Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Recht/Sicherheit und Ordnung
Gz: OB 7831-10.00
GRDrs 47/2016
Stuttgart,
04/06/2016



Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 "Storno 21" - Abhilfeprüfung im Widerspruchsverfahren



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
Vorberatung
Beschlussfassung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
13.04.2016
14.04.2016
06.07.2016
07.07.2016
07.12.2016
08.12.2016



Beschlußantrag:

1.
Den Widersprüchen, eingelegt von Herrn Peter Conradi und Frau Sabine Schmidt, gegen den Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart vom 29.07.2015 über die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Storno 21“ gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird nicht abgeholfen.

2.
Die Widersprüche werden dem Regierungspräsidium Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

Die Verwaltung wird beauftragt, den Bevollmächtigten der Widerspruchsführer darüber zu unterrichten, dass die Stadt den Widersprüchen nicht abgeholfen hat.



Begründung:


1. Bürgerbegehren

Am 17.12.2014
wurde Herrn Oberbürgermeister Kuhn ein Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 übergeben, dieser trägt den Kurztitel „Storno 21“ (Anlage 1).


Ziel des Bürgerbegehrens ist es, einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zu erreichen, indem wegen einer „grundlegend neuen Sachlage“ hinsichtlich des Finanzierungsvertrags und ihm vorangehender Projektverträge die Kündigung erklärt wird.

Das Bürgerbegehren wird damit begründet, dass die Kostenobergrenze des Projektes von 4,526 Milliarden Euro um bis zu 2,3 Milliarden Euro überschritten sei.

Als Vertrauensleute für das Bürgerbegehren sind genannt die Herren Peter Conradi, Egon Hopfenzitz, Klaus Steinke sowie Frau Antje Küster.


2. Ablehnung

Die Landeshauptstadt hat den Antrag auf Zulassung des Bürgerentscheids aufgrund Gemeinderatsbeschluss vom 02.07.2015 (GRDrs. 318/2015) mit Bescheid vom 29.07.2015 zurückgewiesen.

Die Ablehnung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Bürgerbegehren auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist und dass es irreführende Darstellungen des Sachverhaltes aufweist. Außerdem ist es verfristet.


3. Einstweiliger Rechtsschutz

Bereits nach der Beschlussfassung im Gemeinderat am 02.07.2015 haben Herr Conradi und Frau Schmidt, anwaltlich vertreten von Herr Rechtsanwalt von Loeper, am 21.07.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ziel war es, die vorläufige Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu erreichen.
Dieser Antrag wurde abgelehnt. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 30.09.2015 wurde rechtskräftig und
liegt als Anlage 2 bei.
Das Gericht hat sowohl hinsichtlich der sog. „Sprechklausel“ gem. § 8 Abs. 4 FinVe, als auch hinsichtlich der bisher fehlenden konkreten Kostenforderung, als auch hinsichtlich des Vorranges der Vertragsanpassung vor einer Kündigung, die Begründung des städtischen Ablehnungsbescheides aufgegriffen.
Außerdem hat das Gericht zum Ausdruck gebracht, dass es für relevant halte, in welche Risikosphäre die Kostenerhöhungen -sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach- fallen. Hier sei nicht absehbar, dass die Bahn überhaupt berechtigterweise auf die Stadt zukommen könne.


4. Widerspruch

4.1.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 29.07.2015 haben Herr Conradi und Frau Schmidt, vertreten durch Herr Rechtsanwalt von Loeper, mit Schreiben vom 11.08.2015, eingegangen bei der Landeshauptstadt am 13.08.2015, Widerspruch eingelegt. Frau Schmidt ist für das Bürgerbegehren zwar nicht als Vertrauensperson aufgetreten, jedoch hat sie das Bürgerbegehren unterzeichnet. Sie ist daher berechtigt, Widerspruch einzulegen.

Der Widerspruch ist zulässig.


Der Vertrauensmann und Widerspruchsführer Peter Conradi ist am 11.03.2016 verstorben.

4.2
Zur
Begründung des Widerspruchs wurde ein anwaltliches Schreiben vom 28.01.2016 vorgelegt (Anlage 3). Darin wird im Wesentlichen die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses aufgegriffen und kritisiert.

Mit der Prüfung der Widerspruchsbegründung hat die Landeshauptstadt erneut Herrn Prof. Dr. Christian Kirchberg, Karlsruhe, beauftragt, der bereits mit der Prüfung des Antrages auf Durchführung des Bürgerentscheids befasst war.

4.3
Der Widerspruch ist
nicht begründet.
Weder hinsichtlich der „Sprechklausel“ des § 8 Abs. 4 der FinVe, die die Aufnahme von Gesprächen zwischen den EIU und dem Land Baden-Württemberg vorsieht, noch zu den mangelnden „konkreten Forderungen“ gegen die Landeshauptstadt kann die Widerspruchsbegründung durchdringen.

Keiner der Projektpartner ist bislang mit Forderungen auf die Landeshauptstadt zugekommen.
Zudem ist bislang völlig unklar, in wessen Risikosphäre die Kostenüberschreitung fällt und ob die Stadt hieran überhaupt Anteil hätte; hierauf weist insbesondere der Beschluss des VG Stuttgart vom 30.09.2015 hin.
Schließlich ist auch zu beachten, dass eine Erhöhung des städtischen Finanzierungsanteils nicht von der Frage losgelöst werden kann, inwieweit der Anteil mit den städtischen Interessen „Stadtumbau“ und „Wirtschaftsförderung“ korreliert. Eine unzulässige Mischfinanzierung des Projekts kann von der Stadt aber nicht eingefordert werden.
Daher hat die Landeshauptstadt immer deutlich gemacht, dass eine Beteiligung an Kostensteigerungen über den vertraglichen Rahmen hinaus nicht vorgesehen ist.

Dies alles zeigt, dass die Kostensteigerung an sich für die Stadt keine Begründung sein kann, um wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Kündigung auszusprechen.

Nach alledem ist der Widerspruch als unbegründet anzusehen.

Gestützt wird die Prüfung der Widerspruchsbegründung durch die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Kirchberg vom 06.04.2016, sie liegt als Anlage 4 der Vorlage bei. Die Landeshauptstadt macht sich diese Ausführungen zu eigen.


5.
Das Vorbringen der Widersprechenden gibt keine Veranlassung, die Entscheidung der Landeshauptstadt im angefochtenen Bescheid vom 29.07.2015 zu revidieren, also den Widersprüchen abzuhelfen und das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Die laut Beschlussantrag zu treffenden Entscheidung ist -ebenso wie die angefochtene Entscheidung- eine rechtlich gebundene Entscheidung; ein Ermessensspielraum steht der Landeshauptstadt nicht zu.


Den Widersprüchen kann nach alledem nicht abgeholfen werden.




Fritz Kuhn


Anlagen:
Bürgerbegehren
Beschluss VG
Widerspruchsbegründung
Gutachten Prof. Kirchberg



Finanzielle Auswirkungen

<Finanzielle Auswirkungen>



Beteiligte Stellen

-

Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-





Anlagen

<Anlagen>



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GRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 1 BB Liste.pdfGRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 1 BB Liste.pdf
GRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 2 Beschluss VG.pdfGRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 2 Beschluss VG.pdf
GRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 3 Widerspruchsbegr.pdfGRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 3 Widerspruchsbegr.pdfGRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 4 Gutachten Prof. Kirchberg.pdfGRDrs 47-2016 Abhilfe Storno 21_Anlage 4 Gutachten Prof. Kirchberg.pdf