Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
244
4
VerhandlungDrucksache:
641/2013
GZ:
WFB 9318
Sitzungstermin: 17.07.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Aufstellung des vorläufigen Jahresabschlusses 2012

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 02.07.2013, GRDrs 641/2013, mit folgendem Beschlussantrag:

Der Aufstellung des vorläufigen Jahresabschlusses 2012, unter Berücksichtigung der Festlegungen in den Beschlussanträgen Nrn. 1 - 3, wird zugestimmt:

1. Ergebnisrechnung / Verwendung Jahresüberschuss 2012

Die Ergebnisrechnung schließt mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 306,1 Mio. EUR ab:

Ordentliche Erträge 2.675.486.503,98EUR
Ordentliche Aufwendungen-2.305.002.610,40EUR
Ordentliches Ergebnis 370.483.893,58EUR
Außerordentliche Erträge 55.897.448,76EUR
Außerordentliche Aufwendungen -120.293.334,67EUR
Sonderergebnis -64.395.885,91EUR
Jahresüberschuss 306.088.007,67EUR



Der Jahresüberschuss des ordentlichen Ergebnisses bzw. der Fehlbetrag beim Sonderergebnis wird im Rahmen der Ergebnisverwendung folgenden passiven Bilanzpositionen zugeführt bzw. entnommen:

1.2.1 Zuführung zur Rücklage für Überschüsse des ordentlichen Ergebnisses
1.2.2 Entnahme aus der Rücklage für Überschüsse des Sonderergebnisses
1.2.3 Zuführungen zu zweckgebundenen Rücklagen (Sonderrücklagen)
2. Vermögensrechnung (Bilanz) / Veränderungen bei den passiven Bilanz-positionen "Zweckgebundene Rücklagen" und "Rückstellungen"

Die passive Bilanzposition 1.2.3 "Zweckgebundene Rücklagen" verändert sich zum Jahresabschluss 2012 wie folgt:

1.2.3 zweckgebundene
Rücklagen:
Stand 01.01.2012
EUR
Stand 31.12.2012
EUR
Veränderung (+/-)
EUR
Rücklage Parkmöglichkeiten
380.478,44
0,00
-380.478,44
Projektmittelfonds PRIMA
10.225.837,62
10.225.837,62
0,00
Rücklage Stuttgart 21
300.966.437,64
297.021.437,64
-3.945.000,00
Rücklage Wohnungsbauförd.
21.278.147,98
20.310.895,99
-967.251,99
Kapitalerhaltung Stiftungen
7.614.236,33
7.992.306,65
378.070,32
Weitere Rücklagen Stiftungen
3.094.412,79
3.915.333,42
820.920,63
Rücklage Fondsvermögen
5.239.113,27
6.183.263,89
944.150,62
Gesamt
348.798.664,07
345.649.075,21
-3.149.588,86

Die passive Bilanzposition 3. "Rückstellungen" verändert sich zum Jahresabschluss 2012 wie folgt:

Pos.
    3. Rückstellungen:
Stand 01.01.2012
EUR
Stand 31.12.2012
EUR
Veränderung (+/-)
EUR
3.1Altersteilzeit
9.322.305,02
4.543.712,26
-4.778.592,76
3.2Unterhaltsvorschuss
2.500.000,00
2.100.000,00
-400.000,00
3.3Stilllegung / Nachsorge Abfalldeponien
19.558.685,19
3.400.000,00
-16.158.685,19
3.4Altlastensanierungsrückstellung
52.716.179,80
56.525.046,35
3.808.866,55
3.5Drohende Verpfl. aus anh. Gerichtsverf. u. Bürgschaften
1.301.128,49
3.809.239,95
2.508.111,46
3.6Sonstige davon:
237.160.884,17
228.846.912,89
-8.313.971,28
davonRückstellung für unterlassene Instandhaltung
56.197.575,60
61.102.209,15
4.904.633,55
davonEntsorgungsmehrkosten Grundstücksveräußerungen
0,00
1.140.000,00
1.140.000,00
davonFinanzausgleich
100.100.000,00
126.500.000,00
26.400.000,00
davonZusatzversorgung u.a.
41.663.717,00
36.265.469,68
-5.398.247,32
davonAusstehende Rechnungen
678.863,54
3.097.326,48
2.418.462,94
davonSteuernachzahlungen
443.507,58
443.507,58
0,00
davonEigenversicherung
49.900,00
298.400,00
248.500,00
davonRückst. eingeg.Verpfl. Erg.HH
38.027.320,45
0,00
-38.027.320,45
3.1-3.6Gesamt
322.559.182,67
299.224.911,45
-23.334.271,22


