Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
551
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VerhandlungDrucksache:
260/2020
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 02.12.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Sanierung Stuttgart 27 -Innenstadt-
Ergänzung der Sanierungsziele

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 24.11.2020, öffentlich, Nr. 436
Ergebnis: Einbringung
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 01.12.2020, öffentlich, Nr. 469
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 16.10.2020, GRDrs 260/2020, mit folgendem

Beschlussantrag:

Die Satzung des Sanierungsgebiets Stuttgart 27 -Innenstadt- wird um folgendes Sanierungsziel erweitert:

Schaffung bezahlbaren Wohnraums für untere und mittlere Einkommensbezieher in größtmöglichem Umfang und unter Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Förderprogramme der Stadt und des Landes.

Der Geltungsbereich des Sanierungsgebiets bleibt unverändert.

Die Aufnahme des geförderten Wohnraums begrüßt StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik habe er eine Präzisierung des Beschlussantrags durch die Worte "die Herstellung von dauerhaft bezahlbarem Wohnraum" angeregt. Förderprogramme seien ja befristet. Damit könnte auf aufwendige Milieuschutzsatzungen, um in solchen Sanierungsgebieten einen dauerhaften Schutz des Sozialmilieus zu erreichen, verzichtet werden. Hierzu wünsche sich seine Fraktionsgemeinschaft eine Aussage der Verwaltung. Zudem sei in diesem Zusammenhang gestern besprochen worden, nochmals über die Thematik Milieuschutzsatzung zu sprechen. Von StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) wird darum gebeten, den Begriff "dauerhaft" zu definieren.

Nach Erinnerung von StR Körner (SPD) ist in der gestrigen Sitzung eine Verständigung darüber erfolgt, den von StR Rockenbauch angesprochenen Aspekt im UA WA + STA Wohnungsbau zu behandeln. Schließlich könne die Aufnahme eines neuen Sanierungsziels eine generelle Linie darstellen. Damit könnte sich zum einen auch bei Bauanträgen im Bestand eine Möglichkeit ergeben, geförderten Wohnraum mit vorzuschreiben, was ein großer Fortschritt wäre, und zudem könnten damit Vorkaufsrechte begründet werden. Er gehe bezogen auf das Wort "dauerhaft" davon aus, dass die Stadt Eigentümerin werden müsste, was sich nur über eine Stärkung des Vorkaufsrechts realisieren lasse. Da die Verwaltung eine solche Stärkung ohnehin verfolge, komme er zu der Einschätzung, dass bereits der richtige Weg beschritten werde. Alles andere könne im Unterausschuss generell diskutiert werden. Seine Fraktion stimme dem Beschlussantrag zu.

Ebenfalls zustimmend zum Beschlussantrag äußert sich StR Kotz (CDU). Die Auswirkungen des Vorschlags von StR Rockenbauch für private Eigentümer, für öffentliche Eigentümer und für Baugenossenschaften etc. sowie um welche Größenordnungen es sich dabei handle, sollten im Unterausschuss beraten werden.

Demgegenüber wird von StR Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) das Anliegen von StR Rockenbauch unterstützt. Seines Erachtens beinhaltet auch der Beschlussantrag unbestimmte Formulierungen. Es gehe um die Festsetzung einer Zielsetzung. Dieses sei zumindest für die Mieter*innen nicht schädlich, sondern nützlich.

