlegung der Zonen 10 und 20, so StR Körner, werde es darum gehen, auf städtischer Seite Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Stadt Jahr für Jahr bereit sei, einen strukturellen Beitrag zu leisten. Unklug wäre es jedoch, dafür einen entsprechenden Betrag in den städtischen Haushalt einzusetzen. Schließlich wolle die Landeshauptstadt, dass sich an dem Paket andere, wie z. B. die Stadt Fellbach, die ebenfalls in der Zone 20 liege, beteiligten.

An EBM Föll gewandt rechnet StR Rockenbauch, ausgehend von verbundweiten Tarifeinnahmen in Höhe von 500 Mio. €/Jahr vor, bei 2,5 Mio. € Einwohnern im VVS-Gebiet ergebe sich für ein Null-Angebot eine Pro-Kopf-Belastung von ca. 17 €/Monat. Über die Ausgestaltung einer Nahverkehrsabgabe, wie z. B. Beiträge großer Arbeitgeber, könne man sich gerne unterhalten.


Busse / Pilot-Bus-Linie
Nach Einschätzung von StR Kotz wird es ab 01.01.2018 für die Buslinien im Stadtgebiet eine elementare Verbesserung in den Hauptverkehrszeiten und zur Abrundung in den Abendstunden geben. Die Bedeutung der P-Linie hebt StR Winter hervor. U. a. sieht er darin einen wichtigen Schritt in eine zukunftsfähige innerstädtische Mobilität. Die Verbesserungen im Bereich der Busse werden ebenfalls von StR Körner gelobt. Neben der P-Linie werde 1 Mio. €/Jahr für die Buslinien angesetzt. Dass die P-Linie einen doppelten Sinn verfolgt, führt EBM Föll an. Erstens könnten bei weiterem positiven Umsteigeverhalten insbesondere in den Hauptverkehrszeiten auf der Schiene in der Achse Bad Cannstatt/Innenstadt nicht die erforderlichen ÖPNV-Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden. Dies sei solange nicht möglich, solange die Linie U1 nicht auf 80 Meter-Züge umgestellt werden könne. Zweitens sei es bedeutsam, speziell auf dieser Strecke emissionsarme bzw. im Idealfall emissionsfreie Busantriebstechnologien zu testen. Neue Ansätze beim ÖPNV sind für StR Winter angesichts des Runs auf den Ballungsraum Stuttgart alternativlos.

IVLZ
Davon, dass die für den IVLZ-Ausbau und für die Erneuerung der Netzbeeinflussungsanlage Nord geplanten Maßnahmen sich bereits im kommenden Jahr positiv auswirken, geht StR Kotz aus.

Heizungserneuerungsprogramm
Weiter zeigt sich dieser Rat davon überzeugt, dass das Heizungserneuerungsprogramm schnell realisiert wird. Er sei dankbar, dass die Verwaltung mit dem Energieberatungszentrum einen relativ unbürokratischen Weg vorschlage. Mit diesem Programm wird nach Aussage von StR Rockenbauch eine alte Forderung seiner Fraktionsgemeinschaft erfüllt. Bei der Erarbeitung der Richtlinien müssten grundsätzliche Kriterien hin zu erneuerbaren Energien/CO2-neutralen Energien sowie zu Quartierslösungen berücksichtigt werden. Es gehe um die Gesamttransformation des Liefersystems. Dafür würden hocheffiziente Quartierslösungen im Verbund mit den Stadtwerken benötigt. Die Verwaltung, so EBM Föll, arbeite an Richtlinien die nicht per se einen Umstieg auf erneuerbare Energien, sondern durchaus auch Gasbrennwertkessel vorsehen. Damit würden durchaus signifikante Vorteile, was Emissionsbelastungen angehe, erreicht. Letztlich sei die Frage, ob man die umfassendste Vorgehensweise, die nur für wenige interessant sei, wähle, oder ob eine sinnvolle Vorgehensweise, die viele anspreche, verfolgt werden solle. Die Verwaltung verfolge diesen letzten, pragmatischen Ansatz. So sei im Übrigen auch der Antrag interpretiert worden. Selbstverständlich werde es möglich sein, im Rahmen des Förderprogramms den idealsten Weg zu beschreiten. Ziel sei, im gesamten Stadtgebiet von Öl- und Festbrennstoffen wegzukommen. Entsprechend äußert sich StR Kotz.

Gegen Ende der Aussprache betont StR Rockenbauch, wenn Einzelentscheidungen einzelnen Grundstückseigentümern überlassen würden, gelinge es nicht, einen Großteil der Energiewende umzusetzen.