3. Übertragung von Budgetresten (Ermächtigungsübertragungen 2012)

Im Ergebnishaushalt werden zur Übertragung der konsumtiven Budgetreste 2012 in die Ämterbudgets 2013 Ermächtigungsübertragungen in Höhe von 55.175.502,69 EUR gemäß Anlage 4 zugelassen.

Im Finanzhaushalt werden zur Übertragung der investiven Budgetreste 2012 in die Ämterbudgets 2013 Ermächtigungsübertragungen in Höhe von 302.361.025,03 EUR gemäß Anlage 4 zugelassen.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Dieser Tagesordnungspunkt wird mit folgenden Tagesordnungspunkten gemeinsam aufgerufen:

- Tagesordnungspunkt 5 "Zwischenbericht zur Finanzlage 2013", heutige Niederschrift Nr. 245
- Tagesordnungspunkt 6 "Nachtragshaushaltssatzung mit Nachtragshaushaltsplan 2013", heutige Niederschrift Nr. 246
- Tagesordnungspunkt 7 "Bericht zu den Eckdaten zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2014/2015", heutige Niederschrift Nr. 247

Die Aussprache ist anschließend wiedergegeben.

Der einführende Sachvortrag des Vorsitzenden ist nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

EBM Föll:
"Einige wenige Bemerkungen und vor allem auch Richtigstellungen will ich vornehmen. Wenn Sie den Abschluss 2012 anschauen, dann ist das sicherlich ein ordentlicher und zufriedenstellender Jahresabschluss mit dem Überschuss von 306,1 Mio. €. Aber Sie müssen diesen Abschluss schon genau anschauen, um ihn auch richtig würdigen zu können.

Zwei Punkte sind zu benennen, zum einen die Tatsache, dass die Verbesserung nahezu ausschließlich auf die steuerbasierten Einnahmen zurückzuführen ist. Ob es jetzt die Realsteuern unmittelbar sind oder eben dann auch die Schlüsselzuweisungen im Rahmen kommunaler Finanzausgleich oder Gemeindeanteil an der Einkommensteuer - es sind ausschließlich steuerbasierte Einnahmen.

Wir können nicht davon ausgehen, dass dieses hohe Niveau der steuerbasierten Einnahmen sich so auch in der Zukunft fortschreibt. Das halte ich schon für eine sehr wichtige Erkenntnis.

Wenn Sie den Jahresabschluss würdigen, dann müssen Sie sich auch die Anlage mit der Liquiditätsentwicklung anschauen. Denn die Entwicklung der freien Liquidität, also der nicht durch Beschlüsse des Gemeinderats gebundenen Liquidität, ist natürlich bei weitem nicht so gut wie der Jahresabschluss selbst. Sie können ersehen, dass wir im Jahr 2012 eine Zunahme der freien Liquidität um 70 Mio. €, von 44 Mio. € auf 114 Mio. €, haben. D. h. das Plus betrug 2012 70 Mio. €. Das macht den Abschluss deswegen nicht schlecht, aber es relativiert ihn ein Stück weit.
Bezogen auf den Finanzzwischenbericht will ich Sie darauf hinweisen, dass wir im Finanzzwischenbericht durchaus Verbesserungen haben. Erwartet werden Verbesserungen im Jahr 2013 von 145 Mio. €. Aber entgegen dem, was in den Zeitungen stand, erwarten wir keineswegs einen Jahresüberschuss von 145 Mio. €. Das ist falsch. Da wir ein Defizit von fast 130 Mio. € im Plan des Ergebnishaushalts 2013 hatten, und wir jetzt Verbesserungen von 145 Mio. € haben, erwarten wir einen bescheidenen Überschuss im Ergebnishaushalt von 17,7 Mio. €. Das ist die Realität. Ich sage das so ausdrücklich, weil das ein sehr maßgeblicher Unterschied ist, der in der Würdigung entsteht.

Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass wir im Bereich der Gewerbesteuer davon ausgehen, dass wir den Planwert 2013 erreichen, 560 Mio. €, dass in diesem Planwert aber Risiken enthalten sind aufgrund der möglichen Herstellung weiterer steuerlicher Organschaften, wie wir das in diesem Jahr bereits in der steuerlichen Organschaft zwischen VW und Porsche erlebt haben. Und die finanzielle Wirkung möglicher weiterer steuerlicher Organschaften hat eine ähnliche Dimension wie die finanzielle Wirkung des Vorgangs VW/Porsche. Wenn dieses so kommt - und dieses kann noch bis 31.08.2013 rückwirkend zum 01.01.2013 entschieden werden -, dann werden wir die Planwerte bei der Gewerbesteuer nicht mehr erreichen. Das müssen Sie wissen. Das sollte man zur Kenntnis nehmen, da dies die finanzielle Situation der Landeshauptstadt dauerhaft einschränkt. Wir müssen davon ausgehen, dass wir durch die steuerlichen Organschaften dauerhafte deutliche Rückgänge im dreistelligen Millionenbereich bei der Gewerbesteuer haben werden. Das ist die Wirklichkeit.

Damit die Diskussion keine Schieflage erhält, muss man auch sagen, steuerliche Organschaften sind per se jetzt kein Steuersparmodell, sondern das ist schlicht eine Umverteilung, die zwischen den einzelnen Städten und Gemeinden mit den Betriebsstätten des Unternehmens stattfindet. Also dieses ist insoweit kein Steuersparmodell, sondern ein Umverteilungsmodell, von dem die Stadt Stuttgart in diesen Fällen eben extrem nachteilig betroffen ist.

Zum Nachtragshaushalt. Wir legen Ihnen ja eine Nachtragshaushaltssatzung vor, die einerseits das Ergebnis 2012, die Verbesserungen gegenüber dem Plan 2013 zum Inhalt hat; das habe ich Ihnen im Wesentlichen erläutert. Ein weiterer Inhalt ist die Zahlung des Trägerzuschusses für den Neubau Olgäle und Frauenklinik an das Klinikum in Höhe von 132 Mio. € im Jahr 2013.

Wir sind nach dem vierseitigen Vertrag, den Sie auch im Gemeinderat beschlossen haben, dem Vertrag zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Klinikum, dem Gesamtpersonalrat Klinikum und ver.di dazu verpflichtet, diese 132 Mio. € Trägerzuschuss zu bezahlen. Und wir konnten das in den letzten Haushaltsberatungen nicht mehr im Doppelhaushalt 2012/2013 bzw. im Jahr 2013 unterbringen, weil wir dann die Kreditobergrenze überschritten hätten. Nach den Verbesserungen im Ergebnis 2012 und den erwarteten Verbesserungen im Ergebnis 2013 sind wir in der Lage, diesen Zuschuss auch zu dem Zeitpunkt zu zahlen, wo er eigentlich fällig wird, nämlich mit der Inbetriebnahme des Neubaus Olgäle und Frauenklinik im 4. Quartal 2013. Das ist unser Vorschlag. Nicht zuletzt natürlich auch vor dem Hintergrund, dass man damit im Haushaltsentwurf für die Jahre 2014/2015 einen Gestaltungsspielraum und Investitionsspielraum eröffnet. Wenn wir die Zahlung im Jahr 2014 beließen, dann hätten wir natürlich erhebliche Probleme, was Kreditobergrenzen anbelangt. Von daher bitte ich Sie, diesem Nachtragshaushaltsplan in der Form zuzustimmen, nicht zuletzt weil er eben auch den Gestaltungsspielraum des Gemeinderats für den Doppelhaushalt 2014/2015 verbessert.

Außer Frage steht, wenn wir das so machen, dass wir dann Ende 2013 die freie Liquidität, die wir haben einschließlich der Verbesserungen des Jahres 2013, vollständig aufgezehrt haben. Und wir müssen aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass wir zur Finanzierung auch noch eine Kreditermächtigung in Höhe von 76,4 Mio. € im Jahr 2013 benötigen. Dies könnte noch ansteigen, wenn wir den Planwert bei der Gewerbesteuer nicht erreichen.

