Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 634/2018
Stuttgart,
07/10/2018



Klinikum Stuttgart
Fortschreibung des Vier-Seiten-Vertrages




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Krankenhausausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
12.10.2018
24.10.2018
25.10.2018



Beschlußantrag:

Der Fortschreibung des Vier-Seiten-Vertrages zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Klinikum Stuttgart, dem Personalrat des Klinikums und den Gewerkschaften zur dauerhaften Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit des Klinikums der Landeshauptstadt Stuttgart (Anlage) wird zugestimmt.



Begründung:


Anlass

Mit der 4-seitigen Vereinbarung vom 1. März 2005 zum Defizitabbau wurde eine zeitweise wirtschaftliche Stabilisierung des Klinikums erreicht, mit der Fortschreibung der Vereinbarung vom 2. Dezember 2011 konnten darüber hinaus die Grundlagen für wichtige Investitionsentscheidungen im Rahmen der Umsetzung der Zwei-Standort-Strategie (Standort Mitte und Krankenhaus Bad Cannstatt), wie zum Beispiel der Neubau von Olgahospital/Frauenklinik und des Zentrums für seelische Gesundheit, vereinbart werden. Dieser Vertrag endet frühestens am 31.12.2018, danach ist eine Kündigung mit einem Jahr Kündigungsfrist zum Jahresende möglich.

Im Rahmen der Beschlussfassung des Gemeinderates zum Neubau des Katharinenhospitals (GRDrs 20/2018) wurde die Verwaltung beauftragt, mit den bisherigen Vertragspartnern eine Folgevereinbarung auszuarbeiten und Gemeinderat ein detailliertes Finanzierungskonzept vorzulegen, bei dem sich die Stadt zu einer stärkeren Mitfinanzierung der geplanten Investitionen bekennt.

Die Verwaltung hat zwischenzeitlich die Verhandlungen mit dem Personalrat des Klinikums, ver.di und dem Marburger Bund erfolgreich abgeschlossen. Die als Anlage beigefügte Fortschreibung des 4-Seiten-Vertrags wurde am 10. Juli 2018 unter Gremienvorbehalt unterzeichnet.


Inhalt des neuen Vier-Seiten-Vertrages

Die neue Vereinbarung

- definiert die Ziele, die die Vertragsparteien mit der Vereinbarung verfolgen
(Ziffer 1),


- führt die bisherigen finanziellen Leistungen der Landeshauptstadt für das Klinikum fort (Ziffern 2, 3 und 5),

- begrenzt den Eigenanteil des Klinikums an den Investitionskosten für den Neubau Katharinenhospital (Ziffer 6),

- sichert die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, des Personalrats und der Gewerkschaften ab, wenn der Eigenbetrieb Klinikum in eine selbstständige Kommunalanstalt umgewandelt wird (Ziffern 9 und 10),

- gewährleistet eine dauerhafte Finanzierung der Kommunalanstalt (Ziffer 4),

- regelt das Vorgehen bei einer Gefährdung der geplanten Betriebsergebnisse
(Ziffer 7) und einer Verschlechterung der finanziellen Rahmenbedingungen
(Ziffer 11),


- gilt mindestens bis 31. Dezember 2029 und tritt an die Stelle der bisherigen Vereinbarungen (Ziffer 12).

Ziele

Ziel der fortgeschriebenen Vereinbarung ist, ausgeglichene Betriebsergebnisse ab dem Jahr 2021 entsprechend der gültigen mittelfristigen Finanzplanung des Klinikums (GRDrs 903/2017) zu erreichen. Das Ergebnis gilt als ausgeglichen im Sinne des Vertrages, wenn das Jahresergebnis gemäß Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung der Ertragszuschüsse entsprechend den Ziffern 2 und 3 des Vertrages ausgeglichen ist.

Weitere Ziele sind, die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen auch in Zukunft sicherzustellen und die gute medizinische und pflegerische Leistungsfähigkeit des Klinikums Stuttgart zu sichern und fortzuentwickeln sowie die Interessen der Mitarbeiter/-innen des Klinikums einzubeziehen und hierfür einen verlässlichen und sicheren Rahmen zu schaffen.

