Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 32/2016
Stuttgart,
03/03/2016



Berufsintegrationslotsen für Asylsuchende



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Internationaler Ausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
09.03.2016
16.03.2016
17.03.2016



Beschlußantrag:


1. Der Durchführung des Projekts „Berufsintegrationslotsen für Asylsuchende“ mit Fördermitteln des Bundes im Rahmen des Programms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird zugestimmt.

2. Die Abteilung Integration im Referat Koordination und Planung des Oberbürgermeisters (S-IP) wird ermächtigt, eine/n Sachbearbeiter/in in der Entgeltgruppe 10 TVöD in Teilzeit (50 %) ohne Blockierung einer Planstelle bis 31.12.2016 zu beschäftigen. Die Finanzierung erfolgt kostenneutral durch Fördermittel, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die IQ-Landeskoordinierungs-stelle des Interkulturellen Bildungszentrums (ikubiz) in Mannheim gestellt werden. 3. Der/die Projektmitarbeiter/in soll in die geplante Servicestelle zur beruflichen Integration von Flüchtlingen eingebunden werden, wenn diese eingerichtet wird. Im Falle einer Verlängerung des bis Ende 2018 angelegten IQ-Förderprogramms wird entschieden, ob das Projekt ab 2017 auch organisatorisch der Servicestelle zugeordnet wird.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Der Bund fördert im Rahmen des Programms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ bundesweit projektbezogene Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen. Dieses Förderprogramm ist auf maximal drei Jahre angelegt (2016-18, mit jeweils einjährigen Bewilligungsbescheiden und der zweimaligen Option der jährlichen Verlängerung.
Die Mittelvergabe erfolgt in Baden-Württemberg über die IQ-Landeskoordinierungs-stelle (ikubiz Mannheim). Die Landeshauptstadt Stuttgart bildet ein IQ-Teilnetzwerk im Land mit verschiedenen Maßnahmen, darunter der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung bei der Arbeiterwohlfahrt Stuttgart. In früheren IQ-Förderperioden wurden die lokalen Teilprojekte vom Jobcenter koordiniert. Eine gesamtstädtische Koordinierung ist künftig nicht mehr vorgesehen.

Die bisherigen IQ-Programme und ihre Teilprojekte richten sich schwerpunktmäßig auf Arbeitsmigranten mit dauerhaftem Aufenthalt. Diesen soll durch Anerkennung ihrer ausländischen Bildungsabschlüsse und durch Nachqualifizierungen ermöglicht werden, Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf zu finden. Das IQ-Programm ist somit eine Strategie zur Gewinnung von benötigten Fachkräften.

Mit dem neuen Programm soll die berufliche Integration der Asylsuchenden und der Asylberechtigten gezielter und schneller unterstützt werden. Die künftige Akzeptanz der Fluchtzuwanderung in der Gesamtbevölkerung wird sehr stark davon abhängen, ob ein relevanter Anteil der Flüchtlinge aktiv und erfolgreich die Integrationschancen nutzen wird – vom Deutschkurs über verschiedene Zwischenschritte zum Beruf (Praktika, Qualifizierungen, Arbeitsgelegenheiten) bis hin zum eigenständigen Broterwerb.

Bei der landesweiten Bedarfsermittlung in Bezug auf notwendige Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen im Herbst 2015 wurde der Stuttgarter Antrag zur Gewinnung und Einsatz von Berufseinstiegslotsen für Asylsuchende als förderwürdig berücksichtigt.

Im Kern geht es darum, einen Pool von etwa 40 freiwilligen Mentoren zu gewinnen und zu schulen, die Asylsuchende persönlich bei der Jobsuche beraten und unterstützen. Damit ist auch eine bedarfsorientierte Vermittlung an Unternehmen verbunden, die Flüchtlinge beschäftigen wollen. Etwa die Hälfte dieser „Berufsintegrationslotsen für Asylsuchende“ (kurz: BELA) sollen Personen sein, die mit Sprachen und Herkunftskulturen der großen Flüchtlingsgruppen vertraut sind.

Den potenziellen Pool der Lotsen bzw. der „BELA“ bilden die ehrenamtlichen Helfer in den Flüchtlingsfreundeskreisen, ehemalige Flüchtlinge, internationale Studierende, nebenberufliche Dolmetscher, aktive Nachwuchskräfte in den Migrantenorganisationen, Willkommenspaten des Welcome Center, ehemalige oder noch aktive Bildungspaten und weitere engagierte Personengruppen, mit denen die Landeshauptstadt Stuttgart in vielfältiger Weise zusammenarbeitet.