Zum Bericht über die Eckdaten zum Doppelhaushalt 2014/2015. Das ist ja letztlich eine Informationsvorlage, mit der wir Sie über den Stand des Haushaltsaufstellungsverfahrens unterrichten. Das ist ja noch nicht der Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung. Den bekommen Sie logischerweise bei der Haushaltseinbringung im September. Da wird es noch Veränderungen geben. Aber Sie können auf der Grundlage der fortgeschriebenen Finanzplanung, der aktualisierten Erlös- und Aufwandspositionen festhalten, dass der Ergebnishaushalt 2014 zum gegenwärtigen Stand im Grunde ein Nullergebnis und 2015 einen bescheidenen Überschuss von rund 20 Mio. € aufweist. Das ist sehr bescheiden, aus dem einfachen Grund, weil wir Überschüsse im Ergebnishaushalt brauchen, um Investitionen finanzieren zu können. Wir haben nicht allzu viele Möglichkeiten zur Investitionsfinanzierung. Da gibt es im Grunde genommen nur vier: Das sind einmal, die erwirtschafteten Abschreibungen im Ergebnishaushalt, zweitens Finanzzuweisungen, die wir für Investitionen erhalten, drittens der Überschuss im Ergebnishaushalt und viertens die Kreditaufnahme, die es dann noch zur Finanzierung von Investitionen gibt.

Wir haben sehr strikt darauf geachtet, dass wir alle gesetzlichen Verpflichtungen und vertraglichen Verpflichtungen vollumfänglich abbilden in diesem Eckdatenbericht. Da müssten wir eigentlich einen Überschuss von wenigstens 200 Mio. € haben. Ich setze sehr darauf, dass Sie die Sorge mit mir teilen, die ich im Blick auf die Jahre 2014 und 2015 habe.



Ich kann Sie wirklich nur bitten, die Finanzlage der Stadt vor dem Hintergrund der vielfältigen Aufgaben, die abzudecken sind, nicht überzubewerten, sondern sehr sorgfältig und sehr konsequent die Prioritätensetzungen abzuwägen und nicht das Füllhorn über der Stadt auszuschütten.

Zum Antrag Nr. 306/2013 der FDP-Gemeinderatsfraktion „Absenken der Grundsteuer von 520 auf 400 Hebesatzpunkte“. Drei knappe Bemerkungen möchte ich dazu machen. Zum einen geht der Antrag davon aus, dass wir 2013 einen Überschuss von 145 Mio. € haben, aber wir haben wie dargelegt keinen Überschuss 2013 von 145 Mio. €, sondern wenn die Risiken nicht eintreten von 17, 7 Mio. €. Zum Zweiten, eine solche Absenkung würde Einnahmeausfälle von 35 Mio. € pro Jahr bedeuten, d. h. wir wären jetzt schon defizitär im Ergebnishaushalt. Im Übrigen, im Gemeinderat wurde die Grundsteuererhöhung damit begründet, dass das Schulhaussanierungsprogramm finanziert werden soll und muss. Dieses Schulhaussanierungsprogramm läuft bis Ende 2016. Zum Vierten will ich Sie einfach mal auf die Tatsache aufmerksam machen, dass die Grundsteuer bei weitem eben nicht alleine aus Wohnnutzungen heraus fließt. Wir haben ein Grundsteueraufkommen in der Größenordnung von etwa 150 Mio. €. Und ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass mehr als die Hälfte, nämlich exakt 53,2 % dieses Grundsteueraufkommens, aus Grundstücken ohne Wohnnutzung kommt. Das heißt, wenn Sie eine Grundsteuerabsenkung machen, kommt diese zu weniger als der Hälfte den Wohnnutzungen zugute, sondern Sie entlasten mit mehr als der Hälfte des Betrages die Nutzungen, die eben gewerblicher Art sind. Das kann man natürlich auch zur Absicht haben, aber ich kann Ihnen nur sagen, eine solche Grundsteuersenkung würde wirklich dem finanziellen Ausblick, den ich Ihnen dargeboten habe, konterkarieren. Und Sie würden als Gemeinderat die ohnehin schon immer schwierigen Haushaltsberatungen sich noch weiter erschweren und im Grunde genommen zu einer nahezu unlösbaren Aufgabe machen."