Um die Ziele zu erreichen, verpflichten sich die Vertragsparteien zu konstruktiver Zusammenarbeit (Ziffer 8).


Fortführung bisheriger finanzieller Leistungen der Landeshauptstadt

Die Landeshauptstadt gewährt dem Klinikum weiterhin entsprechend der bisherigen Regelung einen jährlichen Ertragszuschuss

• für Ausbildungsstätten in Höhe von pauschal 1 Mio. Euro,

• für die Kindertagesstätten entsprechend den jeweils gültigen Richtlinien für die Förderung von Betriebskindertageseinrichtungen,

• für die gemeindepsychiatrischen Zentren und Drogenberatungsstellen entsprechend den jeweils gültigen Förderrichtlinien bzw. Förderbescheiden und

• für die Versorgungsleistungen für frühere Beamte und für ZVO-Leistungen von früheren Mitarbeiter/-innen in Höhe der Umlagen des KVBW für diesen Personenkreis.

In der Anlage zum bisherigen Vertrag ist festgelegt, dass verschiedene Aufwendungen dauerhaft bei der Ermittlung des ausgeglichenen Jahresergebnisses nicht berücksichtigt werden. Es handelt sich hierbei um

a) Zins- und Abschreibungsbelastungen aufgrund der Wunschlisten 2008 – 2011,

b) Abschreibungsaufwand durch vom Klinikum finanzierte Alt-Projekte und

c) Aufwendungen aus nicht aktivierungsfähigem Aufwand für Projekte des strukturellen Rahmenplans (z.B. Abrisskosten, Bodensanierung, etc.).

Die über die kompletten Restlaufzeiten aufsummierten Abschreibungen und Zinsen aus diesen Altmaßnahmen (vorstehend Bst. a und b) wurden auf der Grundlage der GRDrs 738/2017 in 2017 abgelöst und die entsprechenden Mittel dem Klinikum zur Verfügung gestellt.

Wie bisher erhält das Klinikum aber auch in Zukunft jährlich im Wege eines Ertragszuschusses der Landeshauptstadt den tatsächlichen Aufwand aus Projekten des strukturellen Rahmenplans, bei denen durch bauliche Maßnahmen ein ergebniswirksamer, nicht aktivierungsfähiger Aufwand entsteht (vorstehend Bst. c), erstattet.

Die Investitionskostenfinanzierung gemäß LKHG ist auf absehbare Zeit bei weitem nicht auskömmlich, um die notwendigen Investitionen (bauliche Sanierungsmaßnahmen, Beschaffung von Medizintechnik und IT, Digitalisierung) im Klinikum durchzuführen. Deshalb gewährt die Landeshauptstadt dem Klinikum weiterhin einen jährlichen Zuschuss von 12 Mio. Euro für die Laufzeit des Vertrags. Die Verwendung der Mittel muss jährlich nachgewiesen werden. Der Zuschuss wird als Sonderposten behandelt.

Eigenanteil des Klinikums an den Investitionskosten für den
Neubau Katharinenhospital

Die Zwischenfinanzierung des Gesamtprojekts bis zur Fertigstellung des letzten Bauabschnitts (Neubau Haus B und E) erfolgt wie bislang durch die Landeshauptstadt. Durch die Erstattung der auf dem städtischen Baubetriebsmittelkonto verbuchten Zinsaufwendungen durch die Landeshauptstadt wird das Klinikum in dieser Zeit nicht ergebniswirksam durch Zinsen für diese Investition belastet.

In der Endfinanzierung wird der Eigenfinanzierungsanteil des Klinikums auf 156 Mio. Euro begrenzt. Die Risiken aus Baukostensteigerungen und geringeren Fördermitteln des Landes trägt die Landeshauptstadt.

