Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1009/2015
Stuttgart,
11/02/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.11.2015



Einführung einer Bettensteuer

Beantwortung / Stellungnahme


1. Rechtsgrundlagen in Baden-Württemberg

Die Übernachtungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG). Als Rechtsgrundlage zur Erhebung dient § 9 Abs. 4 des Kommunalabgabegesetzes (KAG) in Verbindung mit einer gemeindlichen Satzung über die
Erhebung einer Übernachtungssteuer.



2. Steuergegenstand

Begriffsmerkmal der Aufwandsteuer ist nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Aufwandsteuer eine über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Verwendung von Einkommen und Vermögen erfasst. Bei einer privat veranlassten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt ist diese Voraussetzung nach der Rechtsprechung erfüllt.

Gegenstand der Steuer ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit
einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb, der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.

Die beruflich veranlasste Beherbergung darf nicht besteuert werden (BVerwG, Urteil
vom 11.07.2012, Az.: 9 CN 1/11). Eine Satzung, die auch die beruflich veranlassten Übernachtungen besteuert, ist unwirksam. Eine berufliche Veranlassung liegt vor, wenn die Übernachtung mit der Berufs- oder Gewerbeausübung oder auch einer freiberuflichen Tätigkeit zwangsläufig verbunden ist und somit der Aufwand nicht zur persönlichen Lebensführung gehört.






3. Begriffsdefinition des Steuergegenstands (Beherbergungsbetrieb, Beherbergung)

Als Beherbergungsbetrieb gilt jeder Betrieb, bei dem Tätigkeiten zur Bereitstellung von kurzzeitigen Beherbergungsmöglichkeiten ausgeübt werden. Dazu zählen Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Privatzimmer, Jugendherbergen, Ferienwohnungen, Motels, Camping- und Reisemobilplätze und ähnliche Einrichtungen.

Nicht als Beherbergung im Sinne einer Steuersatzung gilt das Unterkommen in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen sowie vergleichbaren Einrichtungen, die dem Unterkommen von Personen in besonderen sozialen Situationen dienen.


4. Steuerschuldner

Steuerschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebs.

Die Betreiber haben für einen bestimmten Veranlagungs- oder Anmeldezeitraum
(z.B. Kalendervierteljahr) eine Steueranmeldung oder Steuererklärung abzugeben.



5. Steuermaßstab

Bemessungsgrundlage ist das Entgelt für die Übernachtung; Anteile für die Verpflegung dürfen der Besteuerung nicht zugrundegelegt werden.


6. Erhebungszeitraum

Die Steuer wird in der Regel für jedes Kalendervierteljahr erhoben. Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe haben hierfür eine Steueranmeldung oder eine Steuererklärung abzugeben und auf Anforderung sämtliche oder ausgewählte Nachweise (z.B. Rechnungen, Quittungsbelege, Auszüge des Buchungsverfahrens) der Beherbergungsleistungen für den jeweiligen Abgabenerhebungszeitraum im Original vorzulegen.


7. Mögliche Einnahmen, Kosten und Stellenbedarfe

Bei Einführung einer „Bettensteuer“ in der Landeshauptstadt Stuttgart nach dem Freiburger Modell könnte auf Basis einer ersten Hochrechnung mit möglichen Einnahmen von
rd. 3,5 Mio. EUR pro Jahr gerechnet werden. Grundlage für die Berechnung ist ein angenommener Anteil von 1/3 privat veranlassten Übernachtungen an der Gesamtzahl der Übernachtungen. Für diese Übernachtungen wird von einem Durchschnittspreis pro Person je Übernachtung ohne Frühstück von rd. 60 EUR ausgegangen.


Für die laufende Abwicklung einer Bettensteuer in der Stadtkämmerei werden voraussichtlich 3 Stellen mD und 0,5 Stellen gD notwendig sein. Es entstehen somit jährliche Personalkosten von ca. 255.000 EUR (Gesamtkosten nach Kosten eines Arbeitsplatzes) und weitere Sachkosten (z.B. für die Bescheiderstellung) von ca. 20.000 EUR. An EDV-Kosten für Schnittstellen, Verwaltungs- und Veranlagungsprogramm fallen einmalig geschätzt rund 100.000 EUR an.



Aufgrund der bisherigen Erfahrungen anderer Städte bei der Einführung einer solchen Aufwandsteuer ist mit einem Vorlauf von 1 bis 1,5 Jahren bis zum Inkrafttreten der Satzung zu rechnen, so dass in Stuttgart eine Einführung frühestens ab 2017 in Frage kommen würde.


8. Empfehlung

Auch wenn die Einführung einer „Bettensteuer“ für privat veranlasste Übernachtungen rechtlich grundsätzlich möglich ist, so rät die Verwaltung dennoch davon ab. Eine derartige Abgabe stellt für die 175 Stuttgarter Hotelbetriebe ein Standortnachteil im Wettbewerb mit den Hotelbetrieben in der Region Stuttgart dar. Gerade der private Städtetourismus wird in den kommenden Jahren das Hauptwachstumssegment darstellen, weshalb die hieraus zu erzielenden Arbeitsplätze und die Wertschöpfung nicht in die benachbarten Landkreise gelenkt werden sollten.



Vorliegende Anträge/Anfragen

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337/2015 SÖS-LINKE-PluS




Michael Föll
Erster Bürgermeister