Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 0141-01
GRDrs 202/2018
Stuttgart,
04/05/2018


Mit nachhaltiger Stadtentwicklung die weltweiten Ziele der Vereinten Nationen 'Agenda 2030' in Stuttgart stärken!



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
02.05.2018
03.05.2018

Bericht:







I. Hintergrund

Weltweit stehen Städte vor ähnlichen Herausforderungen, wie wachsende soziale Ungleichheit, wirtschaftliche Transformation oder Bedrohung durch den Klimawandel. Gleichzeitig wird sich in den Städten entscheiden, ob diese strukturellen Herausforderungen gelöst werden können.

Eine repräsentative Umfrage auf kommunaler Ebene in Deutschland zeigt, dass etwa zwei Drittel der Bürger/innen dem Thema Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert beimessen und sich dafür einsetzen möchten.

Die VN Agenda 2030 mit ihren 17 weltweiten Zielen sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit (Sustainable Development Goals, SDGs) gibt Kommunen einen ganzheitlichen Orientierungsrahmen, eigene Zielsetzungen weiter zu entwickeln und mit diesen Teil einer weltweiten Initiative zu sein. Die SDGs mit ihren jeweiligen Unterzielen sind umfassend, konkret und messbar. Eine Kurzübersicht der 17 SDGs mit ausgewählten Unterzielen findet sich in der Anlage.

Generell beinhaltet die Umsetzung der Agenda 2030 für die kommunale Ebene:

Die politische Zielsetzung der LHS deckt sich mit den SDGs, vor allem in den Bereichen Mobilität, Klima, Energie, Bildung, Kultur, wirtschaftliche Transformation und internationale Partnerschaften. Alle Referate der LHS sind fachlich von den Themen der UN Agenda 2030 und den SDGs betroffen und stehen in der Verantwortung, mit ihren Maßnahmen vor Ort einen Beitrag zu den globalen Entwicklungszielen zu leisten.

Vor diesem Hintergrund hat der Gemeinderat das zwei-Jahres-Projekt „Koordination kommunaler Entwicklungspolitik“ (LHS intern: Projekt „Globale Entwicklungsziele“) eingerichtet (GRDrs 853/2016).

Ziel des Projekts ist es, die globale VN Agenda 2030 nachhaltig kommunal zu verankern.

Das Projekt „Globale Entwicklungsziele“ umfasst folgende Ebenen:

Die Verwaltung wurde ermächtigt, außerhalb des Stellenplans eine Vollzeitkraft für den Projektzeitraum 2017 – 2019 zu beschäftigen. Das Projekt wird aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über Engagement Global mit ihrer Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) ko-finanziert. Die Stelle, die seit 1.4.2017 Frau Dr. Bettina Bunk inne hat, ist in der Abteilung Außenbeziehungen sowie mit 30% beim Zentralen Einkauf zur Steigerung der ökofairen und sozialen Beschaffung angesiedelt und agiert im Verbund mit allen Referaten und Abteilungen.

Die Projektkoordinatorin leistet zur Umsetzung der Projektziele:
Im Folgenden werden ausgewählte Maßnahmen und Ergebnisse des Projekts unter Berücksichtigung exemplarischer SDGs aufgeführt sowie ein Ausblick auf Vorhaben 2018/19 gegeben.


II. Maßnahmen und Ergebnisse

1. Verwaltung und strategischer Handlungsrahmen

Für die referatsübergreifende Zusammenarbeit wurde unter Leitung der Projektkoordinatorin eine Arbeitsgruppe (AG) Globale Entwicklungsziele eingerichtet. Mit der AG sollen Maßnahmen und Konzepte identifiziert werden, die schon jetzt einen Beitrag leisten, als Kommune die Anforderungen der Agenda 2030 umzusetzen. Auf dieser Grundlage können Lücken und Fortbildungsbedarf identifiziert und Empfehlungen für einen gemeinsamen Handlungsrahmen zur Umsetzung der Agenda 2030 entwickelt werden.

Darüber hinaus werden referatsübergreifende Workshops durchgeführt, um über die VN Agenda 2030 zu informieren, Verbindungen der SDGs zu bestehenden oder geplanten LHS Projekten herauszuarbeiten, Indikatoren zu besprechen und weitere konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der SDGs zu entwickeln. Dadurch findet eine zunehmende Verankerung der VN Agenda 2030 in bestehende und zukünftige Maßnahmen der Referate statt. So wurde beispielsweise bei der Konzeption des Projekts „Raus in den Wald“ (Amt 67, OB-KB) der Bezug zur VN Agenda 2030 über Bildungsgerechtigkeit (SDG 4) und Schutz der Ökosysteme (SDG 15) hergestellt.