Unter Berücksichtigung der noch nicht verwendeten Grundstückserlöse aus der Umsetzung des strukturellen Rahmenplans (GRDrs 1302/2005, Bürgerhospital 57,1 Mio. Euro) und der Eigenmittel gem. GRDrs 596/2016 (Panoramastr. 11 Verkehrswert 3,95 Mio. Euro und Keplerstr. 32 Verkehrswert 5,50 Mio. Euro, vorhandene Instandhaltungs-/Umbaurückstellung Haus 24 2.371.545 Euro) beträgt der tatsachlich vom Klinikum im Rahmen einer Darlehensaufnahme zu finanzierende Eigenanteil ab Fertigstellung des Gesamtprojekts (voraussichtlich 2028/29) maximal 87 Mio. Euro. Bei einem Zinssatz von 3 % und einer Tilgung über 30 Jahre würde dies einer jährlichen Annuität von rd. 4,4 Mio. Euro entsprechen. Das Klinikum würde somit einen tatsächlichen Eigenfinanzierungsanteil von rd. 11,5 % tragen. Sollte auf Grund der Zinsentwicklung die jährliche Annuität den Betrag von 4,4 Mio. Euro überschreiten, nehmen die Vertragspartner Gespräche über eine finanzielle Kompensation auf.

Unterstellt man einen Landeszuschuss in Höhe von ca. 397,5 Mio. Euro ergibt dies derzeit einen Investitionszuschuss der Landeshauptstadt in Höhe von 200 Mio. Euro. Die Landeshauptstadt wird im Rahmen ihres Jahresabschluss 2017 über diesen Betrag eine zweckgebundene Rücklage bilden.

Sicherung der Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, des Personalrats und der Gewerkschaften bei Umwandlung des Eigenbetriebs Klinikum in eine selbstständige Kommunalanstalt

Beschließt der Gemeinderat die Umwandlung des heutigen Eigenbetriebs Klinikum in eine selbstständige Kommunalanstalt, akzeptieren die Gewerkschaften und der Personalrat diese Entscheidung und werden die Umwandlung konstruktiv begleiten.

Zur Sicherung der grundlegenden Interessen der Beschäftigten, des Personalrats und der Gewerkschaften bei einer Umwandlung des Klinikums in eine Kommunalanstalt sichern die Landeshauptstadt und das Klinikum zu:

• Eine Umwandlung in eine private Rechtsform (GmbH, AG) ist ausgeschlossen. Wird das Klinikum in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt, verbleibt es in Anstaltsträgerschaft der Landeshauptstadt Stuttgart.

• Einzelne Leistungen und Bereiche können nur mit Zustimmung des Personalrats ausgegliedert werden. Sofern andere Rechtsvorschriften abweichende Vorgaben machen (z.B. MVZ sind zwingend als GmbH zu errichten), entfällt das Zustimmungserfordernis.

• Betriebsbedingte Kündigungen sind ebenso ausgeschlossen wie jede Form von Absenkungstarifverträgen.

• Die Kommunalanstalt verbleibt im Kommunalen Arbeitgeberverband sowie in der Zusatzversorgungskasse des KVBW. Damit sind die im Eigenbetrieb geltenden Tarifverträge (TVöD, Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern) unverändert kollektivrechtlich anzuwenden.

• Entsprechend der bisherigen Handhabung ist ein Haftungsrückgriff bei einem zu Lasten der Kommunalanstalt regulierten Schaden ausgeschlossen bei leichter oder mittlerer fahrlässiger Herbeiführung eines Schadens, im Falle von Medizinschäden in der Regel auch bei grober Fahrlässigkeit.

• Die Sozialleistungen und der Zugang zu Sozialeinrichtungen der Landeshauptstadt stehen auch zukünftig allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kommunalanstalt zu. Es bleibt der Kommunalanstalt aber unbenommen, die entsprechenden Sozialleistungen und Sozialeinrichtungen in eigener Regie zu gewähren bzw. zu betreiben.

• Die beim Klinikum tätigen Beamtinnen und Beamten sollen zur Kommunalanstalt abgeordnet werden. Die Kommunalanstalt soll keine Pensionslasten für diese Beamtinnen und Beamten tragen. Diese leistet dafür wie bisher die Versorgungsumlage entsprechend den für städtische Eigenbetriebe geltenden Regelungen.

• Die Beschäftigten werden beim Wechsel zwischen Kommunalanstalt und Landeshauptstadt und umgekehrt so behandelt, als würde kein Arbeitgeberwechsel stattfinden.

