Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1176/2015
1. Ergänzung
Stuttgart,
12/04/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 07.12.2015



VVS-Semesterticket als Gutschein für Erstwohnsitzanmeldung von Studierenden

Beantwortung / Stellungnahme

Die Einschätzung der Antragsteller, dass die Zweitwohnungssteuer gerade nicht dazu führe, dass Studierende sich vermehrt anmelden, stimmt ebenso wenig mit der Erfahrung der Verwaltung überein wie die im Antrag zitierte Darstellung der Süddeutschen Zeitung, wonach in Stuttgart nicht einmal 20% der Studenten ihren Hauptwohnsitz nach Stuttgart verlegen würden.

Im Rahmen des Zensus wurden für Sonderbereiche (z.B. Wohn- und Studentenheime, Altenheime) ein sog. Vollregisterabgleich durchgeführt, d.h. der Wohnstatus (nach Anzahl der Anschriften und der gemeldeten/existenten Personen) wurde nicht nur stichprobenweise, sondern flächendeckend in vollem Umfang auf der Grundlage des Melderegisters überprüft. Im Ergebnis wurde eine nahezu hundertprozentige Übereinstimmung – auch im Bereich der Studentenwohnheime – festgestellt. In Stuttgart werden rd. 7.200 Wohnplätze in Wohnheimen des Studentenwerks und weitere rd. 1.400 Plätze in privaten Studentenwohnheimen vorgehalten.

Jedenfalls auf der Grundlage des Zensus kann davon ausgegangen werden, dass die Studierenden weitgehend die melderechtlichen Vorgaben beachten und sich mit dem Erstwohnsitz in Stuttgart anmelden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine Meldepflicht nach dem Meldegesetz nur bei einem Aufenthalt von mindestens 6 Monaten besteht. Damit werden viele Studierende der Dualen Hochschule, die sich studienbedingt im Jahr weniger als 6 Monate in Stuttgart aufhalten, von der Meldepflicht nicht erfasst.

Bereits in den Jahren 2003 bis 2009 wurde für Studenten, die sich mit ihrem Erstwohnsitz – entsprechend den melderechtlichen Vorgaben – in Stuttgart anmelden, ein Begrüßungsgeld in Form eines Zuschusses gewährt. Der Zuschuss belief sich zuletzt auf 163 Euro je Student und Erstanmeldung. Bei knapp 5.000 Studenten, die 2009 den Zuschuss in Anspruch genommen haben, waren damit 2009 Kosten von etwa 800.000 Euro verbunden. Im Zusammenhang mit dem Haushaltssicherungskonzept 2009 und der geplanten Einführung einer Zweitwohnungssteuer wurde der Zuschuss mit Wirkung zum 01.01.2010 gestrichen.



Es ist durchaus möglich, dass bei 55.000 Studenten etwa 10%, also rd. 5.500 Studenten ein Semesterticket beantragen würden. Die Antragsteller gehen jedoch davon aus, dass sich alle Studenten, die das Semesterticket beantragen ohne dieses Geld nicht mit ihrem Erstwohnsitz in Stuttgart angemeldet hätten. Nur in diesem Fall wäre die Einschätzung der Antragsteller richtig, dass mit dem städtischen Zuschuss zusätzliche FAG-Mittel (Schlüsselzuweisungen) in Millionenhöhe vereinnahmt werden können.

Jedenfalls auf der Grundlage der Zensus-Erhebung kann davon aber nicht ausgegangen werden.

Sofern das beantragte Gutscheinverfahren für ein VVS-Semesterticket in Höhe von je
200 Euro eingeführt würde, wäre damit bei geschätzten 5.500 Empfängern und Verwaltungskosten von ca. 100.000 Euro ein Aufwand von rund 1,2 Mio. Euro p.a. verbunden.
Daraus folgt, dass wenigstens 1.090 Studenten - also rund 20% der Studenten, die solche Gutscheine in Anspruch nehmen - erstmalig (und nur deshalb, weil es dieses Angebot gibt) anmelden müssen, damit im Stadthaushalt die Kosten dafür gedeckt sind.


Die Finanzverwaltung hat Zweifel, ob die Quote jener Studenten, die sich bislang überhaupt nicht, also weder mit dem Erst- noch mit dem Nebenwohnsitz, angemeldet haben, tatsächlich diesen Wert erreicht oder diesen gar deutlich übersteigt. Die Verwaltung stützt sich dabei auf das Ergebnis der Zensus-Erhebung im Bereich der Wohnheime und zudem auf die Einschätzung einer ganzen Reihe von großen Städten bzw. Universitätsstädten (u.a. München, Nürnberg, Hannover, Köln, Dortmund, Essen, Freiburg im Breisgau, Heidelberg und Tübingen), die – wie Stuttgart – eine Zweitwohnungssteuer eingeführt haben, aber keinen zusätzlichen finanziellen Anreiz für Studierende gewähren.

Die Verwaltung ist vielmehr überzeugt, dass sich die Mehrheit der meldepflichtigen Studenten seit Einführung der Zweitwohnungssteuer auch mit Hauptwohnsitz anmeldet. Einnahmen aus dem FAG werden aber nur erzielt, wenn die Hauptwohnung auch zum Stichtag (30.06.) besteht. Viele kurzfristige Hauptwohnungen würden daher zu gar keiner Einnahme führen.

Unter Berücksichtigung der Beantwortung der Anfrage 1000/2015 (Neues Meldegesetz – Konsequenzen?), wonach der Gemeinderat keine Aussetzung von „Strafzahlungen auf Altfälle“ bei Meldeverstößen gegen das seit 1. November geltende bundeseinheitliche Meldegesetz beschließen kann, können die Antragsziffern 2. und 3. nicht umgesetzt
werden. Die Verwaltung hält es auch für ein falsches Signal, wenn durch das beantragte VVS-Semesterticket als Gutschein für eine Erstwohnsitzanmeldung von Studierenden ein ordnungswidriges Verhalten nachträglich subventioniert werden würde.






Vorliegende Anträge/Anfragen

630/2015 Fraktionsgemeinschaft SÖS/LINKE/PluS

1019/2015 Fraktionsgemeinschaft SÖS/LINKE/PluS




Michael Föll
Erster Bürgermeister




<Anlagen>