StR Pätzold (90/GRÜNE) warnt ebenfalls davor, die finanzielle Situation der Landeshauptstadt zu optimistisch einzuschätzen. Er nimmt dabei insbesondere auf Verzögerungen bei der Umsetzung des Schulhaussanierungsprogramms und des Kindertagesstättenausbaus sowie auf anstehende Aufgaben wie Schulentwicklung, Ausbau von Ganztagesschulen, Kindertagesstättenausbau und Rückkauf der Wasserversorgung Bezug. Generell geht er davon aus, dass Sanierungsthemen die Stadt noch länger als geplant beschäftigen. Seines Erachtens geht der große Sanierungsbedarf auf fehlende infrastrukturelle Investitionen in der Vergangenheit zurück. In der Vorlage, so StR Pätzold weiter, wird beim Bahnprojekt Stuttgart 21 von "eventuell städtischer Beteiligung zur Aufstockung im Rahmen eines Risikos" gesprochen. Seit diesem Jahr sei bekannt, dass dieses Risiko eintritt. Daher werde hier städtisches Geld aufgewendet werden müssen. Dieses hätte in der Vorlage auch so benannt gehört.

Bei der Bewertung der Zahlen sind für StR Kotz (CDU) noch folgende zwei Vergleiche anzustellen:

- Zahlen des Haushalts (Ausgangsposition)

- Vergleich mit anderen deutschen Großstädten.

Wenn die Ergebnisse von diesen Vergleichen herangezogen werden, könne man durchaus zu einer positiven Einschätzung des Jahresabschlusses 2012 kommen. Für die von der Finanzverwaltung geleistete Arbeit bedankt er sich. Die Anstrengungen zur Verbesserung der Infrastruktur müssten fortgesetzt werden. Zur Sicherung der Einnahmesituation gehöre die Wirtschaft gehegt und gepflegt. Zwar ließen sich Entwicklungen - wie steuerliche Organschaften - nicht gänzlich vermeiden, aber Themen wie Gewerbeflächen und Gewerbesteuer bewegten sich in der Verantwortung des Gemeinderates. Es sei begrüßenswert, dass der Oberbürgermeister vor kurzem erklärt habe, dass er in den kommenden Etatberatungen keine Gewerbesteuererhöhung unterstützen will.

StR Kanzleiter (SPD) sieht die vorgelegten Zahlen ebenfalls als zufriedenstellend an. Er erinnert an folgende Verschuldungsstände des Stadthaushalts: 2005: 448 Mio. €, 2006: 404 Mio. €, 2007: 231 Mio. €, 2008: 123 Mio. €, 2009: 79 Mio. €, 2010: 62 Mio. €, 2011: 47 Mio. € und 2012: 35,5 Mio. €. Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung sollte der Gemeinderat wie schon in der Vergangenheit mit Blick auf die Zukunft beim weiteren Vorgehen Vorsicht walten lassen. Andererseits müsse Notwendigkeiten bzw. gerechtfertigten Forderungen der Bürgerschaft und Rechnung getragen werden. Die Solidität des Haushalts einerseits und die Notwendigkeit, anstehende Aufgaben zu erfüllen, andererseits müssten in gleicher Weise bewertet werden.

Nach Feststellung von StRin von Stein (FDP) entstehen bei durchgeplanten Schulsanierungen durch Veränderungen bei der Schulentwicklungsplanung Überarbeitungsbedarfe. Auch dadurch entstünden Verzögerungen bei Sanierungsprojekten.

Es müssten, so StR Rockenbauch (SÖS und LINKE), im Bereich der Unterhaltung von Schulen etc., bedingt durch Fehlentscheidungen in der Vergangenheit, gigantische Defizite aufgearbeitet werden. Zudem gehörten in der Vergangenheit auf den Weg gebrachte Fehlinvestitionen wie Stuttgart 21 und Rosensteintunnel gestrichen. Um Themen wie "die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich, Bildung und Energiewende/Klimafolgen" gerecht werden zu können. Für ihn zeigen die vorgelegten Zahlen des Weiteren die negativen Auswirkungen der LBBW-Beschlüsse.

