Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
440
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VerhandlungDrucksache:
675/2016
GZ:
AKR / SI
Sitzungstermin: 19.10.2016
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Mayer
Berichterstattung:BM Wölfle
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) u. Arbeits-
gelegenheiten (AGH) sowie Rechtsänderungen im Asyl-
bewerberleistungsgesetz (AsylbLG) durch Integrations-
gesetz, Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz u.
Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 26.09.2016, öffentlich, Nr. 109

Ergebnis: Ziffer 3 mehrheitliche Zustimmung, inhaltliche Beratung der Vorlage im SGA 17.10.2016

Verwaltungsausschuss vom 05.10.2016, öffentlich, Nr. 394
Gemeinderat vom 06.10.2016, öffentlich, Nr. 202

jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 17.10.2016, öffentlich, Nr. 129

Ergebnis: bei 2 Stimmenthaltungen einmütige Zustimmung zu den Beschlussantragsziffern 1, 2 und 4 bis 6


Beratungsunterlage ist die gemeinsame Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht und des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 21.09.2016, GRDrs 675/2016, mit folgendem

Beschlussantrag:

Vor dem Hintergrund der Verabschiedung der Richtlinie für das Arbeitsmarktprogramm Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) durch den Gesetzgeber wird folgender Beschluss gefasst: 1. Die entsprechend der GRDrs 39/2016 "Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge (AGH), Bundesfreiwilligendienst (BFD), Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei der Stadtverwaltung - weiteres Vorgehen" von der Verwaltung umgesetzten Maßnahmen werden zur Kenntnis genommen.

2. Der weiteren Fortführung der mit GRDrs 39/2016 beschlossenen insgesamt 25 Plätze für Bundesfreiwilligendienst (BFD) und Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) bei der Stadtverwaltung nach Maßgabe der vorgenannten Vorlage veranschlagten Aufwendungen für Sachkosten und Personal bis 30.04.2018 wird zugestimmt.

3. Die Verwaltung wird beauftragt, das Arbeitsmarktprogramm des Bundes in der Landeshauptstadt Stuttgart nach § 5 a AsylbLG nach Maßgabe der FIM Richtlinie (s. Anlage 3) umzusetzen und die im Rahmen der GRDrs 39/2016 geschaffenen 100 Plätze für Arbeitsgelegenheiten vollständig in FIM-Programmplätze zu überführen. Von der Absicht der Verwaltung, das maximale auf Stuttgart entfallende Kontingent von 752 FIM-Plätzen zu beantragen, wird zustimmend Kenntnis genommen.

4. Personalbedarf für die Bearbeitung von FIM im Sozialamt

Zur Bewältigung des Zusatzaufwandes für die Schaffung und Organisation von FIM nach § 5 a AsylbLG wird die Verwaltung ermächtigt, beim Sozialamt (Fachbereich Recht und Qualitätssicherung) ab sofort befristet insgesamt folgendes Personal außerhalb des Stellenplans einzusetzen: 2,00 VZK (EG 10) Fachberatung für die AsylbLG-Sachbearbeitung sowie die Beratung und Abstimmung mit den Maßnahme-trägern, Profiling und Beratung der FIM-Teilnehmen-den, Aufbau und Pflege eines FIM-Stellenpools befristet bis 31.12.2020 Für den genannten Personalbedarf (3,50 VZK) werden vom Sozialamt die nachstehenden vom Gemeinderat mit GRDrs 39/2016 beschlossenen Ermächtigungen (1,50 VZK) zur Einstellung von Personal (bisher befristet bis 30.04.2018) ab sofort wie folgt in Anspruch genommen: 5. Die Auswirkungen der Rechtsänderungen im AsylbLG durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015, das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 und das Integrationsgesetz vom 05.08.2016 führen zu einem Mehraufwand auch in der Sachbearbeitung bei der Leistungsgewährung.

Von der Notwendigkeit der Überprüfung des Fallzahlenschlüssels für die Leistungsgewährung AsylbLG (1:80) wird Kenntnis genommen.

6. Für Aufwendungen zur Umsetzung der externen FIM (bisherige städtische AGH) in den Jahren 2016 und 2017, welche nicht durch die Mittel des Bundes gedeckt werden, kann auf Mitteln aus der GRDrs 39/2016 im THH 100, Haupt- und Personalamt, KGr. 42510, Sonstige Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, zurückgegriffen werden. Die ungedeckten Mehraufwendungen ab 2018 in Höhe von 84.320 EUR werden als Vorbelastung in den Haushaltsentwurf 2018/2019 aufgenommen.


BM Wölfle, der auf die ausführliche Beratung im Sozial- und Gesundheitsausschuss (SGA) hinweist, führt in diesen Tagesordnungspunkt im Sinne der Vorlage ein.

Insbesondere verweist er dabei auf ein Schreiben, das zu den im SGA gestellten Finanzierungsfragen versandt wurde.