2. Öko-faire und soziale Beschaffung

Die öko-faire und soziale Beschaffung ist ein zentraler Bereich, in dem Kommunen ihren Beitrag zur Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedingungen weltweit leisten können (SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum; SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion).

Vor diesem Hintergrund hat die Projektkoordinatorin das Haupt- und Personalamt dabei unterstützt, einen Bieterdialog zur ökofairen und sozialen Beschaffung von Arbeitsschuhen stadtweit durchzuführen. Unter dem Motto „gut gehen und gut fühlen“ trafen sich am 9. November 2017 im Rathaus über 60 Vertreter/innen von Unternehmen, den städtischen Bedarfsstellen, des Landes, der Handelskammer und der Zivilgesellschaft.

Ziel war es, Nutzer, Anbieter und die Landeshauptstadt Stuttgart als Auftraggeber im Dialog zusammen zu bringen. Es sollten die Möglichkeiten der öko-fairen und sozialen Beschaffung in dem bislang wenig berücksichtigten Bereich Arbeitsschuhe mit Angebot, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Produkte verbunden werden. Vermittelt durch die Projektkoordinatorin kooperiert die LHS dabei 2017 und 2018 mit der Organisation FEMNET.

Dieser Bieterdialog war der erste dieser Art im Süden Deutschlands. Es gelang, sowohl städtische Mitarbeiter/innen für das Thema öko-faire und soziale Beschaffung zu sensibilisieren, als auch neue Impulse für den Markt zu setzen. Auf dieser Grundlage wurde eine Sachentscheidung für eine höhere Gewichtung öko-fairer und sozialer Kriterien bei der anstehenden Ausschreibung für Arbeitsschuhe vorbereitet und vom Gemeinderat einstimmig verabschiedet (GRDrs 87/2018).


3. Lokale Partnerschaften

Stuttgarts agile Zivilgesellschaft befasst sich ebenfalls mit der VN Agenda 2030.

Die Projektkoordinatorin kooperiert hier u.a. mit dem Welthaus Stuttgart, der vhs Stuttgart, der Jugendinitiative der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg, den Stuttgarter Weltläden, Engagement Global/Außenstelle Stuttgart, dem Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V. (DEAB), der Stiftung Entwicklungs- Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ), dem Entwicklungspolitischen Informationszentrum Reutlingen (EPiZ), den Wirtschaftsjunioren, dem Bund Naturschutz, dem Forum der Kulturen und dem Städtebauinstitut der Universität Stuttgart.

Dieses breite Spektrum von Organisationen trägt die SDG Kampagne „mEin Stuttgart – mEine Welt: Globale Verantwortung – lokales Handeln, nachhaltige Entwicklungsziele kommunal umsetzen.“

Beispielhafte Großveranstaltungen bisher waren

Diese und weitere Veranstaltungen trugen dazu bei, die einzelnen Akteure aus den unterschiedlichen Institutionen thematisch und organisatorisch stärker zu vernetzen, vorhandene Ressourcen zu bündeln und von den bestehenden Erfahrungen der Akteure zu lernen. Daraus wurde neues Wissen und gemeinsames Handeln zugunsten der nachhaltigen Verankerung der SDGs in der Stuttgarter Stadtgesellschaft generiert.

Die Organisatoren wurden für diese Leistung von der landesweiten Initiative Meine.Deine.Eine Welt ausgezeichnet, ausgelobt von der SEZ in Kooperation mit Engagement Global. Im Marmorsaal des Stuttgarter Neuen Schlosses nahm Bürgermeister Werner Wölfle am 29. November 2017 zusammen mit den Kooperationspartnern den 1. Preis in der Kategorie große Kommune entgegen. Das Preisgeld von 5000 Euro wird für die Fortsetzung, Ausweitung und Sichtbarkeit der SDG Kampagne eingesetzt.


4. Internationale Kooperation

Die LHS bringt als internationale Stadt ihre Erfahrungen und Interessen auch in internationale Netzwerke kommunaler Interessenvertretung ein.

Als Mitglied des europaweiten Städtenetzwerks EUROCITIES gehört die LHS zu den Initiatoren einer internationalen kommunalen Zusammenarbeit (u.a. mit Utrecht, Malmö, Gent, Barcelona, Bonn) zur stärkeren kommunalen Umsetzung der VN Agenda 2030. Der Austausch von Erfahrungen stärkt die Kompetenz der Teilnehmenden und ermöglich eine inhaltliche Weiterentwicklung.