Für StR Kotz haben der Gemeinderat und die Verwaltung darauf zu achten, dass man bei der Bürgerschaft und der Wirtschaft nicht das Vertrauen in den Haushalt verliert. Schon seit einigen Jahren gebe es, zumindest mit wenigen Ausnahmen, aus unterschiedlichsten Gründen deutlich positive Abweichungen zwischen prognostizierten Einnahmen und den tatsächlichen Ergebnissen. Zudem spricht er in diesem Zusammenhang Defizite bei der Umsetzung von Beschlüssen an. Wenn weiter künftig in größerem Umfang infrastrukturelle Maßnahmen auf den Weg gebracht werden sollen, müsse darauf geachtet werden, dass dafür bei der Verwaltung die erforderlichen personellen Ressourcen vorhanden sind.

Kritik an Rückständen bei der Umsetzung von Beschlüssen äußern zudem StR Kanzleiter, StRin von Stein, StR Klingler (FDP) und StR Rockenbauch. Sie sprechen Defizite bei der personellen Ausstattung der Verwaltung und baurechtliche Aspekte an.

Den Eindruck, dass EBM Föll Diskussionen zur finanziellen Situation der Landeshauptstadt "klug orchestriert" mit dem Ziel, rote Zahlen zu vermeiden, äußert StRin von Stein. Die Einführung des Ersten Bürgermeisters bezeichnet StR Klingler als "typische Einschüchterungsrede, damit die Ratsmitglieder nicht auf die Idee kommen, Spielraum zu weit auszuschöpfen". Solche Reden gebe es seit Jahren. Seit Jahren werde die finanzielle Situation schlechtgeredet, und seit langem zeigten die Ergebnisse, dass sich die Situation der Stadt doch sehr viel besser darstellt. Bei einer ehrlichen Betrachtungsweise müsse man zu dem Schluss kommen, dass der Bürgerschaft und den Unternehmen zu viele Gelder in Form von Gebühren und Steuern abverlangt werden. Er erwartet, dass aufgrund der vorgelegten Zahlen ein kompletter Abbau der Stadtschulden erfolgt und kündigt die Ablehnung des Beschlussantrages an.

Auch StR Rockenbauch spricht davon, dass sich schlechte Prognosen der Verwaltung letztlich nicht bewahrheitet haben.

StR Pätzold, StR Kotz, StRin von Stein und StR Rockenbauch sehen es als richtig an, den Zuschuss an das städtische Klinikum in den Nachtragshaushalt aufzunehmen. StRin von Stein fordert von den Krankenkassen und vom Land, ihrer Verantwortung für eine solide Finanzierung des städtischen Klinikums gerechter zu werden.

In der Folge entgegnet EBM Föll, die Entwicklung der Liquidität in der doppischen Rechnung sei eine viel maßgeblichere Kennzahl als das eigentliche Jahresergebnis. Im Jahresergebnis von 306 Mio. € seien natürlich nicht die Ermächtigungsübertragungen enthalten. Diese 55 Mio. € im Ergebnishaushalt und die 302 Mio. € im Finanzhaushalt liefen sozusagen nach der Ergebniszeile. Daher lasse sich die Qualität eines Abschlusses an der Liquiditätsentwicklung erkennen. Dies sei gegenüber der Vergangenheit ein Unterschied. Früher seien Haushaltsreste in die Rechnung einbezogen worden. Dies sei bei Ermächtigungsübertragungen nicht mehr der Fall. Der Anlage 6 der Vorlage könne entnommen werden, was dieses in der Liquiditätsentwicklung bedeutet. Nicht alles, aber ein Großteil dessen, was an Ermächtigungsübertragungen stattfindet, sei liquiditätswirksam. Hier könne festgestellt werden, dass es im Jahr 2012 einen Liquiditätsüberschuss in Höhe von 70 Mio. € gegeben hat. Dies stelle natürlich eine andere Dimension dar als ein Jahresüberschuss von 306 Mio. €. Es sei ihm wichtig, dies der Öffentlichkeit und dem Gemeinderat deutlich zu machen.