Straßenrampe B 10 / B 27 (Friedrichswahl)
Laut StR Körner begrüßt die SPD-Gemeinderatsfraktion aus ökologischer und städtebaulicher Sicht einen Einstieg zum Abriss der Straßenrampe Friedrichswahl. StR Rockenbauch signalisiert, den Abbruch der Friedrichswahl mitzutragen. Die dadurch erwarteten CO2-/Stickoxid-Einsparungen müssten allerdings in Verbindung mit den in den letzten Monaten durch den Gemeinderat für Gewerbetreibende beschlossenen 5.000 Pkw-Stellplätze gesehen werden. Diese 10 Mio. € teure Rückbaumaßnahme bedeute hinsichtlich der Schadstoffeinsparung nicht mal 10 % von dem, was der Gemeinderat durch seine Beschlüsse im letzten Jahr an zusätzlichen Fahrten beschlossen habe. Wenn in der heutigen Zeit weiterhin davon ausgegangen werde, dass Arbeitsplätze von Pkw-Stellplätzen abhingen, habe man von der dringend notwendigen Transformation des Verkehrssystems wenig verstanden. Von StR Prof. Dr. Maier wird der Abbruch dieses Verkehrsbauwerks skeptisch gesehen. Die mit diesem Bauwerk verfolgten verkehrlichen Lösungen werte die AfD-Gemeinderatsfraktion nicht als völlig falsch angesehen.

StR Körner hebt gegenüber StR Dr. Oechsner hervor, seiner Fraktion sei es wichtig gewesen, vor dem Beschluss über den Jahresabschluss 2016 der Verwaltung zu signalisieren, dass eine erste Ansparrate für den Abbruch der Friedrichswahl vorzusehen sei.

Davon-Position
EBM Föll legt gegenüber StR Rockenbauch Wert darauf, dass Davon-Positionen nach Feststellungen der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) nur im Rahmen der tatsächlich freien, nicht gebundenen Liquidität gebildet werden können. Über Davon-Rücklagen sei es nicht erlaubt, kreditfinanzierte Investitionen zu tätigen. Die Davon-Rücklage, so StR Körner, gehe auf einen Vorschlag seiner Fraktion zurück. Diese Vorgehensweise sei ein richtiger Weg, um klarzustellen, dass finanzielle Reserven für wichtige Projekte vorgesehen werden könnten.

Ostheimer Tunnel
Die Machbarkeitsstudie zum Ostheimer Tunnel ist für StR Rockenbauch Sinnbild einer Verkehrspolitik, die für die heutigen Probleme verantwortlich ist. Wissenschaftlich überholt sei der Ansatz, dass durch Straßenbau irgendein Beitrag für eine Verkehrswende geleistet werden könne. Seine Position skizziert er mit dem Slogan "Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten". Insgesamt gehöre das Straßennetz strategisch zurückgebaut, also die Leistung des Verkehrssystems gehöre für das Auto zurückgefahren. Dann könne über eine Neuordnung geredet werden. Im Gegensatz zu ihm vertritt StR Kotz im Verlauf der Aussprache die Position, dass neue Straßenprojekte durchaus zur Entlastung von Gebieten beitragen. Er nennt als Beispiel den Heslacher Tunnel. Dabei beschreibt er die im Zusammenhang mit diesem Tunnelprojekt vorgenommenen Straßenrückbau-maßnahmen im Stuttgarter Süden. Zudem geht er auf die mit dem Rosensteintunnel vorgesehenen Begleitmaßnahmen ein. Nach Abschluss der heute zur Beschlussfassung stehenden Machbarkeitsstudie werde eine Abwägung vorzunehmen sein. Zustimmend zu einer Prüfung des Ostheimer Tunnels äußert sich StR Prof. Dr. Maier. Die bezüglich des Modal Split diskutierten Mobilitätskonzepte würden vielfach auf rein theoretischer Ebene diskutiert. Vorstellungen der Bürgerschaft würden dabei weitgehend außer Acht gelassen. Er bezieht sich auf eine jüngst erschienene Studie des französischen Instituts Montaigne, die sich auf Frankreich, Deutschland und den US-Bundes-staat Kalifornien bezieht. Ergebnis dieser Studie sei, dass 99 % der befragten Bürger es weder jetzt noch in den nächsten Jahren als möglich ansehen, auf ihre Privat-Pkw zu verzichten. Die Studie sehe eine sehr enge Abhängigkeit zwischen motorisiertem Individualverkehr (MIV) und dem Arbeitsplatz.

Im weiteren Verlauf verweist StR Dr. Oechsner StR Rockenbauch darauf, dass in Naypydaw, der Hauptstadt von Myanmar (ehemals Birma) 12-spurige Autobahnen gebaut wurden und es dennoch keinen Verkehr gibt. Daraus schließt er, dass der Bau von Straßen nicht unbedingt zu einem höheren Verkehrsaufkommen führt.

