Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit/Ordnung und Sport
Gz: SOS
GRDrs 1275/2019
Stuttgart,
11/14/2019



Haushalt 2020/2021

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 22.11.2019



Kommerzielles Werbeverbot im öffentlichen Raum und an städtisch beherrschten Einrichtungen

Beantwortung / Stellungnahme


Zu 1.

Das Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) regelt den Umfang der Nutzung des öffentlichen Straßenraumes. Das Sondernutzungserlaubnisrecht wie auch das Straßenverkehrsrecht sind wettbewerbsneutral. Die Ermessensausübung orientiert sich in erster Linie an den Auswirkungen des beabsichtigten Verhaltens auf die widmungsgemäße Nutzung der Straße, insbesondere auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie auch an sonstigen, unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen. Eine inhaltliche Bewertung der beantragten Flyerverteilungen steht der Straßenverkehrsbehörde nicht zu.

Um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in den stark frequentierten Bereichen sicherzustellen, wurden bereits in der Innenstadt sowie im Außenbereich Sperrzonen eingerichtet.

Für die Stuttgarter Innenstadt hat der Gemeinderat Richtlinien zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen erlassen. Hiernach wird die Verteilung von Druckschriften/Sampling-Aktionen nur auf genehmigter Fläche wie auf dem Wilhelmsplatz oder dem Pariser Platz zugelassen.

In den
Außenbezirken Stuttgarts können Verteilaktionen in Fußgängerzonen und auf den Gehwegen - ausgenommen dem Sperrbereich „Stuttgart – Bad Cannstatt/ Bereich Neckarpark“ und dem Sperrbereich „Marienplatz“ - erlaubt werden.


Zu 2.

Das Plakatieren an und auf öffentlichen Straßen sowie in öffentlichen Anlagen ist in Stuttgart gemäß einer entsprechenden Polizeiverordnung grundsätzlich verboten.

Ausnahmen bestehen lediglich für politische Parteien vor Wahlen und bei überregionalen Veranstaltungen der Parteien sowie für die Veranstaltungshinweise der örtlichen Vereine.

Das Aufstellen von Plakatträgern stellt eine Sondernutzung dar, für die eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist.

Für Wirtschaftswerbung oder auswärtige Vereine besteht nur die Möglichkeit Flächen auf den Litfaßsäulen, den Stadtinformationsanlagen oder auf anderen genehmigten Flächen anzumieten.

Die LHS hat sämtliche Rechte zur Errichtung kommerzieller Werbeanlagen im öffentlichen Straßenraum wie z. B. Litfaßsäulen, hinterleuchtete Plakatvitrinen und - säulen, hinterleuchtete City-Light-Boards, unbeleuchtete Großflächen, Schaltkasten- und Gastspielwerbung europaweit ausgeschrieben. Diese Ausschreibungen und die daraus resultierenden Verträge wurden vom Gemeinderat beschlossen.

Die Werbeverträge haben eine Laufzeit bis zum 31.12.2022. Für die Zeit nach Ablauf der Verträge soll ein stadtweites einheitliches Werbekonzept einschließlich Kulturwerbung erarbeitet und ausgeschrieben werden (GRDrs 755/2018 vom 06.11.2018).

Für ein generelles Verbot der Werbung für kommerzielle Produkte in der Außenwerbung besteht derzeit keine rechtliche Grundlage.


Zu 3.

Der sofortige Abbau bzw. die grundsätzliche Nichtgenehmigung kommerzieller Werbeträger der städtischen Vertragspartner ist wegen der unter Ziffer 2 genannten bestehenden Verträge nicht möglich.

Die Verträge sind mit einer Frist von sechs Monaten zum Ablauf eines jeden Kalenderjahres ganz oder teilweise kündbar. Nächstmöglicher Kündigungszeitpunkt wäre somit der 31.12.2020. Die städtischen Vertragspartner hätten einen Entschädigungsanspruch, dessen Höhe sich u. a. nach der verbliebenen Restlaufzeit des Vertrages richtet und einvernehmlich festzulegen ist.

In den Verträgen sind auch Pflichten für die Vertragspartner, wie z.B. Reinigung der Werbeträger und Entfernung von Wildplakatierung geregelt. Diese entfielen im Falle einer Kündigung. Insbesondere die Entfernung Wildplakatierung im gesamten Stadtgebiet wäre dann anderweitig sicherzustellen.

Außerhalb der vorstehend benannten Verträge gibt es noch 44 beklebte Großflächen im öffentlichen Straßenraum, die aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigungen aus den Jahren 1974 bis 1999 errichtet wurden. Gründe für eine Rücknahme dieser Baugenehmigungen sind derzeit nicht ersichtlich, so dass die Beseitigung dieser Anlagen nicht verlangt werden kann.


Zu 4 und 5

Verzicht auf Leuchtreklame oder den Verzicht auf Nennung von Firmennamen oder kommerziellen Produktnamen in Haltestellen ist Sache der jeweiligen Unternehmen.



Zu 6.

Grundsätzlich gibt die Landesbauordnung in § 74 Abs. 1 Nr. 2 den Kommunen die Möglichkeit, durch Satzung Regelungen zu erlassen über Anforderungen an Werbeanlagen; dabei können sich die Vorschriften auch auf deren Art, Größe, Farbe und Anbringungsort sowie auf den Ausschluss bestimmter Werbeanlagen beziehen. Von dieser Möglichkeit, durch örtliche Bauvorschrift z.B. Werbeanlagen mit bewegtem Licht auszuschließen, hat die Landeshauptstadt Stuttgart auch vielerorts Gebrauch gemacht.

Allerdings dürfen solche Regelungen nur zur Durchführung baugestalterischer Absichten, zur Erhaltung schützenswerter Bauteile, zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie zum Schutz von Kultur- und Naturdenkmalen erlassen werden. Baurechtliche Gestaltungsvorschriften sind also nur aus städtebaulichen Gründen zulässig, nicht aus Gründen der Energieeinsparung oder des Naturschutzes. Eine städtebauliche Begründung für eine Beschränkung der Leuchtdauer von Reklamen auf die Öffnungszeit des beworbenen Betriebs ist aber nicht gegeben.


Zu 7.

Über alle unter Ziffer 2 beschriebenen Werbeverträge hat die LHS umsatzabhängige Erträge von derzeit mind. 4 Mio. EUR pro Jahr, die bei Kündigung ganz oder teilweise entfielen.

Als Mehraufwendungen kämen etwaige Entschädigungsforderungen hinzu, die in der Höhe nicht beziffert werden können, da diese jeweils im Einzelfall zu vereinbaren wären.

Mehraufwendungen wären ebenso die Kosten für die Entfernung der Wildplakatierung. Diese können gleichfalls nicht beziffert werden, da die Leistung im Wettbewerb vergeben werden müsste, sie also vom Ergebnis einer Ausschreibung abhingen.




Vorliegende Anträge/Anfragen

665/2019 Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei




Dr. Martin Schairer
Bürgermeister




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