Wenn die Ermächtigungsübertragungen unterblieben, wären beschlossene Projekte nicht mehr finanziert. Hier gehe es nicht um irgendeine freie Dispositionsmasse der einzelnen Ämter, sondern es handle sich um vom Gemeinderat beschlossene Projekte, die eben nur nicht in zeitlicher Hinsicht im Haushaltsjahr 2012 hätten abgewickelt werden können. Hierfür gebe es - neben den personellen Ressourcen der Verwaltung - verschiedene Ursachen. Zum Teil liege dies einfach nur daran, dass bei der Veranschlagung von unrealistischen Annahmen in zeitlicher Hinsicht ausgegangen wurde. Hier müsse die Verwaltung sicherlich nochmals prüfen, denn es könne natürlich weder im Interesse des Gemeinderats noch im Interesse der Finanzverwaltung sein, mit "Luftnummern" zu arbeiten.


Im Haushaltsaufstellungsverfahren habe es hier seitens der Verwaltung allerdings nochmals Konkretisierungen gegeben, um künftig zu einer realistischeren Betrachtung als in der Vergangenheit zu kommen. Die Dimension der Ermächtigungsübertragung von über 350 Mio. € sei außer Frage zu hoch. Im Grunde genommen gehe es hier um ein komplettes Investitions-Jahresvolumen, welches zwischenzeitlich übertragen wird. Dies könne so nicht sein. Für die Finanzverwaltung ergebe sich daraus jedoch keine Sparkasse, sondern das Geld fließe eben nicht 2012, sondern erst 2013 ab.

Für StR Klingler ergeben sich, indem er auf die Anlage 6 der Vorlage Bezug nimmt, für das Folgejahr 114 Mio. € an freier Liquidität. Dies räumt EBM Föll ein. Dabei gibt er jedoch zu bedenken, Ende 2011 belaufe sich die freie Liquidität auf 44 Mio. € und somit ergebe sich ein im Jahr 2012 erwirtschafteter freier Liquiditätsüberschuss in Höhe von 70 Mio. €.

Zur besseren Leserlichkeit der Unterlagen bittet StR Rockenbauch, die Darstellung der Tabellen der unterschiedlichen Drucksachen zu vereinheitlichen. EBM Föll sagt eine entsprechende Prüfung zu.

Zur Frage von StR Kotz, ob bei einem Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen und einem daraus erforderlichen Anstieg der Kreditermächtigungen mit einem weiteren Nachtragshaushalt zu rechnen ist, trägt der Vorsitzende vor, beim Eckdatenbericht handle es sich nicht um einen Haushaltsplanentwurf. Aus diesem Eckdatenbericht dürfe auch nicht abgeleitet werden, dass die Verwaltung die Absicht verfolgt, mit einem ausgeglichenen Stadthaushaltsentwurf 2014/2015 in den Gemeinderat zu gehen. Dieses Ziel wäre unrealistisch. Die Verwaltung, der Oberbürgermeister, werde entsprechende Vorschläge machen, welche zusätzlichen Maßnahmen in den Schwerpunkten im Haushaltsplanentwurf enthalten sein werden. Seitens der Verwaltung sei die Fortschreibung der Budgets ohne jedwede zusätzlichen Maßnahmen vorgelegt worden. Es seien lediglich Sondereinflüsse, soweit es gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen sind, mit berücksichtigt worden. Damit habe die Verwaltung der in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik Rechnung getragen.

StR Kanzleiter empfindet die Entwicklung bei der Gewerbesteuer durch das Bilden steuerlicher Organschaften als besorgniserregend. Von StRin von Stein werden bei den nächsten Haushaltsplanberatungen im Bereich der Wirtschaftsförderung Handlungsbedarfe gesehen. Zum einen müsse der Bestand von Gewerbesteuerzahlern gepflegt werden, zum anderen müssten Überlegungen dahingehend forciert werden, neue Gewerbesteuerzahler in Stuttgart anzusiedeln. Als einen für Firmen ausschlaggebenden Grund, sich in Stuttgart niederzulassen, bezeichnet sie die verkehrliche Infrastruktur. Für StR Klingler ergibt sich aus der aufgezeigten, nicht kalkulierbaren Entwicklung der Gewerbesteuer die Notwendigkeit, dass man für die Kommunen eine andere Finanzierung entwickelt. Die Risiken gehörten minimiert. Vor diesem Hintergrund habe seine Fraktion bei den letzten Etatberatungen 3 Stellen für die Wirtschaftsförderung beantragt. Dieser Antrag sei aber vom Rest des Gemeinderats nicht mitgetragen worden.