Für StR Winter erfolgt die Prüfung eines Ostheimer Tunnels nicht zuletzt aus Achtung und Respekt vor einer großen Fraktion, die, wie seine Fraktion auch, Ideen voranbringen möchte. Sicherlich sei dies aber mit unterschiedlichen Erwartungen verbunden. Zwar habe seine Fraktion ihre Position nie verheimlicht, aber solche Dinge müssten bei einem Grundsatzbeschluss über ein Paket, auch unter dem Gesichtspunkt, was unterschiedliches Mobilitätsverhalten bedeutet, gegenübergestellt werden.

Außer Frage steht für StR Rockenbauch, dass zwar durch Rückbauten im Zusammenhang mit Tunnelbauten punktuelle Entlastungen gelingen, aber, und dies zeigten Erfahrungen, mit Tunnels lasse sich der MIV in der Innenstadt nicht reduzieren. Alleine der Rosensteintunnel werde im Bereich des Neckartors bis zu 10.000 zusätzliche Fahrbewegungen bringen. Zudem werde die verbesserte Verkehrsleistung im Neckartal und im Stuttgarter Norden zu einer erhöhten Verkehrsbelastung führen. Sollten diese Fehlentscheidungen der Vergangenheit noch kombiniert werden mit dem Ansiedeln von Kongresszentren etc., würden weitere Verkehre angezogen. Die Kosten für einen Ostheimer Tunnel wären besser in einem ÖPNV-Um-/-ausbau bzw. für eine ÖPNV-Beschleunigung angelegt. Alleine die Betriebskosten dieses Tunnels könnten einen nachhaltigen Beitrag zu Tarifsenkungen darstellen.


Städtebaulicher Wettbewerb für den "neuen City-Ring"
StRin von Stein bezieht sich auf einen Antrag ihrer Fraktion. Dieser habe zum Inhalt, dass bei einer verkehrsberuhigten Schillerstraße es zu Verkehrsverlagerungen Richtung Wolframstraße komme, also genau an den Ort, wo es aktuell das größte Feinstaub-/Stickoxidproblem gebe. Dies aufgreifend teilt EBM Föll mit, in der Vorlage werde dargestellt, dass zunächst die Untersuchung einer Variante für die Umgestaltung der Kreuzung Cannstatter/Heilmannstraße vorliegen müsse als Voraussetzung, die Schillerstraße für den MIV zu unterbrechen, in welcher städtebaulichen Gestaltung auch immer. Das eine Projekt lasse sich ohne das andere nicht realisieren. Andererseits sei es kein großes Thema, sondern ein Thema, zu dem es bereits Grundsatzbeschlüsse gebe, da der City-Ring sozusagen erweitert bzw. verändert werden solle.

Kreisverkehr Solitude-/Engelbergstraße
Für den Bau des Kreisverkehrs Solitude-/Engelbergstraße wurden nach Kenntnis von StRin von Stein im Jahr 2011 633.000 € veranschlagt (2015 961.000 €). Aktuell werde von Kosten in Höhe von 1,161 Mio. € ausgegangen. Dieses Projekt hätte angesichts seiner Auswirkungen (Verkehrsberuhigung, Reduzierung von Feinstaub und Stickoxiden) wie von ihrer Fraktion gefordert bereits vor fünf Jahren beschlossen worden können. StR Prof. Dr. Maier unterstützt den Bau dieses Kreisverkehrs. In diesem Zusammenhang merkt EBM Föll an, eine Kostenskizzierung, so wie von StRin von Stein vorgenommen, sei zu einfach. Auch der Planungsgang gehöre beachtet. So einfach wie in der Vergangenheit einmal angenommen lasse sich dieser Kreisverkehr nicht realisieren. Die Ursprungsplanung wäre nicht die Planung gewesen, um einen dem Verkehrsaufkommen angemessenen Knoten zu erhalten.

Stellenschaffung
StR Kotz spricht die auf der Vorlagenseite 5 für die Umsetzung der Projekte "Weiterentwicklung der IVLZ Paket 6 - Zuffenhausen" und "Erneuerung der Netzbeeinflussungsanlage Nord" als notwendig bezeichnete Stellenschaffung (ein Elektroingenieur) an.

Für den Fall, dass der Ausschuss diese Stellenschaffung wünscht, ist laut EBM Föll der Beschlussantrag um folgende Ziffer 3a zu ergänzen:

Die Verwaltung wird ermächtigt, zur Umsetzung der Maßnahmen 4, 5 und 7 ab sofort 1,0 Vollzeitkraft (Elektroingenieur) in EG 13 zunächst außerhalb des Stellenplans einzustellen. Über die Stellenschaffung wird im Rahmen der Stellenplanberatungen 2018/2019 entschieden.

Dies erhebt StR Kotz zum Antrag, und StR Winter signalisiert dessen Unterstützung.

Einer Bitte von StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) folgend werden zum Ende der Aussprache die einzelnen Beschlussantragsziffern getrennt zur Abstimmung gestellt:

EBM Föll stellt fest:

zu Beschlussantragsziffer 1.1:
einmütige Zustimmung bei 1 Stimmenthaltung einmütige Zustimmung
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