An StR Rockenbauch gewandt räumt Herr Holch (ASW) ein, dass dessen Anliegen diskussionswürdig ist. Als im Jahr 2010 die "Hauptsatzung" für dieses Gebiet festgelegt worden sei, habe es eine Diskussion über Wohnraum in Stuttgart in der aktuellen Dringlichkeit nicht gegeben. Deshalb sei damals die nicht sehr spezifizierte Formulierung "Sicherung und Stärkung der urbanen Wohnfunktion durch Modernisierung der Bausubstanz" verwendet worden. Eine Konkretisierung/Eingrenzung auf den Anspruch "dauerhaft" würde die Stadt in Zugzwang bringen, da sich dieses nur sicherstellen lasse, wenn die Stadt über die Gebäude/Grundstücke verfügen könne. Auch wenn die Stadt Abwendungsvereinbarungen mit privaten Eigentümern zur Abwendung des Vorkaufsrechts abschließe und man sich diese Dauerhaftigkeit vertraglich sichere, bestehe ein ernsthaftes Überwachungsproblem. Dieses bestehe schon jetzt; die "schärfsten Kontrolleure" der Verwaltung seien in der Regel die Mieter*innen der entsprechenden Häuser. Diese wendeten sich an die entsprechende Fachverwaltung, sofern ihnen diese bekannt sei. Zwischenzeitlich würden die Mieter*innen von der Verwaltung verstärkt darüber informiert, dass Rückmeldungen durchaus funktionieren können, aber tatsächlich finde derzeit mit dem Liegenschaftsamt eine Diskussion darüber statt, wer in der Verwaltung für diese Abwendungsvereinbarungen und für deren Durchsetzung zuständig sei. Es gebe aktuell mehrere konkrete Fälle, u. a. in Kaltental, bei denen die Verwaltung durch die Bevölkerung Kenntnis davon erhalten habe, dass gegen Abwendungsvereinbarungen verstoßen werde. Erst dadurch habe die Stadt intervenieren können. Es handle sich um ein relativ großes Thema, und er sehe es als richtig an, dass sich die Verwaltung mit entsprechenden Vorschlägen auf eine Diskussion im Unterausschuss vorbereiten könne. Für das in Rede stehende Gebiet halte er die jetzige Formulierung nicht zuletzt deshalb für ausreichend, da es sich um das zentralste Sanierungsgebiet in der Innenstadt mit überschaubarem Umfang handle. Wenn es hier zu Veränderungen bei einer Immobilie komme, werde dies auch öffentlich, und insofern unterliege ein solcher Vorgang der öffentlichen Steuerung. Dies wertet der Vorsitzende als nachvollziehbar.

Eine Diskussion im Unterausschuss oder in anderer geeigneter Form wird von StR
Rockenbauch begrüßt. Bei einer Umsetzung seines Vorschlags geht er davon aus, dass die Stadt ihr Vorkaufsrechtsinstrument fundamental stärkt. Nur Sanierungsziele könnten Vorkaufsrechte stärken, und deswegen sei es wichtig, starke Sanierungsziele möglichst präzise zu fassen.

Dass eine rechtliche Grundlage geschaffen wird, mit der die Stadt immer erklären kann, sie übt ihr Vorkaufsrecht aus, hält StR Körner für rechtlich problematisch. Natürlich müsse die Stadt alles tun, um ihre Position bei der Ausübung von Vorkaufsrechten zu stärken, aber mit der von StR Rockenbauch vorgeschlagenen Formulierung bestehe die Gefahr, dass die Stadt ihre Vorkaufsrechtsposition eher schwäche. Seines Erachtens deckt die im Beschlussantrag gewählte Formulierung das politische Ziel, welches der Gemeinderat und die Verwaltung gemeinsam verfolgen, umfassend ab. Sinngemäß äußert sich BM Fuhrmann.

Anschließend erläutert Herr Holch, wenn die Stadt ein in einer Satzung festgelegtes Sanierungsziel vor Gericht durchsetzen müsse, werde der gesamte Entstehungsprozess dieses Sanierungsziels beleuchtet. Die Definitionen von städtebaulichen Zielen in Erneuerungsgebieten entstünden bereits im Rahmen der vorbereitenden Umsetzungen, die das Baugesetzbuch zur Vorbereitung einer Sanierungssatzung vorschreibe. Wenn ein städtebauliches Ziel, aufgrund dessen die Stadt ein Vorkaufsrecht ausübe, nicht in irgendeiner Weise in dieser Entstehungsgeschichte hinterlegt sei, werde dessen Durchsetzung schwierig. Im konkreten Fall, in diesem Gebiet aus dem Jahr 2010, habe man in den vorbereitenden Untersuchungen keine entsprechenden Erhebungen und Zielsetzungen entwickelt. Von daher sehe er es in diesem konkreten Fall als fragwürdig an, diesen von StR Rockenbauch gemachten Vorschlag nachhaltig rechtlich verankern zu können. In aktuellen und künftigen Sanierungsgebieten verhalte es sich anders. Dort agiere die Verwaltung schon längst mit diesem Thema.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt BM Fuhrmann fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag einmütig zu.
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