Angesichts der wachsenden städtischen Aufgaben zur dauerhaften Sicherstellung der sozialen Infrastruktur kommt man nach Überzeugung von StR Rockenbauch nicht umhin, über einen weiteren Beitrag des Gewerbes zum Stadthaushalt nachzudenken.

Angemerkt wird von EBM Föll, sollten sich steuerliche Organschaften bilden, werde die Verwaltung im Eckdatenbericht den Gewerbesteuer-Planansatz nach unten korrigieren. Wie sich ein mittlerer zweistelliger Millionenbeitrag hier auswirkt, könne man sich ausrechnen.

Hinsichtlich eines im Zusammenhang mit der Bildung einer steuerlichen Organschaft derzeit laufenden Rechtsstreits informiert der Vorsitzende, hier habe man nicht die Stadt Ravensburg, sondern das Land Baden-Württemberg, welches den Zerlegungsbescheid erlassen hat, verklagt. Die Klage sei eingereicht und gegenwärtig liefen die Schriftsatzfristen. Ein erster Erörterungstermin sei ihm derzeit noch nicht bekannt. Sollten sich daraus zusätzliche Einnahmen ergeben, könne aber nicht damit gerechnet werden, dass diese bereits zum Haushalt 2014/2015 verbucht werden können.

Die Aussage von StR Kotz, dass die Verschuldung der Eigenbetriebe im Jahr 2012 angestiegen ist, bestätigt der Vorsitzende. Von den 392 Mio. € Schulden der Eigenbetriebe müssten 333 Mio. € den beiden gebührenfinanzierten Eigenbetrieben Stadtentwässerung und Abfallwirtschaft zugeordnet werden. Insoweit belasteten diese Schulden nicht den Haushalt. Allerdings müsse man im Blick auf die Gebührenentwicklung - die Verschuldung der Eigenbetriebe sei natürlich auch endlich - darauf achten, dass Gebühren zumindest nicht deutlich ansteigen. Unrealistisch wäre, seitens der Verwaltung das Ziel zu verfolgen, die Schulden der gebührenfinanzierten Eigenbetriebe abzubauen. Nicht zuletzt angesichts der Kalkulationsgrundsätze des Gebührenrechts ließe sich dies auch kaum umsetzen. Aber es müsse natürlich darauf geachtet werden, dass sich die Entwicklung nicht dynamisiert. Außerdem müssten die Investitionen der Eigenbetriebe, soweit dies rechtlich zulässig sei, die Gebührenhöhe reflektieren.

Zu einer Aussage von StR Pätzold merkt StR Kanzleiter an, der Rückkauf der Wasserversorgung werde den städtischen Haushalt wahrscheinlich mit Schulden belasten, es werde sich dabei aber um Schulden handeln, die durch Gebühreneinnahmen gedeckt sind. Für den Rückkauf der Wasserversorgung sind nach Aussage von EBM Föll auch Eigenmittel seitens der Stadt erforderlich. Deren Verzinsung müsse auch erst einmal erwirtschaftet werden. Dieses müsse dann an den Stadthaushalt ausgeschüttet werden. Die Verwaltung werde hierzu im Kontext des Doppelhaushaltsplanentwurfs 2014/2015 einen Vorschlag unterbreiten.

Zum Antrag Nr. 306/2013 der FDP-Gemeinderatsfraktion, der im Verlauf der Aussprache von StR Klingler begründet wird, äußern sich StR Pätzold, StR Kanzleiter und StR Rockenbauch ablehnend. StRin von Stein kündigt eine Positionierung ihrer Fraktion zum Anliegen des Antrags im Verlauf der kommenden Etatberatungen an. StR Klingler besteht darauf, diesen Antrag heute zur Abstimmung zu stellen.


EBM Föll stellt fest:

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