In Stuttgart gibt es eine große Bereitschaft der Arbeitgeber sowie verschiedene Maßnahmen der Arbeitsmarktakteure (Agentur für Arbeit, Kammern, Jobcenter) zur beruflichen Integration der Flüchtlinge. Auch im Vorfeld des ersten Arbeitsmarktes werden berufsvorbereitende Angebote entwickelt: neben berufsbezogenen Deutschkursen weitere Praktika in Betrieben, duale Ausbildung, Einstiegs- und Nachqualifizierungen, seitens der Stadt auch Arbeitsgelegenheiten. Es gibt aber auch unterschiedliche Voraussetzungen für noch nicht anerkannte Asylbewerber in Bezug auf verschiedene berufsvorbereitende Maßnahmen (einschließlich der verschiedenen Deutschkurse) – unabhängig davon, dass alle registrierten Flüchtlinge nach drei Monaten nachrangig arbeiten dürfen. Von daher bedarf es auch eines Wegweisers bezüglich der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Fördermöglichkeiten.

Trotz einer im Städtevergleich guten Betreuung der Asylsuchenden durch Haupt- und Ehrenamtliche in den Unterkünften einerseits und der Bereitschaft der Wirtschaftsakteure, Flüchtlinge zu beschäftigen andererseits, braucht es Mentoren/Paten als Brückenbauer zwischen den Arbeitssuchenden und den Arbeitgebern. Beratung und Unterstützung benötigen nicht nur die Asylbewerber sondern teilweise auch die Unternehmen, die Flüchtlinge beschäftigen wollen. Aus langjährigen Erfahrungen mit verschiedenen Mentorenprojekten im Übergang Schule/Beruf wissen wir, dass Betriebe, die benachteiligte junge Menschen ausbilden wollen, sich einen direkten Ansprechpartner wünschen, an den sie sich bei Bedarf wenden können. Dies gilt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen einschließlich der von Migranten geführten Betriebe.

Der Projektansatz deckt sich mit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Arbeit und Ausbildung“ der Task Force Integration von Flüchtlingen. Im Ergebnisprotokoll der ersten Sitzung dieser AG heißt es: „Flüchtlinge sollen so frühzeitig wie möglich in ihren Unterkünften mit den Dienstleistungen der Agentur für Arbeit, den Beratungsangeboten der Kammern und der freien Träger (…) in Kontakt gebracht werden. Auf der Grundlage der erhobenen Potentiale der Flüchtlinge sollte ein gezieltes Matching in Schule, Ausbildung, Studium und Arbeit stattfinden (Potentialanalyse). (…) Die städtischen Paten- und Mentorenmodelle sollten für die Arbeit mit der Zielgruppe Flüchtlinge weiterentwickelt werden. Darüber hinaus sollten ergänzend neue Modelle bei Bedarf eingesetzt werden, z.B. gezielt für die Integration in Arbeit und Ausbildung.“

Die Berufsintegrationslotsen benötigen vor ihrem Einsatz eine kompakte Schulung durch die relevanten Arbeitsmarktakteure sowie durch Fachleute aus dem Bereich Migrationsberatung, um die verschiedenen Programme sowie die rechtlichen Zugangsvoraussetzungen zu diesen zu kennen. Und sie benötigen während ihrer Mitwirkung im Projekt auch eine regelmäßige fachliche Begleitung und Supervision.
Die Lotsen sollen weder das bestehende freiwillige Engagement im Flüchtlingsbereich ersetzen noch sollen (und können) sie den Job der hauptamtlichen Arbeitsvermittler leisten. Sie sind Brückenbauer zwischen dem schwierigen Lebensumfeld der Asylsuchenden und der Arbeitswelt.

Individuelle und ganzheitliche Beratung und Unterstützung der Asylsuchenden beim Zugang zum Arbeitsmarkt beinhaltet auch spezifische Angebote für bestimmte Flüchtlingsgruppen (Frauen, darunter Mütter mit kleinen Kindern, junge alleinstehende Erwachsene).

Für die Gewinnung und Begleitung der Berufsintegrationslotsen wird eine Koordinierungsstelle in Teilzeit eingerichtet. Der/die Projektmitarbeiter/in soll im engen Austausch mit den Stuttgarter Arbeitsmarktakteuren stehen, damit eine gezielte Hinführung der Flüchtlinge zu den Arbeitgebern gewährleistet wird (Matching). Derzeit wird der Aufbau einer gemeinsamen Servicestelle der Stuttgarter Ausbildungs- und Arbeitsmarktakteure geprüft. Die spätere Verortung des Projekts in einer solchen Servicestelle wird empfohlen.

Das IQ-Förderprogramm umfasst neben der Finanzierung des/der Projektmitarbeiter/in in Teilzeit in der Entgeltgruppe 10 TVöD auch eine Vergütung bzw. Aufwandsentschädigung der Berufsintegrationslotsen in Höhe von 600 € pro Person und Jahr, d.h. bei 40 Lotsen bis zu 24.000 €/Jahr, plus weitere Sachausgaben bis zu 11.500 €/Jahr.






Finanzielle Auswirkungen

Die Projektausgaben werden aus den Bundesmitteln getragen. Die Abteilung Integration (S-IP) bringt eigenen Personaleinsatz in der Aufbauphase des Projekts ein.



Beteiligte Stellen

Referate AK und SJG haben mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Fritz Kuhn

Anlagen

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