Für seine Fraktion, so StR Fuhrmann (CDU), sei das Programm FIM ein wichtiger Bestandteil der vorläufigen Unterbringung (nicht für die Anschlussunterbringung). Ziel dieser Maßnahme sei die Beschäftigung und die Sprachförderung, wobei Beschäftigung nicht gleichzusetzen sei mit "in Arbeit bringen". Bezug nehmend auf einen Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS betont er, Sprachförderung werde nicht bedeutsamer als Beschäftigung angesehen, sondern für die CDU-Gemeinderatsfraktion müssten alle Integrationsmaßnahmen gleichrangig behandelt werden. Der Vorlage werde zugestimmt.

Wie StR Stopper (90/GRÜNE) äußert sich auch StRin Dr. Hackl (SPD) positiv zur Vorlage. Die Stadträtin erklärt, die Skepsis gegenüber AGH habe sich bei der SPD-Gemeinderatsfraktion noch nicht gelegt. AGH-Maßnahmen würden differenziert gesehen. Zentrale Bedeutung für die Integration nach der Anerkennung der Flüchtlinge werde Ausbildung und Beschäftigung zugemessen.

Das hinter der Vorlage stehende Gesetz und damit auch die Vorlage wertet StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) sehr kritisch. Er spricht von einer flächendeckenden Einführung des Hartz IV-Prinzips für Flüchtlinge. Die Umsetzung des Gesetzes werde viele Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen. Es solle sich nicht um freiwillige Angebote handeln. Vielmehr erfolgten Leistungskürzungen, wenn die Angebote nicht wahrgenommen würden. Eine Integration in den Arbeitsmarkt müsse anders gestaltet werden. Er kündigt die Ablehnung des Beschlussantrags an.

Demgegenüber äußern sich StRin von Stein (FW) und StR Dr. Oechsner (FDP) zustimmend. Laut StRin von Stein ist immer wieder festzustellen, dass Beschäftigung auch die psychische Gesundheit unterstützt. Der Arbeitsmarkt erfordere Deutschkenntnisse. Um diese zu erwerben, bedürfe es vieler Ansätze, aber auch eigenen Engagements. Wenn beides zusammenkomme, werde die Integration vielfach gelingen. Die Vorlage sei der Versuch, den Menschen einen Weg der Integration anzubieten. Dies unterstützt StR Prof. Dr. Maier (AfD).

Natürlich, so StR Dr. Oechsner, sei es nicht möglich, ein optimales Integrationsangebot anzubieten, aber immerhin würden gute, kleine Schritte angeboten. Diese abzulehnen, und damit wendet er sich an StR Rockenbauch, sei falsch.

Die Position von StR Rockenbauch beinhaltet für BM Wölfle einen sofortigen direkten Arbeitsmarktzugang für die Flüchtlinge oder nichts. Mit einer solchen Position lasse sich kein Fortschritt erzielen. Für die Flüchtlinge sei es doch besser, Beschäftigungs- und Spracherwerbsgelegenheiten zu erhalten, als 6 Monate nichts tun zu dürfen. Die Vorlageninhalte mit Hartz IV gleichzusetzen, gehe an der Realität vorbei. Wie die SPD-Gemeinderatsfraktion sehe auch die Verwaltung die AGH, insbesondere in den Sozialunternehmen, sehr differenziert. Bei den städtischen Beschäftigten, die die Anleitung bei den AGH vornehmen, bedankt er sich. Sie leisteten einen Beitrag, dass Integration auch im Einzelfall gelinge. Mit Ausnahme des Programms Stäffele würden AGH bewusst nicht in größeren Gruppen organisiert, sondern das Konzept sehe Einzelarbeitsplätze, verteilt auf die gesamte Stadtverwaltung, vor. Gesetzlich sei mittlerweile bundesweit für FIM- und AGH-Plätze ein Satz von 0,80 €/Stunde vorgesehen. Das Gesetz sehe zudem vor, dass, wenn angebotene FIM-Plätze konsequent abgelehnt würden, also Angebote, um sich zu integrieren, nicht wahrgenommen würden, Sanktionen erfolgten. Es sei doch wichtig aufzuzeigen, dass eine solche Haltung Konsequenzen habe. Das habe nichts mit Menschenverachtung, sondern mit einer Vorbereitung auf das Leben in Deutschland zu tun. Es handle sich um eine kluge Hinführung zur Realität.

Ebenfalls an StR Rockenbauch gerichtet hebt StR Fuhrmann hervor, dass das Integrationsgesetz unter dem Motto "Fördern und Fordern" steht. Kommunen stehe es nicht zu, dieses zu hinterfragen. Für die Projektteilnahme gebe es viele Ausnahmekriterien (z. B. Kindespflege).

Zu einer Frage von StRin Dr. Hackl bekräftigt BM Wölfle, von den beschlossenen 722.000 € würden 600.000 € nicht in Anspruch genommen. Er bittet den Ausschuss, sich an diese nicht in Anspruch genommenen Mittel zu erinnern, wenn die Verwaltung Vorschläge zu Integrationsmaßnahmen vorlegt, deren Umsetzung Geld kostet.

Abschließend wird festgestellt:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag mehrheitlich bei 1 Gegenstimme und 1 Stimmenthaltung zu.
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