Im Oktober 2018 wird eine europaweite Fachtagung im Rahmen von EUROCITIES (sogenanntes Sozialforum) in Stuttgart stattfinden, die die SDGs im Kontext sozialer Fragen in den Mittelpunkt stellt. Durch die Fokussierung auf den Sozialbereich, der querschnittlich alle kommunalen Lebensbereiche betrifft, kann die Relevanz der SDG exemplarisch verdeutlicht werden.

Dies bietet für die LHS zum einen die Gelegenheit, sich mit ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen gegenüber europäischen Vertreter/innen aus Politik und Verwaltung nach außen zu platzieren. Zum anderen gibt die Fokussierung auf soziale Themen mit ihren vielfältigen Verknüpfungen zu ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeitszielen auch nach innen zusätzliche Impulse für die Strategieentwicklung und einen ganzheitlichen Ansatz der VN Agenda 2030 Integration in der LHS.


5. Öffentlichkeitsarbeit und Transfer

Die aufgeführten Maßnahmen werden durch regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit flankiert. Dazu zählen Pressemitteilungen und Artikel in den lokalen Zeitungen (Amtsblatt, StZ, Lift), Radiofeatures (SWR4), Veranstaltungshinweise in Programmen und auf websites (u.a. vhs, Welthaus, LHS).

Die Projektkoordinatorin nutzte die Gelegenheit, ihre Erfahrungen bei internationalen Fachforen zu vermitteln – u.a. 2017 in Innsbruck bei einer Tagung des Österreichischen Städtetags und in Paris beim UN Sustainable Development Solutions Network (Lösungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung, SDSN). Ebenfalls wurden überregional und international Artikel in Fachzeitschriften zu internationalen Kooperationen, Entwicklung eines Handlungsrahmens und Durchführung eines Bieterdialogs veröffentlicht (u.a. in Informationen zur Raumentwicklung (IzR) 3/2017; Österreichische Gemeindezeitung (ÖGZ) 02/2018; Südzeit 76/2018).

Aufgrund ihres referatsübergreifenden Ansatzes ist Stuttgart als eine von sieben Städten bundesweit ausgewählt worden, sich am vom Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums „Globale Urbane Transformation“ zu beteiligen. Dabei geht es um die Weiterentwicklung der Nationalen Stadtentwicklungspolitik sowie konkrete Empfehlungen zur Unterstützung von Kommunen bei der Umsetzung globaler Agenden auf lokaler Ebene.


III. Ausblick

Für die verbleibende Projektlaufzeit bis März 2019 werden auf Grundlage der bisherigen Bestandsaufnahme Handlungsempfehlungen für die Verwaltung konkretisiert. Folgende Maßnahmen sind dafür geplant:

IV. Bewertung

Lokale Verantwortung mit globaler Wirkung, unterlegt durch entsprechende Maßnahmen, waren und sind fester Bestandteil der Stuttgarter Politik (siehe GRDrs 543/2011; GRDrs821/2015; GRDrs 547/2016).

Innerhalb der Stadtverwaltung Stuttgart wirkt eine Vielzahl an Akteuren in einzelnen Teilbereichen der Nachhaltigkeitspolitik mit, z.B. im Einkauf durch Maßnahmen zur Erhöhung der öko-fairen und sozialen Beschaffung, im Umweltbereich mit Maßnahmen zum Klimaschutz, in der partnerstädtischen Arbeit durch Projekte zur Demokratisierungsförderung, im Sozialbereich bei der Integration von Migrant/innen und Geflüchteten oder in den Bezirksrathäusern durch Unterstützung lokaler sozialer Projekte.

Das Projekt „Globale Entwicklungsziele“ geht über die bisherigen Einzelmaßnahmen der LHS hinaus die strategische Fragestellung an, wie die städtischen Ziele wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit mit den globalen Zielen der VN Agenda 2030 sinnvoll verbunden und dauerhaft durch kommunales Handeln umgesetzt werden können.

Mit der Einrichtung und Durchführung des Projekts „Globale Entwicklungsziele“ reiht sich die LHS in den Kreis progressiver Kommunen ein, die eingebettet in Partnerschaften einen strategischen Handlungsrahmen entwickeln. Dies ist für die LHS Ausgangspunkt eines strukturierten Prozesses, der in den nächsten Jahren fortgesetzt werden muss.

Mit der Verankerung dieses Handlungsrahmens kann die LHS:

Mit den Vorhaben und Empfehlungen werden bis zum Ende der Projektlaufzeit die Voraussetzungen dafür geschaffen, die globalen Ziele der VN lokal besser in der Stuttgarter Verwaltung zu verankern und das städtische Netz der Beteiligten zu vergrößern.

Beteiligte Stellen

Referat AKR
Referat SI







Fritz Kuhn




Übersicht zu den 17 Zielen nachhaltiger Entwicklung und ausgewählten Unterzielen

<Anlagen>


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