• Der/Die Vorsitzende des Personalrats der Kommunalanstalt und dessen/deren Stellvertreter/in sind berechtigt, an den Sitzungen und Beratungen des Verwaltungsrats und seiner Ausschüsse als ständige Gäste mit eigenem Rede- und Antragsrecht teilzunehmen.

• Bei Maßnahmen, die der eingeschränkten Mitbestimmung oder Mitwirkung unterliegen, erhält der Personalrat die Möglichkeit, vor einer Fortführung/einem Abschluss des Verfahrens gem. § 78 bzw. 83 LPVG seine Position im Verwaltungsrat vorzutragen und diesbezügliche Anträge zu stellen. Der Vorstand hat vor einer abschließenden Entscheidung das Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat herzustellen.

• Ein weiteres Mitglied und dessen/deren Stellvertreter/in im Verwaltungsrat wird durch den Gemeinderat auf gemeinsamen Vorschlag der in der Kommunalanstalt mehrheitlich vertretenen Gewerkschaften bestellt.

Dauerhafte Finanzierung der Kommunalanstalt

Beschließt der Gemeinderat die Umwandlung in eine Kommunalanstalt, sagt die Landeshauptstadt verbindlich zu, dass sie als Anstaltsträgerin den Jahresverlust der Kommunalanstalt ausgleicht, sofern dieser nur unter (teilweisem) Verzehr des festgesetzten Stammkapitals ausgeglichen werden kann.

Vorgehen bei einer Gefährdung der geplanten Betriebsergebnisse und
einer Verschlechterung der finanziellen Rahmenbedingungen

Die aktuellen Monats- und Quartalsberichte inklusive der daraus resultierenden Hochrechnungen und Prognosen für die Jahresergebnisse der Folgejahre werden den Vertragspartnern regelmäßig zur Verfügung gestellt sowie bei Bedarf besprochen und plausibilisiert.

Ist absehbar, dass die geplanten Betriebsergebnisse nicht erreicht werden, hat das Klinikum die Landeshauptstadt als Anstaltsträgerin zu informieren und entsprechende Maßnahmen in klinikinternen Projektstrukturen und unter Einbeziehung der Gremien zu erarbeiten, um möglichst rasch wieder ein ausgeglichenes Betriebsergebnis (entsprechend der vertraglichen Definition) herzustellen.

Bei wesentlich unterschiedlichen Auffassungen zu den Hochrechnungen und Prognosen können die Vertragspartner externen Sachverstand (z.B. Wirtschaftsprüfer) zur Klärung strittiger Punkte und zur Plausibilisierung hinzuziehen. Kommt es zu keiner Einigung über die dem jeweiligen Einspar- bzw. Konsolidierungsbedarf zu Grunde liegenden Prognosen, findet ein Einigungsgespräch unter Einbeziehung der Landeshauptstadt statt.

Die Interessen der Beschäftigten und insbesondere die Schutzrechte nach Ziffer 9 der Vereinbarung müssen hierbei gewahrt werden. Sollten gesetzliche, tarifvertragliche oder durch Dienstvereinbarung geregelte Arbeitnehmerschutzrechte gefährdet werden oder ist dies absehbar, werden im Rahmen der Projektstrukturen Gegenmaßnahmen ergriffen.

Verschlechtern sich die Rahmenbedingungen, insbesondere die Grundlagen der Krankenhausfinanzierung, einschneidend und hat dies entsprechende Auswirkungen auf das Ergebnis des Klinikums, wird unter Beteiligung der Anstaltsträgerin über Ausgleichsmaßnahmen verhandelt.

Laufzeit

Der fortgeschriebene Vier-Seiten-Vertrag kann frühestens zum 31. Dezember 2029 gekündigt werden und deckt damit die Zeit bis zur voraussichtlichen Fertigstellung des Neubaus Katharinenhospital ab.


Bewertung

Der neue Vier-Seiten-Vertrag dokumentiert das Bekenntnis der Landeshauptstadt zu ihrem kommunalen Klinikum, sichert dessen Zukunftsfähigkeit und gewährleistet eine konstruktive Begleitung der Umwandlung in eine Kommunalanstalt.







Michael Föll
Erster Bürgermeister


Anlage
Vier-Seiten-Vertrag








Finanzielle Auswirkungen

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Anlagen

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